TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/15 94/06/0080

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.12.1994
beobachten
merken

Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 1978 §44;
BauO Tir 1989 §25 litb;
BauO Tir 1989 §25 litm;
BauO Tir 1989 §44;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des I in Innsbruck, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 7. Feber 1994, Zl. MD Präs.Abt.II-7956/1993, betreffend einen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Baumeister, ist Eigentümer eines mehrgeschossigen Büro- und Wohnhauses in Innsbruck. Er hat (sichtlich war er auch Bauführer) dieses Haus aufgrund einer rechtskräftigen Baubewilligung vom 12. September 1977 errichtet; seinem Vorbringen zufolge hat er aber das ausgebaute Dachgeschoß entgegen dieser Baubewilligung "von Anfang an dahingehend anders gestaltet, daß anstatt des Sport- und Hobbyraumes im nordseitigen Dachgeschoßbereich eine weitere Wohnung errichtet wurde". Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 25. August 1992 wurde für verschiedene Änderungen (Abweichungen) eine (nachträgliche) Baubewilligung erteilt, das Ansuchen zum Umbau des Sport- und Hobbyraumes im nordseitigen Teil des Dachgeschosses zu einer Wohneinheit aber gemäß § 31 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung (TBO) abgewiesen. Begründend führte die Behörde diesbezüglich aus, eine Stellungnahme des Sachverständigen habe ergeben, daß die im rechtskräftigen Bebauungsplan 5/af festgelegte Bebauungsdichte von 0,25 und Geschoßflächendichte von 0,5 durch den Bestand bereits überschritten werde, weshalb die nachgesuchte Bewilligung zum Umbau bzw. zur Umwidmung der genehmigten, nicht ständigen Aufenthaltsräume (Sport- und Hobbyraum) in ständige Aufenthaltsräume (Wohneinheit) wegen Widerspruches zu diesem Bebauungsplan nicht erteilt werden könne.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 18. Dezember 1992 als unbegründet abgewiesen.

Mit Erledigung vom 21. April 1993 teilte die Baubehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer der Sache nach mit, sie beabsichtigte diesbezüglich einen Beseitigungsauftrag gemäß § 44 Abs. 4 lit. a TBO zu erteilen, weshalb ihm die Möglichkeit eingeräumt werde, binnen einer dreiwöchigen Frist eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer äußerte sich dahin, daß mit dem Bescheid vom 25. August 1992 die baulichen Veränderungen im Dachgeschoß genehmigt worden seien.

Hierauf hat die Baubehörde erster Instanz mit Bescheid vom 9. August 1993 gemäß § 44 Abs. 4 lit. a TBO "die Beseitigung der konsenslos ausgebauten Wohnung im nördlichen Teil des Dachgeschosses, welche anstelle des vorher bewilligten Sport- und Hobbyraumes konsenswidrig ausgebaut wurde, innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides angeordnet" (richtig wohl: aufgetragen). Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Wortlautes des § 44 Abs. 4 lit. a TBO aus, es sei als erwiesen anzunehmen, daß das in Rede stehende bewilligungsplichtige Bauvorhaben ausgeführt worden sei, ohne daß eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege. Zudem sei dem Beschwerdeführer die Beseitigung bereits angedroht worden.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte, das ausgebaute Dachgeschoß sei in Holzriegelbauweise erstellt. Damit seien die inneren Wände eine tragende Konstruktion, die nicht verändert werden könne. Für die sanitären Anlagen sei die Genehmigung des Stadtmagistrates bereits 1979 mit einem näher bezeichneten Bescheid erteilt worden. Nach dem Vorhaben der Tiroler Landesregierung sollten derartige "Schwarzbauten" mit 1. Jänner 1994 amnestiert werden, weiters solle die TBO "wesentliche Änderung in der Handhabung der Verbauungsdichte" bringen. Aus den angeführten Gründen sollte die neue Rechtslage berücksichtigt werden. Die belangte Behörde werde ersucht, auch die Wohnungsnot der Stadtbewohner zu berücksichtigen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid zur Gänze bestätigt. Begründend führte die Behörde zusammenfassend aus, daß die Umwidmung des bewilligten Sport- und Hobbyraumes im nördlichen Teil des Dachgeschosses zu einer Wohnung ohne Baubewilligung erfolgt sei bzw. ein Bauansuchen zur Genehmigung dieses Bauvorhabens rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die bekämpfte Abbruchsverfügung sei somit in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtslage erfolgt. Sofern der Beschwerdeführer vorbringe, der Landesgesetzgeber würde mit 1. Jänner 1994 eine gesetzliche Grundlage zur Sanierung von "Schwarzbauten" erlassen, so sei dem entgegenzuhalten, daß zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine derartige Rechtsgrundlage nicht bestehe und im übrigen auch das mit 1. Jänner 1994 in Kraft getretene TROG 1994 keine Handhabe biete, die beantragte Aufhebung der Abbruchsverfügung zu veranlassen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, idF LGBl. Nr. 7/1994, anzuwenden.

Die §§ 44 Abs. 3 bis 5 TBO bestimmen:

"(3) Die Behörde hat den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen,

a) wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt,

b) wenn die bauliche Anlage wegen eines Baugebrechens das Leben und die Gesundheit von Menschen, insbesondere wegen bestehender Feuer- oder Einsturzgefahr, gefährdet oder das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt und die Instandsetzung wirtschaftlich nicht vertretbar ist.

(4) Die Behörde hat die Beseitigung eines Bauvorhabens innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen,

a) wenn ein nicht unter Abs. 3 fallendes bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ausgeführt wurde, ohne daß eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt,

b) wenn ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben ohne vorherige Anzeige ausgeführt wurde.

(5) Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. a sind sinngemäß anzuwenden, wenn ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt wurde und diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens darstellt, zu deren Vornahme auch dann, wenn das Bauvorhaben bereits ausgeführt wäre, eine Baubewilligung erforderlich wäre. Sofern dies wirtschaftlich vertretbar ist, hat die Behörde anstelle des Abbruches der baulichen Anlage bzw. der Beseitigung des Bauvorhabens die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufzutragen."

Ein Beseitigungsauftrag setzt voraus, daß die Bewilligungspflicht sowohl im Zeitpunkt der Verwirklichung des Bauvorhabens als auch im Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages zu bejahen ist. Darauf, ob das Bauvorhaben früher etwa bewilligungsfähig war, kommt es nicht an. Bei Vernachlässigung der Pflicht, um die Bewilligung anzusuchen, wird das Risiko einer nachträglichen Änderung der Rechtslage in Kauf genommen (siehe die in Hauer, Tiroler Baurecht2, bei E 32 zu § 44 TBO wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Der Beschwerdeführer versucht aufzuzeigen, daß das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben nicht bewilligungspflichtig gewesen sei.

Das Argument, daß gemäß § 25 lit. m TBO die Errichtung oder Änderung von Sportanlagen bewilligungspflichtig sei, wenn durch diese Anlagen das Orts- und Straßenbild nachteilig beeinflußt werden könne oder eine unzumutbare Belästigung von Menschen eintreten könne, was hier nicht der Fall sei, weil die Abänderung des Sport- und Hobbyraumes weder das Orts- oder Straßenbild nachteilig beeinfluße und hiedurch auch eine unzumutbare Belästigung von Menschen nicht eintreten könne, geht von der irrigen Annahme aus, daß ein Sport- und Hobbyraum eine "Sportanlage" im Sinne des § 25 lit. m TBO sei, was nicht zutrifft (eine Sportanlage wäre etwa ein Fußballplatz und dergleichen mehr).

Der Beschwerdeführer behauptet unter anderem, daß bei der Verwirklichung des gegenständlichen Bauvorhabens tragende Zwischenwände errichtet worden seien. Damit war das gegenständliche Vorhaben schon gemäß § 25 lit. b TBO bewilligungspflichtig (nach dieser Gesetzesstelle - die seit dem Inkrafttreten der TBO mit 1. Jänner 1975 unverändert blieb - ist die sonstige Änderung von Gebäuden oder Gebäudenteilen, soweit sie ua. die Festigkeit, die Feuersicherheit des Gebäudes beeinflußt, bewilligungspflichtig). Damit erübrigt sich eine Prüfung, ob das Bauvorhaben etwa auch nach anderen Bestimmungen bewilligungspflichtig war.

Daß die Baubewilligungspflicht auch zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Auftrages gegeben war, wird vom Beschwerdeführer (zutreffend) nicht in Zweifel gezogen, auch nicht der Umstand, daß bezüglich der Wohnung KEINE Baubewilligung vorliegt. Das ist entscheidend; darauf, ob das (nachträgliche) Baugesuch mit dem Bescheid vom 25. August 1992 bzw. mit dem Berufungsbescheid vom 18. Dezember 1992 zu Unrecht abgewiesen wurde (wie der Beschwerdeführer mit seinen weitwendigen Ausführungen aufzuzeigen trachtet), kommt es im gegenständlichen Verfahren nicht an. Der Hinweis, daß die (konsenswidrig) errichteten Zwischenwände tragende Funktion hätten und eine Veränderung des nordseitigen Dachgeschoßes "somit die Abtragung des Daches notwendig" machen würde, wobei auch nicht abschätzbar sei, inwieweit die Bausubstanz des Objektes unter dem Dachgeschoß durch eine Abtragung bzw. Änderung des Dachgeschosses in Mitleidenschaft gezogen würde, betrifft Probleme des Vollstreckungsverfahrens, vermag aber eine Rechtswidrigkeit des verfahrensgegenständlichen Auftrages nicht aufzuzeigen: Wie der Abbruch technisch zu erfolgen hat, ist Sache des Vollstreckungsverfahrens (siehe hiezu die in Hauer, aaO, in E 69 zu § 44 TBO wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Für die Annahme des Beschwerdeführers, die Behörden hätten infolge Untätigkeit "das Recht verwirkt", einen Beseitigungsauftrag zu erteilen, weshalb das Objekt in der Form, wie es tatsächlich errichtet wurde, als genehmigt gelte, fehlt es an einer gesetzlichen Handhabe.

Demnach war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des Kostenbegehrens.

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994060080.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten