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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des F in T, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. März 1993, Zl. 6/4 - 420/92-06, betreffend Einkommensteuer 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist seit 1985 an einer Wiener Hochschule als Lehrbeauftragter tätig. Im Juli 1984 hatte er mit seiner Ehefrau einen Wohnsitz in Wien 1 begründet. Im Frühjahr 1985 verlegte das Ehepaar seinen Wohnsitz nach T.; zugleich mieteten der Beschwerdeführer und seine Ehefrau in Wien 18 eine Wohnung.
In seiner Einkommensteuererklärung für 1989 machte der Beschwerdeführer unter anderem Kosten der "Dienstwohnung" in Wien 18 (Mietzins, Betriebskosten, Abschreibung für Sanierungsaufwand und Ablöse) von S 102.614,-- und Kosten von Familienheimfahrten von (zuletzt S 9.516,80) als Werbungskosten geltend. Er brachte vor, die "Dienstwohnung" sei vom Wohnsitz 102 km entfernt. Im Hinblick auf den Zugsfahrplan müsse er dreimal pro Woche in Wien übernachten. Die Miete der "Dienstwohnung" sei günstiger als Übernachtungen im Hotel.
Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung der geltend gemachten Wohnungs- und Fahrtkosten als Werbungskosten ab. Begründend vertrat es die Auffassung, die langjährige Beibehaltung des Familienwohnsitzes in unüblicher Entfernung vom Arbeitsplatz lasse vermuten, daß der Wohnsitz aus privaten Gründen beibehalten werde; die Wohnungs- und Fahrtkosten könnten daher nicht als Werbungskosten anerkannt werden. Die Sanierungsaufwendungen seien im Rahmen des Höchstbetrages als Sonderausgaben zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes in T. erfolge nicht aus privaten Gründen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei eine international tätige Opernsängerin. Sie leide an chronischer Bronchitis; deshalb sei aus medizinischer Sicht eine Wohnlage mit Höhenluft angeraten. Dies sei der alleinige Grund für die Begründung des Wohnsitzes in T. gewesen. In der Umgebung von Wien stünden keine Wohnungen in der erforderlichen Höhenlage (1000 m) zur Verfügung. Die Berufsausübung der Ehefrau des Beschwerdeführers sei vorrangig, zumal diese seit jeher mehr verdiene als der Beschwerdeführer. Dieser sei an der Hochschule zunächst nur in einem befristeten Teilzeitarbeitsverhältnis beschäftigt gewesen; erst seit Herbst 1985 sei er mit jeweils ein Jahr laufenden Arbeitsverträgen vollzeitbeschäftigt. Mit der jeweiligen Verlängerung des Arbeitsverhältnisses könne er nicht sicher rechnen. Im Zeitpunkt der Übersiedlung nach T. sei er arbeitslos gewesen. Die Wohnung in Wien 18 habe er damals lediglich in der Hoffnung, neuerlich einen Lehrauftrag zu erhalten, gemietet.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat sie die Auffassung, Kosten einer doppelten Haushaltsführung und von Familienheimfahrten seien nur dann als Werbungskosten abzuziehen, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich veranlaßt sei. Dies sei nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer seinen Familienwohnsitz vom bisherigen Wohnort, der auch Beschäftigungsort sei, wegverlege und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führe. Für die Aufgabe des bereits bestehenden Wohnsitzes in Wien seien keine beruflich veranlaßten Gründe erkennbar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Veletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften u.a. nicht abgezogen werden
1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.
2.a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, dann können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie z. B. für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist; ist die Wahl oder Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort hingegen auf der privaten Sphäre zuzuordnende Gründe zurückzuführen, sind die daraus entstandenen Aufwendungen nicht abzugsfähig. Die doppelte Haushaltsführung ist dann als beruflich veranlaßt anzusehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes einen objektiven Zusammenhang mit der Berufstätigkeit aufweist; eine berufliche Veranlassung in diesem Sinn liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Familienwohnung aus privaten Gründen vom bisherigen Wohnort, der auch der Beschäftigungsort ist, wegverlegt und am Beschäftigungsort einen zweiten Hausstand führt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1993, Zl. 92/15/0054 mwH).
Soweit sich Aufwendungen für die Lebensführung und Aufwendungen beruflicher Natur nicht einwandfrei trennen lassen, ist der gesamte Betrag nicht abzugsfähig. Insofern besteht ein Aufteilungsverbot; im Interesse der Steuergerechtigkeit soll vermieden werden, daß ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und somit Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann. Dies wäre ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen, die eine Tätigkeit ausüben, welche eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuertem Einkommen tragen müssen (vgl. Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch § 20, Rz 10 mwH auf Lehre und Rechtsprechung). Die Berücksichtigung eines Mehraufwandes durch doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten kommt daher nur in Betracht, wenn dieser ausschließlich durch berufliche Umstände und nicht bloß durch private oder durch ein Zusammenwirken beruflicher oder privater Umstände verursacht wird (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 14. September 1993).
Im Beschwerdefall ist somit maßgebend, ob die Gründe, die zur Verlegung des Wohnsitzes von Wien nach T. und dessen langdauernder Beibehaltung ungeachtet der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers in Wien (zur Gänze) der beruflichen oder (wenigstens teilweise) der privaten Sphäre zuzuordnen sind. Es ist nicht strittig, daß der Wohnsitz in T. nicht etwa deshalb begründet und beibehalten wurde bzw. wird, weil die Ehefrau des Beschwerdeführers in üblicher Entfernung von T. relevante Einkünfte aus ihrer Berufsausübung erzielte (vgl. hiezu z.B. das Erkenntnis vom 25. November 1986, Zl. 86/14/0065). Vielmehr war für die Verlegung des Wohnsitzes nach T. - dem Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge - die Höhenlage des Ortes maßgeblich, von der sich seine Ehegattin eine (in der Folge tatsächlich eingetretene) heilende bzw. lindernde Wirkung auf ihre Erkrankung erhoffte. Daß die behauptete Erkrankung der erfolgreichen Berufsausübung einer Sängerin hinderlich wäre, ist nicht zweifelhaft; dies führt jedoch nicht zum Ergebnis, daß Aufwendungen, die durch die Wahl eines Wohnortes mit günstigeren Umweltbedingungen entstehen, anders als bei anderen Steuerpflichtigen als ausschließlich beruflich veranlaßt angesehen werden könnten. Ein Anhaltspunkt dafür, daß es sich um gesundheitliche Schäden handelt, die - im Sinne einer "Berufskrankheit" - in einem Veranlassungszusammenhang mit der Berufsausübung stehen, besteht nicht. Davon ausgehend, daß Ausgaben, die mit der Vorbeugung, Linderung und Heilung von Leiden (des Steuerpflichtigen oder seiner Angehörigen) in einem - im vorliegenden Fall überdies nur mittelbaren - Zusammenhang stehen, grundsätzlich der privaten Lebensführung zuzuordnen sind, besteht keine Grundlage dafür, in einem Fall wie dem vorliegenden die "doppelte Haushaltsführung" als beruflich veranlaßt anzusehen. Die Anerkennung von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten scheitert hier somit schon am Fehlen des Merkmales der beruflichen Veranlassung der Verlegung und Beibehaltung des Wohnsitzes nach bzw. in T. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit den von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen der Wohnsitzfolge und der Dauerhaftigkeit der Beschäftigung des Beschwerdeführers in Wien.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993150083.X00Im RIS seit
20.11.2000