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27/01 Rechtsanwälte;Norm
BAO §103 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache des Dipl.-Ing. S in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen die FLD für Sbg wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Zurückweisung der Berufung gegen Bescheide des FA Salzburg-Stadt (Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich einheitlicher und gesonderter Feststellung von Einkünften für das Jahr 1987 sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1987 und 1988) den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit am 4. November 1993 zugestelltem Bescheid wies das Finanzamt die gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich einheitlicher und gesonderter Feststellung von Einkünften für das Jahr 1987 sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1987 und 1988 gerichtete Berufung als verspätet zurück.
Am 17. November 1993 langte beim Finanzamt eine, von den auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einschreitenden Rechtsanwälten verfaßte Berufung gegen den am 4. November 1993 zugestellten Bescheid ein, in deren Rubrum die Worte "Vollmacht erteilt gemäß § 8 RAO" aufscheinen. Eine Urkunde über die Bevollmächtigung (in der Folge: Urkunde) wurde nicht vorgelegt.
Mit am 22. November 1993 dem Beschwerdeführer persönlich zugestellter Berufungsvorentscheidung, in der die einschreitenden Rechtsanwälte als Vertreter bezeichnet wurden, wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.
In der am 27. Juni 1994 zur Post gegebenen Beschwerde wird Verletzung der Entscheidungspflicht wegen Nichterledigung der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid geltend gemacht.
Mit am 19. August 1994 der belangten Behörde zugestellter Verfügung leitete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren ein, in der er die belangte Behörde aufforderte, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege und dazu die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Innerhalb offener Frist erstattete die belangte Behörde eine "Stellungnahme" und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Im Beschwerdefall ist zu prüfen, ob die Berufungsvorentscheidung, die wie eine Entscheidung über die Berufung wirkt, dem Beschwerdeführer bereits am 22. November 1993 rechtswirksam zugestellt worden ist. Ist diese Frage zu bejahen, dann wäre über die Berufung, von der in der Beschwerde behauptet wird, sie sei noch nicht erledigt, bereits vor Einbringung der Beschwerde entschieden worden, weswegen eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorläge.
Nach § 83 BAO können sich die Parteien durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich mit einer Urkunde auszuweisen haben. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Urkunde.
Gemäß § 8 Abs 1 letzter Satz RAO ersetzt vor allen Gerichten und Behörden die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.
Es genügt daher bei Einschreiten eines Rechtsanwaltes vor der Abgabenbehörde der Hinweis auf die erfolgte Bevollmächtigung. Einer Urkunde bedarf es nicht.
Aus dem Hinweis auf dem Rubrum der Berufung "Vollmacht erteilt gemäß § 8 RAO" ist nicht erkennbar, ob auch eine ausdrückliche Zustellungsbevollmächtigung erteilt worden ist. Eine an sich unbeschränkte Bevollmächtigung schließt aber stets die Ermächtigung zur Empfangnahme von Schriftstücken einer Abgabenbehörde ein (vgl das hg Erkenntnis vom 1. Dezember 1986, 85/15/0149).
Gemäß § 103 Abs 2 BAO ist eine Zustellungsbevollmächtigung Abgabenbehörden gegenüber unwirksam, wenn sie sich nicht auf alle, dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen erstreckt, die im Zug eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 leg cit zusammengefaßt verbucht wird.
Den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (162 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XV. GP S 12) ist zu entnehmen, daß die gegenüber den sonstigen Bestimmungen des Entwurfes des Zustellgesetzes einschränkende Regelung des § 103 Abs 2 BAO im Hinblick auf die in Massen ergehenden, weitgehend unter Einsatz der EDV-Anlage des Bundesrechenamtes erstellten Erledigungen notwendig erscheint.
In den Fällen des § 103 Abs 2 BAO ist die Abgabenbehörde daher nur dann zur Zustellung von Erledigungen an einen (gewillkürten) Vertreter verpflichtet, wenn dieser die ausdrückliche Erklärung abgibt, daß alle dem Vollmachtgeber zugedachten Erledigungen dem Bevollmächtigten zuzustellen sind (vgl den hg Beschluß 8. März 1994, 93/14/0174, mwA), die im Zug eines Verfahrens ergehen oder Abgaben betreffen, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 BAO zusammengefaßt verbucht wird (hier Umsatz- und Gewerbesteuer sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften). Dies gilt auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - Rechtsanwälte einschreiten. Auch diese müssen ungeachtet des Umstandes, daß die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt, auf Grund des im Abgabenverfahren anzuwendenden § 103 Abs 2 BAO eine Erklärung hinsichtlich der Zustellungsbevollmächtigung abgeben. Ansonsten ist die Abgabenbehörde nicht verpflichtet, Erledigungen den bevollmächtigten Rechtsanwälten zuzustellen, weswegen die bereits am 22. November 1993 erfolgte Zustellung der Berufungsvorentscheidung an den Beschwerdeführer rechtswirksam gewesen ist. Die behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht liegt somit nicht vor.
Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zur Beschwerdeerhebung (§ 27 VwGG) gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Da die Prozeßvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen sind, bedurfte es keines diesbezüglichen Antrages der belangten Behörde.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994150110.X00Im RIS seit
20.11.2000