TE Vwgh Erkenntnis 1994/11/30 90/17/0338

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Veröffentlicht am 30.11.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

AVG §52;
ViehWG §13 Abs3 idF 1989/358;
ViehWG §13 Abs3 Z1 idF 1989/358;
ViehWG §13 Abs3 Z1;
ViehWG §27 Abs4 idF 1988/332;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 4. Jänner 1990, Zl. 17.335/1492-IC7b/89, betreffend Haltungsbewilligung für Mastkälber nach § 13 des Viehwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 4. Jänner 1990 wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die Anträge des Beschwerdeführers vom Oktober 1986, 23. Dezember 1986, 22. Jänner 1988 und 24. Mai 1989 in der Fassung der Klarstellung vom 16. Juni 1989 gemäß § 13 Abs. 1, 3 und 4 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl. Nr. 621 (im folgenden: ViehWG 1983), in der Fassung BGBl. Nr. 264/1984, 325/1987, 332/1988 und 358/1989, ab.

Nach der Begründung dieses Bescheides sei dem Beschwerdeführer für seinen Betrieb mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 29. März 1983 eine Haltungsbewilligung für vier Mastschweine, 140 Mastkälber und 50 Legehennen erteilt worden. Weiters sei dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 31. Mai 1988 gemäß Art. IV Abs. 1 der ViehWG-Novelle 1987, BGBl. Nr. 325, zusätzlich die Haltung von 20 Kühen bewilligt worden. Weiters sei mit diesem Bescheid die vorstehend zitierte Haltungsbewilligung des Bundesministers als aufrecht erklärt worden. Nach der Aktenlage sei der zuletzt genannte Bescheid des Landeshauptmannes rechtskräftig.

Der Beschwerdeführer habe im Jahr 1986 beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 Abs. 2 ViehWG 1983 für seinen Betrieb die Erhöhung der Mastplätze für Mastkälber auf 300 für die Dauer des Jahres 1986 beantragt. Mit einer Eingabe aus dem Jahr 1988 habe der Beschwerdeführer die Anträge aus dem Jahr 1986 für das Jahr 1986 und 1987 als aufrecht erklärt; den weiteren Antrag vom 22. Jänner 1988 auf Erhöhung der Haltungsbewilligung von derzeit 140 auf 300 Mastkälber habe der Beschwerdeführer für den Zeitraum 1987, 1988 und die Folgejahre aufrecht erhalten und die Auffassung vertreten, daß die Nichterteilung einer rückwirkenden Bewilligung nicht aus § 13 Abs. 2 ViehWG 1983 abgeleitet werden könne.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält im folgenden eine eingehende Darstellung des Ermittlungsverfahrens. Sodann heißt es, der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 24. Mai 1989 das bisherige Ermittlungsergebnis als ungenügend erachtet und in Form von Eventualanträgen begehrt, die Auswirkungen einer positiven Erledigung seines Antrages auf die bäuerliche Veredelungsproduktion sowohl in gesamtwirtschaftlicher als auch in regionaler Hinsicht einer Prüfung zu unterziehen und außerdem die Bewilligung zur indirekten Absicherung allenfalls befristet auszusprechen. Aufgrund eines Klarstellungsersuchens habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16. Juni 1989 mitgeteilt, daß die Dauer für eine befristete Tierhaltungsbewilligung von ihm nicht vorgegeben werden solle und könne, doch könnte er sich eine Befristung im Ausmaß von zwei bis drei Jahren durchaus vorstellen, wobei danach wieder eine Anpassung an die jeweilige Marktsituation zu überprüfen wäre. Unter dem Begriff "zur indirekten Absicherung" verstehe er die Erteilung einer befristeten Tierhaltungsbewilligung, sodaß nach Ablauf der Befristung auf allfällige geänderte Situationen mit einer anderen Entscheidung reagiert werden könne.

Im folgenden gibt die Begründung des angefochtenen Bescheides die Stellungnahme der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in Steiermark vom 5. Juli 1989, die Stellungnahme der Vieh- und Fleischkommission vom 24. August 1989, die Stellungnahme der Abteilung II C 13 des Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 7. September 1989 sowie die Stellungnahme der Gruppe III B/Referat III B 7 b desselben Bundesministeriums vom 18. September 1989 wieder.

Nach Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen heißt es sodann im angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführer strebe eine Aufstockung der ihm bewilligten Mastkälberhaltung von 140 auf 300 Stück an. Bei der positiven Erledigung eines Antrages auf Erteilung einer Haltungsbewilligung gemäß § 13 Abs. 3 und 4 ViehWG 1983 handle es sich um einen konstitutiven Bescheid, der nur Rechtswirkungen für die Zukunft entfalte. Aufgrund dieser Bestimmungen sei jedoch eine rückwirkende Bewilligungserteilung nicht vorgesehen. Es sei daher von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde auszugehen. Aus diesen Gründen habe dem Antrag auf Erteilung der angestrebten Tierhaltungsbewilligung für den Zeitraum 1986 bis 1989 mangels entsprechender gesetzlicher Bestimmungen bzw. infolge zeitlicher Überholung nicht stattgegeben werden können. In Anbetracht sowohl der mehrfach gewährten Fristerstreckungen als auch der jeweiligen Einwendungen des Beschwerdeführers, aufgrund derer jeweils neue Ermittlungen zur Vermeidung von Verfahrensmängeln erforderlich gewesen seien, sei eine frühere Entscheidung nicht möglich gewesen.

Aus der Stellungnahme der Vieh- und Fleischkommission vom 24. August 1989 ergebe sich, daß RINDERhaltende Betriebe in Österreich überwiegend kleinstrukturiert seien. Im übrigen sei aus dieser Stellungnahme, die von einem Umwandlungsantrag im vorliegenden Fall ausgegangen gewesen sei, für die Beurteilung der vorliegenden Anträge, die auf eine Ausweitung der bewilligten Mastkälberhaltung gerichtet seien, selbst unter dem Aspekt der Betriebsumstellung nichts zu gewinnen. Denn eine solche sei unter anderem nur unter der Voraussetzung zulässig, daß auf 50 % des bewilligten Überbestandes über 100 % (der Beschwerdeführer habe derzeit 175,79 %) verzichtet werde. Eine Bewilligung für 300 Mastkälber (= 179,26 %) wäre daher nicht in Frage gekommen.

Nach den ermittelten Marktdaten (statistischen Unterlagen) der Abteilung II C 13 und der Gruppe III B/Referat III B 7 b des Bundesministeriums sei davon auszugehen, daß im Zeitraum 1970 bis 1988 die Anzahl der Rinderhalter von 245.075 auf 147.534 gesunken sei, wobei der Rinderbestand in diesem Zeitraum sich sehr unterschiedlich darstelle (1970 bis 1985:

von 2,468.266 bis 2,650.574 und 1986 bis 1988 absinkend auf 2,541.405). Weiters habe sich in diesem Zeitraum der Kuhbestand von 1,070.129 auf 949.716 reduziert, wobei die Anzahl der männlichen Rinder (älter als 3 Monate) von 549.693 auf 632.680 gestiegen sei. Weiters zeige sich, daß in diesem Zeitraum sehr viele Kälber in die Mastrinderproduktion (vgl. hiezu die Definition des § 13 Abs. 2 ViehWG 1983) sowie in die Zucht- und Nutzrinderkategorie "gingen" (Schlachtrinder:

Marktleistung 1970 486.952 Stück, 1988 655.780; Export von Schlachtrindern und Rindfleisch: 1970 56.980 Stück, 1988 246.206; Zucht- und Nutzrinderexport: 1970 65.543 Stück, 1988 76.344; Schlachtkälbermarktleistung: 1970 312.937 Stück, 1988 168.132). Weiters sei in diesem Zeitraum - neben einer Erhöhung des Milchlieferungs- und Milchleistungsniveaus (Anzahl der Milchlieferanten 1970 193.603, 1988 105.954;

Milchlieferleistung 1970 2,049.558, 1985 2,383.138, 1988 2,222.300 t; DURCHSCHNITTLICHE MILCHLEISTUNG der "Gesamtkühe":

1970 3.089 kg, 1988 3.763 kg Milch; der "Kontrollkühe" 1970 3.938, 1988 4.775 kg Milch) - die heimische Produktion in PROZENTEN des VERBRAUCHES sowohl bei Rindfleisch (1970/71: 109, 1987/88: 142) als auch bei Kalbfleisch (1970/71: 79, 1987/88: 94) gestiegen. Hinzu komme, daß sich der Pro-Kopf-Verbrauch bei Kalbfleisch reduziert (1970/71: 2,9 kg, 1987/88: 2,3 kg) und bei Rindfleisch (1970/71: 18,7 kg, 1987/88: 19,9 kg) erhöht habe. Wenngleich die Saugkälberimporte für 1988 unbestritten erfolgt seien, zeige sich andererseits anhand der vorstehend dargestellten Entwicklung der Schlachtrindermarktleistung, daß die ausreichend vorhandenen inländischen Kälber verstärkt in die Erzeugung der schweren Rinder (männliche Mastrinder im Sinne des § 13 Abs. 2 ViehWG 1983) gingen. Unter Berücksichtigung der Ermittlungen der Gruppe III B/Abteilung III B 7 des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft sei weiters davon auszugehen, daß die vorhandenen Kälbermastbetriebe, die sowohl im bewilligungsfreien als auch im bewilligten Ausmaß Kälbermast betrieben, bei einer durchschnittlichen Betrachtung nur in ungenügendem Ausmaß zu Jungkälbern kämen. Daraus folge schlüssig, daß die Auffassung der Abteilung II C 13 und der Gruppe III B/Abteilung III B 7 - auch im Lichte der Stellungnahme der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in Steiermark vom 5. Juli 1989 bezüglich der Beurteilung der Marktverhältnisse im Kuh- und Kälberbereich und der Auswirkungen auf den Kälbermarkt - richtig seien und durch die Bewilligung des gegenständlichen Antrages (im Falle der Produktionsausweitung auf 300 anstelle von 140 Mastplätzen könnten bei vier Umtrieben jährlich bis zu 1.200 Mastkälber erzeugt werden) "keine Stabilisierung, sondern eine zusätzliche Konkurrenzierung bestehender Betriebe, die in einem bewilligungsfreien oder bewilligten Ausmaß Kälbermast betreiben, und somit der bäuerlichen Veredelungsproduktion in diesem Bereich insgesamt bewirkt würde".

Aufgrund der Darlegungen der Gruppe III B/Abteilung III B 7 sei der Bereich der Mastkälberproduktion seit 1988 zwar preislich stabil, jedoch mengenmäßig labil.

Unter dem Aspekt der vorstehenden Ausführungen werde das Votum der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft in Steiermark, eine befristete Aufstockung um bis zu 50 % zu bewilligen und diese Aufstockung an die importierten Kälber anzupassen, für verfehlt erachtet. Nach Darstellung der Gruppe III B/Abteilung III B 7 des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft werde nämlich auch der Import von Saugkälbern von der im Ausland verfügbaren Ware bestimmt, die nach den Darstellungen auch derzeit relativ knapp sei. Im übrigen solle nach Auffassung des Bundesministeriums durch den Import von Saugkälbern nur die Produktionsmöglichkeit bestehender Kälbermastbetriebe bzw. sollten die GEGEBENEN Produktionskapazitäten möglichst gesichert werden. Hinzu komme, daß eine Tierhaltungsbewilligung nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen nicht an Bedingungen geknüpft werden könne bzw. dürfe, sodaß auch eine Bedingung, nur importierte Saugkälber für die beabsichtigte Tierhaltung zu verwenden, einer allfälligen Bewilligung weder zugrundegelegt noch in der Folge durchgesetzt werden könnte. Weiters sei auch zu berücksichtigen, daß eine befristete Tierhaltungsbewilligung ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 ViehWG 1983 zulässig sei.

Aufgrund des Ermittlungsergebnisses und der vorstehenden Ausführungen sei davon auszugehen, daß derzeit und auf längere Sicht für den Bereich der Rinder- und Mastkälberproduktion instabile Marktverhältnisse bestünden, die auch im Falle der positiven Erledigung des vorliegenden Antrages nicht verbessert würden. Außerdem habe der Verwaltungsgerichtshof im Falle instabiler Marktverhältnisse für den jeweils in Betracht kommenden Produktionsbereich eine ablehnende Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Haltungsbewilligung für gerechtfertigt erachtet.

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 12. Juni 1990, B 199/90, die Behandlung dieser Beschwerde ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.3. In seiner Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Durchführung eines dem AVG entsprechenden behördlichen Verfahrens sowie auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 13 Abs. 3 ViehWG 1983 als verletzt. Geltend gemacht werden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 13 ViehWG 1983, dessen Abs. 1 im Beschwerdefall in der Fassung BGBl. Nr. 332/1988 und dessen Abs. 3 in der Fassung BGBl. Nr. 358/1989 anzuwenden ist, lautet auszugsweise:

"§ 13. (1) Inhaber von Betrieben dürfen ohne Bewilligung folgende Tierbestände halten:

1.

400 Mastschweine

2.

50 Zuchtsauen

3.

130 Mastkälber

4.

30 Kühe

5.

100 männliche Mastrinder

6.

22 000 Masthühner

7.

10 000 Legehennen

8.

22 000 Junghennen

9.

8 000 Truthühner.

Abweichend von Z 4 dürfen auf Betrieben ohne Einzelrichtmenge (§ 73 des Marktordnungsgesetzes 1985) 50 Kühe gehalten werden, wobei allfällige Milcherzeugungsverbote auf Grund des Marktordnungsgesetzes unberührt bleiben. Jeder der genannten Bestände entspricht - abzüglich der insgesamt hinsichtlich der Z 3 und 5 höchstzulässigen Anzahl an Jungrindern, die als Nachzucht gelten - dem höchstzulässigen Gesamtbestand von 100 %; werden mehrere dieser Tierarten gehalten, so dürfen die Bestände - abzüglich der insgesamt hinsichtlich der Z 3 und 5 höchstzulässigen Anzahl an Jungrindern, die als Nachzucht gelten - insgesamt nicht mehr als 100 % betragen.

(2) Im Sinne des Abs. 1 sind:

...

Mastkälber: Jungrinder bis 200 kg, die zum Schlachten

            bestimmt sind und ausschließlich mit Milch und

            Milchaustauscher gefüttert werden,

Nachzucht:  insgesamt abzugsfähig sind hinsichtlich der Z 3

            und 5 sowie hinsichtlich erteilter

            Ausnahmebewilligungen je gehaltener Kuh ein

            Jungrind im ersten Lebensjahr, sowie

            darüber hinaus je gehaltener Kuh ein männliches

            Rind bis 350 kg, das als sogenannter Einstellstier

            gehalten und nicht im eigenen Betrieb fertig

            gemästet wird, sowie ein Jungochse bis 450 kg, der

            nicht im eigenen Betrieb fertig gemästet wird,

Kühe:       weibliche Rinder ab dem ersten Abkalben,

männliche

Mastrinder: männliche Rinder ab 200 kg, die zum Schlachten

            bestimmt sind und keine Mastkälber sind; dazu

            zählen auch die für Zuchtzwecke bestimmten

            männlichen Rinder,

Schlagworte

Vorliegen eines Gutachtens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1990170338.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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