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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, in der Beschwerdesache des V in A, gegen die Wiener Landesregierung, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Sozialhilfe, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Das Verfahren wird eingestellt.
Begründung
Mit (schriftlichem) Bescheid vom 1. Juni 1993 entschied die Magistratsabteilung 12 - Sozialamt, Sozialreferat für den
10. Bezirk, über die Anträge des Beschwerdeführers vom 8., 27. und 29. April 1993 auf Gewährung einer Geldleistung zur Sicherung des Lebensbedarfes für die Zeit vom 8. April bis 7. Mai 1993 wie folgt:
"1. Für die Zeit vom 8.4.1993 bis 7.5.1993 wird eine Geldaushilfe von S 1.283,--
2. für die Unterkunft Mai 1993 werden zusätzlich S 1.602,-- gewährt."
Nach Wiedergabe der angewendeten Rechtsgrundlagen wurde in der Begründung darauf hingewiesen, daß sich die Höhe der zuerkannten Geldleistung aus den Richtsätzen der Richtsatzverordnung ergebe. Bei der Bemessung der Geldaushilfe sei die dem Beschwerdeführer vom Arbeitsamt gewährte Notstandshilfe zu berücksichtigen gewesen.
In der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung wurde im wesentlichen vorgebracht, daß seine Ehefrau zu Unrecht bei der Geldaushilfenberechnung nicht berücksichtigt worden sei. Nach § 7a des Wiener Sozialhilfegesetzes (in der Folge: WSHG) müsse nur der anspruchsberechtigte Hilfesuchende selbst österreichischer Staatsbürger sein, nicht jedoch auch die unterhaltsberechtigten Angehörigen, da weder § 8 Abs. 1 noch § 7a Abs. 1 WSHG die Angehörigen nach ihrer Staatsbürgerschaft differenziere. Freiwillige Leistungen und Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch nach dem Wiener Sozialhilfegesetz bestehe, dürften auch nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Dem Beschwerdeführer sei für den Zeitraum vom 8. April bis 7. Mai 1993 (30 Tage) an Richtsatzdifferenz ein Betrag in der Höhe von S 1.563,-- zu gewähren (S 9.975,-- minus eigenes Einkommen aus Notstandshilfe 30 x S 280,4 = S 8.412,--) und als Mietbeihilfe wieder ein Betrag in Höhe von S 1.602,--, zusammen somit ein Betrag von S 3.165,--. Da davon bereits ein Betrag in der Höhe von S 1.283,-- zur Auszahlung gelangt sei, sei für den Zeitraum bis einschließlich 7. Mai 1993 noch ein Betrag in Höhe von S 1.882,-- ausständig. Der Beschwerdeführer beantrage, seinem Berufungsbegehren sowohl in der Höhe der genannten Summe als auch in dem Rechtsgrunde ihrer Gewährung (Leistungen, auf die Rechtsanspruch bestehe und nicht - teilweise - freiwillige Leistungen) vollinhaltlich stattzugeben.
Da seine Berufung nicht erledigt wurde, erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Juli 1994 eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Er habe gegen die Nichterledigung seiner Berufung schon bei der Magistratsdirektion Beschwerde erhoben. Zuletzt habe er auch am 8. Juni 1994 beim zuständigen Sachbearbeiter der Magistratsabteilung 12 die Erledigung urgiert. Eine solche sei jedoch bis heute nicht erfolgt.
Mit Verfügung vom 26. August 1994 wurde der Beschwerdeführer daraufhin aufgefordert, die seiner Beschwerde anhaftenden Mängel zu beheben, insbesondere diese mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes zu versehen.
Mit Eingabe vom 11. September 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung der Verfahrenshilfe.
Mit Schreiben vom 9. November 1994 wurde dem Verwaltungsgerichtshof von der Wiener Landesregierung der dem Beschwerdeführer nachweislich am 28. Oktober 1994 zugestellte Bescheid dieser Behörde vom 24. Oktober 1994, Zl. MA 12 - 17136/84, übermittelt. Darin heißt es, daß der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12, Sozialreferat für den
10. Bezirk, am 1. Juni 1993 an den Beschwerdeführer einen Bescheid mit folgendem Spruch gerichtet habe:
"Über die Anträge des Herrn V vom 8.4.1993, 27.4.1993 und 29.4.1993 auf Gewährung einer Geldleistung zur Sicherung des Lebensbedarfes für die Zeit vom 8.4.1993 bis 7.5.1993 wird wie folgt entschieden:
1. Für die Zeit vom 8.4.1993 bis 7.5.1993 wird eine Geldaushilfe von S 1.283,--
2. für die Unterkunft Mai 1993 werden zusätzlich S 1.602,-- gewährt."
Aufgrund der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung werde der angefochtene Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahingehend abgeändert, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:
"Aufgrund der §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 11/1973 in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 7/1993 und der §§ 1, 4 und 5 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 27. Februar 1973, LGBl. für Wien Nr. 13/1973 in der Fassung der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 21.1.1992, LGBl. für Wien Nr. 1/92, wird Herrn V, für die Zeit vom 8.4.1993 bis einschließlich 7.5.1993 eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in der Höhe von S 1.982,-- gewährt. In die Leistung sind die Gattin des Antragstellers, sowie das Kind des Antragstellers, als Mitunterstützte miteinbezogen."
Nach der Begründung habe die Behörde erster Instanz bei der Berechnung der Höhe der Geldaushilfe die Ehefrau des Beschwerdeführers, eine philippinische Staatsbürgerin, nicht berücksichtigt. Für sie sei die Auszahlung der Sozialhilfe als freiwillige Leistung im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung erfolgt. Wie der Beschwerdeführer zutreffend in seiner Berufung ausgeführt habe, ergebe sich aus § 8 Abs. 1 WSHG eindeutig, daß nur dem Hilfesuchenden ein Rechtsanspruch auf Leistungen der Sozialhilfe zukomme. Die Regelung des § 7a leg. cit., wonach grundsätzlich nur Staatsbürgern Leistungen nach diesem Gesetz zustünden, sei nur auf den Hilfesuchenden selbst, der einen Antrag auf Sozialhilfe stelle, anzuwenden, nicht jedoch auf einen allfälligen Mitunterstützten. Das Wiener Sozialhilfegesetz unterscheide die mitunterstützten Angehörigen nicht danach, ob diese die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen oder nicht. Der Spruch der Behörde erster Instanz sei daher dahingehend abzuändern gewesen, daß bei der Geldaushilfenberechnung auch die Ehefrau des Beschwerdeführers als Mitunterstützte zu berücksichtigen gewesen sei. Außerdem habe der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch auf eine Mietbeihilfe, die hauptunterstützten Sozialhilfebeziehern im Ausmaß des tatsächlichen Mietzinses, jedoch höchstens bis zu dem in der Richtsatzverordnung genannten Höchstbetrag (für 1993 S 2.355,--) zu gewähren sei. Bei der Berechnung der Höhe der Geldaushilfe sei von folgenden im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Richtsätzen auszugehen: Richtsatz für den Hauptunterstützten (S 4.415,--), Richtsatz für den Mitunterstützten ohne Familienbeihilfe (S 2.266,--) sowie Richtsatz für den Mitunterstützten mit Familienbeihilfe (S 1.358,--) zuzüglich der höchstzulässigen Mietbeihilfe in Höhe von S 2.355,--. Von der sich daraus ergebenden Summe von S 10.394,-- sei das Einkommen des Beschwerdeführers an Notstandshilfe in der Höhe von S 8.412,-- abzuziehen. Demnach ergebe sich ein Sozialhilfeanspruch in der Höhe von S 1.982,--. Von diesem Betrag seien jedoch sowohl die dem Beschwerdeführer für den gegenständlichen Zeitraum bereits zuerkannten Sozialhilfeleistungen als auch die seiner Gattin nicht bescheidmäßig gewährten Sozialhilfeleistungen in Abzug zu bringen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, so ist nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Nach einer entsprechenden Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1994 teilte der Beschwerdeführer am 30. November 1994 telegraphisch mit, daß seiner Ansicht nach eine Klaglosstellung nicht erfolgt sei. Der Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. Oktober 1994 behandle nur einen Teil seiner Berufung, weshalb er die Fortsetzung des Verfahrens beantrage.
Gegenstand ("Sache") der Entscheidung der Behörde erster Instanz - über den hinauszugehen der belangten Behörde verwehrt ist - war die Entscheidung über die Anträge des Beschwerdeführers vom 8., 27. und 29. April 1993 auf Gewährung einer Geldleistung zur Sicherung des Lebensbedarfes für die Zeit vom 8. April bis 7. Mai 1993 sowie eine Mietbeihilfe für Mai 1993. Dagegen hat der Beschwerdeführer die oben wiedergegebene Berufung erhoben, über die von der belangten Behörde mit Bescheid vom 24. Oktober 1994 entschieden worden ist. Daß dabei - wie der Beschwerdeführer in seiner Erklärung vom 30. November 1994 meint - nur ein Teil seiner Berufung behandelt worden ist, somit noch immer zumindest teilweise eine Säumnis der belangten Behörde besteht, ist nicht ersichtlich. Wenn der Beschwerdeführer allerdings mit seinem Vorbringen meint, daß die belangte Behörde seiner Berufung INHALTLICH nicht voll entsprochen habe, so ist ihm dabei - worauf er bereits in der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1994 hingewiesen worden ist - zu erwidern, daß der Bescheid der belangten Behörde vom 24. Oktober 1994 dann mit einer Bescheidbeschwerde zu bekämpfen wäre.
Die Säumnisbeschwerde war daher in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. dazu z. B. den Beschluß vom 30. Mai 1984, Zl. 84/02/0157).
Schlagworte
Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Inhalt der Säumnisbeschwerde Säumnisbeschwerde Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994080147.X00Im RIS seit
27.02.2002