TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/1 94/18/0876

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Veröffentlicht am 01.12.1994
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Index

19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §20 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
StGB §43;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des K in I, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 7. Oktober 1994, Zl. III 82-1/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 7. Oktober 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Ghana, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie den §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes (FrG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei (nach seinen Angaben im Asylverfahren) am 9. Juli 1991 unter Umgehung der Grenzkontrolle aus dem ehemaligen Jugoslawien in das Bundesgebiet eingereist. Am 11. Juli 1991 habe er einen Asylantrag gestellt, der mit dem im Instanzenzug ergangen (am 8. Oktober 1993 erlassenen) Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. August 1993 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer sei wiederholt rechtskräftig verurteilt worden, und zwar mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 12. November 1991 wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB, mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 20. Juli 1992 wegen des gleichen Vergehens, mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 1. Juli 1993 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. Dezember 1993 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB. Seit 9. August 1993 sei der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Er habe vom 21. Juli bis 12. August 1994 bei einem näher genannten Dienstgeber gearbeitet und arbeite dort wieder seit 29. August 1994.

Auf Grund der oben bezeichneten gerichtlichen Verurteilungen sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 4. Fall FrG erfüllt. Die den genannten Verurteilungen zugrundeliegenden Straftaten, die bei der Einreise erfolgte Übertretung des Grenzkontrollgesetzes und der jedenfalls seit 9. Oktober 1993 unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet rechtfertigten die im § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme.

Das Aufenthaltsverbot bewirke zwar einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, doch sei es zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, nämlich zum Schutz der Rechte anderer, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der öffentlichen Ordnung dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig.

Bei der Interessenabwägung seien zugunsten des Beschwerdeführers sein Aufenthalt im Bundesgebiet seit Juli 1991, die genannte Berufstätigkeit seit Juli 1994 und die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zu berücksichtigen gewesen. Dennoch wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, dies insbesondere im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer ausgehende, aus seinem Vorleben erschließbare große Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1.1. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde sei zu Unrecht von der Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG ausgegangen, und zwar deshalb, weil keine Vielzahl von Straftaten vorliege, "die auf der gleichen, gefährlichen, kriminellen Neigung beruhen". Außerdem sei dem Beschwerdeführer nie die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angedroht worden.

1.2. Die Auffassung der belangten Behörde, daß auf Grund der - unbestritten gebliebenen - rechtskräftigen Verurteilungen der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 (4. Fall) FrG erfüllt sei, trifft zu. Dieser Tatbestand ist in zweifacher Hinsicht verwirklicht worden, nämlich sowohl durch die Verurteilung wegen der Vergehen des versuchten Diebstahls, als auch durch die Verurteilungen wegen des Vergehens der Körperverletzung. Eine "Vielzahl von Straftaten" ist zur Erfüllung dieses Tatbestandes nicht erforderlich, sondern es genügt nach der genannten Gesetzesstelle, daß der Fremde mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt wurde.

Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, es habe sich bei den Eigentumsdelikten um "Bagetelldelikte" gehandelt, und in diesem Zusammenhang auf die Verhängung bedingter Geldstrafen hinweist, ist ihm zu erwidern, daß zur Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 1 4. Fall FrG nicht die Verurteilung zu hohen Freiheitsstrafen oder die Verurteilung wegen Straftaten, die mit hohen Freiheitsstrafen bedroht sind, erforderlich ist. Im gegebenen Zusammenhang ist daher aus dem Ausmaß der verhängten Strafen für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Das gleiche gilt für sein Vorbringen, daß es sich bei den der Verurteilung durch das Bezirksgericht Linz vom 1. Juli 1993 zugrundeliegenden Straftaten um "ein einmaliges Fehlverhalten" handle und daß die der Verurteilung durch das Landesgericht Innsbruck vom 2. Dezember 1993 zugrundeliegenden Straftaten auf Eifersucht zurückzuführen seien.

Mit seinem Vorbringen, daß ihm die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht angedroht worden sei, vermag der Beschwerdeführer schon deshalb keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, weil die Androhung eines Aufenthaltsverbotes im Gesetz nicht vorgesehen ist. Die Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 4. Fall FrG erfüllt und die im § 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, kann nach dem Gesagten nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2. Gegen die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 19 FrG zulässig sei, führt die Beschwerde nichts ins Treffen. Der Beschwerdeführer hält jedoch das Ergebnis der im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für rechtswidrig, vermag aber in diesem Zusammenhang keine der belangten Behörde unterlaufene Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Daß sich der Beschwerdeführer allenfalls vor seiner Eheschließung mehrmals erfolglos um die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung bemüht hat, ist für die Beurteilung der Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht von Bedeutung. Auf die Absicht des Beschwerdeführers, nicht in seine Heimat zurückzukehren und in Österreich zu bleiben, kommt es gleichfalls nicht an. Soweit er auf die Bindungen zu seiner Ehefrau hinweist, kommt diesen deshalb nicht entscheidendes Gewicht zu, weil der Beschwerdeführer nie eine behördliche Bewilligung für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet besessen hat, sodaß er und seine Ehefrau nicht ohne weiteres mit einem längeren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet rechnen durften.

3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs.1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180876.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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