TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/19 94/10/0161

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Veröffentlicht am 19.12.1994
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

ApG 1907 §12 Abs2 Z2 idF 1984/502;
ApGNov 1984 Art2 Abs2;
ApGNov 1984 Art2 Abs3;
ApGNov 1984 Art3 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der Mag. E in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 20. Oktober 1994, Zl. 262.356/0-II/A/4/94, betreffend Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke, Festsetzung des Standortes und Genehmigung des Gesellschaftsvertrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft, die auf Grund einer Realgerechtsame eine öffentliche Apotheke (Realapotheke) in Wien 3. betreibt. Die Beschwerdeführerin ist am Vermögen, Gewinn und Verlust der Kommanditgesellschaft mit einem Anteil von 6/27 beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 5. Oktober 1982 abgeschlossen. Der Beschwerdeführerin wurde die Genehmigung zur Führung des Betriebes der Realapotheke (gemäß § 22 Apothekengesetz in der Fassung des Stammgesetzes, RGBl. Nr. 5/1907) mit Bescheid vom 29. April 1983 erteilt.

Am 4. Jänner 1994 beantragte die Beschwerdeführerin unter Vorlage (u.a.) des erwähnten Gesellschaftsvertrages die Erteilung der Konzession zum Betrieb der öffentlichen Apotheke durch die Kommanditgesellschaft, die Festsetzung eines näher bezeichneten Standortes und die Genehmigung des Gesellschaftsvertrages vom 5. Oktober 1982.

Diesen Antrag wies der Landeshauptmann mit Bescheid vom 17. August 1994 ab.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführerin und die Kommanditgesellschaft Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage die Auffassung, das Verfahren und die materiellen Voraussetzungen der Umwandlung von Realapotheken in konzessionierte Apotheken seien in Art. II der Apothekengesetz-Novelle 1984

(ApG-Nov 1984) umfassend geregelt; die zitierte Vorschrift setze voraus, daß dem § 12 ApG entsprochen werde. Art. III Abs. 1 ApG-Nov 1984 komme im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Ehemalige Realrechtsinhaber dürften nicht besser gestellt werden als sonstige Konzessionswerber. Die Beschwerdeführerin entspreche dem in § 12 Abs. 2 Z. 2 ApG normierten Mindesterfordernis der Beteiligung an Apothekenunternehmen zu mindestens einem Viertel nicht; es könne daher weder die Konzession erteilt noch der Gesellschaftsvertrag genehmigt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Art. II Abs. 1 der ApG-Nov 1984, BGBl. Nr. 502 (in Kraft getreten gemäß Art. IV Abs. 1 am 1. Jänner 1985) dürfen Realapotheken (§ 21 des Apothekengesetzes) nach Ablauf von zehn Jahren nur mehr in der Rechtsform einer konzessionierten Apotheke betrieben werden.

Nach Abs. 2 der zitierten Vorschrift kann der Inhaber einer Realgerechtsame beim Landeshauptmann die Erteilung einer Konzession zum Betriebe seiner Apotheke beantragen. Die Konzession zum Betriebe seiner Apotheke als öffentliche Apotheke ist ihm zu erteilen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 1 und § 12 des Apothekengesetzes gegeben sind. Der Standort ist gemäß § 21 Abs. 4 festzusetzen. Mit der rechtskräftigen Erteilung der Konzession erlischt die Realgerechtsame.

Nach Abs. 3 der zitierten Vorschrift kann bei mehreren Inhabern einer Realgerechtsame jener Inhaber die Erteilung der Konzession zum Betriebe dieser Apotheke beantragen, der von allen Inhabern nach den hiefür maßgeblichen zivilrechtlichen Vorschriften, Vereinbarungen und Beschlüssen bestimmt wird. Der Konzessionswerber hat die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 und des § 12 des Apothekengesetzes zu erfüllen.

§ 12 ApG in der Fassung der ApG-Nov 1984 lautet auszugsweise:

"(1) Die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke ist ein persönliches Betriebsrecht und darf auf andere nicht übertragen werden. Der Apothekenbetrieb hat, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, in der Rechtsform eines Einzelunternehmens des Konzessionsinhabers zu erfolgen.

(2) Die Errichtung und der Betrieb einer öffentlichen Apotheke in der Rechtsform einer Personengesellschaft nach handels- und sonstigen zivilrechtlichen Vorschriften ist nur zulässig, wenn zur Gewährleistung ausreichender rechtlicher und wirtschaftlicher Verfügungsmacht im Apothekenunternehmen der Konzessionsinhaber

1. Gesellschafter mit ausschließlicher Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, insbesondere allein berechtigt ist, sämtliche für die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendigen Maßnahmen durchzuführen, und

2. über eine Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mehr als der Hälfte verfügt. Dieser Bestimmung wird auch entsprochen, wenn der Konzessionsinhaber über eine wesentliche Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen von mindestens einem Viertel verfügt sowie berechtigt und verpflichtet ist, seine Beteiligung entweder durch Übergang von Todes wegen oder längstens innerhalb von zehn Jahren durch Übergang unter Lebenden auf insgesamt mehr als die Hälfte des gesamten Apothekenunternehmens zu erhöhen. Die Beteiligung am gesamten Apothekenunternehmen ist nach dem Verhältnis der Ansprüche des Konzessionsinhabers im Falle seines Ausscheidens aus der Gesellschaft zu den Ansprüchen der übrigen Gesellschafter im Falle ihres Ausscheidens festzustellen.

(3) ...

(4) Vereinbarungen jeder Art über Errichtung und Betrieb einer öffentlichen Apotheke gemäß Abs. 2 sowie Änderungen solcher Vereinbarungen bedürfen der Genehmigung durch den Landeshauptmann. Vor der Entscheidung ist die Österreichische Apothekerkammer zu hören. Entsprechen Vereinbarungen oder Änderungen derselben nicht den in Abs. 2 geforderten Voraussetzungen, so hat der Landeshauptmann die Genehmigung zu versagen. Den Abs. 1 bis 3 widersprechende Erklärungen, Vereinbarungen oder Beschlüsse jeder Art sowie Treuhandverträge sind für die Vertragspartner rechtsunwirksam.

(5) Bestehende Vereinbarungen gemäß Abs. 4 können vom Landeshauptmann jederzeit von Amts wegen oder auf Antrag der Österreichischen Apothekerkammer oder eines Vertragsteiles nachgeprüft werden. Liegen die Konzessionsvoraussetzungen gemäß Abs. 1 bis 3 nicht mehr vor, hat der Landeshauptmann gemäß § 19 Abs. 2 vorzugehen."

Nach Art. III Abs. 1 ApG-Nov 1984 ist auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehenden Personengesellschaften § 12 Abs. 2 Z. 2 des Apothekengesetzes in der Fassung des Art. I Z. 12 erst beim nächsten Wechsel des Konzessionsinhabers anzuwenden.

§ 1 ApG (in der Fassung des Stammgesetzes) unterscheidet konzessionierte Apotheken und Realapotheken. Konzessionierte Apotheken sind solche, für deren Errichtung und Betrieb einer bestimmten Person im Sinne der §§ 9 ff ApG eine besondere behördliche Bewilligung (Konzession) verliehen wurde. Davon zu unterscheiden sind die Realapotheken, deren Führung die Verleihung einer Konzession nicht erforderte. § 21 Abs. 1 erster Satz ApG (ebenfalls in der Stammfassung) beließ die Realeigenschaft der zu Recht bestehenden radizierten und verkäuflichen Apotheken (Realapotheken) unverändert. Mit der ApG-Nov 1984 wurde das Institut der privaten Realgerechtsame aus dem Apothekenrecht beseitigt. Alle noch bestehenden privaten Realgerechtsame gehen mit dem 1. Jänner 1995 unter (Art. II Abs. 1 und 5 ApG-Nov 1984). Im Sinne einer schrittweisen Überführung der Realapotheken in konzessionierte Apotheken (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 395 Blg. NR XVI GP, 18) bietet Art. II Abs. 2 ApG-Nov 1984 dem Inhaber der Realgerechtsame die Möglichkeit, bis zum soeben genannten Zeitpunkt die Erteilung einer Konzession im Sinne des § 12 ApG zu beantragen.

Im Beschwerdefall ist zunächst auf Art. II Abs. 2 zweiter Satz ApG-Nov 1984 Bedacht zu nehmen, wonach dem Inhaber einer Realgerechtsame die Konzession zum Betrieb seiner Apotheke als öffentliche Apotheke zu erteilen ist, wenn die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 1 und § 12 des Apothekengesetzes gegeben sind.

Die Rechtslage ist insofern nicht zweifelhaft; die Vorschrift verweist auf § 12 ApG - in der Fassung desselben Gesetzes -, wonach die Errichtung und der Betrieb einer öffentlichen Apotheke in der Rechtsform einer Personengesellschaft nur im Falle ausschließlicher Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Konzessionsinhabers und dessen - näher geregelter - wesentlicher Beteiligung am Apothekenunternehmen zulässig ist. Es ist nicht strittig, daß diese Voraussetzungen im Beschwerdefall - mangels einer dem § 12 Abs. 2 ApG entsprechenden wesentlichen Beteiligung der Beschwerdeführerin am Apothekenunternehmen - nicht vorliegen. Der Auffassung der Beschwerde, daß im vorliegenden Fall die Erteilung der Konzession ungeachtet des Fehlens der in § 12 Abs. 2 Z. 2 ApG normierten Voraussetzung zulässig wäre, ist nicht zu folgen.

Die Beschwerde folgert dies aus Art. III Abs. 1 ApG-Nov 1984. Danach ist § 12 Abs. 2 Z. 2 ApG in der Fassung des Art. I Z. 12 auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehenden Personengesellschaften erst beim nächsten Wechsel des Konzessionsinhabers anzuwenden. Nach den Gesetzesmaterialien (aaO Seite 18) sollen die Vorschriften über Personengesellschaften als Inhaber von öffentlichen Apotheken AUS GRÜNDEN DER VERFAHRENSÖKONOMIE erst dann angewendet werden, wenn IN DER PERSON DES DERZEITIGEN KONZESSIONSINHABERS EIN WECHSEL EINTRITT. Der Wortlaut (arg.: "beim nächsten Wechsel des Konzessionsinhabers") und der (Gesichtspunkte der Verfahrensökonomie berücksichtigende) Sinn der Vorschrift schließen es aus, diese dahin auszulegen, daß die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Z. 2 ApG bei der ERSTMALIGEN Erteilung der Konzession an den bisherigen Inhaber einer Realgerechtsame im Sinne des Art. II Abs. 2 ApG-Nov 1984 - ungeachtet der ausdrücklichen, gerade diesen Fall regelnden Anordnung in der zuletzt zitierten Vorschrift - entfielen.

Art. III Abs. 1 ApG-Nov 1984 spricht vom "Wechsel des Konzessionsinhabers". Angesprochen sind damit die Fälle der Übertragung einer Konzession von einem Konzessionsinhaber auf einen anderen; denn ein "Wechsel des Konzessionsinhabers" setzt schon nach dem Wortsinn voraus, daß schon vor dem als "Wechsel" bezeichneten Ereignis eine Konzession verliehen war. Die "im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehenden Personengesellschaften" im Sinne der zitierten Vorschrift sind somit jene, denen zum genannten Zeitpunkt eine Apothekenkonzession verliehen war; nur für diese nach "altem Recht" verliehenen Konzessionen ist (aus den in den Gesetzesmaterialien dargelegten Gründen der Verfahrensökonomie) § 12 Abs. 2 Z. 2 ApG in der Fassung der ApG-Nov 1984 nicht anzuwenden. Art. III Abs. 1 ApG-Nov 1984 betrifft somit (nur)jene Fälle, in denen eine öffentliche Apotheke in der Rechtsform einer Personengesellschaft auf Grund einer vor dem 1. Jänner 1985 erteilten Konzession betrieben wurde. Der sachliche Anwendungsbereich der Übergangsvorschrift ist somit auf die zuletzt erwähnten Fälle beschränkt. In allen anderen Fällen kommt mangels einer entsprechenden Übergangsvorschrift der Grundsatz zum Tragen, daß im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Recht anzuwenden ist; dies auch dann, wenn der Konzessionswerber zuvor Inhaber einer Realgerechtsame war, weil auch diesfalls kein "Wechsel des Konzessionsinhabers" im Sinne des Art. III Abs. 1 ApG-Nov 1984 vorliegt und die Übergangsvorschrift somit nicht anzuwenden ist.

Die von der Beschwerde angestrebte Auslegung von Art. III Abs. 1 ApG-Nov 1984 bedeutete eine Differenzierung zwischen Bewerbern um eine Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke, die Inhaber einer Realgerechtsame waren, und solchen, bei denen dies nicht der Fall war. Den oben dargestellten Überlegungen, die sich am Wortlaut und Zweck der Vorschrift orientieren, ist daher hinzuzufügen, daß dem vorliegenden Auslegungsergebnis auch unter dem Gesichtspunkt des Sachlichkeitsgebotes der Vorzug zu geben ist, weil nicht ersichtlich ist, unter welchen sachlichen Gesichtspunkten von einer sonst alle Bewerber um eine Apothekenkonzession betreffenden Regelung der Beteiligungsverhältnisse am Apothekenunternehmen jene ausgenommen sein sollten, die früher Inhaber einer Realgerechtsame waren.

Die belangte Behörde hat somit zu Recht im Hinblick darauf, daß die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Z. 2 ApG im Beschwerdefall nicht vorliegen, sowohl die Erteilung der Konzession als auch die Genehmigung des Gesellschaftsvertrages verweigert.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994100161.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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