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L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung BebauungsplanNorm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der EF und des Ing. HF in G, vertreten durch Mag. Dr. E, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Juli 1994, Zl. 3 10.F 1-94/2, betreffend eine Entschädigung gemäß § 34 des Stmk.
Raumordnungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Graz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 13.970,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 19. Oktober 1993 haben die Beschwerdeführer betreffend das Grundstück Nr. 136/1, EZ 161, KG W, eine Entschädigung nach dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz begehrt, da mit Bescheid des Magistrates Graz vom 9. Mai 1979 eine Widmungsbewilligung und mit Bescheid vom 23. April 1979 die Ausnahmebewilligung nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz im Landschaftsschutzgebiet für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses erteilt worden sei und das genannte Grundstück im Flächenwidmungsplan 2.0 der Landeshauptstadt Graz 1992 nunmehr als Freiland ausgewiesen sei, wodurch eine Verbauung nicht mehr möglich sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, eine gütliche Vereinbarung im Sinne des § 34 Abs.5 des Stmk. ROG 1974 habe nicht erzielt werden können. Der Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Graz sei am 18. Dezember 1992 rechtsgültig geworden, der Antrag der Beschwerdeführer sei daher rechtzeitig. Von einer Gemeinde sei eine Entschädigung nach § 34 Abs. 1, 2 und 3 ROG zu leisten, wenn durch die Wirkung des Flächenwidmungsplanes die Bebauung eines als Bauland geeigneten Grundstückes zur Gänze verhindert werde und dadurch eine Wertminderung entstehe, die eine die betroffenen Eigentümer im Vergleich zu anderen Eigentümern in ähnlichen Verhältnissen unverhältnismäßig stark treffende Härte darstelle. Das Vorliegen einer rechtmäßig erteilten Widmungsbewilligung werde auch von der Stadtgemeinde Graz nicht bestritten, wenn auch die Größe des Grundstückes an sich bezweifelt werde, da Zu- und Abschreibungen das Grundstück (insgesamt) vergrößert hätten. Es stehe fest, daß das Grundstück 136/1 inmitten als Freiland ausgewiesener Grundflächen zu liegen komme, wobei lediglich südlich bzw. südwestlich und südöstlich einzelner Baubestand an Wohngebäuden und Nebengebäuden ersichtlich sei. Es stehe weiters fest, daß das gegenständliche Grundstück eine Kanalisation nach dem Stand der Technik nicht aufweise. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 2 ROG dürften Grundflächen u.a. nur als vollwertiges Bauland ausgewiesen werden, wenn sie eine Aufschließung einschließlich Abwasserbeseitigung mit einer dem Stand der Technik entsprechenden Abwasserreinigung aufwiesen oder diese sich in Bau befinde. Auch die Voraussetzung des § 23 Abs. 2 ROG liege nicht vor, das Grundstück sei keinesfalls als Baulücke im Sinne dieser Bestimmung anzusehen. Der Bestand von mehreren Objekten allein gesehen, ergebe jedenfalls nach dieser Gesetzesstelle nicht den Anspruch auf Baulandausweisung. Da sohin eine wesentliche Baulandvoraussetzung nicht gegeben sei, liege im Sinne des § 34 Abs. 1 ROG kein "als Bauland geeignetes Grundstück" vor. Im übrigen habe die gegenständliche Widmungsbewilligung bis Dezember 1992, also in einem Zeitraum von 13 Jahren genützt werden können; sämtliche Inhaber solcher Widmungsbewilligungen in der Stadt Graz seien nach gesetzlich begründetem Wegfall dieser Bestimmung des § 4 und 5 der Verordnung zum Flächenwidmungsplan in derselben rechtlichen Lage wie die Entschädigungswerber, weshalb auch keine die betroffenen Eigentümer im Vergleich zu anderen Eigentümern in ähnlichen Verhältnissen unverhältnismäßig stark treffende Härte gemäß § 34 Abs. 1 vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerde waren Ablichtungen von rechtskräftig erteilten Widmungsbewilligungen betreffend die KG W bis zum August 1993 sowie ein Katasterplan angeschlossen, aus dem hervorgeht, daß die Grundstücke 147, 13/1, 13/2, 136/2, 132/1, 130 und 132/3 mit Wohnhäusern bebaut sind. Das gegenständliche Grundstück hat nach Ausweis dieses Planes eine gemeinsame Grenze mit den bebauten Grundstücken 136/2 und 13/2.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 34 Abs. 1 bis 3 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127 in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 41/1991 (ROG), lautet:
"Entschädigung
(1) Wenn durch die Wirkung des Flächenwidmungsplanes die Bebauung eines als Bauland geeigneten Grundstückes zur Gänze verhindert wird und dadurch eine Wertminderung entsteht, die eine die betroffenen Eigentümer im Vergleich zu anderen Eigentümern in ähnlichen Verhältnissen unverhältnismäßig stark treffende Härte darstellt, ist von der Gemeinde eine Entschädigung gemäß Abs. 3 zu leisten.
(2) Ein Entschädigungsanspruch besteht unter den Voraussetzungen gemäß Abs. 1,
a)
wenn jemand vor dem im § 29 Abs. 1 bezeichneten Zeitpunkt der Kundmachung im Vertrauen darauf, daß nach der Rechtslage der Bebauung kein gesetzliches Hindernis entgegenstand, nachweisbar Kosten für die Baureifmachung des Grundstückes aufgewendet hat,
b)
wenn entgegen einer rechtmäßig erteilten Widmungsbewilligung die Bebauung ausgeschlossen wird oder
c)
wenn eine als Bauland im Sinne des § 23 Abs. 1 geeignete Grundfläche zur Gänze oder dreiseitig vom Bauland umschlossen wird und dadurch, daß das umschlossene Grundstück nicht ebenfalls als Bauland ausgewiesen wird, eine Wertminderung gegenüber seinem Wert vor Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes entsteht.
(3) Zu entschädigen sind nach Abs. 2 lit. a die nachweisbar aufgewendeten Kosten sowie nach Abs. 2 lit. b und c die Minderung des Verkehrswertes".
Während in Abs. 1 des § 34 ROG die Baulandeignung verlangt wird, ohne daß neben dem Wort "Bauland" die Wortfolge "im Sinne des § 23 Abs. 1" angeführt ist, ist diese Wortfolge in Abs. 2 lit. c enthalten. Aus dem Fehlen dieser Wortfolge im Abs. 1 kann nur geschlossen werden, daß an das Erfordernis eines als Bauland geeigneten Grundstückes im Abs. 1 nicht der Maßstab im Sinne des § 23 Abs. 1 ROG zu legen ist, sodaß entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde bei der Beurteilung, ob die Kriterien des § 34 Abs. 1 vorliegen, nur zu prüfen ist, ob eine Grundfläche grundsätzlich als Bauland geeignet ist; ob eine entsprechende Abwasserentsorgung vorliegt, ist erst dann zu beurteilen, wenn die Kriterien des § 34 Abs. 2 lit. c geprüft werden müssen. Die von den Beschwerdeführern zitierte Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zur Rechtslage des § 34 Abs. 1 ROG vor der Novelle 1985 sprach aus, daß den im Abs. 2 des § 34 ROG angeführten Fällen die Bedeutung einer unwiderlegbaren Rechtsvermutung zukommt, sodaß damit die im § 34 Abs. 1 festgelegten Voraussetzungen der Baulandeignung nicht mehr zu überprüfen waren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1981, Zl. 06/3584/80, sowie vom 28. Oktober 1982, Zl. 81/06/0023, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1980, Slg. 8901). Diese Judikatur ist auf die Rechtslage seit der Novelle 1985 insoweit nicht mehr anzuwenden, als nunmehr eine Überprüfung, ob das Grundstück grundsätzlich zur Bebauung geeignet ist, bei jedem der nunmehr drei Anwendungsfälle zu prüfen ist (wofür eben die erteilte Widmungsbewilligung spricht). Eine derartige Prüfung hat aber die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage unterlassen. Auf die Frage, ob das Grundstück allenfalls als Baulücke im Sinne des § 23 Abs. 2 lit. c ROG anzusehen wäre, braucht daher nicht eingegangen zu werden.
Ob ein Fall einer unverhältnismäßig stark treffenden Härte vorliegt, ist eingehend aufgrund des konkreten Sachverhaltes zu prüfen (vgl. etwa die konkrete Darstellung und Beurteilung der örtlichen Gegebenheiten im hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1988, Zl. 86/06/0074). Der (bloße) Hinweis in der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß sämtliche Inhaber älterer Widmungsbewilligungen in der Stadt Graz nach gesetzlich begründetem Wegfall der Bestimmungen der §§ 4 und 5 der Verordnung zum Flächenwidmungsplan in derselben rechtlichen Lage wie die Beschwerdeführer seien und deswegen auch keine im Vergleich zu anderen Eigentümern in ähnlichen Verhältnissen unverhältnismäßig stark treffende Härte vorliegt, entspricht aber nicht dem Erfordernis der eingehenden Prüfung aufgrund des konkreten Sachverhaltes, sodaß das Verfahren in dieser Hinsicht ergänzungsbedürftig geblieben ist und derzeit eine abschließende Beurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zuläßt.
Aufgrund der obigen Ausführungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Das Mehrbegehren war abzuweisen, da in der zitierten Verordnung die Mehrwertsteuer bereits enthalten ist und Stempelgebühren für eine nicht erforderliche Ausfertigung der Beschwerde nicht zuzuerkennen waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994060190.X00Im RIS seit
03.05.2001