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60/02 Arbeitnehmerschutz;Norm
ASchG 1972 §31 Abs2 litp;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des A in V, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 9. Juni 1994, Zl. UVS 303.8-2/93-26, betreffend Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es als Arbeitgeber zu verantworten zu haben, daß am 30. August 1991 auf einer näher bezeichneten Baustelle eine 2,20 m tiefe Künette, in der ein Arbeitnehmer Arbeiten durchführte, nicht gepölzt war, obwohl Künetten, die nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt, ausgeführt werden, bei Tiefen von mehr als 1,25 m auf jeden Fall gepölzt werden müssen. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 31 Abs. 2 lit. p des Arbeitnehmerschutzgesetzes in Verbindung mit § 16 der Verordnung über Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführungen von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, BGBl. Nr. 267/1954 (im folgenden: BV), begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 4 BV müssen Künetten, die nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt, ausgeführt werden, bei Tiefen von mehr als 1,25 m auf jeden Fall gepölzt werden. Beim Vorliegen von schlechten Bodenverhältnissen oder besonderen Einflüssen, wie Erschütterungen durch Straßenverkehr oder ähnlichen Einwirkungen, ist auch schon bei geringerer Tiefe zu pölzen.
Unbestritten ist die Tatsache, daß die in Rede stehende Künette eine Tiefe von 2,20 m hatte und daher hätte gepölzt werden müssen.
Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerde damit, daß er sich im Verwaltungsstrafverfahren - wie auch in dem gerichtlichen Strafverfahren vor dem Bezirksgericht Voitsberg, welches in Ansehung seiner Person zu einem Freispruch geführt hat (der in der Künette arbeitende Arbeitnehmer war bei einem Einsturz schwer verletzt worden) - damit verantwortet habe, daß der den Bagger zur Aushebung der Künette bedienende Arbeitnehmer von ihm den Auftrag erhalten habe, nicht tiefer als 1,20 m zu graben.
Die belangte Behörde hat diesbezüglich festgestellt, daß der Beschwerdeführer dem Baggerführer zwar den Auftrag erteilt hätte, die Künette bis zu einer Tiefe von 1,20 m auszuheben, daß aber kein Hinweis darauf erfolgt sei, unter keinen Umständen tiefer zu graben.
Die Anweisung, eine Grabung bis zu einer bestimmten Tiefe auszuführen, enthält zwar nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch die Weisung, nicht tiefer zu graben. Einer ausdrücklichen Formulierung dieses Aspektes bedarf es grundsätzlich nicht. Durch die bloße Erteilung von Weisungen wird der Arbeitgeber aber seinen Verpflichtungen nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz nicht gerecht. Es bedarf vielmehr von seiner Seite auch einer Überwachung der Einhaltung der in Betracht kommenden Bestimmungen. Eine derartige Überwachung wäre im vorliegenden Fall in umso höherem Maße geboten gewesen, weil - vom Beschwerdeführer nicht bestritten - ein verhältnismäßig unerfahrener Baggerführer eingesetzt worden ist. Es kann daher keine Rede davon sein, daß der Beschwerdeführer seinen arbeitnehmerschutzrechtlichen Verpflichtungen durch die bloße Weisung, eine Künette in einer bestimmten Tiefe zu graben und diese nicht zu überschreiten, nachgekommen wäre.
Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer niemals behauptet hat, eine geeignete Aufsichtsperson im Sinne des § 3 BV zur Kontrolle der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen bestellt zu haben (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1992, Zl. 92/18/0135).
Den Ausführungen der belangten Behörde, es hätte Material zur Pölzung jedenfalls bereitgestellt werden müssen, kann freilich im gegebenen Zusammenhang nicht gefolgt werden. Wenn und solange aus der Warte des Arbeitgebers sichergestellt scheint, daß die höchstzulässige Tiefe nicht überschritten wird, brauchen grundsätzlich derartige Vorkehrungen nicht getroffen zu werden. Was zu geschehen hätte, wenn sich bei den Grabungsarbeiten herausstellte, es lägen schlechte Bodenverhältnisse vor, sodaß auch bei geringeren Tiefen als 1,25 m gepölzt werden müßte, kann hier auf sich beruhen, da solches nach der Fassung des Spruches des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt worden ist (aus diesem Grund gehen auch die Beschwerdeausführungen, die sich auf den zweiten Satz des § 16 Abs. 4 BV beziehen, ins Leere).
Es ist daher nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob die Beweiswürdigung der belangten Behörde über den genauen Wortlaut der dem Baggerführer vom Beschwerdeführer vor Inangriffnahme der Grabungsarbeiten erteilten Anweisung ("1,20 m tiefe Künette" oder "nicht mehr als 1,20 m tiefe Künette") einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof standhielte, hat der Beschwerdeführer doch selbst nie behauptet, im Sinne der geschilderten Überwachungspflicht tätig geworden zu sein.
Die Beschwerde erweist sich damit im Ergebnis als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994020388.X00Im RIS seit
01.06.2001