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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Inanspruchnahme der Zuständigkeit zur Entscheidung über die grundverkehrsbehördliche Genehmigung eines Liegenschaftserwerbes eines nicht landwirtschaftlich genutzten GrundstückesSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird daher aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit S 15.000,-- bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Kaufvertrag vom 15. Jänner 1990 erwarb R S von J S einen ideellen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 96 KG Scharnitz, bestehend aus dem Grundstück Nr. 746 im Ausmaß von 16117 m2 und dem Grundstück Nr. 747 im Ausmaß von 7395 m2.
2.1. Mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Scharnitz vom 18. Dezember 1990 wurde diesem Rechtserwerb gemäß §4 Abs1 sowie §6 Abs1 litc des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom 18. Oktober 1983 über die Wiederverlautbarung des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. für Tirol Nr. 69/1983, idF der Kundmachungen LGBl. für Tirol Nr. 44/1984 und 45/1988 - hier also maßgeblich idF vor der Novelle LGBl. für Tirol Nr. 74/1991 (vgl. ArtII Abs1 derselben) - (im folgenden: Tir. GVG 1983) die Zustimmung versagt.
2.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 16. September 1991, Z LGv-1066/4, als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt:
"... Nachdem der ... Berufungswerber ... die Anwendbarkeit des Grundverkehrsgesetzes in Zweifel gezogen hat, bleibt vorweg zu untersuchen, ob eine Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde ... gegeben ist.
...
Die Landesgrundverkehrsbehörde hat ... ein forsttechnisches
Gutachten unter anderem zur Frage eingeholt, ob es sich bei der
verfahrensgegenständlichen Liegenschaft um Wald im Sinne des
Forstgesetzes handelt und in welcher Form derzeit allenfalls die
forstliche Nutzung erfolgt. Der forsttechnische Amtssachverständige
... hat dazu folgendes ausgeführt:
'Handelt es sich bei der Liegenschaft ... um Wald im Sinne des
Forstgesetzes 1975?
Befund:
Die Gp 746 und 747 liegen im Bereich der Lablehner Wiesen am Eingang zum Hinterautal und Karwendeltal. Der flach geneigte (bis 15 %) südexponierte Standort weist mit seinen Braunlehm-Rendsina-Böden mäßig frischen Wasserhaushalt und mittlere Leistungsfähigkeit auf. Beide Grundparzellen sind durch Naturverjüngung zugewachsen; im einzelnen stellt sich die Bestockung dieser Flächen wie folgt dar:
Gp 746 - ca. 30-jähriges Stangenholz aus 9/10 Kiefern und 1/10 Fichte vielfach mit Fichtenunterwuchs, durchschnittlicher Bestockungsgrad 0,9 (0,7 bis 1).
Gp 747 - sehr ungleichhaltige Bestockung mit einem Alter zwischen 1 bis 90 Jahren. 5/10 der Fläche sind als lockerer Jungwuchs aus Kiefer und Fichte mit einem Bestockungsgrad von 0,6, 4/10 der Fläche sind als Stangenholz wie auf Gp 746 und 1/10 der Fläche sind als Baumholz aus Fichte und Kiefer mit einem Bestockungsgrad von 0,9 auszusprechen.
Zaunholzteil 16
Der südlich der Gp 746 und 747 angrenzende Zaunholzteil 16 weist eine Bestockung aus 8/10 Fichte und 2/10 Kiefer und Buche mit einem durchschnittlichen Alter von 70 Jahren und einem Bestockungsgrad von 0,8 auf.
Schlußfolgerung:
Auf Grund des Befundes ergibt sich eindeutig, daß es sich bei den Gpn 746 und 747 samt dazugehörigem Zaunholzanteil um Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 handelt.
In welcher Form erfolgt derzeit die forstliche Nutzung auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft?
Bei der Begehung am 16.4.1991 gemeinsam mit dem Waldaufseher der Gemeinde Scharnitz ... konnten keine forsttechnischen Eingriffe festgestellt werden, solche sind laut Auskunft des Waldaufsehers in den letzten Jahren und mit größter Wahrscheinlichkeit seit Beginn des Naturverjüngungsanfluges auch nie durchgeführt worden. Hiezu muß jedoch festgehalten werden, daß das vorwiegende Bestandsalter auf den Gpn 746 und 747 (1-35 Jahre) und der erst in der letzten Zeit erfolgte Kronenschluß des Bestandes in weiten Teilen dieser Parzellen, forstwirtschaftliche Pflegeeingriffe in den letzten Jahren entbehrlich machten. Pflegenutzungen zur Stabilisierung des Bestandes werden erst in den Folgejahren notwendig, eine Qualitätsverbesserung des gesamten Bestandes durch waldbauliche Maßnahmen wird ob der fast durchwegs grobastigen Kiefern nur sehr eingeschränkt möglich sein. Die gegebenen Standortverhältnisse lassen eine Endnutzung des Bestandes erst ab dem Jahre 2050 erwarten. Die vorhandenen Baumholzteile erfüllen als Samenbäume eine Überhälterfunktion, die Schlägerung dieser Bäume wäre auch wegen ihrer geringen Dimension noch nicht sinnvoll gewesen. Die forstliche Nutzung der Grundstücke liegt also einzig in der Holzzucht, wobei mit Holzschlägerungen auf Grund der gegebenen Bestandesverhältnisse erst in Zukunft zu rechnen ist. Eine ortsübliche forstwirtschaftliche Nutzung ist somit jedenfalls gegeben.'
Im Lichte dieser schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen vertritt die Landesgrundverkehrsbehörde die Auffassung, daß es sich bei den in Rede stehenden Grundstücken um forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des §1 Abs1 Z.1 GVG 1983 handelt. ...
Bleibt also in der Sache selbst die Frage zu beantworten, ob durch den gegenständlichen Rechtserwerb die im §4 Abs1 GVG 1983 normierten land- und forstwirtschaftlichen Schutzinteressen beeinträchtigt werden.
...
Nach Ansicht der Landesgrundverkehrsbehörde muß dem vorliegenden Rechtserwerb ganz allgemein ein Widerspruch zu den land- und forstwirtschaftlichen Schutzinteressen - insbesondere zum öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes - angelastet werden. Dies aus folgenden Gründen:
Die Bestimmung des §4 Abs1 GVG 1983 enthält unbestimmte Rechtsbegriffe, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa Slg. 8245/1978) als ausreichend bestimmt anzusehen sind. ... Zur Auslegung solcher dehnbarer Rechtsbegriffe ist auf den Zusammenhang, in dem sie verwendet werden, auf die in dem betreffenden Lebensbereich herrschenden Anschauungen, auf ähnliche gesetzliche Regelungen, aber auch auf den allgemeinen Sprachgebrauch Bedacht zu nehmen (vgl. Mannlicher Quell, Seite 303). Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß bei der Auslegung unbestimmter (mehrdeutiger, dehnbarer) Begriffe, sofern die betreffende Gesetzesstelle nicht anderes erschließen läßt, in erster Linie jedenfalls das jeweils anzuwendende Gesetz selbst und andere verwandte Gesetze heranzuziehen sind ...
In diesem Zusammenhang findet sich etwa im §1 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978, i.d.F. LGBl. Nr. 18/1984, nachstehende Bestimmung:
'Im Interesse der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft können die Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse im ländlichen Lebens- und Wirtschaftsraum durch Neueinteilungen ... verbessert oder neu gestaltet werden. Zur Erreichung dieser Ziele sind in erster Linie die Nachteile abzuwenden, zu mildern oder zu beheben, die verursacht werden durch Mängel der Agrarstruktur (wie z.B. zersplitterter Grundbesitz, ideell oder materiell geteiltes Eigentum, ...)'.
Wenn aber der Landesgesetzgeber expressis verbis ideell geteiltes Eigentum im Bereich der Landwirtschaft ganz allgemein als agrarstrukturellen Mangel bezeichnet und zur Beseitigung dieser vom Standpunkt des öffentlichen Interesses unerwünschten Form der Bodenordnung erhebliche öffentliche Mittel bereitgestellt werden (vgl. §7 lita des Tiroler Landwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 3/1974), so muß wohl auch für den Bereich des Grundverkehrsrechtes davon ausgegangen werden, daß die Neuschaffung solcher Eigentumsverhältnisse an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken als agrarpolitisch unerwünschte Veränderung der bäuerlichen Besitzverhältnisse zu bezeichnen ist. Diese Rechtsanschauung wird nicht zuletzt auch durch die Bestimmung des Tiroler Landwirtschaftlichen Siedlungsgesetzes 1969, LGBl. Nr. 49, untermauert ... Ausgehend davon erschiene es nun insgesamt geradezu widersinnig, dem Grundverkehrsgesetzgeber andere agrarpolitische Ziele zu unterstellen bzw. davon auszugehen, daß ein auf eine gegenteilige Gestaltung der Eigentumsverhältnisse am bäuerlichen Kapital 'Grund und Boden' hinauslaufendes Rechtsgeschäft den grundverkehrsrechtlichen Schutzinteressen nicht widersprechen würde.
Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht wird des weiteren untermauert, wenn man sich schließlich noch die Bestimmungen des Tiroler Höfegesetzes, LGBl. Nr. 47/1900, in der derzeit geltenden Fassung, vor Augen führt. ...
Insgesamt gesehen vertritt daher die Landesgrundverkehrsbehörde zusammenfassend die Meinung, daß die von den Vertragspartnern vorliegend beabsichtigte Aufsplitterung des Alleineigentums auf ideelles Miteigentum ganz allgemein im Widerspruch zu den land- und forstwirtschaftlichen Schutzinteressen im Sinne des §4 Abs1 GVG 1983 steht. Ausgehend davon war es ... nicht mehr erforderlich, zu prüfen, ob dem vorliegenden Rechtserwerb auch noch der spezielle Versagungstatbestand des §6 Abs1 litc GVG 1983 ('Selbstbewirtschaftung') entgegenstehen würde ..."
3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1.1. Der Beschwerdeführer macht ua. die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend. Er habe bereits im Antrag auf Zustimmung zum Rechtserwerb unter Berufung auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 9005/1981 und 11437/1987 geltend gemacht, daß das Rechtsgeschäft keiner Zustimmung bedürfe, weil das Grundstück zum Zeitpunkt des Kaufes weder land- noch forstwirtschaftlich genutzt worden sei; er habe daher (in eventu) einen Bescheid begehrt, daß der Rechtserwerb keiner Zustimmung bedürfe, bzw. die Ausstellung einer (Negativ-)bestätigung nach §2 Abs2 Tir. GVG 1983 beantragt. Auch in der Berufung gegen den Bescheid erster Instanz habe der Beschwerdeführer auf die bereits zitierten Erkenntnisse verwiesen und die Beischaffung des seinerzeitigen Grundverkehrsaktes beantragt, aus dem sich die Gleichartigkeit der Beschaffenheit und Nutzung der damals und nun in Rede stehenden Grundstücke erwiesen hätte, sodaß die belangte Behörde auch im vorliegenden Verfahren hätte feststellen müssen, daß ihr keine Zuständigkeit nach dem Tir. GVG 1983 zukomme. Dadurch, daß die belangte Behörde unzuständigerweise meritorisch entschieden und die Zustimmung zum Rechtserwerb verweigert habe, werde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
4.1.2. Die belangte Behörde hält in der Gegenschrift diesem Beschwerdevorbringen lediglich entgegen, daß der vorliegende Rechtsfall mit dem seinerzeitigen, dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11437/1987 zugrundeliegenden nicht vergleichbar sei, auch wenn die nun streitgegenständliche Liegenschaft ebenfalls im Bereich der "Lablehna-Wiesen" gelegen ist, weil der "seinerzeitige Kaufvertrag im Jahre 1978 abgeschlossen wurde und allein schon im Hinblick auf die zeitliche Distanz die Sachverhalte nicht direkt vergleichbar" seien.
4.2. Die Beschwerde ist begründet:
Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde u.a. dann verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 9696/1983).
4.2.1. Die belangte Behörde hat - gestützt auf §4 Abs1 Tir. GVG 1983 - eine Sachentscheidung getroffen, wozu sie nur berechtigt gewesen wäre, wenn die in Rede stehenden Grundstücke den Bestimmungen des Tir. GVG 1983 unterliegen.
Unter Zugrundelegung der vom Verfassungsgerichtshof vertretenen grundsätzlichen Auffassung (vgl. zB VfSlg. 7838/1976, 7898/1976, 8415/1978, 8718/1979) ist bei verfassungskonformer Auslegung des §1 Abs1 Z1 Tir. GVG 1983 davon auszugehen, daß der Landesgesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Grundverkehrs (soweit es sich um den Rechtserwerb durch Inländer handelt) nur den Verkehr mit solchen Grundstücken verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterworfen hat, die gegenwärtig dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind; das sind solche, auf denen Land- bzw. Forstwirtschaft betrieben wird (zB VfSlg. 8257/1978). Dies ist jedenfalls hinsichtlich solcher Grundstücke der Fall, die von einem Land- oder Forstwirt auf eine für einen Land- oder Forstwirt signifikante Art genutzt werden.
Gleiches gilt aber auch für Grundstücke, die von einer Person auf eine für Land- oder Forstwirte signifikante Art wirtschaftlich genutzt werden, obgleich diese Person nicht Land- oder Forstwirt ist. Ob die Nutzung auf eine für einen Land- oder Forstwirt signifikante Art und Weise erfolgt, ist vor allem danach zu beurteilen, was und auf welche Weise auf dem Grundstück produziert wird und welchen primären Verwendungszweck das Grundstück hat. Die Umstände, auf die es ankommt, können hiebei nicht nach starren Regeln beurteilt werden, sie können also nach Maßgabe des jeweiligen Falles unterschiedliches Gewicht besitzen; entscheidend ist, daß durch sie Sachverhalte verwirklicht werden, wie sie sich in der Land- oder Forstwirtschaft, wenn auch in verschiedenen Spielarten finden. Ein land- oder forstwirtschaftliches, dem Tir. GVG 1983 unterliegendes Grundstück ist daher ein solches, auf dem gegenwärtig Land- oder Forstwirtschaft im Sinne der vorstehenden Ausführungen betrieben wird (VfSlg. 9005/1981).
Um Umgehungshandlungen hintanzuhalten, dürfen zwar auch Grundstücke, die gegenwärtig diese Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllen, in die Grundverkehrsregelung einbezogen werden. Der Entfall der Widmung darf aber nur so lange zurückliegen, als dies aus diesem Zweck erklärbar ist (vgl. zB VfSlg. 7838/1976 und 7898/1976).
Diese Rechtsauffassung hat der Verfassungsgerichtshof auch in den Erkenntnissen VfSlg. 9005/1981 und 11437/1987, auf die sich der Beschwerdeführer schon im Administrativverfahren berufen hat, ausdrücklich vertreten und sieht sich auch im vorliegenden Fall nicht veranlaßt, davon abzugehen.
Auf dem Boden dieser Rechtsauffassung hat der Verfassungsgerichtshof mit dem zuletzt zitierten Erkenntnis VfSlg. 11437/1987, das ebenfalls den Erwerb eines Grundstückes durch den nunmehrigen Beschwerdeführer im Jahre 1987 betraf, die Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde verneint, wobei damals als Sachverhalt festgestellt wurde, daß das Kaufgrundstück seit 1969 (im Jahr des Ablebens des Vaters des damaligen Verkäufers) bis zum Kaufvertrag im Jahre 1978 in keiner Weise land- oder forstwirtschaftlich genutzt wurde; des weiteren wurde festgestellt, daß nur bis ca. zehn Jahre vor dem damals in Frage stehenden Rechtserwerb eine landwirtschaftliche Nutzung vorlag und daß das Entstehen von Wald auf dem Kaufgrundstück nicht auf eine Kultivierung, sondern auf Wildwuchs zurückzuführen war. Eine Pflege dieses Waldes habe erst der nunmehrige Beschwerdeführer als Käufer vorgenommen. Der Verfassungsgerichtshof kam damals zu dem Ergebnis, daß im Zeitpunkt des Kaufabschlusses das Kaufgrundstück weder als land- noch als forstwirtschaftliches Grundstück iS des §1 Abs1 Z1 Tir. GVG 1983 zu bewerten war.
4.2.2. Wie bereits erwähnt, hat sich der Beschwerdeführer bereits im Administrativverfahren auf die Gleichartigkeit der Beschaffenheit und der Nutzung der nun in Rede stehenden Grundstücke Nr. 746 und 747 und dem in VfSlg. 11437/1987 gegenständlich gewesenen Grundstück Nr. 735 berufen. Die Grundstücke Nr. 746 und 747 seien ehemalige Bergwiesen im Gebiet mit dem Flurnamen "Lablehner" in Scharnitz und seit 1960 landwirtschaftlich nicht mehr genutzt worden; es sei durch Anflug Wald entstanden.
Die belangte Behörde stützte sich bei ihrer abweislichen Entscheidung auf ein im angefochtenen Bescheid wiedergegebenes Sachverständigengutachten, in dem ausgeführt wird:
"Bei der Begehung am 16.4.1991 gemeinsam mit dem Waldaufseher der Gemeinde Scharnitz ... konnten keine forsttechnischen Eingriffe festgestellt werden, solche sind laut Auskunft des Waldaufsehers in den letzten Jahren und mit größter Wahrscheinlichkeit seit Beginn des Naturverjüngungsanfluges auch nie durchgeführt worden."
Wenn die belangte Behörde - an dieses Gutachten anknüpfend - im angefochtenen Bescheid davon ausgeht, daß die forstwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke in der Holzzucht liege, und in rechtlicher Hinsicht folgert, daß es sich deshalb um forstwirtschaftliche Grundstücke iS des §1 Abs1 Z1 Tir. GVG 1983 handle, verkennt sie die Rechtslage.
Wie der Verfassungsgerichtshof mit der unter 4.2.1. wiedergegebenen Rechtsprechung eindeutig klargestellt hat, unterliegen - bei verfassungskonformer Auslegung des §1 Abs1 Z1 Tir. GVG 1983 - nur solche Grundstücke den Beschränkungen des Tir. GVG 1983, die gegenwärtig dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmet sind, maW auf denen Land- bzw. Forstwirtschaft betrieben wird.
Im Gutachten, das von der belangten Behörde eingeholt wurde, wird nun ausdrücklich ausgesagt, daß bei den kaufgegenständlichen Grundstücken keine forsttechnischen Eingriffe festgestellt werden konnten und solche laut Auskunft des Waldaufsehers in den letzten Jahren und mit größter Wahrscheinlichkeit seit Beginn des Naturverjüngungsanfluges noch nie durchgeführt worden sind. Da nach dem Gutachten das vorwiegende Bestandalter der Bestockung ein bis 35 Jahre beträgt, trifft somit offenkundig das Beschwerdevorbringen zu, daß jedenfalls seit 1960 keine landwirtschaftliche und - nachfolgend, als der so bezeichnete "Naturverjüngungsanflug" stattfand, der zur Waldbildung führte - auch nie eine forstwirtschaftliche Nutzung erfolgte.
Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid meint, daß Rückschlüsse aus der Unterlassung einer forstwirtschaftlichen Nutzung nur unter Berücksichtigung des Umstandes gezogen werden dürften, daß Schlägerungen oder Nutzungen anderer Art nur in langfristigen Intervallen vorgenommen werden könnten, weshalb die kaufgegenständlichen Grundstücke deshalb dem Grundverkehrsrecht unterlägen, übersieht sie, worauf es entscheidend ankommt: In VfSlg. 11437/1987 hat der Verfassungsgerichtshof bereits unmißverständlich ausgesprochen, daß eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung zu verneinen ist, wenn einwandfrei feststeht, daß das Entstehen von Wald auf einem Grundstück nicht auf eine Kultivierung, sondern auf Wildwuchs zurückzuführen ist.
Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende und vom Verfassungsgerichtshof übernommene Feststellung, daß die Bewaldung der verkaufsgegenständlichen Grundstücke auf "Naturverjüngungsanflug" beruhe, betrifft offenkundig Wildwuchs, da eine Kultivierung (Waldpflege) nach den Ermittlungsergebnissen (laut Gutachten konnten "keine forsttechnischen Eingriffe festgestellt werden" und sind "solche ... seit Beginn des Naturverjüngungsanfluges auch nie durchgeführt worden") nicht stattfand.
Für den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses steht nach dem Gesagten fest, daß es sich bei den Kaufgrundstücken um keine Grundstücke im Sinne des §1 Abs1 Z1 Tir. GVG 1983 handelte. Wenn aber Gegenstand des Kaufvertrages Teile einer Liegenschaft waren, auf die das Tir. GVG 1983 nicht Anwendung fand, dann kam der belangten Behörde eine Entscheidungsbefugnis über die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages nicht zu. Damit hat sie aber mit dem angefochtenen Bescheid eine Sachentscheidung getroffen, die ihr nicht zustand.
Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
5. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG; in den Kosten ist USt in Höhe von S 2.500,-- enthalten.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftlichesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B1260.1991Dokumentnummer
JFT_10079072_91B01260_00