TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/20 94/04/0220

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Veröffentlicht am 20.12.1994
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §127;
GewO 1994 §176 Abs1 Z1;
GewO 1994 §39 Abs2 Z1;
GewO 1994 §39 Abs2;
GewO 1994 §9 Abs1;
GmbHG §15;
GmbHG §18 Abs1;
GmbHG §18 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der X-GmbH in F, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des BMwA vom 9. September 1994, Zl. 316.900/2-III/5a/94, betreffend Verweigerung der Bewilligung der Ausübung des Baumeistergewerbes und Genehmigung der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Eingabe vom 23. Juni 1993 - beim Amt der Vorarlberger Landesregierung eingelangt am 25. Juni 1993 - suchte die Beschwerdeführerin um Genehmigung der Bestellung des - am 23. Juni 1993 von der Beschwerdeführerin zu ihrem Prokuristen bestellten - A zum Geschäftsführer für die Ausübung des Baumeistergewerbes sowie um die Bewilligung für das Baumeistergewerbe im Standort F an. Am 1. Juli 1993 war die beantragte Genehmigung der Bestellung des Prokuristen A zum Geschäftsführer der Beschwerdeführerin noch nicht bescheidmäßig erledigt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 8. November 1993 wurden die Anträge der Beschwerdeführerin auf Bewilligung für das oben näher beschriebene Baumeistergewerbe und die Genehmigung der Bestellung des A zum Geschäftsführer für die Ausübung dieses Gewerbes verweigert. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dieser Bescheid "mit der Maßgabe" bestätigt, daß der Beschwerdeführerin "gemäß § 175 Abs. 2 GewO 1994 die Bewilligung für das Baumeistergewerbe im Standort F und gemäß § 176 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 GewO 1994 die Genehmigung der Bestellung des A zum Geschäftsführer für die Ausübung dieses Gewerbes verweigert" wurde. Zur Begründung führte die belangte Behörde - gestützt auf die maßgeblichen Bestimmungen der GewO 1994 aus - die öffentlich-rechtliche Wirkung der Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers werde gemäß § 176 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 für die bewilligungspflichtigen gebundenen Gerwerbe erst durch die Genehmigung der Bestellung begründet. Die im letzten Satz des § 39 Abs. 2 GewO 1994 vorgesehene Übergangsregelung von am 1. Juli 1993 als Geschäftsführer bestellten Personen sei im gegenständlichen Verfahren nach dem unstrittig feststehenden Sachverhalt nicht anzuwenden. Auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach A dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der Beschwerdeführerin angehöre, weil er gemeinsam mit einem kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführer zur Vertretung berufen sei, sei kein Erfolg beschieden, da nach dem Wortlaut des § 39 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 der Geschäftsführer einer juristischen Person dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören müsse. Ein in die organschaftliche Vertretung eingebundener Prokurist sei kein zur gesetzlichen Vertretung berufenes Organ im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht verletzt, "daß die Bestellung des A gemäß § 39 GewO zum gewerberechtlichen Geschäftsführer verweigert wurde". In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, gemäß der im § 39 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 gewählten Formulierung könne auch ein Prokurist, der bei der gemischten bzw. unechten Gesamtvertretung gemeinsam mit dem Geschäftsführer vertretungsbefugt sei, zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt werden, da er eben diesem "zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ" angehöre. Insbesonders habe der zur organschaftlichen Vertretung bestellte Gesamtprokurist das Recht zur passiven Einzelvertretung. Er sei allein berechtigt, Willenserklärungen oder Ladungen oder andere Zustellungen entgegenzunehmen, weiters sei "als Wissen einer Tatsache nur die Kenntnis nur eines Gesamtprokuristen ausreichend". Die Zulässigkeit der Bestellung eines Prokuristen im Sinne des § 18 Abs. 4 GmbHG zum gewerberechtlichen Geschäftsführer ergäbe sich aus dem Wortlaut der vorzitierten Gesetzesbestimmung. Andernfalls würde auf dem Umwege der Gewerbeordnung das Handelsgesetzbuch in seinem substantiiellen Inhalt ausgehöhlt. § 39 Abs. 2 GewO 1994 stelle ausschließlich auf den Zeitpunkt der Bestellung zum Prokuristen und nicht auf die Erledigung des Ansuchens durch die Gewerbebehörde ab. Würde man ausschließlich auf die bescheidmäßige Erledigung durch die Behörde erster Instanz abstellen, wäre es der Willkür derselben überlassen, einen Antrag unverzüglich oder mit Verzögerung zu bearbeiten. Dies verstoße gegen das in der Verfassung normierte Legalitätsgebot. Es sei daher davon auszugehen, daß die Bestellung zum Prokuristen vor der Gesetzesänderung stattgefunden habe und auch das Ansuchen um die gewerberechtliche Genehmigung der Geschäftsführerbestellung vor der Gesetzesänderung erfolgt sei, weshalb die Genehmigung auch zu erteilen gewesen wäre. Der angefochtene Bescheid sei daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1994 können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes (offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 39 Abs. 2 leg. cit. muß der Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen, seinen Wohnsitz im Inland haben und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen. Handelt es sich um ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, so muß der gemäß § 9 Abs. 1 zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person außerdem

1. dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder

2. ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein.

Der gemäß Abs. 1 für die Ausübung eines Gewerbes, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, zu bestellende Geschäftsführer eines Gewerbeinhabers, der keinen Wohnsitz im Inland hat, muß ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein. Die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 29/1993 geltenden Bestimmungen des § 39 Abs. 2 gelten für Personen, die am 1. Juli 1993 als Geschäftsführer bestellt sind, bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 weiter.

Nach der sich so darstellenden - diesbezüglich mit 1. Juli 1993 in Kraft getretenen - Rechtslage genügt es nicht (mehr), daß der gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1973 bestellte Geschäftsführer einer juristischen Person - abgesehen von den übrigen Tatbestandsvoraussetzungen - (bloß) ein die (nunmehr geforderte) Arbeitnehmerqualifikation nicht erfüllender Prokurist einer juristischen Person ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem in einem gleichgelagerten Fall ergangenen Erkenntnis vom 24. Mai 1994, Zl. 94/04/0065, ausgeführt hat, ist Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung des § 39 Abs. 2 letzter Satz GewO 1994, daß eine Person am 1. Juli 1993 als gewerberechtlicher Geschäftsführer bereits bestellt war. Die öffentlich-rechtliche Wirkung des Vertrages zur Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers, die in der Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften besteht, wurde für die Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 gemäß § 39 Abs. 5 GewO 1973 für die konzessionierten Gewerbe und wird für die Rechtslage nach der Gewerberechtsnovelle 1992 gemäß § 176 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 für die bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe erst durch die Genehmigung der Bestellung begründet. Diesfalls ist unter "gewerberechtlicher" Geschäftsführer nur ein von der Behörde genehmigter Geschäftsführer zu verstehen. Das Baumeistergewerbe war vor der Gewerberechtsnovelle 1992 gemäß §§ 130 II GewO 1973 ein konzessioniertes Gewerbe und ist nunmehr gemäß § 127 Z. 4 GewO 1994 ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe, für dessen Ausübung es einer Genehmigung für die Bestellung eines Geschäftsführers im Sinne der vordargestellten Rechtslage bedurfte und weiterhin bedarf.

Da die von der Beschwerdeführerin am 23. Juni 1993 bei der Gewerbebehörde erster Instanz beantragte Genehmigung der Bestellung des Prokuristen A am 1. Juli 1993 noch nicht bescheidmäßig erledigt war, somit im Sinne der obigen Ausführungen eine Bestellung als Geschäftsführer wie im § 39 Abs. 2 letzter Satz GewO 1993 vorgesehen noch nicht erfolgt war, vermag die Beschwerdeführerin durch eine Berufung auf diese Bestimmung eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erfolgreich nicht aufzuzeigen.

Nach dem Wortlaut des im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendenden § 39 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 muß der Geschäftsführer einer juristischen Person, dem zur gesetzlichen Vetretung berufenen Organ der juristischen Person angehören". Im Gesetz vom 6. März 1906 über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) werden im ersten Hauptstück, zweiter Abschnitt die gesellschaftlichen Organe näher bezeichnet. Hiezu gehören: Die Geschäftsführer (der Vorstand), der Aufsichtsrat und die Generalversammlung. Gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG wird die Gesellschaft durch die von den Gesellschaftern beschlußmäßig bestellten (§ 15 leg. cit.) Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und beruht nicht auf einer Willenserklärung der GmbH, wodurch ihre Organstellung nur näher ausgestaltet wird. Das zur gesetzlichen Vertretung berufene Organ der GmbH im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 ist (sind) daher der (die) Geschäftsführer (Vorstand).

Gemäß § 18 Abs. 3 GmbHG kann der Gesellschaftsvertrag, wenn mehrere Geschäftsführer vorhanden sind, zur Vertretung der Gesellschaft auch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen, der zur Mitzeichnung der Firma berechtigt ist, berufen. Diese Bestimmung bildet die rechtliche Grundlage für die gemischte Vertretung im Bereich der GmbH. Ein derart auf Grund des Gesellschaftsvertrages zur Vertretung der Gesellschaft gemeinsam mit einem Geschäftsführer bestellter Prokurist ist zwar organschaftlicher Vertreter der GmbH und es richtet sich seine Vertretungsmacht ausschließlich nach den Vorschriften über die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer. Daran ändert aber nichts, daß auch ein solcher "Organprokurist" seine diesbezügliche Vertretungsbefugnis nicht wie der Geschäftsführer unmittelbar aus dem Gesetz ableitet, sondern aus dem Gesellschaftsvertrag. Ein derart in die organschaftliche Vertretung eingebundener Prokurist ist daher kein zur gesetzlichen Vertretung berufenes Organ im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/04/0246).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994040220.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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