TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/15 94/09/0227

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des G in E, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 21. Juni 1994, Zl. KUVS-Kl-671-672/3/94, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der Senioren-Wohnheim-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.). Die Ges.m.b.H. betreibt ein Senioren-Wohnheim in X, in dessen Gebäuden auch bosnische Flüchtlinge untergebracht sind. Zu diesen zählte R.T., über deren Anzeige gegen den Beschwerdeführer ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) geführt wurde.

Dieses Verfahren wurde in erster Instanz durch das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (BH) abgeschlossen, mit welchem der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, er habe es als Vertreter der Ges.m.b.H. zu verantworten, daß diese als Arbeitgeber die bosnischen Staatsbürger R.T. und deren Gatten M.T. in der Zeit vom 15. März 1993 bis zumindest 22. November 1993 mit Putzarbeiten beschäftigt habe, ohne daß diese über die erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere verfügten. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG verstoßen, wofür über ihn zwei Geldstrafen a S 21.000,-- verhängt wurden. Begründend verwies die BH insbesondere darauf, daß der Beschwerdeführer der an ihn ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung nicht nachgekommen sei, sodaß von der Richtigkeit der Anzeige auszugehen gewesen sei. Bei der Strafbemessung wurden als erschwerend zwei einschlägige Vorstrafen des Beschwerdeführers angenommen.

In seiner dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die Flüchtlinge hätten nur die von ihnen benützten Teile der Gebäude gereinigt, nicht jedoch die Räume des Senioren-Wohnheims. Als Belohnung dafür habe der Beschwerdeführer "immer wieder einen kleinen Betrag in der Höhe von S 300,-- bezahlt".

In der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde am 20. April 1994 wurden neben dem Beschwerdeführer als Beschuldigten auch die Zeugen R.T., L, A und D einvernommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Juni 1994 wurde der Berufung des Beschwerdeführers hinsichtlich der zur Last gelegten Beschäftigung der R.T. keine Folge gegeben, wohl aber hinsichtlich der zur Last gelegten Beschäftigung des M.T.; diesbezüglich wurde das Straferkenntnis der BH behoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde einen Überblick über das vorangegangene Verfahren. Im Zuge der Verhandlung sei nachstehender Sachverhalt festgestellt worden:

Im Tatzeitpunkt seien im Rahmen der Flüchtlingsbetreuungsaktion des Landes Kärnten in den Gebäudekomplexen der Ges.m.b.H. etwa 60 bis 65 Flüchtlinge untergebracht gewesen. Das Wohnheim bestehe aus drei Gebäudekomplexen, und zwar aus dem Komplex "Pensionistenheim", in welchem überwiegend Pensionisten untergebracht seien (jedoch im zweiten Stockwerk auch Flüchtlinge), dem Komplex "Gastwirtschaft", in dem ebenfalls Flüchtlinge untergebracht seien, sowie aus dem Komplex "Nebengebäude", in welchem Senioren und Flüchtlinge untergebracht seien. Die Ges.m.b.H. habe damals ca. 13 Beschäftigte gehabt, darunter auch Familienmitglieder. Für Reinigungsarbeiten im Seniorenheim sei eine Reinigungskraft eingestellt gewesen. R.T. und M.T. seien vom 7. März 1993 bis zum 21. Jänner 1994 als Flüchtlinge im Nebengebäudekomplex untergebracht gewesen. Beginnend ab 15. März 1993 bis 12. Juli 1993 habe R.T. Reinigungsarbeiten im Komplex Gastwirtschaft und Pensionistenheim durchgeführt, und zwar täglich von 7.00 bis 13.00 oder 14.00 Uhr. Dafür habe sie vom Beschwerdeführer täglich S 150,-- erhalten. Ab 12. Juli 1993 bis zumindest 22. November 1993 sei R.T. mit Reinigungsarbeiten ab 6.30 bis ca. 14.00 oder 15.00 Uhr und abends von 18.30 bis ca. 20.00 oder 22.00 beschäftigt gewesen und habe in dieser Zeit vom Beschwerdeführer S 300,-- täglich bekommen. M.T. habe keinen Auftrag zu Reinigungsarbeiten gehabt, er habe aber gelegentlich seiner Gattin geholfen. Die Kontrolle über die Arbeiten habe die Zeugin L gehabt. Am 20. Juli 1993 sei vom Beschwerdeführer beim zuständigen Arbeitsamt ein Antrag auf Beschäftigungsbewilligung für R.T. eingebracht, aber abgewiesen worden.

In ihrer Beweiswürdigung bezeichnete die belangte Behörde die Aussage der Zeugin R.T. als äußerst glaubhaft und nachvollziehbar. Ihre Reinigungsarbeiten hätten sich demnach nicht auf die Flüchtlingsquartiere, sondern auf die von den Pensionisten benutzten Räumlichkeiten und Gänge bezogen. Die Zeuginnen D und A hätten angegeben, daß die Reinigungsarbeiten in den Flüchtlingsunterkünften auf Grund eines von den Flüchtlingen selbst erstellten Putzplanes erfolgt seien. Hinsichtlich der Beschäftigung von Reinigungskräften der Ges.m.b.H. habe der Beschwerdeführer im Widerspruch zur Aussage der Zeugin L angegeben, zum Tatzeitpunkt seien zwei Reinigungskräfte beschäftigt worden. Der Beschwerdeführer bestreite nicht, daß er den Flüchtlingen und insbesondere den Ehegatten R. und M.T. Geld für Reinigungsarbeiten gegeben habe, wenn sie sauber gearbeitet hätten; das habe auch die Zeugin L bestätigt. Auch hinsichtlich des Zeitpunktes der einzelnen Reinigungsarbeiten seien Widersprüche zwischen den Angaben des Beschwerdeführers und der Zeugin L aufgetreten. Den Aussagen dieser beiden Personen stünden jene der Zeuginnen A und D entgegen, nach denen R.T. bei Reinigungsarbeiten nicht gesehen worden sei. Im Verfahren sei ferner eine von 16 Flüchtlingen unterschriebene Erklärung in kroatischer Sprache vorgelegt worden, wonach die Flüchtlinge ausschließlich ihre eigenen Räumlichkeiten reinigten und die Angaben der R.T. und des M.T. nicht richtig seien. Die Aussage der R.T. sei aber für die belangte Behörde widerspruchsfrei, glaubhaft und durchaus nachvollziehbar gewesen. Dieser Aussage stünden die allerdings widersprüchlichen Aussagen des Beschwerdeführers und der Zeugin L entgegen. Es entspreche nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß eine Reinigungskraft (der Ges.m.b.H.) sämtliche Putzarbeiten in von 60 bis 65 Pensionisten bewohnten Räumlichkeiten vornehme und darüber hinaus auch noch Gänge und sonstige zum Heim gehörige Räume reinige und ergänzend auch noch die Wäsche besorge. Auch die Aussage der Zeuginnen A und D hätten zur Entlastung des Beschwerdeführers nichts beitragen können, zumal auch sie zur Aussage des Beschwerdeführers und der Zeugin L in teilweisem Widerspruch stünden.

Rechtlich ergebe sich daraus, daß der Beschwerdeführer R.T. mit Reinigungsarbeiten im Seniorenheim beschäftigt habe, ohne daß dafür eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden wäre. M.T. hingegen sei nur freiwillig und fallweise seiner Frau zu Hilfe gekommen.

Der Strafbemessung legte die belangte Behörde ein Einkommen des Beschwerdeführers von monatlich S 20.000,-- und ein Vermögen (Liegenschaft) von S 40,000.000,-- zu Grunde, welches aber zur Hälfte verschuldet sei. Der Beschwerdeführer habe Sorgepflichten für drei minderjährige Kinder. An Strafzumessungsgründen lägen ferner zwei einschlägige Vormerkungen vor, weshalb der Strafrahmen nach § 28 AuslBG S 10.000,-- bis S 120.000,-- betrage. Die von der BH verhängte Geldstrafe befinde sich im untersten Bereich und erscheine schuldangemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde. Bekämpft wird ausschließlich der Teil der Berufungsentscheidung, mit welchem die erstinstanzliche Verurteilung des Beschwerdeführers bestätigt worden ist.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlungen bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--.

Der Beschwerdeführer hat zwar ausdrücklich nur Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht, seine Einwendungen richten sich aber im wesentlichen gegen die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Diese Einwendungen gehen allerdings insoweit ins Leere, als sie das erstinstanzliche Verfahren betreffen, denn Prüfungsgegenstand im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist ausschließlich der letztinstanzliche Bescheid. Diesem Bescheid sind jedoch umfassende Ermittlungen der belangten Behörde vorangegangen.

Zutreffend bezeichnet der Beschwerdeführer die Frage als entscheidend, ob im engeren Bereich der Seniorenwohnanlage die Reinigungsarbeiten durch R.T. durchgeführt wurden und ob hiefür ein Entgelt bezahlt wurde. Diese Frage aber hat die belangte Behörde als Ergebnis ihrer freien Beweiswürdigung bejaht. Es trifft daher nicht zu, wenn der Beschwerdeführer behauptet, es sei ihm "zweifelsfrei der Nachweis gelungen, daß die gegen ihn erhobenen Vorwürfe jeglicher Grundlage entbehren". Es stimmt auch nicht, daß die vom Beschwerdeführer angebotenen Entlastungsbeweise keiner ausgewogenen Würdigung unterzogen worden seien. Die belangte Behörde hat vielmehr die für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Ermittlungsergebnisse ausführlich dargestellt und gegeneinander abgewogen, wenn auch mit einem für den Beschwerdeführer hinsichtlich der Beschäftigung der R.T. letztlich ungünstigen Ergebnis.

Bei der Beweiswürdigung handelt es sich nicht um eine Frage der Gesetzesanwendung, sondern um einen Denkvorgang, der dazu bestimmt ist, den einer Norm zu unterstellenden Sachverhalt zu gewinnen. Da der Verwaltungsgerichtshof nur eine nachprüfende Tätigkeit auszuüben, keinesfalls aber eine Sachentscheidung zu fällen hat, kann die Beweiswürdigung nur insoweit überprüft werden, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat, bzw. ob der Sachverhalt in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt wurde (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, zum Teil abgedruckt bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 548 ff).

Das Ergebnis der Beweiswürdigung der belangten Behörde entspricht durchaus den Denkgesetzen. Die belangte Behörde hat dazu nicht nur festgestellt, daß der Beschwerdeführer offenbar Bedarf an Reinigungskräften für sämtliche Räumlichkeiten hatte und dafür auch R.T. heranzog, sie konnte darüber hinaus mit Rücksicht auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers davon ausgehen, daß dieser R.T. dafür auch regelmäßig entlohnt hat. Daß das Verfahren mangelhaft verlaufen wäre, behauptet der Beschwerdeführer hinsichtlich der Vorgänge im zweitinstanzlichen Verfahren selbst nicht, insbesondere ist auch kein von ihm gestellter Beweisantrag grundlos unerledigt geblieben.

Die in der Beschwerde erstmalig enthaltenen Hinweise darauf, daß R.T., aber auch andere Flüchtlinge, Beschäftigungsbewilligungen deshalb erhalten hätten, weil sie den Beschwerdeführer beim Arbeitsamt (wie der Beschwerdeführer meint: wahrheitswidrig) belastet hätten, können vor dem Verwaltungsgerichtshof schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG herrschenden Neuerungsverbotes keine Beachtung finden.

Die somit unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der von der belangten Behörde beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgesehen werden konnte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994090227.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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