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L36056 Kriegsopferabgabe Behindertenabgabe Steiermark;Norm
AVG §59 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):94/17/0456 94/17/0458 94/17/0457Betreff
Der VwGH hat über die Beschwerden des Vereins "O" in Graz, vertr durch Dr. G, RA in W, gegen die Bescheide des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz 1.) vom 15. April 1993, Zl. A 8 - K 54/1993-1, betr Lustbarkeitsabgabe und Kriegsopferzuschlag für Juli 1992, 2.) vom 15. April 1993, Zl. A 8 - K 59/1993-1, betr dieselben Abgaben für August bis Oktober 1992, 3.) vom 15. April 1993, Zl. A 8 - K 60/1993-1, betr dieselben Abgaben für November 1992, und 4.) vom 15. April 1993, Zl. A 8 - K 78/1993-1, betr dieselben Abgaben für Juni 1988 bis Dezember 1991 zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 50.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden setzte der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz gegenüber dem beschwerdeführenden Verein die Lustbarkeitsabgabe inklusive 20 % Kriegsopferzuschlag für die an einem näher genannten Standort aufgestellten Geld- und Unterhaltungsspielapparate für Juli 1992 mit insgesamt S 29.340,-- zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von S 587,--, für August bis Oktober 1992 mit insgesamt S 73.320,-- zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von S 1.466,--, für November 1992 mit insgesamt S 25.080,-- und für Juni 1988 bis Dezember 1991 mit insgesamt S 1,313.880,-- zuzüglich 2 % Säumniszuschlag in Höhe von S 26.278,-- fest. Die Abgabenbehörde erster Instanz hatte die entsprechenden Abgabenbescheide (zum Teil implicite) hinsichtlich der Unterhaltungsspielapparate auf § 18, hinsichtlich der Geldspielapparate auf § 19 Abs. 1 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 gestützt; die belangte Behörde begründete ihre Berufungsbescheide im wesentlichen mit dem Hinweis auf die Generalklauseln des § 1 Abs. 2 Lustbarkeitsabgabegesetz, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 37/1950, und des § 1 Abs. 1 der Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden. Nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtentrichtung der vorgeschriebenen Abgabe verletzt. Er beantragt, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete jeweils eine Gegenschrift.
Mit Beschlüssen vom 17. Dezember 1993, A 53-56/93, stellte der Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof unter anderem den Antrag,
1.) § 18 lit. a der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. Dezember 1986, mit der die Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz vom 23. März und 21. September 1950, GZ. A 8-143/1-1950 und
A 8-143/2-1950, i.d.F. des GRB vom 22. Mai 1986,
A 8-K 85/1984 - 9, neu gefaßt wird (Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987), Zl. A 8-K 85/1984 - 11, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz 1986, Seite 302 ff,
2.) § 19 dieser Verordnung, in eventu nur Abs. 1 des § 19, als gesetzwidrig aufzuheben. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß die Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 keine dem § 2 lit. f Lustbarkeitsabgabegesetz entsprechende Einschränkung der Abgabepflicht auf den Betrieb von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten IN ÖFFENTLICHEN RÄUMEN enthalte.
Mit Erkenntnis vom 13. Oktober 1994, V 3/94-10 u.a., dem Verwaltungsgerichtshof zugestellt am 2. Dezember 1994, gab der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag keine Folge, weil durch die Einfügung des § 14a Lustbarkeitsabgabegesetz mit der Novelle LGBl. Nr. 34/1986, ein spezieller Abgabentatbestand für das Halten von Geldspielapparaten geschaffen worden und das Kriterium des Betriebes "in öffentlichen Räumen" daher für GELDspielapparate nicht mehr von Bedeutung sei. Grundsätzlich das Gleiche treffe für die in der Lustbarkeitsabgabeordnung vorgesehene Besteuerung des Betriebes anderer Spielapparate zu; der Abgabentatbestand sei in Ansehung der APPARATE jedenfalls dann verwirklicht, wenn deren Betrieb "in öffentlichen Räumen" stattfinde, aber auch dann, wenn bloß der Veranstaltungsbegriff der Generalklausel des § 1 Abs. 2 Lustbarkeitsabgabegesetz erfüllt sei. Der Gemeindeverordnungsgeber sei daher weder gehalten gewesen, bezüglich der Besteuerung von Geldspielapparaten noch jener der übrigen im § 2 lit. f Lustbarkeitsabgabegesetz aufgezählten Apparate die in dieser Gesetzesstelle enthaltene Regelung inhaltlich in die Lustbarkeitsabgabeordnung zu übernehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Stmk Lustbarkeitsabgabegesetzes lauten:
"§ 1.
Abgabeberechtigung.
(1) Die steirischen Gemeinden sind ermächtigt, anläßlich von Lustbarkeitsveranstaltungen eine Abgabe (Lustbarkeitsabgabe) einzuheben. Die Abgabe ist vom Gemeinderat ordnungsgemäß zu beschließen. Der Beschluß ist öffentlich kundzumachen und durch 14 Tage zur Einsicht im Gemeindeamt aufzulegen.
(2) Unter Lustbarkeiten (Vergnügungen) sind Veranstaltungen zu verstehen, welche überwiegend geeignet sind, die Teilnehmer zu unterhalten oder zu ergötzen.
§ 2.
Abgabepflichtige Veranstaltungen.
Als Lustbarkeiten (Vergnügungen) im Sinne des § 1 Abs. 2
gelten insbesondere folgende Veranstaltungen:
...
f) mechanische Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen sowie der Betrieb von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten in öffentlichen Räumen;
...
§ 14.
Festsetzung nach dem Werte.
(1) Für den Betrieb
a)
eines Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparates
b)
...
kann eine Pauschalabgabe nach dem gemeinen Werte (Verkaufswert) des Apparates oder der Vorrichtung berechnet werden.
(2) Die Abgabe kann für jeden angefangenen Betriebsmonat
a)
für die im Absatz 1 lit. a bezeichneten Apparate bis zu 1/2 v.H.,
b)
... betragen.
...
§ 14a
Abgabe für das Halten von Geldspielapparaten
Für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, in der am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes geltenden Fassung der Steiermärkischen Veranstaltungsgesetznovelle 1986 (Spielapparatenovelle), beträgt die Lustbarkeitsabgabe höchstens 4000 S je Apparat und begonnenem Kalendermonat."
Das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. Nr. 38, normierte die Einhebung eines Zuschlages von 20 v.H. zur Lustbarkeitsabgabe der Gemeinden zur Deckung der Ausgaben des Landes für die Unterstützung von Kriegsopfern.
Mit Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. Dezember 1986, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz Nr. 22/1986, Seite 302 ff, wurde die Lustbarkeitsabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz vom 23. März und 21. September 1950 neu gefaßt (Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987). Ihre im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen lauten:
"Auf Grund des freien Beschlußrechtes nach den Bestimmungen der §§ 7 und 8 F.-VG. 1948, BGBl. Nr. 45/1948, und § 15 FAG 1985, BGBl. Nr. 544/1984 i.d.F. BGBl. Nr. 384/1986, wird in Verbindung mit dem Gesetz vom 20. Juli 1950 über die Einhebung einer Lustbarkeitsabgabe (Lustbarkeitsabgabegesetz), LGBl. Nr. 37, i.d.F. LGBl. Nr. 34/1986, gemäß § 45 (2) Z. 13 des Statutes der Landeshauptstadt Graz, LGBl. Nr. 130/1967, i.d.F.
LGBl. Nr. 11/1985, verordnet:
Artikel I
I. Abschnitt
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
§ 1
Gegenstand der Abgabe
(1) Der Abgabepflicht unterliegen grundsätzlich alle Veranstaltungen im Gebiet der Stadt Graz, welche überwiegend geeignet sind, die Teilnehmer zu unterhalten und zu ergötzen.
(2) Für die einzelnen Arten von Veranstaltungen erfolgt die Erhebung der Lustbarkeitsabgabe, unter Einschluß des gemäß dem Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz vom 20. Juli 1950, LGBl. Nr. 38, zur Deckung der Aufgaben des Landes für die Unterstützung von Kriegsopfern gleichzeitig einzuhebenden Zuschlages zur Lustbarkeitsabgabe (Kriegsopferzuschlag), dem Grunde und der Höhe nach gemäß den Bestimmungen des II., III. und IV. Abschnittes dieser Verordnung.
...
IV. Abschnitt
PAUSCHALABGABE
...
§ 18
Festsetzung nach dem Wert
Die Abgabe für Unterhaltungsspielapparate beträgt je angefangenem Betriebsmonat für den Betrieb
a) eines Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparates 0,6 v.H. des gemeinen Wertes (Verkaufswertes) des Apparates,
b) einer Vorrichtung zur mechanischen Wiedergabe musikalischer Stücke oder Deklamationen in öffentlichen Lokalen, insbesondere in Gast- und Schankwirtschaften, sowie an sonstigen öffentlichen Orten 0,3 v.H. des gemeinen Wertes (Verkaufswertes) der Vorrichtung,
einschließlich Kriegsopferzuschlag.
§ 19
Geldspielapparate
(1) Für das Halten von Geldspielapparaten nach § 5a Abs. 3 des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969, i.d.F. LGBl. Nr. 29/1986, beträgt die Abgabe S 4000,- (das sind S 4800,- einschließlich Kriegsopferzuschlag) je Apparat und begonnenem Kalendermonat. Die Abgabe ist längstens bis Zehnten jeden Monats für den vorangegangenen Monat zu entrichten.
(2) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe endet erst mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Abmeldung des Apparates erfolgt oder das städtische Steueramt sonst davon Kenntnis erlangt, daß der Apparat vom Abgabepflichtigen nicht mehr gehalten wird. Bei Austausch eines angemeldeten Apparates gegen einen gleichartigen Apparat innerhalb eines Kalendermonats tritt bei gleichzeitiger Abmeldung des alten und der Anmeldung des neuen Apparates für den neu angemeldeten Apparat die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe erst ab dem auf den Anmeldemonat folgenden Kalendermonat ein.
(3) Zu Kontrollzwecken sind die Abgabepflichtigen (Bewilligungsinhaber, Veranstalter) verpflichtet, an jedem von der Bewilligung erfaßten Spielapparat die von der Bewilligungsbehörde ausgestellte Plakette deutlich sichtbar anzubringen.
Die Durchschrift der vom städtischen Steueramt über die Aufstellung der Geldspielapparate ausgestellten Bescheinigung ist am Aufstellungsort zur jederzeitigen Kontrolle bereitzuhalten."
Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, G 230-232/93-8, hat der Verfassungsgerichtshof das Steiermärkische Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950, LGBl. Nr. 38, als verfassungswidrig aufgehoben. Er hat gleichzeitig ausgesprochen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten und das aufgehobene Gesetz nicht mehr anzuwenden ist.
Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung des aufgehobenen Gesetzes auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A), erweisen sich die angefochtenen Bescheide schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig, weil mit ihnen im Instanzenzug die Lustbarkeitsabgabe INKLUSIVE 20 % KRIEGSOPFERZUSCHLAG festgesetzt wurde und der Ausspruch über die Festsetzung des Zuschlages von jenem über die Festsetzung der Abgabe nicht trennbar ist.
Die diesbezüglichen Bestimmungen der Verordnung haben jedoch durch die Aufhebung des Gesetzes jedenfalls ihre Anwendbarkeit verloren (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 20. März 1981, Slg. Nr. 10.400/A).
Aus diesem Grund waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Hingegen kam es - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht darauf an, daß nach seiner Behauptung die gegenständlichen Apparate nur für Vereinsmitglieder zugänglich seien und daher kein Betrieb der Apparate IN ÖFFENTLICHEN RÄUMEN vorliege. Die auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1994 diesbezüglich jedenfalls anzuwendende Grazer Lustbarkeitsabgabeordnung 1987 kennt nämlich eine solche Einschränkung nicht.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Die Umsatzsteuer ist im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten. Das Gesetz kennt nur einen "Vorlageaufwand" der belangten Behörde, nicht auch einen solchen des Beschwerdeführers.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994170455.X00Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
08.07.2009