Index
L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde
1. der H, 2. der Dr. G und 3. der T in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Stmk LReg vom 29. August 1994, Zl. 03-12 Fe 83-94/2, betreffend Erteilung einer Benützungsbewilligung und Aufhebung eines Benützungsverbotes (mP: Marktgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerinnen sind Miteigentümer der Liegenschaft Grundstück Nr. 141, KG S, und zwar Wohnungseigentümer im Bauobjekt S 100. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides habe Ing. F die Vollendung eines Umbaues auf diesem Grundstück der Baubehörde am 12. Dezember 1989 angezeigt und die Vornahme einer Endbeschau beantragt. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde habe mit Bescheid vom 19. Juni 1992 "wegen Vorliegens zahlreicher schwerer Mängel" in Spruch I die Benützungsbewilligung versagt, gemäß § 70 Abs. 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 in Spruch II ein Benützungsverbot "für das Objekt 100" mit sofortiger Wirkung verfügt, sowie in Spruch III die sofortige Setzung von Sicherheitsmaßnahmen, die ein Betreten und Benützen des "Objekts 100" ausschlössen, aufgetragen. Schließlich sei einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt und der Ersatz der Verfahrenskosten aufgetragen worden (Sprüche IV und V). In der Zustellverfügung sei angeordnet worden, daß die "Sprüche I bis V" an F., die Sprüche II bis V (d.h. mit Ausnahme der Versagung der Benützungsbewilligung) an mehrere näher genannte Personen, darunter die drei Beschwerdeführerinnen, zu ergehen hätten. Gegen diese Bescheide hätten sowohl F. als auch die Beschwerdeführerinnen Berufung erhoben, wobei F. ausgeführt habe, daß die einzelnen schweren Mängel nicht vorlägen, während die Beschwerdeführerinnen behaupteten, sie hätten keinen Antrag auf Durchführung der Endbeschau gestellt, Ing. F. sei dazu "als Mehrheitseigentümer" nicht berechtigt gewesen, Anträge "mit verpflichtender Wirkung für die Miteigentümer zu stellen" und hätte die Verfahrenskosten allein zu tragen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Oktober 1993 sei der Berufung des Ing. F. mit Spruch I insoweit Folge gegeben worden, als die Sprüche I und II des erstinstanzlichen Bescheides (Versagung der Benützungsbewilligung und Verhängung eines Benützungsverbotes) behoben worden seien. Im übrigen sei der erstinstanzliche Bescheid bestätigt worden. Den Berufungen der Beschwerdeführerinnen sei im Spruch II des Berufungsbescheides keine Folge gegeben worden. In der Begründung dieses Bescheides sei ausgeführt worden, nach einem sorgfältigen und umfangreichen Ermittlungsverfahren habe festgestellt werden können, daß die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zur Herstellung des konsensmäßigen Zustandes Zug um Zug vorgenommen und jene die Erteilung der Benützungsbewilligung ausschließenden und eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen bewirkenden Mängel beseitigt worden seien. Es seien nunmehr die Voraussetzungen zur Erteilung der Benützungsbewilligung gemäß § 69 Abs. 3 BO gegeben. Zwei noch vorhandene Mängel seien geringfügig und stellten keine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen dar. Daher sei auch das Benützungsverbot zu beheben gewesen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerinnen "in der Sache selbst" als unbegründet abgewiesen. Der Berufungsbescheid "hinsichtlich der Kostenentscheidung" (d.h. im Punkte der Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerinnen gegen die Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Bescheides) wegen Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerinnen wurde behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat verwiesen. Gleich den Nachbarn komme im Benützungsbewilligungsverfahren den vom Bauwerber (gemeint: Ing. F.) verschiedenen Grundeigentümern (gemeint: den Beschwerdeführerinnen) nur dann Parteistellung zu, wenn eine (nicht bewilligte) Änderung des Bauvorhabens in ihre Rechte eingreife. Dies läge hier nicht vor, weshalb den "sonstigen Miteigentümern" keine Parteistellung zukomme. Hingegen seien die Instandsetzungsaufträge und die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen an die Eigentümer des Bauwerkes zu richten gewesen. Dadurch, daß die Berufungsbehörde einerseits die Benützungsbewilligung erteilt habe und im Verfahren den Beschwerdeführerinnen keine Parteistellung zugekommen sei und andererseits Spruch II des erstinstanzlichen Bescheides (ergänze: betreffend das Benützungsverbot) ersatzlos behoben worden sei und schließlich die Sprüche III und IV aufgrund der Durchführung der aufgetragenen Sicherungsmaßnahmen keine "tatsächliche rechtliche Wirkung" mehr hätten entfalten können, seien Rechte der Beschwerdeführerinnen insoweit nicht verletzt worden. Im übrigen begründet die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, aus welchen Gründen sie der Vorstellung der Beschwerdeführerinnen betreffend die Verfahrenskosten Folge gegeben hat.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Darin wird zunächst gerügt, daß "den Beschwerdeführerinnen ihre Parteirechte bestritten und damit ihr berechtigtes Interesse einer ordnungsgemäßen Bauführung mit allen sich daraus ergebenden Haftungsfragen vernichtet" würde. Nachdem die Beschwerdeführerinnen Wohnungseigentümerinnen an der Liegenschaft seien, der Antragsteller Ing. F. im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes Wohnungseigentumsorganisator und Bauherr sei, wäre daher primär einmal klarzustellen gewesen, "welche Stellung die Beschwerdeführerinnen im gesamten Bauverfahren überhaupt einzunehmen" gehabt hätten, "weil sich daran ja auch die Haftungsfragen knüpfen". Es erscheine daher eigenartig, wenn die "Unterinstanzen einerseits den Miteigentümern gegenüber, ebenso wie dem Bauherrn gegenüber, ursprünglich ein Benützungsverbot augesprochen haben, mit der Konsequenz, das Objekt umgehend zu räumen, dann in der Folge und dies war Anlaß des Rechtsmittels der Berufung, aufgrund eines Privatgutachtens ihre ursprüngliche Entscheidung revidierten". Schon aus "der Interessenlage hätte die Marktgemeinde ... einen Bausachverständigen ihrerseits, der die festgestellten Mängel sozusagen auf Herz und Nieren zu prüfen" gehabt hätte, zu bestellen gehabt. Die Beschwerdeführerinnen hätten aus dieser Gefahrensituation heraus ein Interesse daran gehabt, daß die "ihnen gegenüber wirkende Gefahr nicht durch Gefälligkeiten ..." beseitigt würden, da somit sowohl die Endbeschau als auch die Benützungsbewilligung unmittelbare Rechtswirkungen auf die Beschwerdeführerinnen hätten, sei ihnen zu Unrecht die Parteistellung aberkannt worden.
Aufgrund eines Mängelbehebungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes führten die Beschwerdeführerinnen in einem ergänzenden Schriftsatz noch aus, im Jahre 1984 Eigentumswohnungen gekauft zu haben, an denen sich später Mängel gezeigt hätten. Klagsverfahren zur Aufhebung des seinerzeitigen Kaufvertrages seien beim Landesgericht für ZRS Graz anhängig. Die Beschwerdeführerinnen fühlten sich in ihren Rechten als Partei beeinträchtigt, zumal sie nicht Nachbarn, sondern Miteigentümer seien. Sie seien aber auch durch Aufhebung des Benützungsverbotes ohne entsprechende objektivierte Sachverständigengutachten beschwert. Der angefochtene Bescheid sei deshalb "inhaltlich rechtswidrig", weil den Beschwerdeführerinnen eine Parteistellung zu Unrecht aberkannt und die Aufhebung der Benützungsverbote ohne ausreichende Sachgrundlage erfolgt sei. Es habe nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen im angestrengten Zivilverfahren unter Umständen die Auswirkung, daß "der für die Aufhebung des Kaufvertrages wesentliche Grund, daß das Kaufobjekt nicht im bedungenen Gebrauche zugeführt werden könne" in Wegfall käme, zumindest aber ihnen eine Beweislast aufgebürdet würde, die ursprünglich dem Ing. F. oblegen wäre, wodurch eine andere Ausgangssituation im Zivilverfahren geschaffen würde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist - nach dem Beschwerdepunkt - ausschließlich Spruch I des angefochtenen Bescheides, soweit darin die Vorstellung der Beschwerdeführerinnen gegen die Aussprüche des Berufungsbescheides betreffend Benützungsbewilligung bzw. Benützungsverbot erfolglos blieb.
§ 69 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, regelt die "Endbeschau und Benützungsbewilligung". Gemäß § 69 Abs. 3 hat die Baubehörde aufgrund der Endbeschau mit schriftlichem Bescheid darüber zu entscheiden, ob und von welchem Zeitpunkt an der Bau benützt werden darf. Die Behebung geringfügiger Mängel kann in der Benützungsbewilligung aufgetragen werden. Vorläufige Benützungsbewilligungen können auch vor der Endbeschau für den Bau oder für Teile desselben befristet erteilt werden. Die Vollendung der Bauausführung hat gemäß § 69 Abs. 1 BO der Bauwerber anzuzeigen und um die Endbeschau anzusuchen.
Die Beschwerdeführerinnen räumen in ihrer Beschwerde ausdrücklich ein, daß nicht sie, sondern Ing. F. Bauwerber im Sinne der genannten Gesetzesstelle gewesen sei. Ob den Beschwerdeführerinnen Parteistellung im Verfahren gemäß § 69 BO als Miteigentümer der Liegenschaft zukommt, hängt gemäß § 8 AVG davon ab, ob sie insoweit Träger rechtlicher Interessen sind. Nach den materiellen Verwaltungsvorschriften kann hier jedenfalls ausgeschlossen werden, daß den Beschwerdeführerinnen als Miteigentümern ein Recht auf Nichterteilung der Benützungsbewilligung an den Bauherrn (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juli 1994, Zl. 94/06/0003) bzw. auf Erteilung eines Benützungsverbotes an sie selbst zukäme. Das von den Beschwerdeführerinnen genannte Interesse an der Vereinfachung ihrer Stellung im Zivilprozeß gegen den Bauherrn ist zwar nachvollziehbar, jedoch aus der Sicht der Steiermärkischen Bauordnung kein (baurechtlich geschütztes) rechtliches, sondern ein bloß faktisches Interesse: Es mag zutreffen, daß die endgültige Versagung der Benützungsbewilligung gegenüber dem Bauherrn die prozessuale Lage für die Beschwerdeführerinnen im Zivilprozeß erheblich erleichtert und ihnen unter Umständen eine Beweisführung durch Sachverständige über die von ihnen behauptete Untauglichkeit der gekauften Eigentumswohnungen zum bedungenen Gebrauch ersparen könnte. Dies allein macht jedoch ihr Interesse an einem bestimmten Ausgang des Benützungsbewilligungsverfahrens noch nicht zu einem rechtlichen bzw. gibt ihnen noch keinen Rechtsanspruch auf Erlassung eines Benützungsverbotes gemäß § 70 Abs. 3 BO. Hinsichtlich des Letztgenannten ist überdies darauf hinzuweisen, daß es zwar ein Instrument der Gefahrenabwehr ist; die Aufhebung eines solchen Verbotes zwingt die Beschwerdeführerinnen jedoch nicht, die Wohnungen zu benützen.
Die Beschwerdeführerinnen konnten daher durch den Ausspruch der Berufungsbehörde, womit die Versagung der Benützungsbewilligung und das Benützungsverbot des erstinstanzlichen Bescheides behoben wurden, in ihren Rechten nicht verletzt werden. Dies hat die belangte Behörde im Ergebnis richtig erkannt; dadurch, daß sie die Vorstellung der Beschwerdeführerinnen trotz dieser Sachlage nicht zurück-, sondern abgewiesen hat, wurden die Beschwerdeführerinnen jedoch in ihren Rechten nicht verletzt.
Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Baurecht Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994060219.X00Im RIS seit
03.05.2001