TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/20 94/04/0172

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Veröffentlicht am 20.12.1994
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Index

23/01 Konkursordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
KO §174 Abs2;
KO §2 Abs1;
KO §75 Abs1 Z1;
ZustG §13 Abs1;
ZustG §16;
ZustG §17;
ZustG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der E-GmbH in M, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. Juli 1994, Zl. V/1-B-9445, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27. Juli 1994 wurde der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Aufstellung von Niederdruckzentralheizungsanlagen und Warmwasserbereitungsanlagen der Unterstufe gemäß § 103 Abs. 1 lit. a Z. 7 GewO 1973 (nunmehr § 94 Z. 23 GewO 1994) im näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 3. Mai 1993, 6 Nc n1/93, sei der Antrag der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Die Zustellung dieses Beschlusses an die Beschwerdeführerin sei durch postamtliche Hinterlegung erfolgt. Mit Schreiben vom 16. Juni 1994 habe die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse mitgeteilt, daß sich die Beschwerdeführerin mit Beitragszahlungen in der Höhe von S 361.187,41 im Rückstand befinde. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 14. Juni 1994, AZ. 6 S n2/94, sei über das Vermögen der Erich Proyer Ges.m.b.H. in Liquidation der Konkurs eröffnet worden. Nach Mitteilung des Ermittlungsergebnisses der belangten Behörde habe die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 30. Juni 1994 die baldige Begleichung des Beitragsrückstandes angekündigt und darauf hingewiesen, daß sie einen Großauftrag erwarte. Umstände, die ein Absehen von der Gewerbeentziehung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 rechtfertigten, lägen nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Nichtentziehung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigung verletzt, insbesonders im Recht "auf Prüfung des neuen Vorbringens in unserer Berufung bzw. Stellungnahme" gemäß § 65 AVG und auf Durchführung eines diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens gemäß § 66 Abs. 1 AVG verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, in ihrer Stellungnahme vom 30. Juni 1994 an die belangte Behörde habe sie vorgebracht, die postamtlichen Hinterlegungen im Verfahren beim Handelsgericht Wien seien offenkundig rechtswidrig erfolgt. Die belangte Behörde habe keine Feststellungen darüber getroffen, ob die hinterlegten Zustellungen von zuständigen Personen der Beschwerdeführerin tatsächlich behoben worden seien. Hätte die belangte Behörde den Akt des Handelsgerichtes Wien AZ. 6 Nc n1/93 beigeschafft, hätte festgestellt werden können, daß der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin als einzig hiezu gesetzlich befugtes Organ im Hinterlegungszeitraum ortsabwesend gewesen sei. Die Hinterlegung sei daher gesetzlich nicht zulässig gewesen. Auch habe die belangte Behörde den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin E zu diesem Beweisthema - wie beantragt - nicht einvernommen. Bei Durchführung eines gesetzmäßigen Ermittlungsverfahren hätte festgestellt werden können, daß ein wirksamer Beschluß eines Gerichtes im Sinne des § 13 Abs. 3 GewO 1994 nicht vorliege. Von einem Beschluß auf Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Konkurses mangels kostendeckenden Vermögens könne nur dann gesprochen werden, wenn dieser Beschluß ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Obwohl im Akt der belangten Behörde Stellungnahmen weiterer Gläubiger darüber vorlägen, daß die Ausübung des Gewerbes im Interesse der Gläubiger liege, habe die belangte Behörde dies in ihrem Bescheid nicht festgestellt. Von einer Entziehung der Gewerbeberechtigung sei jedoch Abstand zu nehmen, wenn die weitere Ausübung des Gewerbes etwa wegen des Zustandekommens eines günstigen Ausgleichs oder Zwangsausgleiches im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Die Beschwerdeführerin beabsichtige nicht nur die Erwirkung eines Zwangsausgleiches, sondern die gänzliche Befriedigung aller Gläubiger und sogar die Erreichung eines sogenannten "Konkursverzichtes" im Sinne des § 167 KO. Dies habe die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 30. Juni 1994 dargelegt. Selbst bei der Annahme eines ordnungsgemäß zustandegekommenen Beschlusses im Sinne des § 13 Abs. 3 GewO 1994 hätte die belangte Behörde bei dem gegebenen Sachverhalt gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 von der Entziehung der Gewerbeberechtigung absehen müssen, da ohne Gewerbeberechtigung weder ein Konkursverzicht nach § 187 KO noch ein Ausgleich oder Zwangausgleich im Interesse der Gläubiger erwirkt werden könne.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 361) die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 leg. cit. angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) Rechtsträger ausgeschlossen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde. Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist.

Unstrittig steht fest, daß mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 14. Juni 1994 über das Vermögen der E Gesellschaft m.b.H. in Liquidation der Konkurs eröffnet worden ist. Ob daher der Beschwerdeführerin der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 3. Mai 1993 über die Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens hinreichenden Vermögens rechtswirksam zugestellt worden ist, bedarf keiner näheren Untersuchung. Sollte sich dieses Vorbringen auch auf den Konkurseröffnungsbeschluß des Handelsgerichtes Wien vom 14. Juni 1994 beziehen, ist die Beschwerdeführerin auf die bestehende Rechtslage zu verweisen, wonach die Gerichtsbeschlüsse betreffend die Eröffnung des Konkurses für die von der Gewerbebehörde zu treffende Entscheidung das insoweit maßgebliche Sachverhaltselement darstellen, die Gewerbebehörde also nur zu prüfen hatte, ob derartige Beschlüsse des Konkursgerichtes vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0131). Gemäß § 2 Abs. 1 KO treten die Rechtswirkungen der Konkurseröffnung mit dem Beginn des Tages ein, an dem das Konkursedikt an der Gerichtstafel des Konkursgerichtes angeschlagen worden ist. Der Anschlag des Konkursediktes an der Gerichtstafel am 14. Juni 1994 läßt sich dem Verwaltungsakt eindeutig entnehmen und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht in Zweifel gezogen. Da auch dem Beschwerdevorbringen eindeutig entnommen werden kann, daß es zu keinem Abschluß des Zwangsausgleiches gekommen ist, liegen die Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 i.V.m.

§ 13 Abs. 3 leg. cit. vor.

Mit ihrem weiteren Vorbringen versucht die Beschwerdeführerin das Vorliegen der Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 darzutun.

Nach dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 von der im Abs. 1 Z. 2 dieses Paragraphen i.V.m. § 13 Abs. 3 GewO 1994 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage vom Rechtsträger erwartet werden kann, daß er auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Die Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, weshalb auch allfällige Erklärungen von Gläubigern, wegen ihrer offenen Forderungen ein Interesse an der Weiterführung des betroffenen Gewerbes zu haben, allein für eine derartige Annahme noch nicht als ausreichend anzusehen sind. Dies insbesondere auch deshalb, weil abgesehen von den bereits bestehenden Gläubigerforderungen im Sinne der obigen Darlegungen auch zu berücksichtigen ist, daß im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartende Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0144).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang mehrfach dargetan hat, geht es darum, daß die Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit erfüllt werden. Eine vom Kriterium der Leistung aller fälligen Zahlungen losgelöste Vor- und Nachteilsabwägung ist nicht vorzunehmen. Solange nicht die Erwartung der Zahlung bei Fälligkeit besteht, kommt auch einer einen Abbau von Schulden in sich schließenden Unternehmensentwicklung keine Relevanz zu (vgl. das bereits oben zitierte hg. Erkenntnis).

Im Sinne der obigen Ausführungen vermögen die dahingehenden Beschwerdehinweise, die belangte Behörde hätte Stellungnahmen weiterer Gläubiger berücksichtigen müssen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, zumal die Beschwerdeführerin ausgehend von offenen Verbindlichkeiten in der Höhe von S 361.187,41 nicht einmal Ausführungen dahingehend gemacht hat, es seien liquide Mittel zur Abdeckung derselben wie in der Beschwerde ausgeführt vorhanden.

Auch kommt nach dem Vorhergesagten dem Umstand keine Entscheidungsrelevanz zu, daß - wie in der Beschwerde ausgeführt - die weitere Ausübung des Gewerbes zur Ermöglichung eines allfälligen (Zwangs-) Ausgleiches bzw. eines sogenannten "Konkursverzichtes" gemäß § 187 KO notwendig sei.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des dargestellten, für die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof relevanten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, da die belangte Behörde Kostenersatz nicht begehrt hat.

Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994040172.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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