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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. März 1994, Zl. R/1-V-93178/00, betreffend Anrainereinwendungen gegen ein Bauvorhaben (mP: 1) V-Gesellschaft m.b.H. in P, vertreten durch Dr. G, RA in B,
2) Stadtgemeinde M, vertr durch den Bgm), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 23. August 1993 wurde der erstmitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Vorschreibung mehrerer Auflagen die baubehördliche Bewilligung erteilt, auf der (durch Zusammenlegung der Grundstücke Nr..57 und 488/3 entstandenen) Liegenschaft EZ 262 des Grundbuches über die Katastralgemeinde M ein Wohn- und Geschäftshaus einschließlich eines Autoabstellplatzes mit Parkliftanlagen zu errichten. Für diese Liegenschaft gelten die Widmung Bauland-Kerngebiet, die geschlossene Bebauungsweise, die Bauklasse IV und eine Bebauungsdichte von 75 %. Der Beschwerdeführer hatte rechtzeitig mehrere Einwendungen gegen dieses Bauvorhaben erhoben.
Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 24. März 1994 wurde die gegen den erwähnten Bescheid eingebrachte Vorstellung des Beschwerdeführers gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erwogen:
Gemäß § 22 Abs. 6 der NÖ Bauordnung 1976 darf die Gebäudehöhe die im Bebauungsplan festgelegte Bebauungshöhe bis zur Bauklasse VII jeweils um höchstens 1 m, bei Giebelfronten um höchstens 4 m, überschreiten.
Nach dem im Beschwerdefall maßgebenden Bebauungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde gilt für den Bauplatz des mitbeteiligten Bauwerbers, wie schon erwähnt, die Bauklasse IV, woraus in Verbindung mit § 5 Abs. 3 leg. cit., wonach in der Bauklasse IV die Bebauungshöhe zwischen 11 m bis 13 m festzulegen ist, folgt, daß die dem Grundstück des Beschwerdeführers zugewandte - östliche - Giebelfront 17 m hoch sein darf. Entsprechend den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Plänen wird die Gebäudehöhe im Bereich dieser Giebelfront an keiner Stelle überschritten, wobei der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf die Legaldefinition des Begriffes "Bebauungshöhe" im § 2 Z. 11 leg. cit. für seinen Standpunkt nichts gewinnen kann, weil es auf die Einhaltung der - innerhalb der durch den Bebauungsplan festgelegten Bebauungshöhe gelegenen - zulässigen Gebäudehöhe an der dem Beschwerdeführer zugewandten Gebäudefront ankommt. Der Anwendung einer Ausnahmeregelung hinsichtlich der zulässigen Höhe des Bauwerkes bedurfte es im Beschwerdefall nicht.
Gemäß § 21 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1976 beträgt der Bauwich, wenn im Bebauungsplan nicht durch eine Baufluchtlinie ein größerer seitlicher oder hinterer Bauwich festgelegt ist (§ 4 Abs. 2 Z. 3) und der hintere Bauwich auch nicht gemäß § 5 Abs. 7 aufgehoben ist, jeweils die Hälfte der Gebäudehöhe, mindestens aber 3 m. Ab der Bauklasse III und einer Gebäudelänge von 15 m beträgt der Bauwich die volle Gebäudehöhe.
Da der im Beschwerdefall maßgebende Bebauungsplan nach der Aktenlage keine Regelungen über den hinteren Bauwich enthält und die Länge des zu errichtenden Gebäudes in dessen südlichem Bereich 10,025 m beträgt, hat der daran anschließende - hintere - Bauwich mindestens 3 m zu betragen. Er überschreitet diesen Wert nach den vorliegenden Plänen um ein Vielfaches und entspricht daher dem Gesetz. Ein Anwendungsfall des wiedergegebenen zweiten Satzes des § 21 Abs. 4 leg. cit. liegt nicht vor, weil die Gebäudelänge in diesem der Liegenschaft des Beschwerdeführers zugewandten Bereich, wie eben erwähnt, weniger als 15 m beträgt, also eine der beiden kumulativ geforderten Voraussetzungen (Bauklasse III und eine Gebäudelänge von 15 m) für eine Breite des hinteren Bauwichs im Ausmaß der vollen Gebäudehöhe im Beschwerdefall nicht erfüllt ist.
Der Beschwerdeführer behauptet, "die Länge des Gebäudes" betrage "36 m", und übersieht dabei offensichtlich, daß in der zitierten Vorschrift nur von der "Gebäudelänge" die Rede ist, also nicht zwischen der "Gebäudelänge" und der "Gebäudebreite" unterschieden wird, sodaß unter dem Begriff "Gebäudelänge" die dem jeweiligen Anrainer zugewandte Gebäudefront zu verstehen ist. Da der hintere Bauwich im Beschwerdefall sohin entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht 14 m zu betragen hat, ist er auch in dieser Hinsicht nicht in seinen Nachbarrechten verletzt worden. Im übrigen kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, daß die geplante Kfz-Hebebühne und die Kfz-Abstellanlage nicht im hinteren Bauwich errichtet werden dürfen, weil der Bauwich als Mindestabstand eines GEBÄUDES zu den Grundstücksgrenzen zu verstehen ist (siehe § 2 Z. 8 der NÖ Bauordnung 1976), und diese Hebebühne ebensowenig wie die Abstellanlage die Kriterien eines Gebäudes im Sinne der Z. 5 dieser Gesetzesstelle erfüllt.
Durch die Bewilligung der Auto-Abstellanlage ist der Beschwerdeführer nicht in einem aus § 118 Abs. 9 i.V.m. den §§ 62 und 87 der NÖ Bauordnung 1976 ableitbaren subjektiv-öffentlichen Recht auf Schutz vor unzumutbaren Lärm- und Abgasimmissionen verletzt worden, weil sich aus dem umweltmedizinisch-hygienischen Gutachten des Instituts für Umwelthygiene der Universität Wien vom Mai 1992 ergibt, daß "auf Grund der geringen Konzentrationen der Luftschadstoffe weder Gesundheitsgefährdungen noch Belästigungen zu erwarten sind. Die SO2- und Partikelkonzentrationen sind so klein, daß ihnen keine gesundheitliche Relevanz zukommt. Die zu erwartenden Konzentrationen für NOx und Kohlenwasserstoffe liegen ebenfalls so niedrig, daß auch unter Einbeziehung von Dieselfahrzeugen mit einer zusätzlichen Geruchsbelästigung, welche das zumutbare Ausmaß überschreiten würde, nicht zu rechnen ist. Die zu erwartenden Schallimmissionen liegen hinsichtlich ihres äquivalenten Dauerschallpegels (unter Berücksichtigung tonhaltiger Geräuschanteile) sowohl tagsüber als auch nachts so weit unter den anzuwendenden Grenzwerten, aber auch unter den Pegeln der derzeitigen Schallimmissionen, daß sie im üblichen Umgebungsgeräusch praktisch nicht erkennbar sein werden. Die Schallpegelspitzen liegen im selben Bereich wie die bereits derzeit vorhandenen Schallimmissionen und werden wegen ihres seltenen Auftretens praktisch nicht getrennt wahrnehmbar sein. In der Nacht erreichen die Schallpegelspitzen zwar knapp den anzuwendenden Grenzwert, doch ist die absolute Höhe dieser Spitzenwerte noch in einem Bereich, in welchem zufolge des seltenen Auftretens dieser Störungen im Nachtzeitraum auch bei vollständig geöffneten Fenstern Schlafstörungen nicht zu erwarten sind." Der Beschwerdeführer ist diesen Schlußfolgerungen in der Beschwerde nicht mehr entgegengetreten.
Zufolge § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung 1976 werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über 1. den Brandschutz; 2. den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können; 3. die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;
4. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.
Die Bestimmungen des § 10 Abs. 1 leg. cit., wonach im Bauland die Grundabteilung (Teilung oder Vereinigung von Grundstücken oder jede sonstige Veränderung von Grundstücksgrenzen) einer Bewilligung der Baubehörde bedarf, gehören nicht zu jenen, welche auch dem Anrainer dienen (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Auflage, S. 230 f.), weshalb subjektiv-öffentliche Nachbarrechte des Beschwerdeführers nicht dadurch verletzt worden sind, daß die Vereinigung der Grundstücke Nr. 488/3 und .57, auf welchen das Bauvorhaben des Erstmitbeteiligten ausgeführt werden soll, nicht baubehördlich bewilligt worden ist. Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß er das Recht gehabt hätte, im Baubewilligungsverfahren jene Einwendungen vorzubringen, die gegen die Bewilligung der Vereinigung der beiden Grundstücke sprechen, doch hat er bei der Bauverhandlung vom 18. Oktober 1990 keine derartigen Einwendungen erhoben und es ist auch nicht zu erkennen, inwiefern durch die Vereinigung der erwähnten Grundstücke seine im Baurecht verankerten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte verletzt sein könnten, wenn man bedenkt, daß sich beide Grundstücke innerhalb eines Gebietes mit der Flächenwidmung Bauland-Kerngebiet im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 2 des NÖ Raumordnungsgesetzes befinden, und offensichtlich keine Vorschriften des Bebauungsplanes der Vereinigung der Grundstücke entgegenstehen.
Da der Beschwerdeführer sohin keinen Anspruch auf eine baubehördliche Bewilligung der Grundstückszusammenlegung besitzt, kommt auch der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Bedeutung zu.
Die Vorschriften über die Bebauungsdichte, also über das Verhältnis der bebauten Fläche zur Fläche des Bauplatzes (siehe § 2 Z. 10 der NÖ Bauordnung 1976), wurden im Beschwerdefall eingehalten, weil sie nach dem örtlichen Bebauungsplan, wie der Beschwerdeführer selbst zugesteht, 75 % beträgt, und das geplante Bauvorhaben entsprechend den ausdrücklichen - während des Verwaltungsverfahrens nicht bestrittenen - Feststellungen in der Verhandlungsschrift vom 18. Oktober 1990 eine Bebauungsdichte von 58 % aufweist. In Erwiderung auf die in diesem Zusammenhang neuerlich angestellten Erwägungen des Beschwerdeführers über das Ausmaß des hinteren Bauwichs ist auf die vorstehenden diesbezüglichen Entscheidungsgründe zu verweisen.
Schließlich ist der Beschwerdeführer nicht dadurch in seinen Rechten verletzt worden, daß die Baubehörden und die belangte Behörde nicht auf seinen "Wunsch eingegangen" sind, eine 4,20 m hohe hintere Brandmauer, "welche in M in der Regel zwischen Anrainern und Abstellanlagen bewilligt wird", zu errichten, weil es keine diesbezügliche baurechtliche Vorschrift gibt (auch der Beschwerdeführer vermochte keine zu nennen), und im Hinblick auf das eben erwähnte Gutachten aus Gründen des Immissionsschutzes keine Notwendigkeit für eine diesbezügliche Auflage im Baubewilligungsbescheid bestanden hat.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß der Beschwerdeführer durch die Abweisung seiner Vorstellung nicht in seinen Rechten verletzt worden ist, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 (hinsichtlich der zweitmitbeteiligten Partei im beantragten Ausmaß). Das Mehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil an Stempelgebühr für zwei Ausfertigungen der Gegenschrift nur S 240,-- zu entrichten waren.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Vorliegen eines GutachtensEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050122.X00Im RIS seit
11.07.2001