TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/15 93/06/0187

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. August 1993, Zl. Ve1-550-2053/1-1, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 11. Mai 1992 stellte der Beschwerdeführer an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag auf Überprüfung, ob die vom Bürgermeister und Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde erlassenen Bescheide vom 22. Juli 1987 bzw. 14. August 1987 gesetzeskonform waren. Mit einem weiteren Schreiben vom 21. August 1992 ergänzte der Beschwerdeführer den Antrag dahingehend, daß überprüft werden solle, ob für die Genehmigung von Bauvorhaben in der mitbeteiligten Gemeinde ein Finanzierungsnachweis für Apartmenthäuser oder Hotels bzw. für beides erforderlich sei.

Mit Schreiben vom 2. Februar 1993 stellte der Beschwerdeführer sodann in Aussicht, im Falle, daß er keine Erledigung seiner Anträge erhalte, eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Nach Behandlung der Eingaben des Beschwerdeführers im Gemeinderat richtete der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde am 26. April 1993 auf Briefpapier des Gemeindeamtes der mitbeteiligten Gemeinde (ohne Bezeichnung eines Organes der Gemeinde auf dem Briefkopf) ein Schreiben an den Beschwerdeführer, in dem er die vom Gemeinderat getroffenen Feststellungen zusammenfaßt.

Das Schreiben beginnt folgendermaßen:

"Sehr geehrter Herr E

Der Gemeinderat hat sich mit Ihren Anfragen vom 11.5.1992, 21.8.1992 bzw. 2.2.1993 mit der Bausache "Konferenzhotel auf Gp. 19/1" nunmehr eingehend auseinandergesetzt und hiezu festgestellt:

a) chronologischer Ablauf:

..."

Das Schreiben schließt nach einer "Zusammenfassung", in der eine rechtliche Beurteilung der seinerzeit ergangenen Baubescheide gegeben wird und zur Frage, ob ein Finanzierungsnachweis bei derartigen Bauvorhaben üblich gewesen sei, Stellung genommen wird, mit den Worten:

"Der Gemeinderat hat daher in seiner Sitzung vom 21.d.M. den Aktenverlauf und die Rechtmäßigkeit in obiger Bausache bestätigt.

Mit freundlichen Grüßen (Unterschrift)

(Bgm. P.W.)"

Gegen diese Erledigung erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die Tiroler Landesregierung, in der er die Auffassung vertrat, das Schreiben stelle einen Bescheid dar. Die Tiroler Landesregierung wies die Vorstellung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unzulässig zurück und begründete dies damit, daß das angefochtene Schreiben keine normativen, d.h. rechtsverbindliche Regelungen enthalte. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse sich der normative Inhalt aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also auch aus der Form der Erledigung selbst ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Bescheinigungen, Mitteilungen, Belehrungen und dgl. könnten nicht als verbindliche Erledigungen, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Der bekämpfte Schriftsatz des Bürgermeisters, welcher das Ergebnis einer Beratung des Gemeinderates wiedergebe, habe lediglich den Hinweis auf Vorgänge eines Verfahrens zum Inhalt und es mangle dieser Erledigung jeglicher rechtsverbindlicher Abspruch über eine Verwaltungssache, weshalb das Schriftstück keinen Bescheid darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem subjektiven Recht auf eine rechtlich richtige Sachentscheidung beschwert erachtet. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 gebildeten Senat erwogen:

Strittig ist im Beschwerdefall, ob das in der Sachverhaltsdarstellung teilweise wörtlich wiedergegebene Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. April 1993 an den Beschwerdeführer einen Bescheid darstellt, sodaß die belangte Behörde über die Vorstellung des Beschwerdeführers in der Sache zu entscheiden gehabt hätte.

Der Beschwerdeführer wendet gegen die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung im wesentlichen nur ein, daß das Schreiben des Bürgermeisters deswegen Bescheidcharakter besitze, weil es an eine Einzelperson gerichtet sei und "Spruch und die Unterschrift (oder auch Beglaubigung)" enthalte. Aus welchen Umständen der Beschwerdeführer schließt, daß das vorliegende Schreiben des Bürgermeisters vom 26. April 1993 einen Spruch enthalte wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt.

Das Vorbringen in der Beschwerde ist nicht geeignet, die Beurteilung der belangten Behörde als rechtswidrig zu erweisen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates VwSlg. 9458 A/1977) ausgesprochen hat, ist zwar auch das Erfordernis, daß ein Bescheid einen Spruch enthalten muß, nicht streng formal auszulegen, sondern der normative Abspruch unter Umständen auch aus der Formulierung erschließbar, doch muß sich der Wille der Behörde, in einer Verwaltungssache hoheitlich abzusprechen, eindeutig aus der Erledigung ergeben. Dem der Vorstellung des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Schreiben mangelt es jedoch schon an dieser Voraussetzung. Das Schreiben enthält an keiner Stelle einen Hinweis, daß über einen bestimmten Antrag eine behördliche Erledigung ergehe. So wird weder auf einen Beschluß des Gemeinderates hingewiesen noch wird zum Ausdruck gebracht, daß der Bürgermeister eine Entscheidung treffen wollte. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß das Schreiben ausdrücklich auf "Anfragen" des Beschwerdeführers, also nicht auf Anträge, Bezug nimmt. Ein Wille der Behörde über als "ANTRAG" gedeutete Eingaben des Beschwerdeführers behördlich zu entscheiden ist daher dem Schreiben nicht zu entnehmen. Darüber hinaus wäre in Fällen, in denen das Vorliegen eines normativen Abspruches zweifelhaft ist, nach der ebenfalls ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Bezeichnung als Bescheid als wesentliches Erfordernis anzusehen (vgl. ebenfalls das genannte Erkenntnis eines verstärkten Senates VwSlg. 9458 A/1977). Selbst wenn man die Anträge des Beschwerdeführers als Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides deuten könnte, folgte daraus noch nicht, daß die in Rede stehende Erledigung einen Bescheid darstellt. Die belangte Behörde hat nämlich die Schreiben ganz offenkundig nicht als Antrag auf behördliche Erledigung verstanden. Bei der Beurteilung, ob ein von einer Behörde ausgefertigtes Schriftstück einen Bescheid darstellt oder nicht, kann der Frage, ob das Schreiben einen Bescheid darstellen hätte sollen, nur ausnahmsweise Bedeutung zukommen. Grundsätzlich ist die nachträgliche Feststellung, ob TATSÄCHLICH ein Bescheid VORLIEGT, von der vorgängig durchzuführenden Beurteilung, ob ein Bescheid ERGEHEN SOLLTE, zu unterscheiden. Aus dem in Rede stehenden Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde geht aber nicht der Wille hervor, im Sinne einer allenfalls möglichen Deutung als Feststellungsantrag über einen so qualifizierten Antrag des Beschwerdeführers bescheidmäßig absprechen zu wollen. Da das Schreiben vom Bürgermeister stammt und auch keine Berufung auf einen Beschluß des Gemeinderates enthält, die vom Beschwerdeführer gestellten "Anträge" sich jedoch an den Gemeinderat richteten, führen auch Überlegungen betreffend die allfällige Zuständigkeit zur bescheidmäßigen Erledigung der Anträge des Beschwerdeführers dazu, in dem in Rede stehenden Schreiben nicht den Willen eines Organes auf Erledigung der Anträge des Beschwerdeführers in Bescheidform zu erblicken.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß das in Rede stehende Schreiben keinen Bescheid darstellt und damit auch die Vorstellung gegen diese Erledigung mangels Vorliegen eines Bescheid zurückzuweisen war.

Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht stattgefunden hat, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Beschwerde Einhaltung der Formvorschriften Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Rechtswidrigkeit von Bescheiden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993060187.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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