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L10106 Stadtrecht Steiermark;Norm
AVG §1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):94/17/0109 B 16. Dezember 1994 94/17/0108 B 16. Dezember 1994Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, in der Beschwerdesache des J in F, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in G, gegen die Steiermärkische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Lustbarkeitsabgabezuschlag, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit der vorliegenden, am 1. Februar 1994 zur Post gegebenen, am 3. Februar 1994 hg. eingelangten Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, mit Bescheiden vom 14. Oktober 1992, 23. November 1992 und 24. November 1992 sei ihm für das Halten von Geld- und Unterhaltungsspielapparaten in Graz an verschiedenen Standorten für einen näher bezeichneten Zeitraum "ein bestimmter Betrag" vorgeschrieben worden. In dieser Vorschreibung seien die Lustbarkeitsabgabe und der 20 %ige Kriegsopferzuschlag (Lustbarkeitsabgabezuschlag) enthalten.
Die dagegen erhobenen Berufungen des Beschwerdeführers wurden mit dem (in der Beschwerde in Ablichtung vorgelegten) Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 15. April 1993 hinsichtlich der Vorschreibung von Lustbarkeitsabgabe als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde im Spruch dieses Bescheides ausgesprochen: "Der gleichzeitig vorgeschriebene Kriegsopferzuschlag ist von dieser Entscheidung nicht betroffen." In der Begründung des Bescheides heißt es u. a., daß über die Berufungen gegen die Vorschreibung des Kriegsopferzuschlages (einer Landesabgabe) die Steiermärkische Landesregierung "auf zweitinstanzlicher Ebene" zu entscheiden habe. Die Verwaltungsakten würden daher dieser zur Entscheidung vorgelegt.
Die vorliegende Säumnisbeschwerde hinsichtlich des Lustbarkeitsabgabezuschlages (Kriegsopferzuschlages) war zurückzuweisen, weil dem Beschwerdeführer diesbezüglich der belangten Behörde gegenüber die Beschwerdelegitimation gefehlt hat (vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 30. September 1993, Zl. 92/17/0223).
Es ist unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG, daß jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (Parteibegehren) zu entscheiden. Die Pflicht zur Entscheidung kann aber nur eine Behörde treffen, die zum Abspruch über das Parteibegehren sachlich und örtlich zuständig war (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Beschlüsse vom 2. Dezember 1987, Zl. 87/13/0216, vom 2. Dezember 1988, Zl. 88/17/0123, und vom 22. Februar 1991, Zl. 90/17/0181).
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, G 230-232/93, das Stmk. Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, als verfassungswidrig aufgehoben. Dieses Erkenntnis enthält auch den auf Art. 140 Abs. 7 B-VG gestützten Ausspruch, daß das aufgehobene Gesetz (insgesamt) nicht mehr anzuwenden ist.
Bei der Landeshauptstadt Graz handelt es sich um eine Stadt mit eigenem Statut. Sie hat daher nach Art. 116 Abs. 3 B-VG neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch jene der Bezirksverwaltung zu besorgen. Hinsichtlich der Besorgung der Aufgaben der Gemeindeverwaltung ist noch zu unterscheiden, ob diese den eigenen oder übertragenen Wirkungsbereich betreffen.
Die Abs. 1 und 2 des § 61 des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130, haben folgenden Wortlaut:
"(1) Dem Stadtsenat obliegt die Vorberatung und Antragstellung in den der Erledigung des Gemeinderates vorbehaltenen Angelegenheiten, soweit der Gemeinderat nicht eigene Ausschüsse zur Vorberatung und Antragstellung bestellt hat.
(2) Dem Stadtsenat obliegt ferner die Besorgung aller Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, die ihm durch dieses Statut oder durch andere Gesetze übertragen sind, sowie aller übrigen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, die durch Gesetz keinem anderen Organ der Stadt ausdrücklich vorbehalten sind."
Der Stadtsenat der Landeshaupstadt Graz ist derart als Behörde NUR des eigenen Wirkungsbereiches eingerichtet.
Ausgehend von der Prämisse, daß es für die Beurteilung des administrativen Instanzenzuges nicht maßgebend ist, in welchem Behördenbereich der unterinstanzliche Bescheid gesetzmäßigerweise erlassen hätte werden sollen, sondern in welchem Behördenbereich er tatsächlich erlassen worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. März 1985, Slg. N.F. Nr. 11.692/A), ist der erstinstanzliche Bescheid im eigenen Wirkungsbereich (als Behördenbereich) ergangen.
Das bedeutet wiederum für den vorliegenden Fall, daß auch insoweit der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz gemäß § 100 Abs. 1 des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967 die zuständige Berufungsbehörde gewesen wäre. Eine andere durch Gesetz gegebene Berufungsinstanz (etwa ein Instanzenzug vom Bürgermeister an die Landesregierung gemäß § 48 LAO) kann auf Grund der bereits genannten Gestaltungswirkung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1993 insbesondere auch nicht aus dem (aufgehobenen) Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950 abgeleitet werden.
Ausgehend davon war die vorliegende, gegen die Steiermärkische Landesregierung gerichtete Säumnisbeschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
Anrufung der obersten BehördeInstanzenzugInstanzenzug Zuständigkeit AllgemeinInstanzenzug Zuständigkeit Besondere RechtsgebieteOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und BaurechtOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine VerwaltungsverfahrensgesetzeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994170106.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
08.07.2009