TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/15 94/18/0939

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
StbG 1965 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des O in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 19. Oktober 1994, Zl. St 265/94, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 19. Oktober 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und 2 und Abs. 2 Z. 1 und 2 in Verbindung mit den §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes (FrG) ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer halte sich nach seinen Angaben seit 1980 durchgehend in Österreich auf. Am 14. Juli 1989 sei ihm erstmals ein bis 19. September 1991 gültiger Sichtvermerk erteilt worden. Zuletzt sei ihm am 3. Juni 1992 ein bis 2. Juni 1994 gültiger Sichtvermerk erteilt worden. Am 1. Juni 1994 habe er einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt.

Der Beschwerdeführer sei wiederholt durch inländische Gerichte rechtskräftig verurteilt worden, und zwar mit Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 20. Februar 1987 wegen § 83 Abs. 1 StGB, mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz-Land vom 31. Jänner 1991 wegen § 83 Abs. 1 StGB, mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 6. Juni 1991 wegen § 83 Abs. 1 StGB und mit Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 30. Mai 1994 wegen der §§ 15, 127, 115, 117, 83 Abs. 1, 125 StGB. Der Beschwerdeführer weise insgesamt 18 rechtskräftige Verwaltungsstrafen auf, darunter zwei rechtskräftige Bestrafungen wegen § 5 Abs. 1 und 2 StVO. Ihm sei die Lenkerberechtigung ab 22. April 1991 für die Dauer von 14 Monaten und ab 27. April 1993 für die Dauer von 24 Monaten entzogen worden. Der Beschwerdeführer habe angegeben, seit 1990 mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet zu sein und zwei Kinder zu haben. Er habe seit 1985 bei verschiedenen Firmen gearbeitet. Seine Eltern lebten seit 20 Jahren in Österreich. Auf Grund der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt. Auf Grund der zwei Verwaltungsübertretungen nach § 5 StVO sei auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten sei die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Das Aufenthaltsverbot stelle zwar einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar, doch sei es zur Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig.

Auf Grund der Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers und seiner familiären Situation sei ihm ein gewisses Maß an Integration zuzubilligen, nicht jedoch, wie seine strafbaren Handlungen zeigten, in sozialer Hinsicht. Auf Grund seines langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet und seiner familiären Integration seien die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie erheblich, doch wögen die nachteiligen Auswirkungen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer, dies insbesondere im Hinblick auf die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehende Gefahr und die Tatsache, daß der Beschwerdeführer - wie seine gerichtlichen Verurteilungen zeigten - vor Tätlichkeiten gegen andere Personen nicht zurückschrecke.

Auch § 20 Abs. 2 FrG hindere nicht die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer. Der für die Beurteilung, ob die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 gegeben seien, entscheidende Zeitpunkt sei der der Rechtskraft der vorletzten der rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers. Bezogen auf diesen Zeitpunkt sei die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 nicht gegeben, weil auf Grund der bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten wiederholten Bestrafungen davon auszugehen gewesen sei, daß der Beschwerdeführer gegenüber den zum Schutz der körperlichen Integrität anderer Personen erlassenen Vorschriften negativ eingestellt sei und daher eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Der Beschwerdeführer tritt der - zutreffenden - Auffassung der belangten Behörde, daß die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG erfüllt seien, die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 leg. cit. dringend geboten sei, nicht entgegen.

2. Er hält das Ergebnis der im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für rechtswidrig, ohne jedoch einen der belangten Behörde in diesem Zusammenhang unterlaufenen Rechtsirrtum dartun zu können. Die belangte Behörde hat bei der Interessenabwägung auf die auch in der Beschwerde in den Vordergrund gestellten Umstände (langjähriger Aufenthalt, Ausübung einer Beschäftigung, familiäre Integration im Bundesgebiet) Bedacht genommen. Wenn sie dennoch zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, kann dies im Hinblick auf die Häufigkeit der Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen des Vergehens der Körperverletzung und die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehende Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die wiederholten Bestrafungen durch Gerichte und Verwaltungsbehörden sowie die Ergreifung von kraftfahrrechtlichen Maßnahmen gegen den Beschwerdeführer haben nicht ausgereicht, ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

Soweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, es habe sich bei den von ihm begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen um geringfügige Delikte gehandelt, ist ihm die in § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers entgegenzuhalten. Wiederholte Bestrafungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen können demnach auch dann zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes führen, wenn der Fremde nicht zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder die Verurteilung nicht wegen Straftaten erfolgt ist, die mit hohen Freiheitsstrafen bedroht sind.

Soweit der Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge geltend macht, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, daß er sich tatsächlich seit 1980 in Österreich aufhalte und daß auch seine Geschwister hier lebten, kann er damit keinen relevanten Verfahrensmangel dartun, weil die belangte Behörde bei der Interessenabwägung ohnedies von der vom Beschwerdeführer behaupteten Aufenthaltsdauer ausgegangen ist und die Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinen Geschwistern, von denen dieser gar nicht behauptet, daß sie mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben, nicht vom Schutzumfang des § 20 Abs. 1 FrG erfaßt sind (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0491).

3. Der Beschwerdeführer hält die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 20 Abs. 2 FrG für unzulässig und bekämpft in diesem Zusammenhang die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß der für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 entscheidende Zeitpunkt der der Rechtskraft der vorletzten der von der belangten Behörde herangezogenen Bestrafungen gewesen sei.

Hinsichtlich dieses Beschwerdevorbringens genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, aus der sich die Richtigkeit der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung ergibt (siehe auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 28. Oktober 1993 sowie die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0533, und vom 17. November 1994, Zl. 93/18/0271).

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist auch die Auffassung der belangten Behörde nicht rechtswidrig, daß zu diesem Zeitpunkt die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 nicht erfüllt gewesen sei, weil der Beschwerdeführer nach seinem bisherigen Verhalten nicht Gewähr dafür geboten habe, daß er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstelle, dies insbesondere, wenn man sich die drei rechtskräftigen Verurteilungen wegen des Vergehens der Körperverletzung und die zwei rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretungen des § 5 StVO vor Augen hält, die die negative Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber diesen zum Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen erlassenen Rechtsvorschriften erkennen lassen (siehe auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 17. November 1994, mwN).

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180939.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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