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L36056 Kriegsopferabgabe Behindertenabgabe Steiermark;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde des Vereins F in Graz, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. September 1992, Zl. A 8-K 347/1992-1, betreffend Lustbarkeitsabgabe und Kriegsopferzuschlag für den Zeitraum Dezember 1991 bis März 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 15. April 1992 setzte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz gegenüber dem beschwerdeführenden Verein die Lustbarkeitsabgabe inklusive 20 % Kriegsopferzuschlag für die an einem näher genannten Standort aufgestellten Geldspielapparate für den Zeitraum von Dezember 1991 bis März 1992 mit insgesamt S 172.800,-- zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von S 3.456,-- fest. In der Begründung dieses Bescheides bezieht sich die Abgabenbehörde erster Instanz unter anderem auf § 19 Abs. 1 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der beschwerdeführende Verein im wesentlichen vor, er sei nicht Unternehmer der Veranstaltung im Sinne des § 2 Abs. 1 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987, weil er nicht auf eigenes Risiko am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehme; es bestünden nur Beziehungen zwischen dem Verein und den Vereinsmitgliedern, die keinerlei Verhältnis zu Außenstehenden zuließen. Zu den aufgestellten Automaten hätten nur Mitglieder, nicht aber andere Personen Zugang. Es handle sich daher nicht um einen Betrieb von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten IN ÖFFENTLICHEN RÄUMEN im Sinne des § 2 lit. f Steiermärkisches Lustbarkeitsabgabegesetz.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Gemeinderat die dagegen erhobene Berufung unter Hinweis auf die Generalklauseln des § 1 Abs. 2 Lustbarkeitsabgabegesetz, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 37/1950, und des § 1 Abs. 1 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 als unbegründet ab. Zur Frage der Unternehmereigenschaft des beschwerdeführenden Vereins führte die belangte Behörde aus, im gegenständlichen Fall werde die Veranstaltung vom Beschwerdeführer durchgeführt und es kündige dieser die Veranstaltung auch öffentlich an. Eine Gewinnerzielungsabsicht werde nicht gefordert.
Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 1. Dezember 1992, B 1619/92-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens in seinem Recht auf Nichtentrichtung der vorgeschriebenen Abgabe verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Mit Beschluß vom 17. Dezember 1993, A 43/93, stellte der Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof unter anderem den Antrag, § 19 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. Dezember 1986, mit der die Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz vom 23. März und 21. September 1950, GZ. A 8-143/1-1950 und
A 8-143/2-1950, i.d.F. des GRB vom 22. Mai 1986,
A 8-K 85/1984 - 9, neu gefaßt wird (Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987), Zl. A 8-K 85/1984 - 11, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz 1986, Seite 302 ff, in eventu nur Abs. 1 des § 19, als gesetzwidrig aufzuheben. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß die Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 keine dem § 2 lit. f Lustbarkeitsabgabegesetz entsprechende Einschränkung der Abgabepflicht auf den Betrieb von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten IN ÖFFENTLICHEN RÄUMEN enthalte.
Mit Erkenntnis vom 13. Oktober 1994, V 3/94-10 u.a., dem Verwaltungsgerichtshof zugestellt am 2. Dezember 1994, gab der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag keine Folge. Dies im wesentlichen deshalb, weil durch die Einfügung des § 14a Lustbarkeitsabgabegesetz mit der Novelle LGBl. Nr. 34/1986 ein spezieller Abgabentatbestand für das HALTEN von GELDspielapparaten geschaffen worden und das Kriterium des Betriebes "in öffentlichen Räumen" daher für GELDspielapparate nicht mehr von Bedeutung sei. Der Gemeindeverordnungsgeber sei daher nicht gehalten gewesen, bezüglich der Besteuerung von Geldspielapparaten den Inhalt des § 2 lit. f Lustbarkeitsabgabegesetz in die Lustbarkeitsabgabeordnung zu übernehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Steiermärkischen Lustbarkeitsabgabegesetzes lauten:
"§ 1.
Abgabeberechtigung.
(1) Die steirischen Gemeinden sind ermächtigt, anläßlich von Lustbarkeitsveranstaltungen eine Abgabe (Lustbarkeitsabgabe) einzuheben. Die Abgabe ist vom Gemeinderat ordnungsgemäß zu beschließen. Der Beschluß ist öffentlich kundzumachen und durch 14 Tage zur Einsicht im Gemeindeamt aufzulegen.
(2) Unter Lustbarkeiten (Vergnügungen) sind Veranstaltungen zu verstehen, welche überwiegend geeignet sind, die Teilnehmer zu unterhalten oder zu ergötzen.
§ 2.
Abgabepflichtige Veranstaltungen.
Als Lustbarkeiten (Vergnügungen) im Sinne des § 1 Abs. 2
gelten insbesondere folgende Veranstaltungen:
...
f) mechanische Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen sowie der Betrieb von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten in öffentlichen Räumen;
...
§ 14a
Abgabe für das Halten von Geldspielapparaten
Für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, in der am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden Fassung der Steiermärkischen Veranstaltungsgesetznovelle 1986 (Spielapparatenovelle), beträgt die Lustbarkeitsabgabe höchstens 4000 S je Apparat und begonnenem Kalendermonat."
Das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. Nr. 38, normierte die Einhebung eines Zuschlages von 20 v.H. zur Lustbarkeitsabgabe der Gemeinden zur Deckung der Ausgaben des Landes für die Unterstützung von Kriegsopfern.
Mit Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. Dezember 1986, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 22/1986, Seite 302 ff, wurde die Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz vom 23. März und 21. September 1950 neu gefaßt (Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987). Ihre im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen lauten:
"Auf Grund des freien Beschlußrechtes nach den Bestimmungen der §§ 7 und 8 F.-VG. 1948, BGBl. Nr. 45/1948, und § 15 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984 i.d.F. BGBl. Nr. 384/1986, wird in Verbindung mit dem Gesetz vom 20. Juli 1950 über die Einhebung einer Lustbarkeitsabgabe (Lustbarkeitsabgabegesetz), LGBl. Nr. 37, i.d.F. LGBl. Nr. 34/1986, gemäß § 45 (2) Z. 13 des Statutes der Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 130/1967, i.d.F.
LGBl. Nr. 11/1985, verordnet:
Artikel I
I. Abschnitt
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
§ 1
Gegenstand der Abgabe
(1) Der Abgabepflicht unterliegen grundsätzlich alle Veranstaltungen im Gebiet der Stadt Graz, welche überwiegend geeignet sind, die Teilnehmer zu unterhalten und zu ergötzen.
(2) Für die einzelnen Arten von Veranstaltungen erfolgt die Erhebung der Lustbarkeitsabgabe, unter Einschluß des gemäß dem Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz vom 20. Juli 1950, LGBl. Nr. 38, zur Deckung der Aufgaben des Landes für die Unterstützung von Kriegsopfern gleichzeitig einzuhebenden Zuschlages zur Lustbarkeitsabgabe (Kriegsopferzuschlag), dem Grunde und der Höhe nach gemäß den Bestimmungen des II., III. und IV. Abschnittes dieser Verordnung.
...
§ 2
Abgabe- und Haftpflicht
(1) Abgabepflichtig ist der Unternehmer der Veranstaltung.
(2) Unternehmer ist derjenige, auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird; als Unternehmer gilt auch, wer sich öffentlich als Veranstalter ankündigt oder den Behörden gegenüber als solcher auftritt.
...
IV. Abschnitt
PAUSCHALABGABE
...
§ 19
Geldspielapparate
(1) Für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, i.d.F. LGBl. Nr. 29/1986, beträgt die Abgabe S 4000,- (das sind S 4800,- einschließlich Kriegsopferzuschlag) je Apparat und begonnenem Kalendermonat. Die Abgabe ist längstens bis Zehnten jeden Monats für den vorangegangenen Monat zu entrichten.
(2) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe endet erst mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Abmeldung des Apparates erfolgt oder das städtische Steueramt sonst davon Kenntnis erlangt, daß der Apparat vom Abgabepflichtigen nicht mehr gehalten wird. Bei Austausch eines angemeldeten Apparates gegen einen gleichartigen Apparat innerhalb eines Kalendermonats tritt bei gleichzeitiger Abmeldung des alten und der Anmeldung des neuen Apparates für den neu angemeldeten Apparat die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe erst ab dem auf den Anmeldemonat folgenden Kalendermonat ein.
(3) Zu Kontrollzwecken sind die Abgabepflichtigen (Bewilligungsinhaber, Veranstalter) verpflichtet, an jedem von der Bewilligung erfaßten Spielapparat die von der Bewilligungsbehörde ausgestellte Plakette deutlich sichtbar anzubringen.
Die Durchschrift der vom städtischen Steueramt über die Aufstellung der Geldspielapparate ausgestellten Bescheinigung ist am Aufstellungsort zur jederzeitigen Kontrolle bereitzuhalten."
Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, G 230-232/93-8, hat der Verfassungsgerichtshof das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. Nr. 38, als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat gleichzeitig ausgesprochen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten und das aufgehobene Gesetz nicht mehr anzuwenden ist.
Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung des aufgehobenen Gesetzes auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A), erweist sich der angefochtene Bescheid schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil mit ihm im Instanzenzug die Lustbarkeitsabgabe INKLUSIVE 20 % KRIEGSOPFERZUSCHLAG festgesetzt wurde und der Ausspruch über die Festsetzung des Zuschlages von jenem über die Festsetzung der Abgabe - insbesondere auch im Hinblick auf die oben wiedergegebene Formulierung des § 19 Abs. 1 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 - rechtlich nicht trennbar ist.
Dem steht auch nicht entgegen, daß - wie der Verfassungsgerichtshof in seinem zuletzt zitierten Erkenntnis dargelegt hat - sich die Vorschreibung des Zuschlages ungeachtet der diesbezüglichen Bestimmungen in der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 unmittelbar auf das Gesetz stützt und die diesbezüglichen Verordnungsbestimmungen lediglich die rechnerische Beziehung zwischen der Lustbarkeitsabgabe und dem auf ihr beruhenden Zuschlag im Einzelfall ausdrücken. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Auffassung an; daraus folgt, daß die diesbezüglichen Bestimmungen der Verordnung durch die Aufhebung des Gesetzes jedenfalls ihre Anwendbarkeit verloren haben (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 20. März 1981, Slg. Nr. 10.400/A).
Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Hingegen kam es - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht darauf an, daß nach seiner Behauptung die gegenständlichen Apparate nur für Vereinsmitglieder zugänglich seien und daher kein Betrieb der Apparate IN ÖFFENTLICHEN RÄUMEN vorliege. Die auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1994 jedenfalls anzuwendende Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 kennt nämlich eine solche Einschränkung nicht.
Zur Frage der Unternehmereigenschaft bringt der beschwerdeführende Verein vor, der angefochtene Bescheid leide weiters an einem Begründungsmangel. Es sei unrichtig, daß der Beschwerdeführer die Veranstaltung von Glücksspielen öffentlich ankündige. Da kein öffentliches Auftreten des Beschwerdeführers gegeben sei, liege auch keine Unternehmereigenschaft vor.
Auch dieses Vorbringen erweist sich als verfehlt. Der Beschwerdeführer hat nie bestritten, daß die "Veranstaltung" - das ist das Halten der Geldspielapparate nach § 19 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 - auf seine Rechnung durchgeführt wird. Seine Unternehmereigenschaft ist daher gegeben, weshalb es nicht darauf ankommt, ob sich der Beschwerdeführer öffentlich als Veranstalter ankündigt oder nicht.
Aus obigen Gründen war jedoch spruchgemäß zu entscheiden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Die Umsatzsteuer ist im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten. Das Gesetz kennt nur einen "Vorlageaufwand" der belangten Behörde, nicht auch einen solchen des Beschwerdeführers.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994170445.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
08.07.2009