TE Vwgh Beschluss 1994/12/29 AW 94/20/0388

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Veröffentlicht am 29.12.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs3;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache des Y in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 1994, Zl. 4.344.887/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, über den Antrag der belangten Behörde, die mit Beschluß vom 14. Oktober 1994, Zl. AW 94/20/0388-3, zuerkannte aufschiebende Wirkung der Beschwerde zu widerrufen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Antrag, die ausgesprochene Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu widerrufen, wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer - ein türkischer Staatsangehöriger, der am 22. August 1994 in das Bundesgebiet eingereist war und am 24. August 1994 einen Asylantrag gestellt hatte - erhob am 6. Oktober 1994 beim Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. September 1994, Zl. 4.344.887/1-III/13/94, Beschwerde und beantragte gleichzeitig, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung (im Umfang der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung) zuzuerkennen. Er brachte in seiner Beschwerde unter anderem vor, er sei 1990 aus der Türkei geflüchtet und im Oktober 1992 aus Deutschland wieder in die Türkei abgeschoben worden; am 12. August 1994 sei er neuerlich aus der Türkei geflüchtet und am 22. August 1994 in das Bundesgebiet eingereist. Bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides sei ihm die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 zugekommen. Durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides drohe ihm jedoch letztlich die Abschiebung in den Verfolgerstaat Türkei. Zwingende öffentliche Interessen, die den umgehenden Vollzug des angefochtenen Bescheides erforderten, würden nicht vorliegen. Demgegenüber wäre aber mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für ihn ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden.

Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1994, Zl. AW 94/20/0388-3, wurde dem Antrag gemäß § 30 Abs. 2 VwGG mit der Wirkung stattgegeben, daß dem Beschwerdeführer die Rechtstellung zukommt, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte.

Die belangte Behörde stellte am 16. Dezember 1994 den Antrag, die ausgesprochene Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu widerrufen. Sie führte dazu im wesentlichen aus, die Bundespolizeidirektion Wien (Büro für Erkennungsdienst) habe dem Bundesministerium für Inneres mit Schreiben vom 9. Dezember 1994 mitgeteilt, daß die Fingerabdrücke des Beschwerdeführers und die eines türkischen Staatsangehörigen namens K (geboren 1964) ident seien. Dieser K habe - wie sich aus seinem Akt ergebe - bereits am 9. November 1989 bei der Bezirkshauptmannschaft Baden einen Antrag auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft gestellt; dieser Antrag sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. März 1990 rechtskräftig abgewiesen worden. Daraus folgerte die belangte Behörde, daß der Beschwerdeführer bereits 1989 (vermutlich unter falschem Namen) als Asylwerber aufgetreten und diesen Umstand verschwiegen habe. Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stünden nunmehr - da sich die im Zeitpunkt der Beschlußfassung am 14. Oktober 1994 maßgeblichen Voraussetzungen geändert hätten - zwingende öffentliche Interessen entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 30 Abs. 2 VwGG auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung duch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

Vorauszuschicken ist, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jedoch übereinstimmend mit dem Beschwerdevorbringen davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer in das Bundesgebiet am 22. August 1994 einreiste und bereits am 24. August 1994 einen Asylantrag stellte. Damit spricht nichts dagegen, daß dem Beschwerdeführer bis zu dem im § 7 Abs. 3 Asylgesetz 1991 genannten Zeitpunkt die vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 7 Abs. 1 leg. cit. zugekommen ist. Abweichend von der Mutmaßung der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde jedoch keineswegs verschwiegen, daß er bereits früher (1990) aus der Türkei geflüchtet war, sich von Oktober 1992 bis 12. August 1994 in der Türkei aufgehalten hatte und dann im August 1994 ein zweites Mal aus der Türkei geflüchtet sei. Daß der Beschwerdeführer jemals nach einem früheren Asylverfahren gefragt worden wäre und insoweit im Verwaltungsverfahren falsche Angaben gemacht hätte, ergibt sich aus dem Vorbringen der belangten Behörde jedenfalls nicht. Abgesehen davon, daß sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 bzw. die Unanwendbarkeit der Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 4 leg. cit. gar nicht gestützt hat und Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben haben, sind die von der belangten Behörde nunmehr vorgetragenen "neuen Umstände" jedoch vor allem unerheblich und daher nicht geeignet, eine in der Sache anders lautende Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung herbeizuführen. Die belangte Behörde vermag in ihrer Stellungnahme nämlich weder eine verspätete Antragstellung durch den Beschwerdeführer im Sinne des § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 noch zwingende Umstände aufzuzeigen, aus denen abzuleiten wäre, daß bzw. welche vom bisherigen Vorgehen der belangten Behörde umfaßte öffentlichen Interessen einem Aufschub gemäß § 30 Abs. 2 VwGG entgegenstehen sollen und warum demnach die sofortige Vollstreckung geboten ist.

Der Antrag erweist sich daher schon aus diesem Grunde als unberechtigt.

Schlagworte

Entscheidung über den Anspruch Verfahrensrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:AW1994200388.A00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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