TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/15 94/06/0210

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

L37155 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Salzburg;
L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg;
L81705 Baulärm Salzburg;
L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
L82305 Abwasser Kanalisation Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litg;
BauRallg;
BauTG Slbg 1976 §62;
ROG Slbg 1992 §17 Abs8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der G in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 17. August 1994, Zl. 1/02-33.996/6-1994, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1) Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister; 2) D Wohnbau Gesellschaft m. b.H. in X), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde und aus dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Juli 1993 wurde der zweitmitbeteiligten Partei (in der Folge kurz: Bauwerberin) die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Wohnanlage mit insgesamt 15 Wohneinheiten auf einem Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde unter Vorschreibung verschiedener Auflagen erteilt; eine Reihe näher bezeichneter Einwendungen, die die nunmehrige Beschwerdeführerin als Nachbarin in der vorangegangenen mündlichen Bauverhandlung erhoben hatte - darunter, soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich -, betreffend die unzureichende Zufahrtsmöglichkeit bzw. Beeinträchtigung durch das zu erwartende Verkehrsaufkommen sowie die Beeinträchtigung der auf ihrem Grundstück bestehenden Grundwasserverhältnisse, wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie ausführte, daß durch die geplante Baumaßnahme eine Beeinträchtigung des Grundwasserstandes und der Qualität des Wassers hervorgerufen werde, was in weiterer Folge zu einer Beeinträchtigung ihres Hauses und des Nutzwasserbrunnens führen könne (Setzung des Hauses, Überschwemmungen). Die Baubehörde habe es unterlassen, diese Einwendungen als Vorfrage gemäß § 38 AVG wasserrechtlich auf Grundlage des § 39 WRG 1959 zu beurteilen und habe auch kein Gutachten eines Sachverständigen für Hydrogeologie eingeholt. Weiters sei eine dem Gesetz entsprechende Aufschließung der Bauobjekte nicht gegeben. Zwar sei gemäß der Bestimmung des § 14 Abs. 1 lit. d des Bebauungsgrundlagengesetzes (BGG) auch eine Privatstraße tauglich, die entsprechende Verkehrsverbindung der Grundflächen mit den öffentlichen Verkehrsflächen sicherzustellen, jedoch bedürfe es hiefür eines entsprechenden Nachweises der vertraglichen Sicherstellung. Dem sei im Bauplatzerklärungsverfahren nicht entsprochen worden. Darüber hinaus sei von einem Istzustand der Aufschließungsstraße in einer Breite von 5 m ausgegangen worden, obwohl die Eigentümer eines näher bezeichneten "belasteten" Grundstückes darauf hingewiesen hätten, daß "von der derzeitigen Verkehrsfläche" entlang der Grenze zu ihrem Grundstück (nach dem Zusammenhang zu ergänzen: ein Grundstreifen von) ca. 40 bis 50 cm in ihrem Eigentum stehe.

Diese Berufung wurde mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Oktober 1993 als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene (mit der Berufung inhaltsgleiche) Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, daß die Aufschließung des Baugrundstückes nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspreche und daß das Bauplatzerklärungsverfahren diesbezüglich mangelhaft geblieben sei. Diesbezüglich stehe ihr aber kein Mitspracherecht zu, weil "die Bestimmung des § 14 Abs. 1 lit. d BGG rein die Einhaltung aus dem öffentlichen Interesse" fordere. Zur Klarstellung sei aber angemerkt, daß bezüglich des zu bebauuenden Grundstückes grundbücherlich ein Geh- und Fahrtrecht ob näher bezeichneter Grundstücke "sichergestellt" sei. Die Beschwerdeführerin bringe weiters vor, daß die Baubehörde die von ihr erhobenen Einwendungen betreffend eine Beeinträchtigung des Grundwassers durch die Baumaßnahme auf ihrer Liegenschaft nicht berücksichtigt bzw. nicht als Vorfrage gemäß § 38 AVG beurteilt habe. Dem sei entgegenzuhalten, daß die Baubehörde im Rahmen des Bewilligungsverfahrens lediglich zu prüfen habe, ob das Bauvorhaben den baurechtlichen Vorschriften entspreche. Einwendungen, die sich auf Vorschriften stützten, die nicht von der Baubehörde wahrzunehmen seien, wie etwa beispielsweise Fragen des Wasserrechtes, seien von der Baubehörde als unzulässig zurückzuweisen. Die Baubehörde sei nicht berechtigt, Belange anderer Normenbereiche zu prüfen, insbesondere sei sie nicht berechtigt, "Vorschriften des Bundesgesetzgebers, wie eben das Wasserrecht, anzuwenden". Auf Grund der dem Nachbarn nach dem Salzburger Baurecht beschränkt eingeräumten Mitspracherechte könne dieser nur Einwände geltend machen, denen ein subjektiv-öffentliches, auf baurechtlichen Vorschriften beruhendes Recht, welches ihm zum Vorteil gereichen solle (Nachbarschutzrecht), zugrunde liege. Die von der Beschwerdeführerin herangezogene Rechtsgrundlage des § 39 WRG 1959 (Änderung der natürlichen Abflußverhältnisse) sei daher insofern verfehlt, weil es sich um eine bundesgesetzliche Norm handle, die sich überdies nur auf landwirtschaftliche Grundstücke beziehe. Mögliche Rechtsgrundlage zur Prüfung der Abflußverhältnisse könne daher nur die Vorschrift des § 21 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes (BauPolG) zu sein (wird näher ausgeführt), die jedoch nur auf Veränderungen der natürlichen Abflußverhältnisse der Oberflächenwässer und nicht hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin befürchteten Änderung der Grundwasserverhältnisse anwendbar sei. Daher seien diesbezügliche Einwendungen der Beschwerdeführerin ausschließlich in einem allfälligen Wasserrechtsverfahren vor der Wasserrechtsbehörde zu prüfen, und daher nicht geeignet, eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte aufzuzeigen und damit eine Versagung der Baubewilligung im Sinne des § 9 Abs. 1 BauPolG zu erwirken.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A uva.).

Gemäß § 9 Abs. 1 lit. g BauPolG ist die Baubewilligung zu versagen, wenn durch die baulichen Maßnahmen ein subjektiv-öffentliches Recht einer Partei verletzt wird. Solche Rechte werden durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz. Soweit jedoch Bestimmungen des Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 75/1976, in Betracht kommen, ist das Mitspracherecht der Nachbarn auf die im § 62 Bautechnikgesetz taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte beschränkt (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Februar 1994, Zl. 93/06/0164, u. a.).

Die Beschwerdeführerin trachtet danach, aufzuzeigen, daß ihr entgegen der Beurteilung der Behörden hinsichtlich der befürchteten Beeinträchtigung des Grundwassers und hinsichtlich der ihrer Ansicht nach unzureichenden Zufahrtsmöglichkeit zum Baugrundstück ein Mitspracherecht zustünde.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diesen Erwägungen nicht beizutreten:

Der Umstand, daß die Baubehörde (auch) eine mögliche Beeinträchtigung öffentlicher Interessen wahrzunehmen hat, bedeutet für sich allein noch nicht, daß dem Nachbarn auch insofern ein Mitspracherecht zukommt, das ihn (auch) berechtigte, seiner Meinung nach diesbezüglich unrichtige Beurteilungen der Behörden geltend zu machen. Die Aufzählung der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte im § 9 Abs. 1 lit. g BauPolG ist wohl demonstrativ, doch kommen zur Begründung solcher Rechte im Baubewilligungsverfahren nur baurechtliche Vorschriften in Betracht (siehe dazu beispielsweise die in Hauer, Salzburger Baurecht2, in E 69 zu § 9 BauPolG wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Soweit die Beschwerdeführerin weiterhin das Fehlen einer ausreichenden Aufschließung geltend macht, ist auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde zu verweisen, wonach die baurechtlichen Vorschriften diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht begründen (siehe dazu auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1994, Zlen. 93/06/0002 und 0003, oder auch vom 11. April 1991, Zl. 89/06/0161).

Auch bezüglich des Einwandes, durch die Ausführung des Bauvorhabens könnte es zu einer Veränderung der Grundwasserströme kommen, was eine Unterschwemmung ihres Hauses zur Folge haben könnte, vermag die Beschwerdeführerin keine baurechtliche Vorschrift aufzuzeigen, aus der ihr ein entsprechendes Mitspracherecht erwachsen würde (in diesem Zusammenhang vgl. auch die in Hauer, a.a.O., E 130 bis 133 zu § 9 BauPolG wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu wasserrechtlichen Fragen im Bauverfahren). Diesbezügliche Ansprüche der Beschwerdeführerin, die sich allenfalls aus dem bürgerlichen Recht ergeben, werden dadurch nicht berührt (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1994, Zl. 92/06/0269).

Da somit schon die Beschwerdeausführungen erkennen lassen, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Person des Bescheidadressaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060210.X00

Im RIS seit

28.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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