TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/15 94/18/0798

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §37;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 4. August 1994, Zl. SD 800/94, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 4. August 1994 wurde gemäß § 54 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, dort gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.

Der Beschwerdeführer habe im Rahmen des Asylverfahrens vorgebracht, daß er nach einem erfolglosen Protest von Lehrern wegen schlechter Bezahlung der Feier zum Nationalfeiertag ferngeblieben und deshalb, möglicherweise infolge einer Denuntiation, verhaftet worden sei. Nachdem man seine Mitgliedskarte einer (bestimmten) verbotenen Organisation gefunden habe, sei er ins Gefängnis gebracht und dort geschlagen worden. Als er krank geworden sei, habe man ihn in ein Spital gebracht, aus dem er habe fliehen können. In Ghana erwarte ihn eine längere Gefängnisstrafe. Die Darstellung des Beschwerdeführers sei zu allgemein - es seien weder das Gefängnis noch das Spital näher bezeichnet -, um einer allfälligen Überprüfung zugänglich zu sein. Das Vorbringen sei auch sonst wenig glaubwürdig und insoweit unwahrscheinlich, als wegen der Nichtteilnahme an den "Maifeiern" derart massiv gegen den Beschwerdeführer eingeschritten worden sein soll, des weiteren, als er, obwohl seinen Angaben zufolge mehrere Monate in Haft und dort geschlagen, keine konkreten Angaben darüber gemacht habe, wessen man ihn, abgesehen von der Mitgliedschaft an einer verbotenen Organisation, beschuldigt hätte. Auch habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft zu machen vermocht, daß die Überstellung in das Krankenhaus im Stande der Haft unter entsprechender Bewachung erfolgt sei, somit auch die angebliche Flucht aus dem Spital zweifelhaft erscheine. Dazu komme, daß es in demokratisch organisierten Staaten, wie in Ghana, wo die seit 1981 gegründeten politischen Parteien erlaubt seien und auch zahlreiche Parteien am politischen Leben teilnähmen, nicht illegitim sei, daß einzelne politische Gruppierungen verboten seien und die Mitgliedschaft unter Strafe gestellt sei. Im übrigen könnten einzelne Übergriffe behördlicher Organe nicht als Grundlage für die Annahme einer Gefahr i.S. des § 37 Abs. 1 FrG angesehen werden. Dem Beschwerdeführer sei es somit nicht gelungen, stichhaltige Gründe für eine Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 1 oder 2 leg. cit. vorzubringen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes "bzw." Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde bringt vor, daß Ghana jedenfalls vor dem Jänner 1992 kein demokratischer Staat gewesen sei, da erst zu diesem Zeitpunkt eine neue Verfassung in Kraft getreten und im März 1992 eine Zivilregierung vereidigt worden sei. Vor diesem Zeitpunkt, also auch zum Zeitpunkt der Verhaftung des Beschwerdeführers, habe eine Militärregierung geherrscht. Damals seien Menschenrechtsverletzungen sehr häufig gewesen.

1.2. Diese Ausführungen sind nicht zielführend. Abgesehen davon, daß sie jegliche Konkretisierung in bezug auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers vermissen lassen, kommt eine positive Erledigung eines Feststellungsantrages gemäß § 54 Abs. 1 FrG nur dann in Betracht, wenn der Fremde glaubhaft macht, daß er aktuell, also bei seiner Rückkehr, in den von ihm bezeichneten Staat i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG gefährdet bzw. bedroht wäre (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse, vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0187 und Zl. 94/18/0402). Der Hinweis auf eine Gefährdungs- bzw. Bedrohungssituation vor der Ausreise des Fremden aus diesem Staat vermag angesichts der dort eingetretenen Änderung der Verhältnisse in der vom Beschwerdeführer oben dargestellten Weise eine solche Glaubhaftmachung nicht zu ersetzen.

2.1. Wenn die Behörde der Ansicht sei, daß die Angaben des Beschwerdeführers zu wenig stichhaltig gewesen seien, hätte sie - so die Beschwerde - in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen durch Fragestellungen oder in anderer geeigneter Weise darauf hinwirken müssen, daß diese Angaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung der Verfolgungsgefahr geltend gemachten Umstände vervollständigt würden.

2.2. Wie bereits dargetan, ist der Fremde im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 54 FrG verhalten, die Aktualität einer Gefährdung und/oder Bedrohung i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen. Dazu hat der Beschwerdeführer von sich aus konkrete, durch Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1994, Zl. 94/18/0263). Daß der Beschwerdeführer im beschwerdegegenständlichen Verwaltungsverfahren dieser seiner Mitwirkungspflicht, der - worauf die belangte Behörde im bekämpften Bescheid zutreffend hinweist - in einem Verfahren nach § 54 Abs. 1 FrG besondere Bedeutung zukommt, entsprochen hätte, läßt sich dem obigen Beschwerdevorbringen nicht entnehmen. Eine Verpflichtung der Behörde, auf unter 2.1 für erforderlich erachtete Weise darauf hinzuwirken, daß der Fremde stichhaltige Angaben mache, besteht jedenfalls nicht.

3.1. Die Beschwerde meint schließlich, die "allgemeinen Feststellungen der belangten Behörde, daß die Angaben (des Beschwerdeführers) zu allgemein und auch sonst nicht glaubwürdig seien, stellen jedenfalls eine völlig unzulässige Generalisierung der Beweiswürdigung dar".

3.2. Demgegenüber vermag der Gerichtshof die Beweiswürdigung - im Rahmen der ihm zustehenden Prüfungsbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) - im Ergebnis nicht als unschlüssig zu erkennen. Die von der belangten Behörde dazu angestellten Überlegungen verstoßen in ihren wesentlichen Teilen weder gegen die Denkgesetze noch gegen die allgemeine Lebenserfahrung.

4. Da nach dem Gesagten die belangte Behörde in unbedenklicher Weise zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beschwerdeführer habe nicht (zumindest) glaubhaft gemacht, daß ihm im Fall seiner Abschiebung nach Ghana dort die in § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG genannten Gefahren drohten, und bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180798.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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