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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §45 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder, den Vizepräsidenten Dr. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des F in I, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tir LReg vom 6. März 1991, Zl. Ve-550-1733/2, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mP: 1. Brigitte und 2. Mag. Wolfgang M, beide in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W; 3. Gemeinde I, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- sowie den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 22. Juni 1990 wurde der zweitmitbeteiligten Partei auf Grund ihres Antrages vom 12. Mai 1990 die baubehördliche Bewilligung zum Zu- und Umbau des Hotels "X" durch Anbauten und Aufstockungen auf Gp. 57/11 der KG I unter gleichzeitiger Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer als Nachbar Berufung. Dieser Berufung wurde vom Gemeindevorstand der Gemeinde I mit Bescheid vom 17. August 1990 teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vom 22. Juni 1990 aufgehoben; die Angelegenheit wurde zur neuerlichen Durchführung einer Bauverhandlung an die Baubehörde I. Instanz verwiesen. Weiters wurde im Spruch festgelegt, daß die zweitmitbeteiligte Partei zur Durchführung einer neuen Bauverhandlung eine neue Baubeschreibung sowie neue Planunterlagen bzw. Tekturpläne, die eine genaue Höhe des gesamten Bauobjektes und die genauen Grenzabstände erkennen ließen, einzubringen habe.
Die vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 24. September 1990 als unbegründet abgewiesen.
1.2. Nach Beibringung neuer Planunterlagen samt neuer Baubeschreibung am 19. Oktober 1990 erteilte der Bürgermeister mit Bescheid vom 29. November 1990 sowohl der erstmitbeteiligten als auch der zweitmitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung von "Anbauten an der Süd- und Ostseite, Aufstockung über den ganzen Hausteil und Umbau im Bereich des ganzen Hauses auf Gp. 57/11 der KG I".
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Seine Berufung begründete er im wesentlichen damit, daß die Zustellung der Ladung zur Bauverhandlung nicht an den bereits mit Vollmacht im Bauverfahren ausgewiesenen Vertreter erfolgt sei. Dadurch sei es dem Vertreter des Beschwerdeführers nicht möglich gewesen, an der Verhandlung teilzunehmen und Einwendungen zu erheben. Eine Präklusion von Einwendungen sei daher nicht eingetreten. Eine allfällige Zustellung an den Beschwerdeführer selbst sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Der Baubescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil kein hinreichendes Bauansuchen vorliege. Ein Bauansuchen der erstmitbeteiligten Partei als Liegenschaftseigentümerin liege nämlich nicht vor. Daraus folge, daß die Grundvoraussetzung für die Einleitung und Durchführung eines Baubewilligungsverfahrens, nämlich ein schriftliches Bauansuchen, nicht vorliege, weshalb der Bescheid rechtswidrig sei. Diesbezügliche Einwendungen könnten nicht nach § 42 AVG präkludieren. Gleiches gelte hinsichtlich des Umstandes, daß die zweitmitbeteiligte Partei nicht Liegenschaftseigentümerin sei. Eine Zustimmung der Liegenschaftseigentümerin sei nämlich im Bauansuchen bei der Verhandlung nicht vorgelegt worden. Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, da er inhaltlich in keiner Weise bestimmt bzw. bestimmbar sei. Der bloße Verweis auf die Beilage 1 (Baubeschreibung) mache das Bauansuchen bzw. die Baubewilligung noch nicht inhaltlich bestimmbar. In der Beilage 1 sei das Bauvorhaben in keiner Weise beschrieben, es ergebe sich daraus nichts über Lage, Ausmaß, Größe, Höhe und Abstand zu den Grundgrenzen sowie über das äußere Erscheinungsbild und den genauen Verwendungszweck. Ein Verweis auf allenfalls vorgelegte Pläne fehle dem Spruch des Bescheides ebenso. Somit sei der Bescheid in seinem Spruch inhaltlich nicht bestimmt bzw. nicht bestimmbar, da die von der zweitmitbeteiligten Partei vorgelegten Pläne nicht zum Inhalt des Bescheides geworden seien. Es sei auch die Widmung des beabsichtigten Bauvorhabens dem Spruch des Bescheides nicht zu entnehmen. Aus diesem Grund sei auch nicht überprüfbar, ob das für die Verbauung vorgesehene Grundstück für die beabsichtigte Verbauung (Widmung) geeignet sei.
Mit Bescheid vom 14. Jänner 1991 hat der Gemeindevorstand der Gemeinde I den Bescheid des Bürgermeisters vom 29. November
1990 aufgehoben und "der eingebrachten Berufung ... teilweise
Folge gegeben". Der angefochtene Baubescheid werde "wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung einer Bauverhandlung an die Baubehörde I. Instanz verwiesen."
Der Gemeindevorstand begründete seinen Bescheid im wesentlichen damit, daß er "sich deshalb zur Aufhebung des Erstbescheides entschieden (hat), weil der Vertreter des Beschwerdeführers zur Bauverhandlung nicht eingeladen wurde und daher nicht die Möglichkeit hatte, eventuelle Einwendungen gegen das Bauvorhaben zu erheben". Der weitere Einwand in der Berufung, daß ein schriftliches Bauansuchen nicht vorliege, habe sich als unwahre Behauptung dargestellt und werde "schärfstens abgewiesen". Die erstmitbeteiligte Partei als Liegenschaftseigentümerin sei auch ordnungsgemäß zur Bauverhandlung eingeladen worden. Die erstmitbeteiligte Partei habe bei der Bauverhandlung ihr Einverständnis zum geplanten Bauvorhaben mit der Unterzeichnung der Verhandlungsschrift bekräftigt. Sie habe nachträglich dazu noch eine schriftliche Vollmacht eingebracht, womit sie die zweitmitbeteiligte Partei als ihren Ehegatten im anhängigen Bauverfahren ermächtigt habe, sämtliche Eingaben und Unterlagen zu fertigen sowie mündliche und schriftliche Erklärungen, die zu einer Baugenehmigung führen würden, abzugeben. Somit werde auch dieser in der Berufung vorgebrachte Einwand als unrichtig abgewiesen. Die Baubehörde II. Instanz stelle weiters fest, daß ein Eingehen auf die weiteren Einwendungen in der Berufung nicht mehr notwendig sei, weil der angefochtene Baubescheid ohnehin aufgehoben worden sei und weil nach § 30 der Tiroler Bauordnung dem Beschwerdeführer kein Recht auf Vollständigkeit der Unterlagen usw., "über die Eignung des Bauplatzes, über die Widmung des Bauplatzes und ganz allgemein auf Einhaltung von Vorschriften, die dem öffentlichen Interesse dienen", zukomme.
1.3. Gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 14. Jänner 1991 haben die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei Vorstellung erhoben. Ihre Vorstellung begründen sie im wesentlichen damit, der Mangel der nicht gehörigen Ladung des Beschwerdeführers sei dadurch geheilt worden, daß der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den Baubescheid I. Instanz erhalten habe und daß dieser somit die Möglichkeit gehabt habe, seine Einwendungen zu erheben. Die Mängel im Zusammenhang mit dem Bauansuchen bzw. betreffend die Zustimmung würden nicht vorliegen. Im Spruch des Bescheides werde auf die Baubeschreibung, aber auch darauf verwiesen, daß die Baupläne als integrierender Bestandteil des Bescheides anzusehen seien. Die Widmung ergebe sich eindeutig aus der Baubeschreibung, die wieder einen integrierenden Bestandteil des Spruches darstelle. Im Rahmen des Berufungsverfahrens hätten daher allein auf Grund der Aktenlage sämtliche vom Beschwerdeführer behaupteten Mängel hinlänglich beurteilt werden können; tatsächlich sei in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch darüber entschieden worden, sodaß kein Raum dafür bestünde, den Bescheid des Bürgermeisters aufzuheben. Die Berufungsbehörde sei nämlich nur ausnahmsweise und nur dann berechtigt, den Bescheid aufzuheben und an die Behörde I. Instanz zurückzuverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft sei, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheine
(§ 66 Abs. 2 AVG). Die Ansicht der Behörde II. Instanz, daß sie auf die weiteren Einwendungen in der Berufung nicht eingehen müsse, sei rechtsirrig und widerspreche den Bestimmungen des § 66 AVG.
Mit angefochtenen Bescheid vom 6. März 1991 hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den Bescheid des Gemeindevorstandes von I vom 14. Jänner 1991 infolge Verletzung von Rechten der erst- bzw. zweitmitbeteiligten Partei aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Gemeinde I verwiesen. Ihren Bescheid begründete die belangte Behörde zunächst damit, daß es sich beim gegenständlichen Baubewilligungsverfahren um die Fortsetzung jenes Verfahrens handle, das mit dem Antrag auf Erteilung der Baubewilligung vom 12. Mai 1990 eingeleitet worden sei. Die zweitmitbeteiligte Partei sei der Aufforderung im Berufungsbescheid vom 17. Juni (richtig: August) 1990 nachgekommen und habe entsprechend diesem Auftrag neue Pläne und eine neue Baubeschreibung eingereicht. Wenngleich er hiebei neuerlich das Formblatt für den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung verwendet habe, sei aus dem Inhalt der Unterlagen deutlich zu erkennen, daß es sich um ein im wesentlichen gleichgelagertes Bauvorhaben handle, nämlich um die Erteilung der Baubewilligung für einen Hotelzu- und -umbau auf Gp. 57/11, KG I. Richtig sei, daß die Baubehörde verpflichtet gewesen wäre, den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zur Verhandlung zu laden, da es sich eben um ein fortgesetztes Verfahren gehandelt habe und die Bevollmächtigung bereits nachgewiesen gewesen sei. Der Baubewilligungsbescheid der Behörde I. Instanz sei aber dem Beschwerdeführer selbst zugestellt worden; dieser habe dann durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Berufung erhoben. Trotz des oben genannten Verfahrensmangels bei der Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung hätte der nunmehr im Berufungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertretene Beschwerdeführer in der Berufung zielführende Einwendungen erheben müssen. Er wäre verpflichtet gewesen, um seine Rechte zu wahren, in der Berufung jene subjektiven öffentlichen Rechte anzuführen, in welchen er sich durch die Erteilung der Baubewilligung verletzt erachte. Der Berufung könne jedoch kein diesbezügliches Vorbringen entnommen werden. So sei der Verfahrensmangel der nicht ordnungsgemäßen Ladung zur mündlichen Verhandlung saniert, da dem Beschwerdeführer der Baubewilligungsbescheid zugestellt worden sei und sein Rechtsvertreter offensichtlich Kenntnis davon erlangt habe. Die Behauptung, daß es an der Zustimmung der Grundeigentümerin mangle, könne keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers begründen, da er niemals behauptet habe, daß sein Eigentumsrecht verletzt worden sei. Überdies sei der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung von der zweitmitbeteiligten Partei und von der erstmitbeteiligten Partei als Grundeigentümerin gemeinsam eingebracht worden. Diese beiden Personen seien in der Anberaumung der mündlichen Verhandlung als Bauwerber bezeichnet worden; der Baubescheid sei ebenfalls an beide ergangen. Nicht zielführend sei auch das weitere Vorbringen in der Berufung, wonach im Spruch des Bescheides ein Verweis auf die Pläne fehle. Bereits der Einleitungssatz der baupolizeilichen Auflagen verweise ausdrücklich auf den "Eingabeplan". Im Punkt 10 werde weiters ausdrücklich angeordnet, daß das Bauvorhaben plan- und bescheidgemäß auszuführen sei. Nach welchen Plänen das Bauvorhaben auszuführen sei, stünde ebenso eindeutig fest, da umfangreiche Planunterlagen vorlägen, von welchen jeder einzelne Plan den Vermerk trage: "Genehmigt mit Bescheid vom 29. 11. 1990, Zl. 153-0/41-90. Der Baubewilligungsbescheid bezieht sich auf diese Planunterlage". Dieser Vermerk sei jeweils vom Bürgermeister als Baubehörde I. Instanz unterschrieben und mit einem Siegel der Gemeinde versehen worden. Das Bauvorhaben sei somit durch die Baubeschreibung und durch die signierten Pläne in allen für den Beschwerdeführer wesentlichen Einzelheiten konkret festgelegt. Ein ausdrücklicher Verweis am Beginn des Spruches erübrige sich außerdem deshalb, weil es ständige Praxis der Baubehörden sei, einen Baubescheid zu erlassen, der aus dem Wortlaut und aus Planunterlagen bestünde. Es sei auch nicht der Fall, daß das Bauvorhaben nicht hinreichend bestimmt sei. Das Bauvorhaben sei durch den Wortlaut des Bescheides im Zusammenhalt mit den Plänen in einer der Bauordnung und der Planunterlagenverordnung entsprechenden Weise konkretisiert worden. Auch die Ausführungen in der Berufung über eine angeblich fehlende Widmung gingen ins Leere, da aus den Plänen die Zweckbestimmung der Räume klar ersichtlich sei, es dürfe nur beispielsweise auf den Plan des Erdgeschoßes verwiesen werden, in welchem die Zweckbestimmungen der Räume angeführt seien. Da somit aus der gesamten Berufung keinerlei Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte erkannt werden könne, hätte der Gemeindevorstand der Gemeinde I die Berufung als unbegründet abweisen müssen.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer "fühlt sich" durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt, und zwar wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er beantragt deshalb die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligten Parteien haben eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II:
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Erkennbar wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertritt, der Gemeindevorstand habe die Berufung insgesamt als unbegründet abzuweisen gehabt. Damit bringt sie zum Ausdruck, daß sie den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 14. Jänner 1991 auch deshalb für rechtswidrig hält, weil die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Durchführung einer Bauverhandlung an die Baubehörde I. Instanz verwiesen worden ist.
1.2. Gemäß § 66 Abs. 1 AVG hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch die Behörde erster Instanz durchzuführen zu lassen oder selbst vorzunehmen.
Die Abs. 2 und 3 des § 66 AVG lauten:
"(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen.
(3) Die Berufungsbehörde kann jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit ein Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist."
1.3. Aus dieser Sicht kann freilich dem angefochtenen Bescheid eine Rechtswidrigkeit nicht angelastet werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich in seinem Erkenntnis vom 26. Oktober 1961, Slg. 5653/A, zum Ausdruck gebracht hat, geben nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung der Berufungsbehörde die Möglichkeit, von der Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG Gebrauch zu machen, den Bescheid der Vorinstanz aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zu verweisen. "Dieses Recht besitzt die Berufungsbehörde nicht, wenn es nur darum geht, den Parteien des Verwaltungsverfahrens die ihnen bisher nicht eingeräumte Gelegenheit zu geben, angesichts des festgestellten Sachverhaltes ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen. Derartige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens hat die Berufungsbehörde zufolge der zwingenden Vorschrift des § 66 Abs. 1 AVG vielmehr selbst vorzunehmen" (so das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Oktober 1961).
Es erweist sich demnach - wie die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht angenommen hat - der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 14. Jänner 1991 als rechtswidrig, weil der Bescheid des Bürgermeisters I. Instanz nach der vom Gemeindevorstand formulierten Begründung nur deswegen zur Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung behoben worden ist, weil der Vertreter des Beschwerdeführers zur Bauverhandlung nicht eingeladen worden sei und daher nicht die Möglichkeit gehabt habe, eventuelle Einwendungen gegen das Bauvorhaben zu erheben. Der Beschwerdeführer hat aber keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung; es bleibt ihm jedoch unbenommen, seine Einwendungen im Rahmen des Berufungsverfahrens vorzubringen.
2. Der Beschwerdeführer verweist weiters darauf, die belangte Behörde ginge davon aus, daß es sich beim gegenständlichen Verfahren um die Fortsetzung jenes Verfahrens handle, das mit Antrag auf Baubewilligung vom 12. Mai 1990 eingeleitet worden sei. Diese Ansicht sei grundsätzlich richtig. Partei dieses Bauverfahrens sei die zweitmitbeteiligte Partei alleine gewesen. Sie habe auch allein das Bauansuchen bzw. die Baubeschreibung vom Oktober 1990 unterschrieben. Die zweitmitbeteiligte Partei sei in dieser Eingabe auch als alleiniger Bauwerber angeführt. Die belangte Behörde habe jedoch in einem Verfahren entschieden, in dem auch eine andere Person, nämlich die erstmitbeteiligte Partei, als Partei aufscheine. Das seinerzeitige Bauansuchen vom 12. Mai 1990 bzw. das im Oktober 1990 eingereichte ergänzende Bauansuchen sei daher nicht ident mit dem Bauansuchen, über das letztlich die belangte Behörde abgesprochen habe. Soweit die belangte Behörde über ein Bauansuchen der erstmitbeteiligten Partei abspreche, fehle es an einem derartigen Ansuchen, sodaß der Bescheid schon aus diesem Grund zu beheben sein werde. Es sei aktenwidrig, wenn die belangte Behörde annehme, daß das Bauansuchen sowohl von der erst- als auch von der zweitmitbeteiligten Partei gemeinsam eingebracht worden sei. Die unrichtige Bezeichnung beider Personen als Bauwerber im Bauverhandlungsprotokoll gäbe diesen noch nicht die Parteistellung.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur zum Ausdruck gebracht hat, erwachsen Nachbarn - sofern überhaupt ein Bauansuchen vorliegt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1972, Zl. 1669/71) - aus baurechtlichen Normen über die Frage der Berechtigung des Bauwerbers (Zustimmung des Grundeigentümers) zur Stellung eines Bauansuchens keine subjektiven öffentlichen Rechte. Demnach kann das Fehlen eines Eigentumnachweises des Bauwerbers an den zu verbauenden Grundflächen oder der Zustimmung des Grundstückeigentümers der Nachbar nicht mit Erfolg geltend machen, weil er in der Eigentumsfrage überhaupt kein Mitspracherecht besitzt (vgl. dazu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Aufl., S. 228, und die dort unter Pkt. 3 dargestellte hg. Judikatur). Gleiches gilt auch für den Fall, daß die Baubehörde den Baubescheid nicht nur gegenüber dem Antragsteller, sondern auch gegenüber einer Person erläßt, die keinen Antrag gestellt hat. Allfällige Rechtswidrigkeiten dieser Art können demnach Rechte des Beschwerdeführers von vornherein nicht verletzen.
3. Der Beschwerdeführer behauptet schließlich, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde im Gegensatz zum Gemeindevorstand zu Unrecht annehme, daß der Baubescheid inhaltlich bestimmt sei. Der bloße Verweis auf die Baubeschreibung allein mache den Bescheidinhalt nicht bestimmbar. Auch der Verweis auf den "Eingabeplan" der baupolizeilichen Auflagen mache den Bescheid inhaltlich nicht bestimmt bzw. bestimmbar. Im gegenständlichen Verfahren lägen nämlich mehrere Eingabepläne vor. Auf welche dieser Pläne sich die baupolizeilichen Auflagen beziehen würden, sei aus dem Bescheid nicht ersichtlich.
Insoweit darin allenfalls eine Rechtfertigung für die Zurückverweisung nach § 66 Abs. 2 AVG erblickt wird, ist dem entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer - in Übereinstimmung mit der oben dargestellten Begründung des Bescheides des Gemeindevorstandes vom 14. Jänner 1991 - zu Unrecht behauptet, der Gemeindevorstand ginge davon aus, daß der Baubescheid inhaltlich unbestimmbar sei. Der Gemeindevorstand hat nämlich in seiner Begründung zum Ausdruck gebracht, es sei gar nicht notwendig, darauf einzugehen, weil der Baubescheid ohnehin aufgehoben worden sei und weil dem Beschwerdeführer diesbezüglich kein Recht zustünde. Es ist auch darauf hinzuweisen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Unbestimmtheit nicht vorliegt. Zu Recht verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf, daß die Planunterlagen eindeutig zugeordnet sind. Die Pläne - dies ergibt sich aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten - sind mit einem ausdrücklichen Genehmigungsvermerk versehen, sodaß Zweifel der vom Beschwerdeführer behaupteten Art nicht begründet sind.
4. Aus den unter 1. bis 3. dargelegten Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Rechtsverletzung sonstige FälleParteiengehör Erhebungen ErmittlungsverfahrenGrundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur RechtsverletzungsmöglichkeitBesondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des BerufungsbescheidesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991060074.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
01.03.2011