TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/14 92/03/0180

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Veröffentlicht am 14.12.1994
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65008 Jagd Wild Vorarlberg;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
27/04 Sonstige Rechtspflege;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
GebAG 1975 §27;
GebAG 1975 §31;
GebAG 1975 §34;
GebAG 1975 §36;
JagdG Vlbg 1988 §60 Abs5;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des H G in H, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 16. Dezember 1991, Zl. Va-243-1/91, betreffend Vorschreibung von Gebühren (mitbeteiligte Partei: S in D), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Vorarlberg ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Dezember 1991 wurden gemäß § 60 Abs. 5 des Vorarlberger Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 32/1988 (JG), dem Beschwerdeführer als ehemaligem Jagdnutzungsberechtigten der Genossenschaftsjagd B die vom Mitbeteiligten als Schlichter geltend gemachten Gebühren in der Höhe von insgesamt S 6.836,-- zur Bezahlung vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 22. Juni 1992, B 113/92-3, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch der Mitbeteiligte hat in seiner Gegenschrift vom 30. November 1992 die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgebliche Rechtsvorschrift des § 60 JG hat

folgenden Wortlaut:

"§ 60

Schlichtungsverfahren

(1) Schadenersatzansprüche gemäß § 59 sind vom Geschädigten innerhalb eines Monats, nachdem er vom Eintritt des Schadens Kenntnis erlangt hat, gegenüber dem Jagdnutzungsberechtigten geltend zu machen. Kommt eine einvernehmliche Lösung nicht zustande, kann der Geschädigte ein Schlichtungsverfahren (Abs. 2 bis 5) beantragen.

(2) Als Schlichter sind von der Behörde für ihren Verwaltungsbezirk Personen zu bestellen und zu beeiden, die zur Feststellung von Jagd- und Wildschäden und zur Ermittlung der Schadenshöhe fachlich geeignet und vertrauenswürdig sind.

(3) Das Schlichtungsverfahren muß vom Geschädigten innerhalb von drei Monaten, nachdem er vom Eintritt des Schadens Kenntnis erlangt hat, bei der Behörde schriftlich beantragt werden. Die Behörde hat den Antrag unverzüglich einem Schlichter, der im Hinblick auf Schadensart und Schadensort geeignet ist, zur Behandlung zuzuweisen. Der Schlichter hat ehestens ein schriftliches Gutachten darüber zu erstellen, ob die Voraussetzungen für eine Schadenersatzpflicht gemäß § 59 vorliegen und gegebenenfalls wie hoch der Schaden ist, und dem Jagdnutzungsberechtigten sowie dem Geschädigten zu übermitteln. Zu diesem Zweck hat der Schlichter das geschädigte Gut ehestens zu besichtigen. Läßt sich die Höhe des Schadens erst zur Zeit der Ernte ermitteln, hat der Schlichter eine weitere Besichtigung für diesen Zeitpunkt vorzusehen. Der Geschädigte hat den Schlichter spätestens eine Woche vor dem in Aussicht genommenen Erntezeitpunkt zu verständigen. Der Schlichter hat den Jagdnutzungsberechtigten und den Geschädigten zur Teilnahme an den Besichtigungen einzuladen und ihnen Gelegenheit zu geben, sich über die Schadensursache und Schadenshöhe zu äußern.

(4) Wenn weder der Jagdnutzungsberechtigte noch der Geschädigte innerhalb eines Monats nach Erhalt des Gutachtens dem Schlichter mitteilt, daß er mit der von ihm ermittelten Schadenshöhe nicht einverstanden ist, ist dies als Zustimmung zu einem Vergleich auf der Grundlage des Gutachtens zu werten. Der Schlichter hat die Parteien bei der Übermittlung des Gutachtens auf diese Rechtswirkung hinzuweisen. Nach Ablauf der Frist hat der Schlichter den Parteien schriftlich mitzuteilen, ob der Vergleich zustande gekommen ist. Ist der Vergleich zustande gekommen, so hat der Jagdnutzungsberechtigte den im Vergleichswege vereinbarten Schadenersatz innerhalb eines Monats an den Geschädigten zu zahlen. Ein solcher Vergleich hat die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches (§ 1 Z. 15 der Exekutionsordnung).

(5) Der Schlichter hat Anspruch auf Gebühren im gleichen Ausmaß wie Sachverständige im gerichtlichen Verfahren. Die Gebühren sind, von folgender Ausnahme abgesehen, vom Jagdnutzungsberechtigten zu tragen. Wenn der Schlichter die Voraussetzungen für eine Schadenersatzpflicht gemäß § 59 nicht als gegeben erachtet oder wenn der verglichene Schadensbetrag nicht höher ist als ein vom Jagdnutzungsberechtigten im Verfahren gemäß Abs. 1 schriftlich angebotener Schadenersatz, sind die Gebühren je zur Hälfte vom Jagdnutzungsberechtigten und vom Geschädigten zu tragen. Erforderlichenfalls sind die Gebühren von der Behörde mit Bescheid vorzuschreiben.

(6) Der Geschädigte kann den Schadenersatzanspruch auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend machen, wenn seit dem Eintritt des Schadens weniger als drei Jahre verstrichen sind und

a)

der Schlichter die Voraussetzungen für eine Schadenersatzpflicht gemäß § 59 nicht als gegeben erachtet,

b)

auf das vom Schlichter erstellte Gutachten hin kein Vergleich zustande kommt oder

c)

neun Monate nach Einbringung des Antrags das Gutachten des Schlichters noch aussteht."

Der angefochtenen Entscheidung der belangten Behörde liegt zugrunde, daß der Beschwerdeführer als ehemaliger Jagdnutzungsberechtigter den Ersatz von Wildschäden an mehrere geschädigte Grundstückseigentümer im Gebiet der Genossenschaftsjagd B abgelehnt hat, worauf diese bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens im Sinne des § 60 JG beantragten. Hierauf wurden dem Mitbeteiligten die seitens der Grundstückseigentümer eingegangenen Anträge auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zur Behandlung zugewiesen, worauf er am 16. Juli 1991 sein Gutachten erstellte, in dem ein Gesamtschaden von S 64.500,-- festgestellt wurde. Der Mitbeteiligte sprach (im Detail aufgeschlüsselte) Gebühren im Gesamtbetrag von S 6.836,-- an und übermittelte die Gebührennote samt Gutachten dem Beschwerdeführer zu Handen dessen Rechtsvertreter. Der Beschwerdeführer erklärte jedoch mit Schreiben vom 25. Juli 1991, daß er das Gutachten nicht anerkenne und daher auch kein Anspruch auf Gutachtenshonorar bestehe. Die Erstbehörde schrieb in der Folge ausgehend von § 60 Abs. 5 JG mit Bescheid vom 30. August 1991 die Gebühren in der geltend gemachten Höhe dem Beschwerdeführer zur Bezahlung vor; die belangte Behörde bestätigte mit dem nun angefochtenen Bescheid den Bescheid der Erstbehörde.

Insofern der Beschwerdeführer in der Beschwerde die Unrichtigkeit des Gutachtens behauptet und die Berechtigung der Geschädigten, von ihm Ersatz zu erlangen, bestreitet, ist ihm zu entgegnen, daß weder die Richtigkeit des Gutachtens noch der Schadenersatzanspruch im vorliegenden Verfahren abzuklären ist, in dem es lediglich um die Gebührenvorschreibung geht. Der Gebührenanspruch setzt nach den hier anzuwendenden Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 nicht die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens voraus. Das zur behaupteten mangelnden Passivlegitimation erstattete Beschwerdevorbringen, daß hier "offensichtlich Wildschäden erfaßt" worden seien, die "erst nach Beendigung meines Jagdpachtverhältnisses entstanden" seien, entfernt sich von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach es sich um Wildschäden handelt, die in der Zeit vom 11. März bis 13. März 1991 (der Beschwerdeführer war unbestritten bis zum 31. März 1991 Jagdnutzungsberechtigter) erhoben wurden. Die Behauptung, "die Anträge auf Wildschadenersatz" seien verfristet, wurde vom Beschwerdeführer nicht näher konkretisiert und es finden sich im übrigen dafür in den Verwaltungsakten keine Anhaltspunkte.

Schließlich ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß sich aus § 60 Abs. 5 JG (letzter Satz) nicht ableiten läßt, daß die Vorschreibung der Gebühren erst stattzufinden habe, "wenn letztlich auf dem ordentlichen Rechtsweg entschieden ist, ob tatsächlich eine Schadenersatzpflicht gegeben ist". Das Vorbringen des Mitbeteiligten in dessen Gegenschrift vom 30. November 1992, daß er am 2. September 1991 das Honorar von der Erstbehörde erhalten habe, steht nicht einer Beteiligung des Schlichters am verwaltungsgerichtlichen Verfahren, worin die Rechtmäßigkeit des Vorschreibungsbescheides zu prüfen ist, entgegen.

Mit Recht wendet sich der Beschwerdeführer jedoch gegen die Höhe der zugesprochenen Gebühren, welche von Amts wegen zu bestimmen sind, und verweist darauf, daß die Gebühren nicht überprüfbar sind.

Der Mitbeteiligte hat in seinem Schreiben vom 16. Juli 1991 die Gebühren wie folgt angesprochen:

"Gemäß § 60 Abs. 5 des LGBl. Nr. 32/1988 stelle ich Ihnen als Schlichter für das beiliegende Gutachten und Mühewaltung folgendes in Rechnung:

1.

Pläne, Aktenstudium, Aussendungen,

Telefonate, Kopien 4,5 Std. a. 350,-- 1.575,--

2.

Verhandlung und Begehung:

   5 Std. a. 350,--                       1.750,--

3. Gutachtenerstellung:

   4 Std. a. 350,--                       1.400,--

4. Schreibarbeiten:

   3 Std. a. 150,--                         450,--

                                          5.175,--

                          + 20% MWSt      1.035,--

                                          6.210,--

5. Briefmarken

   a) Einladung: 9 x 5,-                     45,--

   b) Benachrichtigung gemäß § 60

      Abs. 4: 9 x 5,-                        45,--

   c) Gutachten versenden: 7 x 8,-           56,--

6. Kilometergeld: 120 km a. 4,-             480,--

                            GESAMTBETRAG  6.836,--"

                                          =========

Diese Verzeichnung entspricht nicht dem Gebührenanspruchsgesetz 1975 und läßt eine Gebührenbestimmung nicht zu:

Abgesehen davon, daß der Mitbeteiligte die Position 1 nicht näher aufgeschlüsselt hat und sie daher nicht im Detail nachvollzogen werden kann, entspricht der in dieser Position angeführte Ansatz, auch was die Gebühr für das Aktenstudium anlangt, nicht dem § 36 GebAG. Ferner hätte die belangte Behörde berücksichtigen müssen, daß die vom Mitbeteiligten verzeichneten Kosten für Pläne, "Aussendungen", Telefonate, Kopien und auch für Schreibarbeiten (diese verrechnet in Position 4 der Gebührennote) nach § 31 GebAG zu honorieren sind. Auch hier ist aus der Gebührennote eine konkrete Aufschlüsselung nicht ersichtlich.

Für die vom Mitbeteiligten in den Positionen 2 und 3 verzeichneten Tätigkeiten steht grundsätzlich eine Gebühr für Mühewaltung im Sinne des § 34 Abs. 1 GebAG (Aufnahme des Befundes und Erstattung des Gutachtens) zu, deren Höhe sich nach § 34 Abs.2 oder Abs. 3 GebAG bestimmt. Der Ansatz von S 350,-- pro Stunde kann ohne diesbezügliche nähere Erläuterungen nicht nachvollzogen werden.

Schließlich wurde vom Mitbeteiligten auch sein Anspruch auf Ersatz von Reisekosten (§§ 27 f GebAG) nicht präzisiert.

Die aufgezeigten Umstände hätten die Behörde dazu veranlassen müssen, dem Mitbeteiligten vorerst Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Erklärungen und Nachweise nachzutragen. Da die belangte Behörde dies unterließ, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben, weil der Sachverhalt in diesem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig ist.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 begründet. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht zustehenden Stempelgebührenaufwand (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 681, angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Schlagworte

Jagdschaden Wildschaden Verfahren Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992030180.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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