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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit S 15.000 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer betrieb bis zum 31.12.1983 eine Tabaktrafik in Lienz. Am 1.1.1984 übergab er den Betrieb gegen eine Leibrente von monatlich S 3000,- an seinen Sohn, der seit 10.7.1972 ununterbrochen als Angestellter in der vom Beschwerdeführer geführten Tabaktrafik beschäftigt war. Aus Anlaß der Übergabe des Unternehmens wurde das Dienstverhältnis mit dem Sohn beendet und diesem ein als Abfertigung bezeichneter Betrag in der Höhe von
S 80.000,- ausbezahlt. In der Einkommensteuererklärung 1983 wurde dieser Betrag gewinnmindernd in Ansatz gebracht.
Die Veranlagung zur Einkommensteuer 1983 erfolgte erklärungsgemäß.
Im Gefolge einer im Jahr 1987 durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 1983 gem. §303 Abs4 BAO wieder aufgenommen. Im nunmehr erlassenen Einkommensteuerbescheid wurde die Abfertigung nicht als Betriebsausgabe anerkannt. Aufgrund eines Fremdvergleichs wurde angenommen, daß die Zahlung, die auch betraglich deutlich höher gelegen sei als ein allenfalls gegebener gesetzlicher Abfertigungsanspruch, privat veranlaßt gewesen sei, da es unüblich sei, daß an jemanden, der einen Betrieb zu außergewöhnlich günstigen Konditionen übertragen erhalte, noch zusätzlich eine Abfertigungszahlung geleistet würde.
In seiner Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen diese Rechtsansicht und beantragte für den Fall der Nichtanerkennung der Abfertigungszahlung als Betriebsausgabe, daß die Gewerbesteuerrückstellung und die Rücklage aus dem nicht entnommenen Gewinn an die geänderten Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb angepaßt werden möge.
Mit dem im Instanzenzug ergangen Berufungsbescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 13. Februar 1989 wurde dem Antrag, die Abfertigungszahlung als Betriebsausgabe zu qualifizieren, nicht Folge gegeben; dem Antrag auf Anpassung der Gewerbesteuerrückstellung wurde stattgegeben, dem Antrag auf Anpassung der Rücklage aus dem nicht entnommenen Gewinn aber gem. §11 Abs5 EStG 1972 keine Folge gegeben. Diese Bestimmung sehe ausdrücklich vor, daß eine Erhöhung der Rücklage nicht zulässig ist, wenn aufgrund einer Wiederaufnahme des Verfahrens der Gewinn abweichend vom aufgehobenen Bescheid ermittelt wird.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie eine Rechtsverletzung durch Anwendung des für verfassungswidrig erachteten §11 Abs5 EStG 1972 behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheids beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Aus Anlaß der Behandlung dieser Beschwerde hatte der Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §11 Abs5 EStG 1972. Er nahm an, daß diese Bestimmung dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche und beschloß daher, gem. Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit einzuleiten.
Mit Erkenntnis G58/92 vom heutigen Tag hob der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung genommene Gesetzesstelle als verfassungswidrig auf.
III. Die Beschwerde ist zulässig. Auf Grund des Erkenntnisses im Gesetzesprüfungsverfahren steht fest, daß die belangte Behörde eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet hat. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtstellung des Beschwerdeführers von Nachteil war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt. Der Bescheid war daher aufzuheben.
Dies konnte gem. §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2500,-
enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B436.1989Dokumentnummer
JFT_10079375_89B00436_00