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82/02 Gesundheitsrecht allgemein;Norm
ChemG 1987 §4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der A-Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 2. August 1994, Zl. 03 3671/37-II/6/94, betreffend Feststellung zur Staatenverordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Die beschwerdeführende Partei hat bei der belangten Behörde die Feststellung beantragt, daß die Nachfolgestaaten Jugoslawiens, Slowenien, Kroatien und Mazedonien, anstelle von Jugoslawien als Staaten der Staatenverordnung, BGBl. Nr. 5/1989, anzusehen seien. Begründet wurde der Antrag damit, daß die Frage, ob neue Stoffe (§ 2 Abs. 2 des Chemikaliengesetzes, BGBl. Nr. 326/1987 - ChemG) ohne vorherige Anmeldung in Österreich gemäß § 4 ChemG in diese Staaten ausgeführt werden dürften, für ein exportierendes Chemieunternehmen von großer Bedeutung sei.
Mit Bescheid vom 2. August 1994 traf die belangte Behörde folgende Feststellung:
"Die Nachfolgestaaten Jugoslawiens, Slowenien, Kroatien und Mazedonien sind nicht an die Stelle des "ehemaligen Jugoslawien" in der Staatenverordnung, BGBl. Nr. 5/1989, getreten. Es handelt sich bei Slowenien, Kroatien und Mazedonien somit nicht um Staaten, die im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 5 Chemikaliengesetz, BGBl. Nr. 326/1987, mit Verordnung bezeichnet sind."
In der Begründung wird zunächst dargelegt, warum im Beschwerdefall die Erlassung eines Feststellungsbescheides zulässig ist. Zum Inhalt der im Spruch getroffenen Feststellung wird ausgeführt, Jugoslawien habe als der Staat, der vom Verordnungsgeber des Jahres 1989 in die Staatenverordnung aufgenommen worden sei, zu existieren aufgehört. Diese völkerrechtliche Erkenntnis werde auch von der beschwerdeführenden Partei nicht in Frage gestellt. Bei der Frage, ob an die Stelle des "ehemaligen Jugoslawien" der Staatenverordnung andere, inzwischen neu entstandene Staaten getreten seien, handle es sich nicht um eine völkerrechtliche Frage, sondern vielmehr um eine Frage der Auslegung der Staatenverordnung. Unabhängig davon, ob nun Slowenien, Kroatien und Mazedonien im völkerrechtlichen Sinn als "Nachfolgestaaten" des ehemaligen Jugoslawien zu gelten haben, müsse nämlich beurteilt werden, ob diese Staaten via Interpretation als in der Staatenverordnung aufgelistet angesehen werden dürften. § 1 der Staatenverordnung liste neben anderen Staaten auch "Jugoslawien" ausdrücklich auf. Da der Verordnungsgeber die politischen Ereignisse auf dem Gebiet dieses "Jugoslawien" nicht habe vorausahnen können, sei unter "Jugoslawien" im Sinne der Staatenverordnung nur das "ehemalige Jugoslawien" in seiner damaligen Ausdehnung und mit seiner damaligen Rechtsordnung zu verstehen. Spätere Staaten auf dem Gebiet dieses "ehemaligen Jugoslawien" könnten unter diesem Begriff dagegen nicht verstanden werden. Dies ergebe sich unausweichlich aus dem Umstand, daß laut gesetzlichem Auftrag des § 5 Abs. 1 Z. 5 ChemG nur jene Staaten in der Verordnung bezeichnet werden dürften, deren Vorschriften für das Inverkehrbringen neuer chemischer Stoffe den österreichischen gleichwertig seien. Dies vermöge der Verordnungsgeber aber nur für bestehende Staaten und deren Rechtsordnung zu beurteilen und nicht für auf einem bestimmten Staatsgebiet künftig entstehenden Staaten. Andere als die im § 1 der Staatenverordnung ausdrücklich angeführte Staaten - dazu zählten auch Slowenien, Kroatien und Mazedonien - könnten daher nur durch eine Novellierung der Staatenverordnung in diese aufgenommen werden. Eine solche Novellierung sei bisher nicht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht verletzt erachtet, als exportierendes Chemieunternehmen in das Staatsgebiet des ehemaligen Jugoslawien Chemikalien, die keine Altstoffe seien, entsprechend § 5 Abs. 1 Z. 5 ChemG auszuführen, ohne daß hiefür in Österreich eine Anmeldung gemäß § 4 ChemG erforderlich sei.
In der Beschwerde wird vorgebracht, der Bescheid widerspreche dem Sinn des ChemG und der Staatenverordnung. Da im ehemaligen Jugoslawien die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Z. 5 ChemG gegeben gewesen seien, sei dieser Staat in die Staatenverordnung einbezogen worden. Diese Bezeichnung der Staatenverordnung bleibe solange gültig, bis die Staatenverordnung abgeändert werde. Im konkreten Fall sei diese Bezeichnung des Staates auf die Nachfolgestaaten Jugoslawiens übergegangen. Die Auffassung der belangten Behörde, daß sich eine solche Bezeichnung eines Staates nur auf eine bestimmte Ausdehnung und eine bestimmte Rechtsordnung eines Staates erstrecke, würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen, weil dann auch Staaten, deren Bezeichnung sich nicht geändert habe, als nicht mehr in der Staatenverordnung bezeichnet gelten würden, wenn sie ihr Staatsgebiet oder ihre Rechtsordnung änderten. Diese Ansicht stehe jedenfalls mit dem Grundsatz im Widerspruch, daß Normen solange Gültigkeit hätten, bis sie aufgehoben würden. Nachdem bisher keine Aufhebung der Staatenverordnung erfolgt sei, werde dem Sinn des ChemG und der Staatenverordnung am besten dadurch Rechnung getragen, daß die Nachfolgestaaten Jugoslawiens, Slowenien, Kroatien und Mazedonien, als in der Staatenverordnung anstelle von Jugoslawien bezeichnet gälten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4 ChemG sieht eine Anmeldepflicht für das Inverkehrbringen neuer Stoffe vor.
§ 5 leg. cit. statuiert Ausnahmen von dieser Anmeldepflicht. Nach § 5 Abs. 1 Z. 5 ChemG sind von der Anmeldepflicht gemäß § 4 neue Stoffe ausgenommen, sofern sie in Staaten ausgeführt werden, in denen für das Inverkehrsetzen neuer Stoffe Vorschriften bestehen, die den in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Anforderungen gleichwertig sind; diese Staaten hat der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie mit Verordnung zu bezeichnen.
Auf Grund des § 5 Abs. 1 Z. 5 ChemG wurde vom Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie die Staatenverordnung, BGBl. Nr. 5/1989, erlassen. Nach § 1 dieser Verordnung sind von der Anmeldepflicht gemäß § 4 ChemG neue Stoffe ausgenommen, wenn sie (unter anderem) nach Jugoslawien ausgeführt werden.
Slowenien, Kroatien und Mazedonien sind in der Verordnung nicht angeführt; da sie auch keine Bestandteile Jugoslawiens mehr sind, fallen sie nicht unter die Staatenverordnung. Ob es sich bei den genannten Staaten um Nachfolgestaaten Jugoslawiens handelt, braucht nicht geprüft zu werden, da es darauf nicht ankommt. Entscheidend ist, ob sie in der Verordnung genannt sind, was nicht der Fall ist.
Die Erlassung einer Verordnung nach § 5 Abs. 1 Z. 5 ChemG setzt voraus, daß der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie vorher geprüft hat, ob in dem betreffenden Staat für das Inverkehrsetzen neuer Stoffe Vorschriften bestehen, die den im ChemG vorgesehenen Anforderungen gleichwertig sind und daß diese Prüfung ein positives Ergebnis erbracht hat. Eine solche Prüfung kann sich naturgemäß nur auf einen im Zeitpunkt der Prüfung bestehenden Staat beziehen, nicht aber auch auf später aus diesem Staatsgebilde hervorgehende selbständige Staaten.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Feststellung getroffen, daß Slowenien, Kroatien und Mazedonien nicht unter die Staatenverordnung fallen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführende Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994070150.X00Im RIS seit
20.11.2000