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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §19 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der U-GmbH in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 8. Oktober 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei stellte am 28. April 1993 beim Arbeitsamt Druck-Papier den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für einen namentlich genannten ausländischen Staatsbürger (Staatsangehörigkeit "YU") für die Tätigkeit als Druckereiarbeiter. In einem Begleitschreiben zu diesem Antrag wies der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei darauf hin, daß zur Aufrechterhaltung des Betriebes die Besetzung der weiterhin freien Dienststelle dringendst notwendig sei. Befähigte, gewillte und geeignete Ersatzkräfte seien zuzuweisen. Ersatzkräfte hätten sich nach telefonischer Terminvereinbarung beim Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei am Geschäftssitz zu den Geschäftszeiten persönlich vorzustellen. Erklärungen mit Wirkung für die beschwerdeführende Partei gäben deren Geschäftsführer sowie der bevollmächtigte Rechtsvertreter ab. Erklärungen anderer Personen in dieser Angelegenheit seien rechtlich völlig unbeachtlich und erzeugten keine wie immer geartete Wirkung für die beschwerdeführende Partei.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 21. Mai 1993 gemäß § Abs. 6 AuslBG ab. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, das Arbeitsamt sei bisher nicht in der Lage gewesen, befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte zu vermitteln. Der vom Arbeitsamt geltend gemachte Ablehnungsgrund sei nicht gegeben und könne aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen nicht abgeleitet werden. Der beantragte ausländische Arbeitnehmer erfülle für die weiterhin freie Dienststelle die Anstellungserfordernisse.
In den Verwaltungsakten findet sich sodann ein Aktenvermerk vom 30. Juni 1993 über ein Telephongespräch mit einer "Frau F". Demnach würden von der beschwerdeführenden Partei keine Ersatzkräfte anstelle des beantragten Ausländers gewünscht, "daher sofortiger Zuweisungsstop". Weiters findet sich in den Akten ein mit 2. Juli 1993 datiertes - offenbar auf dem Briefpapier der beschwerdeführenden Partei abgefaßtes - und mit "i.A. MF" gefertigtes Schreiben, in dem ersucht wurde, die "Anmeldung auf Ersatzkräfte" zu stoppen, weil unbedingt der - namentlich angeführte - beantragte Ausländer beschäftigt werden solle und dieser für die auszuführenden Tätigkeiten die beste Qualifikation erbringe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 1993 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG keine Folge.
Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen (und der Feststellung der im Jahr 1993 erfolgten Landeshöchstzahlenüberschreitung) führte die belangte Behörde betreffend den konkreten Antrag aus, eine Überprüfung der Lage auf dem verfahrensgegenständlichen Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs zur Verfügung stünden. Deshalb sei im Zuge des Berufungsverfahrens die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung angeboten worden. Frau "F, Ihre Angestellte" habe am 30. Juni 1993 in einem Telephongespräch dem Arbeitsamt gegenüber erklärt, keine Ersatzkräfte zu wünschen. Ebenso seien mit Schreiben vom 2. Juli 1993 Ersatzkräfte ausdrücklich abgelehnt worden. Anerkennenswerte, die Ablehnung der angebotenen Ersatzkräfte sachlich rechtfertigende Gründe, seien nicht vorgebracht worden. Durch das Desinteresse an der angebotenen Ersatzkraftstellung hätte sich die beschwerdeführende Partei die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslB nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer zu begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Spruch auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Im Beschwerdefall erübrigen sich Erwägungen zur Berechtigung der Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG, weil darauf - außer mit allgemeinen Ausführungen zur Gesetzeslage und zum Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen - in der Begründung des angefochtenen Bescheides (der auch ausdrücklich auf die Ablehnung des Antrages gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG hinweist) nicht weiter eingegangen wird. Es kommt daher entscheidend nur darauf an, ob die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen konnte, daß der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung aus § 4 Abs. 1 AuslBG abzuleitende Umstände entgegenstehen.
Nach dieser Gesetzesstelle ist die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich
1) daran, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und
2) wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 21. April 1994, 93/09/0112) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer Acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Das wird aber immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer (in der Reihenfolge nach § 4b AuslBG) zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Diese Beweisführung erübrigt sich dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jede Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. in diesem Sinne die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1987, 87/09/0012, und vom 25. November 1987, 87/09/0164).
Auf dieses zuletzt genannte Argument stützt die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, wenn sie in dessen Begründung auf ein Telephongespräch mit Frau F und das ebenfalls von dieser unterfertigte Schreiben vom 2. Juli 1993 Bezug nimmt.
Zu Recht verweist die beschwerdeführende Partei dazu in der Beschwerdeschrift darauf, sie habe im Verwaltungsverfahren gegenüber der Behörde ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Erklärungen mit Wirkungen für oder gegen sie ausnahmslos deren vertretungsbefugte Organe (Rechtsvertreter oder deren Geschäftsführer) abgeben. Die im angefochtenen Bescheid angeführten Erklärungen seien nicht von diesen vertretungsbefugten Organen abgegeben und der beschwerdeführenden Partei im Rahmen des Parteiengehörs auch bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zur Kenntnis gebracht worden. Die bereits im Begleitschreiben zum Antrag zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft zur Zuweisung von Ersatzkräften sei bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides weder abgeändert noch aufgehoben worden (in diesem Zusammenhang wird in der Beschwerde auch darauf hingewiesen, daß der bevollmächtigte Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei an die belangte Behörde am 13. Juli 1993 per Telefax ein Schreiben übermittelt habe, in dem nochmals das Interesse an einer Ersatzkraftstellung bekundet worden sei - dieses Schreiben ist zwar in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten, dessen Existenz wird von der belangten Behörde in der Gegenschrift aber nicht bestritten).
Dadurch, daß die belangte Behörde aufgrund der Erklärung einer Person, von der - nach der Aktenlage - nicht feststand, daß es sich dabei um eine vertretungsbefugte Person handelte, zur Abweisung des Antrages gelangte und dabei entgegen der Bestimmung des § 45 Abs. 3 AVG der beschwerdeführenden Partei zum Ergebnis ihrer Ermittlungen kein Parteiengehör gewährte, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, 93/09/0123 und 93/09/0319).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. Art. I A Z. 1 der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Parteiengehör Allgemein Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993090426.X00Im RIS seit
11.07.2001