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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 24. August 1994, Zl. UVS-03/18/01794/94, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1994, Zl. 94/02/0140, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde ein Bescheid der belangten Behörde vom 12. Jänner 1994, mit dem der Beschwerdeführer im Instanzenzug einer Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 für schuldig erkannt worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Aufhebungsgrund lag darin, daß der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der belangten Behörde, die Benennung einer im Ausland wohnhaften Person als Lenker zu dem von der Lenkerauskunft umfaßten Tatzeitpunkt sei unrichtig gewesen, weil der Beschwerdeführer den Namen der betreffenden ausländischen Ortschaft im Laufe der Verfahren in unterschiedlicher Schreibweise angegeben habe, als nicht schlüssig qualifiziert hat.
Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid wurde das erstinstanzliche Straferkenntnis neuerlich bestätigt. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich, daß die belangte Behörde keine Verfahrensergänzung vorgenommen hat und daß auch der Beschwerdeführer als Beschuldigter vor Erlassung des angefochtenen Bescheides im Verwaltungsstrafverfahren nicht tätig geworden ist.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde kommt im angefochtenen Bescheid zu dem Ergebnis, der Beschwerdeführer habe es unterlassen, an der Herstellung des Kontaktes zwischen der von ihm als Lenker namhaft gemachten Person und der Behörde mitzuwirken; die von ihm erteilte Lenkerauskunft sei daher als unrichtig anzusehen.
1. Der Beschwerdeführer rügt zunächst einen Verstoß gegen § 44a Z. 1 VStG, weil der angefochtene Bescheid nicht erkennen lasse, welches Straferkenntnis mit ihm bestätigt worden wäre.
Dieses Vorbringen ist geradezu unverständlich. Im Spruch des angefochtenen Bescheides heißt es, daß die belangte Behörde über die Berufung des Beschwerdeführers gegen ein nach Datum und Geschäftszahl bestimmtes Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien entschieden habe, das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen. Von einer Bestätigung des mit dem Vorerkenntnis aufgehobenen (Berufungs-)Bescheides der belangten Behörde vom 12. Jänner 1994 kann angesichts der diesbezüglich klaren Diktion des angefochtenen Bescheides keine Rede sein.
2. Der Beschwerdeführer bemängelt, daß eine mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde unterblieben ist und beruft sich dabei auf § 51e Abs. 2 VStG. Nach dieser Bestimmung ist, wenn in der Berufung gegen ein Straferkenntnis ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, vom unabhängigen Verwaltungssenat eine Verhandlung nur dann anzuberaumen, wenn dies in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde.
Der Beschwerdeführer begründet den Verstoß gegen diese Regelung damit, daß er einerseits eine mündliche Verhandlung beantragt, andererseits in seiner Berufung nicht nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet habe. Zum ersten Vorwurf ist ihm zu entgegnen, daß er den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung an die Berufungsbehörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) in der Berufung richten muß. Daß er dies getan hat, behauptet er selbst nicht. Er vertritt aber den Standpunkt, aus seinem Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (zur Zl. 94/02/0140), mit dem er das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung im ersten Rechtsgang gerügt hatte, hätte sich für das nach Ergehen des Erkenntnisses vom 24. Juni 1994 fortzusetzende Berufungsverfahren die Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergeben. Damit ist er nicht im Recht. Das Erfordernis, die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen, wird durch das Vorbringen in anderen Verfahren nicht ersetzt.
Anders stellt sich die Situation betreffend den Inhalt der Berufung dar. Die Bestreitung der Annahme, eine von ihm erteilte Auskunft sei unrichtig gewesen, umfaßt zweifellos nicht nur die rechtliche Beurteilung durch die Erstbehörde, sondern betrifft in hohem Maße auch Tatfragen. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor Erlassung des angefochtenen Bescheides verstößt somit gegen § 51e Abs. 2 VStG und stellt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.
Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften freilich nur dann, wenn sie wesentlich ist, d.h. wenn die Behörde bei ihrer Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Dies wiederum setzt auf seiten des Beschwerdeführers voraus, daß er die Wesentlichkeit dartut, indem er ausführt, was er bei Vermeidung des Verfahrensfehlers unternommen hätte, das zur Erlassung eines anderslautenden Bescheides hätte führen können, in concreto also, was er bei einer mündlichen Verhandlung vorgebracht hätte. In diesem Sinne führt der Beschwerdeführer aus, es sei ihm gelungen, eine schriftliche Erklärung der von ihm als Lenker namhaft gemachten Person betreffend deren Lenktätigkeit im fraglichen Zeitpunkt zu erhalten. Er schließt seiner Beschwerde auch eine mit 25. Februar 1994 datierte, mit dem Namen der betreffenden Person unterfertigte Erklärung an; diese Erklärung habe er im vorangegangenen verwaltungsgerichtlichen Verfahren wegen des dort herrschenden Neuerungsverbotes nicht verwendet, er hätte sie aber der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung vorgelegt.
Ohne auf den Beweiswert dieser Erklärung (die offenbar unter Verwendung eines an die betreffende Person ergangenen behördlichen Schreibens der Erstbehörde verfertigt worden ist) einzugehen, ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß er diese Erklärung bereits nach Aufhebung des Vorbescheides der belangten Behörde vom 12. Jänner 1994 durch den Verwaltungsgerichtshof im fortgesetzten Verwaltungsstrafverfahren auch ohne mündliche Verhandlung hätte vorlegen können. Damit, daß jedenfalls - im zweiten Rechtsgang - eine mündliche Verhandlung stattfinden würde, durfte er auf Grund seiner Wahrnehmungen im ersten Rechtsgang, wonach die belangte Behörde den Standpunkt vertrat, keine mündliche Verhandlung durchführen zu müssen, keinesfalls rechnen; dies umsoweniger, als er - wie oben ausgeführt - solches gegenüber der belangten Behörde auch gar nicht ausdrücklich beantragt hatte und das Unterbleiben einer Verhandlung im ersten Rechtsgang auch keinen Niederschlag im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1994 gefunden hat. Der in der Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung liegende Verfahrensmangel kann daher vom Verwaltungsgerichtshof nicht als wesentlich erkannt werden.
3. Wenn der Beschwerdeführer schließlich rügt, ihm sei von der Erstbehörde "ein taxativer Katalog geeigneter Beweismittel" zur Dartuung der Existenz der von ihm angegebenen Person, ihres Aufenthaltes in Österreich zur fraglichen Zeit bzw. ihrer Lenktätigkeit vorgeschrieben worden, ist ihm zuzugestehen, daß eine notarielle oder gerichtliche Beglaubigung einer derartigen Erklärung nicht in jedem Fall geboten ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1991, Slg. Nr. 13451/A). Der Beschwerdeführer hätte sich aber auch anderer Bescheinigungsmittel als der angegebenen bedienen können. Ein Verständnis, daß von vornherein nur bestimmte Beweismittel in Betracht kommen könnten, widerspräche dem § 46 AVG, wonach als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Der Beschwerdeführer geht ja schließlich selbst davon aus, wenn er glaubt, seinen Standpunkt mit Hilfe der erwähnten Erklärung, die weder notariell noch gerichtlich beglaubigt ist, vertreten zu können.
4. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch zur Feststellung veranlaßt, daß die Angabe, eine Person (mit Wohnsitz im Ausland) sei österreichischer Staatsangehöriger und besitze einen österreichischen Führerschein, allenfalls etwas über deren Existenz, aber nichts über deren Aufenthalt in Österreich zu einem bestimmten Zeitpunkt aussagt.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
"zu einem anderen Bescheid" Beweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen Grundsatz der UnbeschränktheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994020457.X00Im RIS seit
03.04.2001