TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/21 91/13/0079

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Veröffentlicht am 21.12.1994
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §119 Abs1;
BAO §289 Abs1;
EStG 1972 §38 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. A in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom 24. Jänner 1991, Zl. 6/1-1273/89-01, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 1985 bis 1987,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Soweit die Beschwerde Umsatzsteuer betrifft, wird sie als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt;

2. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Neurologie und übt neben diesem Beruf eine Vortragstätigkeit auf dem Gebiet der chinesischen Medizin, insbesondere Akupunktur und Massage, aus. Für die Entgelte aus der Vortragstätigkeit machte der Beschwerdeführer den begünstigten Umsatzsteuersatz nach § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 und für die daraus erzielten Einkünfte den begünstigten Steuersatz gemäß § 38 Abs. 4 in Verbindung mit § 37 EStG 1972 geltend.

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 1985 bis 1987 versagte der Prüfer beiden Steuerbegünstigungen die Anerkennung. § 10 Abs. 2 Z. 17 UStG 1972 beziehe sich nur auf Entgelte aus der Einräumung bzw. Übertragung oder Wahrnehmung von Urheberrechten, nicht aber schlechthin auf die Verwertung von Urheberrechten. § 6 Z. 14 UStG 1972 (Befreiung für Umsätze aus der Tätigkeit als Schriftsteller), der vom steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers anläßlich der Prüfung ins Spiel gebracht worden sei, komme ebenfalls nicht zur Anwendung. Die Entgelte aus der Vortragstätigkeit unterlägen daher dem Normalsteuersatz von 20 %. Die auf einkommensteuerlichem Gebiet für Einkünfte aus der Verwertung von Urheberrechten vorgesehene Begünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 komme deswegen nicht zum Tragen, weil in der Abhaltung der Vortragsveranstaltungen eine unterrichtende Tätigkeit zu erblicken sei und nicht davon ausgegangen werden könne, daß der Beschwerdeführer ganz oder teilweise für die Verwertung von Urheberrechten entlohnt werde.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Abgabenbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Seine Vortragstätigkeit sei als wissenschaftlich anzusehen. Akupunktur sei als wissenschaftliche Heilmethode anerkannt. Er halte jährlich zwei bis drei Seminare, die von der Gesellschaft für Akupunktur veranstaltet würden. Seine Aufgabe sei es, über "Besonderheiten der chinesischen Medizin" und über "Erfahrungen aus der Praxis, sowohl aus eigener Erfahrung sowie aus Berichten der Fachliteratur" zu referieren. Vier bis fünf Seminare jährlich halte der Beschwerdeführer über chinesische Massage. Es handle sich dabei um Wochenendseminare. Fallweise werde die Umsatzsteuer in den Abrechnungen der Veranstalter mit 20 % ausgewiesen und in dieser Höhe auch abgeführt. Die Vorträge gleichten jenen an Hochschulen oder bei Ärztekongressen. Es werde nicht, wie bei einer unterrichtenden Tätigkeit "Grundlagenwissen" vermittelt, sondern zu Neuerungen und Problemen Stellung genommen. Sein Zuhörerkreis bestehe ausschließlich aus Fachpublikum. Die Entgelte aus der Vortragstätigkeit seien daher gemäß § 10 Abs. 2 Z. 7 lit. b UStG 1972 begünstigt zu besteuern, wobei "offenbleibt", ob die Umsätze nicht nach § 6 Z. 14 UStG 1972 "als Ausfluß der bereits in schriftlicher Form veröffentlichten Erkenntnisse" zu beurteilen seien.

In einkommensteuerlicher Sicht seien die Einnahmen als Verwertung literarischer Urheberrechte zu beurteilen und mit dem begünstigten Steuersatz des § 38 Abs. 4 EStG 1972 zu besteuern.

Die belangte Behörde gab der Berufung teilweise statt, indem sie einen Teil der Vortragstätigkeit als wissenschaftlich qualifizierte und die betreffenden Entgelte mit dem begünstigten Steuersatz gemäß § 10 Abs. 2 Z. 7 lit. b UStG 1972 besteuerte. Im übrigen wies sie die Berufung ab.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Außerdem wurde die Berufungsentscheidung auch vom Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland mit Beschwerde gemäß § 292 BAO bekämpft. Auf Grund der letztgenannten Beschwerde hat der Gerichtshof den angefochtenen Bescheid mit Erkenntnis vom 21. Juli 1993, 91/13/0059, insoweit aufgehoben, als er die Umsatzsteuer für die Streitjahre betroffen hat. Die vorliegende Beschwerde war daher im Ausmaß der bereits erfolgten Aufhebung des angefochtenen Bescheides als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren diesbezüglich einzustellen.

Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Aktenkundig ist als Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die einkommensteuerliche Behandlung seiner Einkünfte aus Vortragstätigkeit (abgesehen von unerläutert gebliebenen Anträgen in den Steuererklärungen auf Zuerkennung der Begünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972) nur ein einziger Satz in der Berufung; dieser lautet:

"In einkommensteuerlicher Sicht sind die Einnahmen als Verwertung literarischer Urheberrechte zu beurteilen und mit dem begünstigten Steuersatz des § 38 Abs. 4 EStG zu besteuern".

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer die Mangelhaftigkeit der Sachverhaltsermittlung. Die belangte Behörde habe "ohne jede Beweisführung und Beweisaufnahme einfach die unbewiesenen Tatsachenbehauptungen des Betriebsprüfers und Finanzamtes in ihre Berufungsentscheidung übernommen". Es wäre ihr "nicht verwehrt gewesen, eine entsprechende Beweisanleitung an den Beschwerdeführer in der Richtung hin ergehen zu lassen, daß er im Rahmen seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht weitere Beweismittel vorlegen bzw. anbieten möge".

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid keineswegs von dem Umstand überrascht, daß die Tarifbegünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 auf seine Einkünfte aus Vortragstätigkeit nach Ansicht der Abgabenbehörde nicht anzuwenden sei. Statt der vom Prüfer getroffenen Sachverhaltsannahme, daß in den Honoraren für Vortragstätigkeit kein (gesondertes) Entgelt für die Verwertung von Urheberrechten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes enthalten seien, in der Berufung mit substantiellem Vorbringen entgegenzutreten, hat der Beschwerdeführer sich schlicht auf die Behauptung beschränkt, die genannte Begünstigung stehe ihm zu. Wer jedoch eine abgabenrechtliche Begünstigung - um eine solche handelt es sich bei der Bestimmung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 - für sich in Anspruch nehmen möchte, muß das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hiefür zumindest behaupten. Diese Behauptungslast trifft den Abgabepflichtigen spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem für ihn erkennbar wird, daß die Abgabenbehörde die Begünstigung nicht für anwendbar erachtet, und ihm die Gründe hiefür bekannt gibt. Dem Beschwerdeführer war durch den Prüfungsbericht bekannt, daß die Anwendbarkeit des § 38 Abs. 4 EStG 1972 voraussetzt, daß es sich bei den zu begünstigenden Einkünften um solche handelt, "die nach dem zwischen dem Urheber und seinem Vertragspartner bestehenden Rechtsverhältnis direkt als Entgelt für urheberrechtlich geschützte Leistungen des Urhebers gezahlt werden". Weiters war ihm bekannt, daß der Prüfer diese Voraussetzung nicht für gegeben erachtete. Beschränkte sich der Beschwerdeführer bei dieser Sachlage in seiner Berufung auf die bloße Behauptung, die Begünstigung des § 38 Abs. 4 EStG 1972 stehe ihm (dennoch) zu, ohne dies zu begründen bzw. den Feststellungen des Prüfers entgegenzutreten, so ist der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe die Feststellungen des Prüfers rechtswidrigerweise übernommen, unberechtigt. Unwidersprochen gebliebene Sachverhaltsfeststellungen der Abgabenbehörde erster Instanz, die keinen Anlaß bieten, an ihrem Zutreffen zu zweifeln, können nämlich von der Abgabenbehörde zweiter Instanz ohne weitere Ermittlungen übernommen werden.

Soweit daher die Beschwerde Einkommensteuer betrifft erweist sie sich als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991130079.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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