TE Vfgh Erkenntnis 1992/9/29 B360/91

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Veröffentlicht am 29.09.1992
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Sbg GVG 1986 §4 Z5

Leitsatz

Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung wegen überhöhterGegenleistung im Vergleich zum gemeinen Wert; keine willkürlicheVorgangsweise der Behörde bei der Ermittlung des gemeinen Werts

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit einem auf den Todesfall abgeschlossenen Übergabsvertrag erwarb der Beschwerdeführer das Bauerngut in EZ 69 und EZ 70, KG Bergham, in 5760 Saalfelden, Letting, im Ausmaß von 7,015 ha um den Preis von 3 Mio. S.

Die Grundverkehrskommission für den politischen Bezirk Zell am See versagte der vorgesehenen Übertragung des Eigentums unter Berufung auf §4 Z5 und 6 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. 73 (im folgenden: SGVG 1986), die Zustimmung.

2. Der gegen diesen Bescheid vom Erwerber eingebrachten Berufung gab die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg keine Folge.

3. Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten, ausschließlich vom Erwerber erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

4. Die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (s. etwa VfGH 26.11.1990 B975/90) - Beschwerde erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall in erster Linie bedeutsamen Vorschriften des SGVG 1986 haben folgenden Wortlaut:

"Beschränkung des Verkehrs mit land- und
forstwirtschaftlichen Grundstücken

§2. (1) Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück betreffen und

a) die Übertragung des Eigentums;

...

zum Gegenstand haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Grundverkehrsbehörde.

...

Voraussetzung für die Zustimmung

§3. (1) Die Zustimmung ist nur zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem allgemeinen Interesse der Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder, soweit dies nicht in Frage kommt, der Erhaltung und Schaffung wirtschaftlich gesunder, mittlerer oder kleiner land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe nicht widerspricht.

(2) Der Übertragung des Eigentums ist, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs3 und 4 vorliegt, insbesondere zuzustimmen, wenn

1. Gegenstand des Rechtsgeschäftes der ganze land- oder forstwirtschaftliche Betrieb ist und dieser als bäuerlicher Betrieb erhalten bleibt und der Erwerber Landwirt ist;

...

(4) Als Landwirt im Sinne dieses Gesetzes ist anzusehen, wer einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb als selbständige Wirtschaftseinheit persönlich (allein oder zusammen mit Familienangehörigen oder auch landwirtschaftlichen Dienstnehmern) bewirtschaftet und daraus seinen und seiner Familie Lebensunterhalt zur Gänze, vorwiegend oder zu einem erheblichen Teil bestreitet (Voll-, Zu- oder Nebenerwerbsbetrieb). Als Landwirt gilt auch, wer nach Erwerb des Besitzes oder von Grundstücken in gleicher Weise tätig sein will, sofern er auf Grund praktischer Tätigkeit oder fachlicher Ausbildung die dazu erforderlichen Fähigkeiten besitzt und kein Grund zur Annahme besteht, daß er diese selbständige Wirtschaftseinheit nach dem Erwerb nicht persönlich bewirtschaften wird.

...

Besondere Gründe für die Versagung der Zustimmung

§4. Einem Rechtsgeschäft darf insbesondere die Zustimmung nicht erteilt werden, wenn zu besorgen ist, daß

...

5. die Gegenleistung vom gemeinen Wert erheblich abweicht;

6. der Erwerb den Zweck verfolgt, den Gegenstand des Rechtsgeschäftes als ganzes oder geteilt mit Gewinn weiterzuveräußern;

...".

2. a) Die Grundverkehrsbehörde erster Instanz begründete die Versagung der Zustimmung im wesentlichen damit, daß iS des §4 Z5 SGVG 1986 die Gegenleistung (3 Mio. S) von dem "gemeinen Wert" (in einem von der Erstbehörde eingeholten Gutachten der Bezirksbauernkammer Zell am See wurde der geschätzte Verkehrswert mit 9,008.545,-- S angegeben) erheblich abweiche und daß auf Grund dieses Umstandes auch zu besorgen sei, der Erwerb verfolge den Zweck, den Gegenstand des Rechtsgeschäftes als ganzes oder geteilt mit Gewinn weiterzuveräußern (§4 Z6 SGVG 1986).

b) Die belangte Behörde ergänzte das von der Grundverkehrsbehörde erster Instanz durchgeführte Ermittlungsverfahren durch Einholung einer Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg, in der insbesondere das Ergebnis der von der Erstbehörde veranlaßten Schätzung bestätigt wurde. Zum Unterschied von der Erstbehörde stützte die belangte Behörde ihren die Zustimmung versagenden Bescheid, wie sowohl aus dessen Spruch als auch aus der Begründung hervorgeht, allein auf §4 Z5 SGVG 1986. Sie vertrat somit die Auffassung, daß iS dieser Vorschrift dem Übergabsvertrag die Zustimmung nicht erteilt werden dürfe, weil die Gegenleistung vom gemeinen Wert erheblich abweicht.

3.a) Angesichts der - auch vom Beschwerdeführer nicht in Zweifel gezogenen - verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides (vgl. zu §4 Z5 SGVG 1986 das zu einer gleichartigen Bestimmung des Niederösterreichischen Grundverkehrsgesetzes 1964 ergangene Erkenntnis VfSlg. 5831/1968 sowie die zu einer ebenfalls gleichartigen Bestimmung des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1970 ergangenen Erkenntnisse VfSlg. 6572/1971 und 7539/1975) und da kein Anhaltspunkt dafür besteht, daß die belangte Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte (s. zB VfSlg. 8428/1978, 9127/1981). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9600/1983, 10047/1984, 10919/1986, 12038/1989) fällt der Behörde Willkür ua. dann zur Last, wenn sie in wesentlichen Punkten jegliches Ermittlungsverfahren unterlassen hat, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens (s. etwa VfSlg. 8808/1980, 10942/1986, 11172/1986). Eine denkunmögliche Gesetzesanwendung vermag Willkür zu indizieren (zB VfSlg. 5096/1965, 5396/1966, 9792/1983, 11754/1988). Eine denkunmögliche Gesetzesanwendung könnte jedoch nur dann vorliegen, wenn die Fehlerhaftigkeit mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden müßte (vgl. VfSlg. 7038/1973, 7962/1976, 9902/1983, 10079/1984).

b) Der Beschwerdeführer macht der belangten Behörde zum Vorwurf, durch "Unterlassung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens" sowie durch Ignorieren seines Berufungsvorbringens, mit dem er die Fehlerhaftigkeit bzw. Unvollständigkeit einer im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Stellungnahme der Bezirksbauernkammer Zell am See gerügt hatte, Willkür geübt zu haben. Er rügt ferner die Mangelhaftigkeit der im Administrativverfahren beider Instanzen eingeholten Gutachten über den Verkehrswert der den Gegenstand des Übergabsvertrages bildenden Liegenschaften sowie die Unterlassung der Einholung weiterer Sachverständigengutachten. Schließlich rügt der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffenen Aussage, der Beschwerdeführer habe "nicht ausreichend begründen" können, daß ihm die Eigenschaft eines Landwirtes iS des §3 Abs4 SGVG 1986 zukomme, das gänzliche Außerachtlassen seines diesbezüglichen Vorbringens durch die belangte Behörde.

c) Soweit das Beschwerdevorbringen die Unterlassung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens rügt, ist es schon seinem Inhalt nach nicht geeignet, ein willkürliches Vorgehen der belangten Behörde darzutun, weil von einem solchen im Sinne der (unter II.3.a) zitierten Rechtsprechung nur dann die Rede sein könnte, wenn die Behörde in einem wesentlichen Punkt jegliches Ermittlungsverfahren unterlassen hätte.

Dies ist im übrigen keineswegs der Fall. Während die Grundverkehrsbehörde erster Instanz zur Frage des "gemeinen Wertes" (iS des §4 Z5 SGVG 1986) des Vertragsgegenstandes die Stellungnahme einer Abteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung sowie ein Schätzgutachten der Bezirksbauernkammer Zell am See einholte (das von deren Sekretär auf Grund einer Besichtigung erstellt wurde), holte die belangte Behörde, wie bereits erwähnt, zusätzlich eine Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg ein. Es kann somit nicht mit Recht gesagt werden, die belangte Behörde habe zur Klärung der entscheidungswesentlichen Frage, ob die im Übergabsvertrag festgelegte Gegenleistung vom gemeinen Wert der den Gegenstand dieses Vertrages bildenden Liegenschaften erheblich abweicht, jegliches Ermittlungsverfahren unterlassen.

Ob das Ermittlungsverfahren in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist eine Frage, die nicht vom Verfassungsgerichtshof zu beurteilen ist, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde, wie hier (§17 Abs3 und §18 Abs1 SGVG 1986; Art20 Abs2 B-VG), gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (zB VfSlg. 8309/1978, 8317/1978, 9454/1982, 9456/1982, 10565/1985, 10659/1985, 11754/1988).

Unter den gegebenen Umständen konnte die belangte Behörde denkmöglich zu der Auffassung gelangen, die mit dem Übergabsvertrag angestrebte Übertragung des Eigentums widerspreche der Vorschrift des §4 Z5 SGVG 1986. Es kommt daher der Aussage in der Begründung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdeführer habe "nicht ausreichend begründen" können, daß ihm die Eigenschaft eines Landwirtes iS des §3 Abs4 SGVG 1986 zukomme und es sei diese Frage nicht geklärt, offenkundig keine den Spruch des angefochtenen Bescheides tragende Bedeutung zu, weshalb es sich erübrigt, auf sie einzugehen.

Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz hat somit nicht stattgefunden.

4. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist.

5. Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (s. dazu oben unter II.3.a) ist es auch ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Preis ortsüblicher

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B360.1991

Zuletzt aktualisiert am

22.11.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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