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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §184 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der Ing. L GmbH in N, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Tirol vom 30. Juni 1994, Zl. 40.106-4/93, betr Haftung und Zahlung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zu diesem Beitrag betr den Zeitraum 1. 1. 1989 bis 31. 12. 1991, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat drei ihrer Arbeitnehmer einen firmeneigenen Pkw für Fahrten zwischen deren Wohnsitz und der Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt. Mit einem Massenbeförderungsmittel wäre den Arbeitnehmern die pünktliche Erreichung der Arbeitsstätte nicht möglich gewesen. Die Verwendung des Fahrzeuges durch die Arbeitnehmer erfolgte in der Weise, daß einer stets als Lenker auftrat und den einen oder den anderen oder beide Kollegen mit dem Firmenauto auf der Fahrt mitnahm.
Nach den Ergebnissen einer Lohnsteuerprüfung gelangte das Finanzamt zur Überzeugung, es handle sich nicht um einen steuerfreien Werkverkehr, die Zurverfügungstellung des Pkw sei ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis in Form eines Sachbezuges. Dieser Sachbezug sei nach den einschlägigen Richtlinien der Finanzverwaltung im Sinne des § 15 Abs 2 EStG 1988 zu bewerten. Aufgrund von Aufzeichnungen über die unterschiedlichen monatlichen Kilometerleistungen, für die die drei Arbeitnehmer das Fahrzeug in Anspruch genommen hatten, wurde daher ein monatlicher Sachbezug von 1,5 oder von 0,75 % der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges bei jedem der drei Dienstnehmer in Ansatz gebracht. Entsprechend wurde die Beschwerdeführerin zur Haftung und Zahlung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zu diesem Beitrag herangezogen. Eine Berücksichtigung des Pendlerpauschales lehnte das Finanzamt ab, weil es von den Arbeitnehmern nicht auf die in § 16 Abs 1 Z. 6 EStG 1988 beschriebene Weise beim Arbeitgeber in Anspruch genommen worden war.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin vertrat sie die Ansicht, daß es sich bei der Zurverfügungstellung des Pkw"s um eine Beförderung des Arbeitnehmers im Werkverkehr gemäß § 26 Z. 5 EStG 1988 handle. Wegen des ausschließlichen Arbeitgeberinteresses an der Beförderung mit dem Pkw lägen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht vor. Bei der Bemessung der Höhe des Sachbezugswertes sei fälschlich unberücksichtigt gelassen worden, daß die Benützung in Form einer Fahrgemeinschaft erfolgt sei. Es hätte daher nicht jedem Arbeitnehmer der volle Sachbezugswert angelastet werden dürfen.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht Folge. Sie teilte die Ansicht des Finanzamtes. Ein ausschließliches Arbeitgeberinteresse an der Zurücklegung der Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem Pkw sei nicht anzunehmen, weil die Arbeitnehmer noch ein viel größeres Interesse am pünktlichen Dienstbeginn hätten als der Arbeitgeber, müßten sie doch die Pflichten aus dem Dienstvertrag erfüllen. Für die Höhe des Sachbezugswertes sei nicht entscheidend, welche Kosten sich der einzelne Arbeitnehmer erspart habe, sondern welche Ausgaben zu tätigen gewesen wären, um die gleiche Leistung am freien Markt zu erwerben. Dies führe dazu, daß eben nicht nur bei einem Arbeitnehmer ein Sachbezug anzusetzen sei, sondern bei allen drei Arbeitnehmern ein Sachbezugswert unter Berücksichtigung der jeweiligen Monatskilometerleistung zugrundezulegen gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt, daß sie zur Haftung und Zahlung von Lohnabgaben nicht oder nur in einer geringeren Höhe herangezogen werde. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahren vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 26 Z. 5 EStG 1988 gehört die Beförderung des Arbeitnehmers im Werkverkehr nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Werkverkehr liegt vor, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit Fahrzeugen in der Art eines Massenbeförderungsmittels befördern läßt.
Hievon kann jedenfalls dann nicht die Rede sein, wenn der Arbeitgeber drei Arbeitnehmern einen Personenkraftwagen zur Fahrt auf der Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung zur Verfügung stellt. Es ähnelt nämlich weder das Verkehrsmittel noch die Art des Einsatzes auch nur annähernd dem eines Massenbeförderungsmittels. Es erübrigt sich damit ein Eingehen auf die Frage, ob und welche anderen Fallgestaltungen bereits dem Begriff des Werkverkehrs im Sinne der zitierten Gesetzesstelle untergeordnet werden könnten.
Kein Arbeitslohn liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer etwas überläßt, was im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers gelegen ist. Darin liegt nämlich kein Vorteil für den Arbeitnehmer. Ein solcher Fall läge bei Überlassung eines arbeitgebereigenen Fahrzeugs für Dienstfahrten vor. Bei den Fahrten auf der Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung handelt es sich aber nicht um Dienstfahrten. Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte haben im § 16 Abs 1 Z. 6 EStG 1988 eine besondere Regelung gefunden. Aus ihnen entspringende Aufwendungen können nur unter den dort genannten Voraussetzungen und in dem dort genannten pauschalierten Ausmaß Werbungskosten darstellen. Im übrigen handelt es sich daher um der Privatsphäre zuzurechnende Aufwendungen. Von einem ausschließlichen Arbeitgeberinteresse kann daher keine Rede sein.
Auch die Zurverfügungstellung eines Pkw durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer allein für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte begründet also einen Vorteil aus dem bestehenden Dienstverhältnis und führt daher zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Abgesehen davon würde auch die Rückerstattung von Werbungskosten zu Einnahmen gemäß § 15 EStG 1988 führen.
Für den in der Zurverfügungstellung des arbeitgebereigenen Pkw an die Dienstnehmer für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gelegenen Vorteil, der zu Einkünften gemäß § 25 Abs 1 Z. 1 lit. a EStG 1988 führt, ist gemäß § 15 Abs 2 EStG 1988 der übliche Mittelpreis des Verbrauchsortes anzusetzen. Der geldwerte Vorteil entspricht daher nicht den fiktiven Transportkosten mit einem Massenbeförderungsmittel.
Die belangte Behörde hat beim Ansatz des geldwerten Vorteils auf die Richtlinien der Finanzverwaltung für die Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges zurückgegriffen. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, daß diese Richtlinien § 15 Abs 2 EStG 1988 widersprächen. Sie vertritt lediglich den Standpunkt, daß bei einer Fahrgemeinschaft nicht jedem Teilnehmer an dieser als Sachbezugswert ein Betrag angelastet werden dürfte, der auch gegenüber einem Alleinbenützer des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges Geltung hätte. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.
Wenn es in Werner-Schuch, Kommentar zur Lohnsteuer, in Tz 20 zu § 15 heißt:
"Es gibt auch Fälle, in denen mehrere Arbeitnehmer ein gemeinsames firmeneigenes Kraftfahrzeug benützen. Trifft dies zu, hat die Hinzurechnung grundsätzlich nach den gleichen Regeln zu erfolgen wie bei Alleinbesitz eines Firmenkraftfahrzeugs durch den Arbeitnehmer",
so läßt sich diesen Ausführungen nicht entnehmen, daß damit Fahrgemeinschaften gemeint sind und nicht zeitlich getrennte Alleinbenützungen.
Für den Fall einer Fahrgemeinschaft oder - wie im Beschwerdefall - einer zeitweisen Fahrgemeinschaft, widerspräche es § 15 Abs 2 EStG 1988, jeden Teilnehmer an der Fahrgemeinschaft derart mit dem ungeteilten, also vollen Sachbezugswert zu belasten wie einen Arbeitnehmer, der das Fahrzeug allein benützt.
In einem solchen Fall müssen die jeweiligen Fahrgemeinschaftszeiträume - wenn es nicht anders möglich ist auch durch Schätzung - ermittelt werden. Der Sachbezugswert für ein Fahrzeug müßte dann nach Maßgabe des Ausmaßes der Teilnahme an der Fahrgemeinschaft zwischen den teilnehmenden Arbeitnehmern aufgeteilt und jedem nur der auf ihn entfallende Anteil des Sachbezugswertes als Lohn zugerechnet werden.
Dem widersprechen Kundmachungen der Finanzlandesdirektion für Tirol über die Bewertung der Sachbezüge für Zwecke des Steuerabzuges vom Arbeitslohn für den strittigen Zeitraum nicht, erwähnen sie doch Fälle derartiger Fahrgemeinschaften nicht, sondern sprechen nur von der Möglichkeit für DEN Arbeitnehmer, ein firmeneigenes Kfz für Privatfahrten (das sind auch die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) zu benützen (vgl. AÖFV 1989/98, 1991/27).
Es war im Beschwerdefall daher auch nicht entscheidend, welcher rechtliche Charakter (Rechtsverordnung - wie dies vom Verwaltungsgerichtshof für den Sachbezugswert von Dienstwohnungen etwa im Erkenntnis vom 5. März 1986, 84/13/0026, ÖStZB 1986, 411, angenommen wurde - oder interne Dienstanweisung) den betreffenden Stellen der Kundmachungen zukommt.
Die belangte Behörde hat daher in Verkennung der Rechtslage zum Nachteil der Beschwerdeführerin eine unrichtige Bemessung der Sachbezüge vorgenommen.
Hingegen wurde von der belangten Behörde zu Recht das Pendlerpauschale nicht in Abzug gebracht, weil für dessen Berücksichtigung eine im § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988 angeführte Voraussetzung fehlte, nämlich daß die Arbeitnehmer die Pauschbeträge dadurch in Anspruch nahmen, daß sie dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen der lit. b und c abgeben und der Arbeitgeber die Erklärung zum Lohnkonto nimmt. Wurde dieser Vorgang nicht eingehalten, darf der Pauschbetrag nicht in Abzug gebracht werden, gleichgültig ob der Arbeitnehmer mit seinem eigenen Pkw die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurücklegt oder er sich eines vom Arbeitgeber ihm zur Verfügung gestellten Fahrzeuges bedient und hiefür steuerpflichtiger Arbeitslohn in Höhe des Sachbezugswertes entsteht.
Lediglich wegen der unrichtigen Berechnung des Sachbezugswertes war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994140131.X00Im RIS seit
11.07.2001