TE Vfgh Beschluss 1992/9/28 B410/92

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Veröffentlicht am 28.09.1992
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
DSt 1990 §22 Abs2
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde mangels Bescheidcharakter eines Schreibens des Bundesministers für Justiz sowie von Erledigungen des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer und der OBDK betreffs (Nicht-)Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den früheren Rechtsvertreter des Beschwerdeführers; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags wegen Aussichtslosigkeit

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit Eingabe vom 31. März 1992 wendet sich der Einschreiter gegen Erledigungen des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer, der Obersten Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (OBDK) und gegen ein Schreiben des Bundesministeriums für Justiz vom 19. Februar 1992, Z 903.553/1-III 6/92, welches er als Bescheid qualifiziert. Diese Erledigungen betreffen die (Nicht-)Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den früheren Rechtsvertreter des Antragstellers, der - nach Meinung des Einschreiters - die Rechte des Antragstellers gegen eine verfehlte zivilgerichtliche Entscheidung nicht gehörig wahrgenommen habe. Der Einschreiter stellt den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und erhebt gleichzeitig Beschwerde, in der er abschließend folgende Anträge stellt:

"a) Die Verfassungswidrigkeit des mir verweigerten 'Zugangs zum Recht' durch die Gerichte einerseits, durch die belangten Behörden andererseits - festzustellen.

b) Die ein Rechtsmittel versagenden Bestimmungen des Disziplinarstatutes für Rechtsanwälte und RAA als verfassungswidrig aufzuheben.

c) Festzustellen, daß das Urteil des LG-Linz als Berufungsgericht vom 11.7.1990 zu 18 R 83/90 den allgemeinen Rechtsgrundsätzen widerspricht und durch die Verweigerung einer (in ev.a.o. Revision, der Gleichheitsgrundsatz sowie das Petitionsrecht gem. Art2 bzw. 11 StGG verletzt wurden,

d) in eventu wolle der Verwaltungsgerichtshof, allenfalls aufgrund des §27 VerwGG infolge Säumnis der Obersten Disziplinarkommission f. RA u. RAA über meine 'Ratskammerbeschwerde' in Stattgebung meiner Anträge entscheiden,

e) in eventu wolle der Verfassungsgerichtshof den Einstellungsbeschluß der O.Ö.RA-Kammer vom 27.2.91 (Sitzung) zu

K 9/91 aufheben, allenfalls subsidiär der Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften

f) wollen die Beschwerdegegner (die belangten Behörden) in den Kostenersatz verfällt werden und somit meine Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit wieder beseitigt würden."

Für den Fall, daß sich der Verfassungsgerichtshof für unzuständig erachte, beantragt der Einschreiter die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

2. Der Antragsteller ist zunächst darauf zu verweisen, daß dem Verfassungsgerichtshof weder nach Art144 B-VG noch einer anderen Bestimmung eine Zuständigkeit zukommt, Akte der Gerichtsbarkeit zu prüfen. Zu den unter Punkt a) und c) angeführten Anträgen ist daher festzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof zu Feststellungen, wie sie in den Punkten a) und c) begehrt werden, nicht zuständig ist.

Gemäß Art144 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof lediglich über Beschwerden gegen letztinstanzliche Bescheide von Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate.

Bei dem vom Beschwerdeführer bekämpften Schreiben des Bundesministers für Justiz vom 19. Februar 1992 handelt es sich aber um eine bloße Mitteilung ohne normativen Inhalt; dem Einschreiter wird mitgeteilt, daß im Hinblick auf die Autonomie der Rechtsanwaltschaft die Rechtsanwaltskammern keiner unmittelbaren Aufsicht des Bundesministers für Justiz unterstellt seien und das vom Einschreiter angesprochene Aufsichtsrecht auf das Gebiet des Disziplinarverfahrens eingeschränkt sei, wobei es sich aber auch hier nicht auf Entscheidungen und Verfügungen im Einzelfall erstrecke, sondern nur die Erteilung allgemeiner Weisungen und Belehrungen ermögliche. Die Beschwerde richtet sich somit insofern nicht gegen einen gemäß Art144 B-VG bekämpfbaren verwaltungsbehördlichen Bescheid.

Aber auch sonst richtet sich die vorliegende Eingabe - wie sich aus dem beigeschafften Akt der OBDK, Z K 9/91, ergibt - gegen keine als Bescheid zu qualifizierende und nach Art144 B-VG anfechtbare Erledigung. Dies gilt auch für den mit 27. Februar 1991 datierten (vom Einschreiter als Einstellungsbeschluß bezeichneten) Aktenvermerk betreffend die Erklärung des Kammeranwaltes über die Zurücklegung der Anzeige gemäß §22 Abs2 des Disziplinarstatutes für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (DSt 1990) und das Nichtergehen eines Auftrages an den Kammeranwalt gemäß §22 Abs3 DSt 1990 sowie für das Schreiben des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 6. März 1991, in welchem dem Antragsteller hierüber Mitteilung gemacht wird. Dies auch deshalb, weil das Gesetz nicht vorsieht, daß dem Anzeiger ein Rechtsanspruch auf Durchführung eines Disziplinarverfahrens zusteht.

Soweit sich der Einschreiter gegen die Verfassungsmäßigkeit der §§22 ff. DSt 1990 wendet, weil sie "eklatant dem Grundrecht des Petitionsrechtes im Sinne des Art11 StGG widersprechen, ein der Billigkeit entsprechendes Verfahren gem. Art6 MRK geradezu verhindern und vor allem den Bestimmungen der StPO widersprechen", ist er darauf zu verweisen, daß ein allenfalls auf §22 Abs2 DSt 1990 abzielender Individualantrag schon deshalb zurückzuweisen wäre, weil durch die Zurücklegung einer Anzeige in Rechte des Anzeigenden nicht eingegriffen wird.

Die Eingabe (Beschwerde) ist daher zur Gänze zurückzuweisen.

Da somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung offenbar aussichtslos ist, mußte unter einem der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG).

Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.

Diese Beschlüsse konnten gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG und §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, Bescheidbegriff, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B410.1992

Dokumentnummer

JFT_10079072_92B00410_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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