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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung von Bestimmungender NotariatsO sowie von Verordnungen über die Errichtung vonNotarstellen mangels Eingriff in die Rechtssphäre des AntragstellersSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Dr. J K stellte zum AZ G197/91 gemäß Art140 (Abs1 letzter Satz) B-VG und zum AZ V91/91 ua. Zlen gemäß Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG die Anträge, der Verfassungsgerichtshof möge die nachfolgenden Rechtsvorschriften aufheben, und zwar a) §6 Abs5, §9 Abs1 und 2, §10 Abs1 bis 5, §11 Abs1 bis 6, §17, §18 und §20 NotariatsO vom 25. Juli 1871, RGBl. 75, idF der Novelle BGBl. 343/1989 wegen Verstoßes gegen Art6 Abs1 StGG und Art7 Abs1 B-VG iVm Art2 StGG als verfassungswidrig, sowie b) alle - in der Anfechtungsschrift bezeichneten - Verordnungen über Notarstellen bis zum 28. Februar 1991, ferner den Erlaß des Justizministeriums vom 22. September 1854, RGBl. 244, über die Zahl der Notare und den Erlaß desselben Ministeriums vom 11. Jänner 1856, RGBl. 14, über die Erhöhung der Zahl der Notare im Kronland Steiermark und über die Festlegung eines Amtssitzes als gesetzwidrig. Weiters begehrte er die Feststellung, daß §9 Abs1 NotariatsO "idF StGBl. 104/1945" verfassungswidrig war.
1.2. Die zur Äußerung eingeladene Bundesregierung trat für die Zurückweisung, hilfsweise für die Abweisung des (Individual-)Antrags nach Art140 B-VG ein; gleiches begehrte der Bundesminister für Justiz in seiner Stellungnahme zum Antrag nach Art139 B-VG.
2. Über die Anträge wurde erwogen:
2.1.1. Wie der Verfassungsgerichthof in ständiger Judikatur - beginnend mit seinem Beschluß VfSlg. 8009/1977 - zu Art140 B-VG ausführte, setzt die Antragslegitimation nicht nur voraus, daß die antragstellende Partei behauptet, die als verfassungswidrig angefochtene Gesetzesbestimmung habe sie unmittelbar in ihren Rechten verletzt; Art140 B-VG verlangt überdies, daß dieses Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das bekämpfte Gesetz die Rechtssphäre der einschreitenden (natürlichen oder juristischen) Person berührt und - im Fall der Verfassungswidrigkeit - verletzt. Jedoch nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsberechtigung zu; es ist vielmehr auch notwendig, daß das Gesetz selbst in die Rechtssphäre des Antragstellers - wirklich - unmittelbar eingreift. Ein solcher, die Antragslegitimation begründender Eingriff muß nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen des Anfechtenden nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen.
2.1.2. Anfechtungsberechtigt kann folglich von vornherein nur ein Rechtsträger sein, an den sich das anzufechtende Gesetz wendet (vgl. VfGH 25.11.1991 G273/90 uam.). Eben dies trifft auf den Antragsteller aber allein schon aus folgenden Überlegungen nicht zu:
Der Antragsteller ist nicht Normadressat der von ihm angefochtenen Bestimmungen der NotariatsO. §6 Abs5 handelt nämlich nur von Bewerbern, denen eine gesetzliche Voraussetzung zur Erlangung einer Notarstelle (Dauer der praktischen Verwendung) mangelt, die der Antragsteller seinem Vorbringen nach jedoch erfüllt. §9 Abs1 und 2 wieder ist an den Bundesminister für Justiz (zum Normadressaten einer Verordnungsermächtigung vgl. VfGH 24.2.1992 G198/91 ua.) und (: Abs2) an die Notariatskammer adressiert (so auch der vom Antragsteller bezogene §9 Abs1 NotariatsO "idF StGBl. 104/1945"). Desgleichen richtet sich §10 Abs1 und 2 an den Bundesminister für Justiz und an die Notariatskammer. §10 Abs3 bis 5, dann §§17, 18 und 20 betreffen nur (ernannte) Notare, §11 Abs1 zweiter Halbsatz nur Notare und Notariatskandidaten. §11 betrifft im übrigen, soweit er sich nicht an die Notariatskammer und an Justizbehörden wendet, lediglich Bewerber um eine ausgeschriebene Notarstelle, zu denen der Antragsteller seiner eigenen Darstellung nach nicht gezählt werden kann.
2.1.3. Zudem macht die Bundesregierung in ihrer Äußerung zutreffend geltend, daß die (eine unabdingbare Legitimationsvoraussetzung iS des Art140 B-VG bildende) aktuelle Betroffenheit hier (auch) deshalb verneint werden müsse, weil der Antragsteller - der nach dem Antragsvorbringen beabsichtigt, sich in Wien als Notar niederzulassen - sich um gar keine Notarstelle bemüht habe und vor allem nicht als Bewerber um eine oder mehrere der allein im Jahr 1991 in Wien ausgeschriebenen fünf Notarstellen aufgetreten sei. In der Tat wird mit der bloßen allgemeinen Behauptung, sich (irgendwann) als Notar in Wien niederlassen zu wollen, ohne auf erfolglos gebliebene konkrete Bewerbungen iS der NotariatsO hinzuweisen oder hinweisen zu können, eine aktuelle Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen des Antragstellers, wie sie Art140 B-VG voraussetzt, keinesfalls schon hinlänglich nachgewiesen (vgl. VfSlg. 8448/1978).
Im übrigen stünde es dem Einschreiter auch frei, beim Bundesminister für Justiz die Ernennung auf eine (nicht ausgeschriebene) Notarstelle zu beantragen, um - nach Zurückweisung seines Antrages - den Verfassungsgerichtshof anrufen zu können.
2.2. Die zu Abschnitt 2.1.3. angestellten Erwägungen gelten sinngemäß auch für die Anträge nach Art139 B-VG.
Davon abgesehen, könnte der Antragsteller von den angefochtenen Verordnungen selbst nach eigenem Vorbringen überhaupt nur soweit betroffen sein, als sie sich auf Notarstellen in Wien, dem angeblich beabsichtigten Niederlassungsort, beziehen. Die entsprechende Antragsbegründung befaßt sich aber nicht speziell mit dem Bereich Wien und legt darum Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit dieser in Betracht zu ziehenden Verordnungen nicht im einzelnen dar (§57 Abs1 VerfGG 1953): Der Antrag, der solche Darlegungen nicht enthält, leidet demgemäß an einem unbehebbaren Formgebrechen, das notwendig zur Zurückweisung führt (vgl. VfSlg. 11610/1988, 11970/1989).
3.1. Die (Individual-)Anträge waren daher aus den in den Abschnitten 2.1. bis 2.2. näher ausgebreiteten Gründen zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen (vgl. zB VfSlg. 11610/1988, 11970/1989; VfGH 11.6.1990 G8/90).
3.2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litc und e VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Notare, Berufsrecht NotareEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:G197.1991Zuletzt aktualisiert am
26.01.2009