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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §167 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des H in O, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 9. März 1994, Zl. B 114-3/93, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der im Streitjahr als ein keine Mitarbeiter beschäftigender Einzelunternehmer Modelle von Bauobjekten über Auftrag diverser Ingenieurbüros errichtete, nahm in der Zeit vom 26. September bis 12. Oktober und vom
7. bis 14. Dezember 1991 an einem von der "FLAG Service Organisation, Inc.", einem nebengeordneten Zweig der Religionsgemeinschaft "Church of Scientology", welcher der Beschwerdeführer als Mitglied angehört, veranstalteten Managementkurs in Clearwater, Florida, USA, teil, wofür ihm Kosten von S 395.936,40 (Kurskosten von S 336.182,-- sowie Flug- und Aufenthaltskosten von S 59.754,40) erwuchsen.
Der Beschwerdeführer beantragte, die eben genannten Kosten bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr als Betriebsausgaben abzusetzen. Während seines gesamten Aufenthaltes in den USA habe er pro Tag etwa ein bis zwei Stunden persönliche Beratung für sein Geschäft erhalten, die restliche Zeit an Kursen zu folgenden Themen teilgenommen:
1.
Wie man Arbeit leichter macht,
2.
Finanzieller Erfolg,
3.
Wie man Zustände im Leben verbessert,
4.
Hubbard Vorbereitungskurs, und
5.
Die Dynamiken von Geld.
Gegen den die genannten Kosten nicht als Betriebsausgaben anerkennenden Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr erhob der Beschwerdeführer Berufung, der das Finanzamt in einer Berufungsvorentscheidung im strittigen Punkt keine Folge gab; dies im wesentlichen mit der Begründung, durch den von den Themen her völlig allgemein und unverbindlich gehaltenen Managementkurs habe der Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als Modellbauer konkret nichts gewinnen können. Das ihm durch den Kurs vermittelte Wissen wäre kostengünstiger auch in Österreich zu erhalten gewesen. Die Kursteilnahme durch den Beschwerdeführer erscheine nur dann wirtschaftlich verständlich, wenn er damit indirekt die schon genannte Religionsgemeinschaft habe unterstützen wollen.
In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer aus, die von ihm durch den Kurs erworbenen Kenntnisse hätten auch eine einigermaßen konkrete Verwertung in seinem als Einmannbetrieb geführten Einzelunternehmen zugelassen. Seine Tätigkeit setze nicht nur handwerkliche Kenntnisse voraus, sondern bestehe auch darin, Aufträge zu requirieren, seinen Betrieb rationell und wirtschaftlich zu führen und seine Arbeiten gut zu vermarkten. Der Kurs habe dazu gedient, "ein gutes Wissen im kaufmännischen Bereich im weiteren Sinn" zu erreichen.
In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde wies der Beschwerdeführer noch darauf hin, daß er "jetzt eine Bauträgerfirma habe, die er sich ohne diesen Kurs nicht zu führen getraut hätte". Seine Reisen in die USA habe er nicht in Begleitung, sondern allein unternommen. Der Kurs sei lehrgangsmäßig organisiert gewesen. Zur Illustration des Kursprogrammes legte der Beschwerdeführer der belangten Behörde unter anderem eine Kopie des auf die Werke von L. Ron Hubbard gegründeten Buches bzw. Heftes "Wie man Zustände im Leben verbessert" vor. In diesem Werk werden im wesentlichen für verschiedene als gegeben angenommene Zustände (Nichtexistenz, Gefahr, Notlage, Normal, Überfluß, Macht und Machtwechsel) Ratschläge in Form von "Formeln" erteilt. So lautet etwa die Formel für den Zustand "Notlage" wörtlich wie folgt:
"1.
Werben Sie. Dies gilt für eine Organisation. Eine Einzelperson weist man am besten an, zu produzieren.
2.
Ändern Sie ihre Arbeitsgrundlage.
3.
Wirtschaften Sie sparsam.
4.
Dann bereiten Sie sich zur Lieferung vor.
5.
Straffen Sie die Disziplin."
Als Formel für den Zustand "Überfluß" ist in diesem Werk folgendes angegeben:
"1. Wirtschaften Sie sparsam.
2.
Zahlen Sie jede Rechnung.
3.
Investieren Sie den Rest in Diensteinrichtungen, erhöhen Sie ihre Möglichkeiten zu liefern.
4.
Entdecken Sie, was den Zustand Überfluß verursacht hat und verstärken sie es."
Die Zusammenfassung in diesem Werk lautet wie folgt:
"Niemand braucht ein sagenhaftes Genie zu sein, um diese Formeln anzuwenden oder um auf die dafür notwendigen Ideen zu kommen. Man muß nur den Zustand akkurat einschätzen und tatkräftig handeln, um die dazugehörigen Schritte in der exakten Reihenfolge anzuwenden. Je gescheiter die Ideen, umso schneller die Expansion, das ist alles. Die Expansion oder der Gewinn selbst treten unausweichlich auf.
Indem Sie einen Zustand korrekt benennen, dessen Formel befolgen und die Formel zu einem Abschluß bringen, können Sie bei jeder Tätigkeit Erfolg erzielen."
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers in dem in Rede stehenden Punkt ab; dies nach Darstellung des Sachverhaltes und der Rechtslage im wesentlichen mit folgender Begründung:
Im vorliegenden Fall sei unbestritten, daß durch die Kursthemen Modellbauangelegheiten nicht unmittelbar berührt worden seien. Insbesondere gehe aus dem der belangten Behörde vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismaterial hervor, daß in den vom Beschwerdeführer besuchten Kursen "Unterweisungen lebensberatender Art im weiteren Sinn" in einem religionsgemeinschaftlichen Rahmen erteilt worden seien. Näher bezeichnete Belegstellen zeigten, daß die "Scientology-Philosophie das gesamte weite Feld des Daseins" umfasse und daß der Kursrahmen über betriebswirtschaftliche Angelegenheiten weit hinausgegangen sei. Die enge Verwobenheit mit religionsphilosophischem Gedankengut gehe auch aus der im Anhang des vorgelegten Kursheftes empfohlenen Literatur hervor, die neben Themen praktischer Natur eine geistige Weltsicht anspreche (z.B. Grundwahrheiten über Leben und Denken, Ichfindung, Wege zur geistigen Gesundheit und Eröffnung der dynamischen Kräfte des Lebens, Wiedergeburt). Auch die auf Organisation und Management eingehenden Bücher für Führungskräfte befaßten sich mit Scientology-Ethik, insbesondere damit, wie ein ehrlich(er)es und ethisch(er)es Leben zu führen sei und zeigten (mit Anspruch für andere Aktionsbereiche), wie eine Scientology-Organisation funktioniere. Daneben angeführte Bezugsmaterialien, wie z.B. ein Buch über Glaubensbekenntnis und Zeremonien der Scientology-Kirche, ein Handbuch für den ehrenamtlichen Geistlichen oder Bücher über Wege zur Wahrheit oder zu neuen Horizonten des Bewußtseins rundeten dieses Bild ab. Die Formeln für die schon angeführten unterschiedlichen Zustände im Arbeitsleben machten in ihrer Allgemeinheit keinen Beweis, daß das Kursprogramm auf besondere berufliche Zwecke des Beschwerdeführers selbst eingegangen sei. Ein bloß allgemeines kaufmännisches Interesse des Beschwerdeführers an den Möglichkeiten einer Geschäftserweiterung, Unternehmensführung oder Vermarktung reiche hingegen nicht aus, die Kosten seiner "erhöhten Beweisanforderungen unterliegenden" Auslandsreise als ausschließlich oder so gut wie ausschließlich betrieblich veranlaßt anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung selbst dann nicht abgezogen werden, wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Da § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 eine mit der eben wiedergegebenen Gesetzesstelle im wesentlichen gleichartige Regelung enthielt, kann die hiezu vorliegende umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über die Abzugsfähigkeit des Aufwandes für die Teilnahme an Studienreisen, Kongressen, Tagungen udgl. (vgl. hiezu beispielsweise Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 16 Abs. 1 EStG 1972 allgemein, 36 ff, § 20 EStG 1972, 22/5 ff, mit zahlreichen Judikaturhinweisen) auch im Beschwerdefall herangezogen werden.
Zu den Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit, die alle zusammen erfüllt sein müssen, zählt danach unter anderem, daß die Reise nach Plan und Durchführung dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit bieten muß, Kenntnisse zu erwerben, die EINE EINIGERMAßEN KONKRETE VERWERTUNG in seinem Unternehmen gestatten (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/14/0150, m.w.N. sowie Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Tz 39 zu § 4). Ein bloß allgemeines berufliches Interesse an einer Reise ist für die Abzugsfähigkeit nicht ausreichend (siehe Quantschnigg-Schuch, a.a.O.). Eine "fachliche Wissensbereicherung" durch die Reise genügt ohne das vorhin erwähnte Merkmal der einigermaßen konkreten Verwertung im Unternehmen des Abgabepflichtigen nicht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1967, Zl. 662/67).
Hinsichtlich des Nachweises des betrieblichen Anlasses für die Reise ist ein strenger Maßstab anzulegen (siehe z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Februar 1993, Zl. 91/13/0001).
Vor diesem Hintergrund stellte sich der belangten Behörde die Frage, ob für den Beschwerdeführer die Möglichkeit bestanden hat, das von ihm während seiner Aufenthalte in den USA erworbene Wissen einigermaßen konkret in seinem Betrieb zu verwerten. In Würdigung der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen gelangte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu der Sachverhaltsfeststellung, das vom Beschwerdeführer erworbene Wissen sei von sehr allgemeiner Art war und weise keinen erkennbaren Bezug zu seiner Berufstätigkeit auf.
Die Beschwerde bekämpft diese Beweiswürdigung bzw. deren Ergebnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die gemäß § 167 Abs. 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, welche Tatsachen als erwiesen anzunehmen sind, vom Verwaltungsgerichtshof nur insoweit überprüfbar, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang der belangten Behörde zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat bzw. ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt worden ist, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. März 1994, Zl. 92/15/0160).
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde aus Angaben des Beschwerdeführers und aus von ihm vorgelegten Unterlagen ohne Verletzung gegen Denkgesetze oder gegen menschliches Erfahrungsgut und also schlüssig dargelegt, weswegen sie zu der oben näher beschriebenen Sachverhaltsfeststellung gelangt ist. Auch das der Beweiswürdigung vorangehende Verwaltungsverfahren weist keine wesentlichen Mängel auf. Bei seiner Verfahrensrüge verkennt der Beschwerdeführer insbesondere, daß es angesichts des oben Gesagten ihm oblegen hätte, der belangten Behörde nicht bekannte Unterlagen oder sonstige Beweismittel, deretwegen seines Erachtens eine andere Sachverhaltsfeststellung hätte getroffen werden müssen, schon im Verwaltungsverfahren vorzulegen.
Der belangte Behörde hat auch nicht eine "fachliche Wissensbereicherung" des Beschwerdeführers durch die in Rede stehenden Kurse in Abrede gestellt. Damit ist aber noch keine einigermaßen konkrete Verwertung des dabei erworbenen Wissens in seinem Betrieb dargetan. Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer sonst ins Treffen geführten Umstände, wie etwa für seine in bezug auf die dafür bestimmenden Ursachen nicht näher aufgeklärte spätere Umsatzsteigerung. Daß der Beschwerdeführer ab 1. März 1993 auch als Geschäftsführer einer Baufirma tätig ist und aus dieser Tätigkeit Einkünfte bezieht, läßt sich nicht als Wissensverwertung in seinem Betrieb verstehen. Das Vorliegen erhöhter Werbungskosten für ab dem Jahr 1993 erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht behauptet; das diesbezügliche erstmalige Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verfällt dem dort geltenden Neuerungsverbot.
Die für die eingangs erwähnte persönliche Beratung des Beschwerdeführers nach seiner Darstellung für sein "Geschäft" aufgewendete Zeit war mit etwa ein bis zwei Stunden täglich zeitlich untergeordnet und kann daher ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung führen.
Maßstab für die Prüfung des angefochtenen Bescheides konnte auch nur das Gesetz und nicht die steuerliche Behandlung anderer Personen durch Abgabenbehörden sein.
Da sich somit der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit erweist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994150084.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
09.09.2009