Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASVG §4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der H-GmbH in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 4. Dezember 1991, B 321-4/88, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am Stammkapital der Beschwerdeführerin, die durch Einbringung der Franz P KG nach Art III StruktVG am 1. März 1975 errichtet worden war, sind Dr. Wolfgang P, dessen Ehegattin Herta P, Günter P und Michael P zu je 25 % beteiligt. Dr. Wolfgang P war im Streitzeitraum alleiniger Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, während Herta P Prokura erteilt war. Seit dem Jahr 1987 ist Herta P alleinige Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin.
Zwischen Herta P und der Beschwerdeführerin besteht auf Grund des am 4. November 1975 abgeschlossenen Dienstvertrages ein steuerrechtlich unbestrittenes Dienstverhältnis. Dieser Dienstvertrag enthält neben den üblichen Bestimmungen ua folgende Zusatzbestimmung:
"Frühere Berufszeiten des Dienstnehmers werden insoweit, als
sie nach den gesetzlichen Bestimmungen des ASVG bzw des GSPVG als Pensionsversicherungszeiten anrechenbar sind, auch für das gegenständliche Dienstverhältnis als übernommene Vordienstzeiten anerkannt."
Die Beschwerdeführerin bildete in ihrer Bilanz zum 28. Februar 1986 für Herta P eine Abfertigungsrücklage unter Zugrundelegung einer Dauer des Dienstverhältnisses von über 25 Jahren (fiktiver Abfertigungsanspruch von zwölf Monatsgehältern). Hiebei ging sie von folgenden
(anrechenbaren) Vordienstzeiten aus:
"16. August 1954 bis 15. November 1961
Arbeitnehmerin bei verschiedenen Arbeitgebern
16. November 1961 bis 14. Mai 1965
Mittätige Ehegattin im Sinn des § 4 Abs 4 Z 4 EStG 1953 in der Franz P KG
15. Mai 1965 bis 31. Dezember 1972
Kommanditistin der Franz P KG
1. Jänner 1973 bis 28. Februar 1975
Kommanditistin der Franz P KG bei gleichzeitigem Dienstverhältnis zur Franz P KG"
Mit Schreiben vom 16. Oktober 1978 teilte die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten Herta P auf deren Ersuchen mit, sie habe bis einschließlich Dezember 1977 folgende Versicherungs- bzw neutrale Zeiten zurückgelegt:
"November 1953 bis Juni 1954
Berufs- und Fachschule 8 Monate
August 1954 bis November 1961
Pflichtversicherung als Angestellte 88 Monate
Dezember 1961 bis Dezember 1972
Einkaufszeit 133 Monate
Jänner 1973 bis Dezember 1977
Pflichtversicherung als Angestellte 60 Monate"
Strittig ist, ob die Beschäftigungszeiten der Herta P vom 16. November 1961 bis 28. Februar 1975 als Vordienstzeiten im Sinn des § 14 Abs 1 zweiter Satz EStG 1972 bei Ermittlung des Abfertigungsanspruches zu berücksichtigen sind.
Die belangte Behörde vertritt im wesentlichen die Ansicht, für die freiwillige Anrechnung von Vordienstzeiten kämen nur jene Beschäftigungszeiten in Betracht, die arbeitsrechtlich im Rahmen eines Dienstverhältnisses zurückgelegt worden seien. Dies sei jedoch weder für den Zeitraum vom 16. November 1961 bis 14. Mai 1965, noch für den Zeitraum vom 15. Mai 1965 bis 28. Februar 1975 der Fall. Denn im erstgenannten Zeitraum habe kein Dienstverhältnis zur Franz P KG bestanden, sondern sei Herta P nur als mittätige Ehegattin in der Franz P KG beschäftigt gewesen, während im zweitgenannten Zeitraum Herta P Mitunternehmerin der Franz P KG gewesen, weswegen ein Dienstverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafterin nicht anzuerkennen sei. Es seien daher nur Vordienstzeiten im Ausmaß von 88 Monaten für die Bildung der Abfertigungsrücklage anzuerkennen, woraus ein fiktiver Abfertigungsanspruch von sechs Monatsgehältern zum 28. Februar 1986 resultiere.
Demgegenüber meint die Beschwerdeführerin, Herta P sei auch ohne Abschluß eines förmlichen Dienstvertrages sowohl im Zeitraum vom 16. November 1961 bis 14. Mai 1965 als auch im Zeitraum vom 15. Mai 1965 bis 28. Februar 1975 in einem Dienstverhältnis zur Franz P KG gestanden. Dieses Dienstverhältnis sei nach Einbringung der Franz P KG in die GmbH lückenlos fortgesetzt worden. Herta P sei im erstgenannten Zeitraum nur als mittätige Ehegattin in der Franz P KG beschäftigt gewesen. Dies ändere aber nichts daran, daß sie voll mittätig gewesen sei. Es habe daher in diesem Zeitraum ein Dienstverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinn vorgelegen, weil ansonsten der Absetzungsbetrag nach § 4 Abs 4 Z 4 EStG 1953 nicht geltend gemacht hätte werden können. Es sei richtig, daß Herta P im zweitgenannten Zeitraum Mitunternehmerin der Franz P KG gewesen sei. Dies habe aber keinen Einfluß auf die von ihr für die Franz P KG ausgeübte Tätigkeit gehabt. Nach wie vor habe auch in diesem Zeitraum ein Dienstverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinn vorgelegen. Ab 1. Jänner 1973 sei das Vorliegen eines arbeitsrechtlichen Dienstverhältnisses der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten bekannt gegeben und seien Pflichtbeiträge für Herta P abgeführt worden. Es seien daher auch für den Zeitraum vom 16. November 1961 bis 28. Februar 1975, in eventu für den Zeitraum vom 1. Jänner 1973 bis 28. Februar 1975, anrechenbare Vordienstzeiten zur Bemessung des fiktiven Abfertigungsanspruches der Herta P zum 28. Februar 1986 zu berücksichtigen.
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 Abs 1 EStG 1972 kann eine Rücklage für künftige Abfertigungen im Ausmaß bis zu 50 % des Betrages, der den Arbeitnehmern bei Auflösung des Dienstverhältnisses am Bilanzstichtag als Abfertigung auf Grund gesetzlicher Anordnung oder auf Grund eines Kollektivvertrages bezahlt werden müßte, zu Lasten des Gewinnes gebildet werden. Rechnet ein Arbeitgeber Beschäftigungszeiten (Vordienstzeiten) an, so sind die angerechneten Beschäftigungszeiten bei Ermittlung der Abfertigungsansprüche im Sinn des ersten Satzes zu berücksichtigen. ....
Die Anrechnung von Beschäftigungszeiten (Vordienstzeiten) stellt eine vertraglich frei vereinbarte Leistung des Arbeitgebers dar.
In welchem Ausmaß im Beschwerdefall bei der Bemessung des Abfertigungsanspruches der Herta P Beschäftigungszeiten (Vordienstzeiten) im Sinn des § 14 Abs 1 zweiter Satz EStG 1972 anzurechnen sind, ist durch Auslegung der oben wiedergegebenen Bestimmungen des Dienstvertrages vom 4. November 1975 zu ermitteln. Dabei ist für die Frage, ob zu den anerkannten Vordienstzeiten im Sinn des Vertrages auch solche Versicherungszeiten zählen, die durch nachträgliche Entrichtung von Beiträgen nach den Vorschriften des Art VII der 32. Novelle zum ASVG, BGBl Nr 704/1976, eingekauft worden sind, maßgebend, daß der Erwerb solcher Versicherungszeiten ausschließlich in der Disposition des Versicherten (Arbeitnehmers) gelegen ist. Bei der Auslegung des Dienstvertrages nach der Absicht der Parteien kann nicht unterstellt werden, daß sich die Beschwerdeführerin als Arbeitgeber - das Ausmaß der Abfertigung betreffend - der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht absehbaren Disposition der Herta P als Arbeitnehmer unterwerfen wollte. Der Terminus "frühere Berufszeiten .... insoweit .... sie nach den gesetzlichen Bestimmungen des ASVG bzw des GSPVG als Pensionsversicherungszeiten anrechenbar sind" im Dienstvertrag ist daher als Bezugnahme auf solche Zeiträume anzusehen, in denen eine pensionsversicherungsPFLICHTIGE Beschäftigung (vgl § 4 ASVG, §§ 2 und 3 GSPVG) bestanden hatte. Dies ist betreffend den Zeitraum vom Dezember 1961 bis Dezember 1972, für den Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung durch nachträglichen Einkauf erworben worden sind, nicht der Fall.
Hinsichtlich des verbleibenden Zeitraumes vom Jänner 1973 bis Februar 1975, in dem Herta P als Angestellte pflichtversichert war, ist unbestritten, daß sie Mitunternehmerin (Kommanditistin) der Franz P KG gewesen ist. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde, soweit es den eben erwähnten Zeitraum betrifft, bereits entschieden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Tz 40.1 zu § 23 EStG), fallen unter den Tatbestand des § 23 Z 2 EStG 1972 alle Vergütungen, die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft bezogen haben. Darunter fallen auch - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht ausgeführt hat - Vergütungen für Leistungen im Sinn von Dienstnehmerleistungen. Da somit ein Dienstverhältnis zwischen der Franz P KG und Herta P abgabenrechtlich nicht anzuerkennen ist, vielmehr Herta P als (gewerbliche) Mitunternehmerin im Zeitraum vom Jänner 1973 bis Februar 1975 Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen hat, können Vordienstzeiten aus diesem Zeitraum nicht angerechnet und sodann bei der Ermittlung des Abfertigungsanspruches berücksichtigt werden, weil als selbständig Erwerbstätige zurückgelegte Zeiten keine Ansprüche oder Anwartschaften auf eine Abfertigung erzeugen können (vgl das hg Erkenntnis vom 6. Dezember 1983, 83/14/0061, 0069, Slg Nr 5837/F).
Obwohl es die belangte Behörde unterlassen hat, den zwischen der Beschwerdeführerin und Herta P am 4. November 1975 abgeschlossenen Dienstvertrag zu würdigen und somit nicht zu dem Schluß gelangt ist, daß die Beschwerdeführerin weder berechtigt noch verpflichtet war, Vordienstzeiten welcher Art auch immer aus dem Zeitraum Dezember 1961 bis Dezember 1972 anzurechnen und dies bei der Ermittlung des Abfertigungsanspruches zu berücksichtigen, kann der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid nicht aufheben. Denn eine Beschwerde ist auch dann als unbegründet abzuweisen, wenn die belangte Behörde zu dem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis gelangt ist (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 570).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992150019.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
12.09.2009