TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/29 94/20/0732

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Veröffentlicht am 29.11.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der X in B, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. August 1994, Zl. 4.317.062/4-III/13/94, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in einer Angelegenheit der Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. August 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin - einer vietnamesischen Staatsangehörigen, die am 16. Mai 1991 in das Bundesgebiet eingereist war und am 22. Mai 1991 einen Asylantrag gestellt hatte - auf Wiederaufnahme des durch den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Dezember 1993 abgeschlossenen (auf Asylgewährung gerichtet gewesenen) Verfahrens gemäß § 69 Abs. 2 und 4 AVG als verspätet zurückgewiesen. Hiezu führte die belangte Behörde begründend aus, die Beschwerdeführerin habe zur Rechtzeitigkeit ihres Antrages lediglich vorgebracht, daß ihr von einem Dolmetscher am 12. oder 13. Mai 1994 ein vietnamesischer Haftbefehl samt beglaubigter Übersetzung zugestellt worden sei. Dieses Einschreiten des Dolmetschers müsse aber eine Auftragserteilung (seitens der Beschwerdeführerin) zur Grundlage gehabt haben, weshalb davon ausgegangen werden müsse, daß die Beschwerdeführerin vom Inhalt des in ihrer Muttersprache abgefaßt gewesenen Schriftstückes schon früher Kenntnis erlangt habe. Da die Beschwerdeführerin hinsichtlich des für den Beginn des Fristlaufes zur Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens maßgeblichen Zeitpunktes ihrer Kenntnis von dem ins Treffen geführten Wiederaufnahmsgrunde keine Angaben gemacht habe, sei der mit einem inhaltlichen, einer Verbesserung nicht zugänglichen Mangel behaftete Antrag als verspätet zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG verletzt. Sie bringt hiezu im wesentlichen vor, der (nur) in vietnamesischer Sprache abgefaßt gewesene Haftbefehl wäre ohne Übersetzung in die deutsche Sprache nicht zweckdienlich gewesen, weil in Österreich keine Behörde den Inhalt dieses Schreibens hätte "enträtseln können". Da sie von der Behörde umgehend aufgefordert worden wäre, eine beglaubigte Übersetzung vorzulegen, habe erst die vom Dolmetscher N hergestellte Übersetzung ein zweckdienliches (neues) Beweismittel dargestellt. Das unübersetzte Schriftstück und die beglaubigte Übersetzung beurteile sie als "zwei nicht idente Beweismittel". Sie habe sich umgehend bemüht, das vietnamesische Schriftstück in die deutsche Sprache übersetzen zu lassen. Es könne keinen Unterschied machen, ob sie eine beglaubigte Übersetzung vorlege, oder ob die Behörde das unübersetzte Beweismittel an sie zur Vorlage einer Übersetzung zurückstelle.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 69 Abs. 2 AVG (der im vorliegenden Beschwerdefall im Zusammenhalt mit § 11 Asylgesetz 1991 anzuwenden ist) ist der Antrag auf Wiederaufnahme BINNEN ZWEI WOCHEN von dem Zeitpunkt an einzubringen, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat.

Als Wiederaufnahmsgrund hat die Beschwerdeführerin eine in ihrer Muttersprache abgefaßt gewesene Urkunde als neues Beweismittel geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin hat aber - da sie der vietnamesischen Sprache mächtig ist - schon mit dem erstmaligen Zugang (Erhalt) der Urkunde von deren Inhalt und damit von dem Wiederaufnahmsgrunde Kenntnis erlangt, ohne daß insoweit die von ihr in Auftrag gegebene Übersetzung notwendig gewesen wäre. Darauf, ob die belangte Behörde den Inhalt der als Wiederaufnahmsgrund geltend gemachten Urkunde ohne diese Übersetzung hätte "enträtseln können", kommt es bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Antragstellung im Sinne des § 69 Abs. 2 AVG jedoch nicht an, wie auch die in der Beschwerde dargelegte Argumentation, die Urkunde in der vietnamesischen Sprache und die Übersetzung in der deutschen Sprache seien "zwei nicht idente Beweismittel", unzutreffend und für die Beurteilung des Fristlaufes irrelevant ist. Des weiteren ist den Mutmaßungen der Beschwerdeführerin über das Vorgehen der belangten Behörde im Falle einer Vorlage der unübersetzten Urkunde zu erwidern, daß zuerst die Beschwerdeführerin den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens fristwahrend (rechtzeitig) hätte einbringen müssen, um ein behördliches Ermittlungsverfahren über die vorgelegte ausländische Urkunde in Gang zu setzen (vgl. § 16 Asylgesetz 1991 im Zusammenhalt mit § 47 AVG).

Der Wiederaufnahmeantrag der Beschwerdeführerin hat aber über den allein maßgeblichen Zeitpunkt, in dem SIE von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, keine Angaben enthalten. Dies wird in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes diesen einer sachlichen Erledigung nicht zugänglichen Wiederaufnahmeantrag als verspätet zurückgewiesen hat (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren4, Seite 612 f und bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I (1987), § 69 AVG, E 28 ff wiedergegebene hg. Judikatur).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994200732.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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