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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Anwendung einer ein Fahrverbot für KFZ über 7,5 t mit bestimmter Fracht verfügenden Verordnung der Vlbg LandesregierungSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird daher abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem gemäß Art144 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft von der Vorarlberger Landesregierung über ihren Antrag eine Ausnahmegenehmigung von der für Kraftfahrzeuge über 7,5 t Gesamtgewicht in Höchst, Lustenau, Mäder und Meiningen, die mit Kies, Sand, Schotter oder Steinen beladen sind, geltenden Fahrverbotsverordnung vom 30. Jänner 1991, Z Ib-123-32, erteilt. Die Bewilligung wurde auf den Transport von Material, das in Vorarlberg geladen wurde, beschränkt und mit 30. April 1991 befristet. Da eine zusätzlich begehrte Ausnahmebewilligung für die Beförderung von Kies aus der Bundesrepublik Deutschland in die Schweiz nicht erteilt wurde und die erteilte Bewilligung bis zum 30. April 1991 befristet war, erachtet sich die beschwerdeführende Gesellschaft durch den bekämpften Bescheid als beschwert und wegen Anwendung einer gesetz- und verfassungswidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hält die Fahrverbotsverordnung der Vorarlberger Landesregierung vom 30. Jänner 1991, Z Ib-123-32, (kurz: Fahrverbotsverordnung) für gesetzwidrig, weil sich die Verordnung sowohl auf §43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 als auch auf §43 Abs2 lita StVO 1960 stütze, obwohl diese Bestimmungen im Verhältnis der Ausschließlichkeit zueinander stünden. Die in der Verordnung getroffenen Beschränkungen seien auch gar nicht geeignet, die in §43 Abs1 litb StVO 1960 genannten Ziele zu erreichen.
Die Fahrverbotsverordnung sei aber auch nach §43 Abs2 lita StVO 1960 gesetzwidrig. Danach sei ein Fahrverbot für LKW mit einer bestimmten Ladung nur zulässig, "wenn gerade durch die bestimmte Ladung Gefahren oder Belästigungen entstehen können". Rechtswidrig sei die Verordnung jedoch dann, wenn sie ohne Rücksichtnahme auf die Gefährlichkeit oder Eignung der Ladung zur Belästigung und nur mit der Intention, die LKW-Frequenz zu senken, erlassen werde. Die Fahrverbotsverordnung sei daher im vorliegenden Fall rechtswidrig, weil "es intentional offensichtlich nur darum geht, den Transport von Kies aus der Bundesrepublik durch Vorarlberg in die Schweiz zu beschränken, wobei das Ladegut weder gefährlich, noch geeignet ist, zu belästigen".
Ferner wurde nach Meinung der beschwerdeführenden Gesellschaft bei Erlassung der Fahrverbotsverordnung entgegen §43 Abs2 letzter Satz StVO 1960 auf die wirtschaftlich notwendigen Verkehrsbeziehungen, welche sich beim Kiestransport entwickelt haben, kein Bedacht genommen. In Ermangelung von Transportalternativen seien nunmehr nämlich die Transportunternehmen genötigt, mit kleineren Fahrzeugen Transporte durchzuführen. "Damit wäre zwingend eine Erhöhung der Beeinträchtigung für die Bevölkerung und die Umwelt verbunden." Die Verordnung diene damit nicht einmal dem angestrebten (gesetzlich nicht vorgesehenen) Zweck, sondern wirke sich gegenläufig aus.
Die beschwerdeführende Gesellschaft, "welche sich insbesondere im Bereich des Transportes von Kies, Sand, Schotter und Steinen betätigt", werde durch die bekämpfte Fahrverbotsverordnung darüber hinaus "gegenüber anderen Transportunternehmen unsachlich diskriminiert". Die bekämpfte Verordnung bezwecke die Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen von der Bevölkerung und der Umwelt der Gemeinden Höchst, Lustenau, Mäder und Meiningen. Da das Transportgut weder besondere Gefahren noch besondere Belästigungen mit sich bringe, könne Zweck der Verordnung nur sein, Gefahren und Belästigungen zu verhindern, welche durch den Transport an sich, also das Fahren der Lastkraftfahrzeuge entstehen. Da dieselben Gefahren und Belästigungen, welche von Lastkraftfahrzeugen ausgehen, die mit Kies uä. beladen sind, von jedem anderen Lastkraftfahrzeug ausgehen, würden die von der Verordnung betroffenen Transporte und damit die in diesem Bereich tätigen Unternehmen gegenüber anderen Transportunternehmen diskriminiert, zumal "der Anteil der betroffenen Transporte am Gesamtverkehrsaufkommen ... äußerst gering" sei und an der Grenze Lustenau im Jahre 1988 lediglich einen Prozentsatz von ca. 0,5 % am Gesamtverkehrsaufkommen und von ca. 5 % am gesamten LKW-Aufkommen ausmache.
Durch die Fahrverbotsverordnung werde der beschwerdeführenden Gesellschaft die Ausübung eines wesentlichen Unternehmensbereiches untersagt. Sie greife daher unzulässigerweise in die Erwerbsausübungsfreiheit der beschwerdeführenden Gesellschaft ein. Selbst wenn ein öffentliches Interesse daran angenommen wird, Gefahren und Belästigungen von der Bevölkerung oder der Umwelt fernzuhalten, sei die Verordnung zur Zielerreichung ungeeignet, inadäquat und sachlich nicht gerechtfertigt, weil es unverhältnismäßig sei, einzelne Unternehmen, die sich mit dem Transport von Kies, Sand, Schotter und Steinen beschäftigen, derart zu diskriminieren, daß ihnen die wirtschaftliche Existenz entzogen wird.
2. Die Vorarlberger Landesregierung beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde abzuweisen.
Die Vorarlberger Landesregierung weist vorerst darauf hin, daß entgegen der Behauptung der beschwerdeführenden Gesellschaft auch Ausnahmebewilligungen für die Beförderung von Kies aus der Bundesrepublik Deutschland in die Schweiz im Einvernehmen mit einem Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft dergestalt erteilt wurden, daß diese Ausnahmebewilligungen der Firma B-M Ges.m.b.H. & Co KG unter namentlicher Anführung der beschwerdeführenden (Transport-)Firma B Ges.m.b.H. für Fahrten zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz erteilt wurden. Im übrigen enthalte die angefochtene Ausnahmebewilligung keine Abweisung des auf den Kiestransport von der Bundesrepublik Deutschland in die Schweiz zielenden Ausnahmebewilligungsantrages. Auch die zeitliche Begrenzung der erteilten Ausnahmebewilligung bedeute für die beschwerdeführende Gesellschaft keinen Rechtsnachteil, weil nach dem 30. April 1991 weitere Bewilligungen erteilt worden seien. Im übrigen ist die Vorarlberger Landesregierung der Auffassung, daß sich die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Verordnung der Vorarlberger Landesregierung sowohl auf §43 Abs1 litb Z1 als auch auf §43 Abs2 lita StVO 1960 stützt. Sowohl die gefährdete Verkehrssicherheit als auch darüber hinaus Umweltgründe seien für die Erlassung der erwähnten Verordnung ausschlaggebend gewesen.
Nach Meinung der Vorarlberger Landesregierung sind Verkehrsbeschränkungen für ein bestimmtes Ladegut gesetzmäßig, "wenn Transporte mit einem bestimmten Ladegut an sich Verkehrsbeschränkungen erforderlich machen". In Lustenau machten Transporte mit Kies, Sand, Schotter und Steinen einen erheblichen Anteil am Schwerverkehr auf den Bundesstraßen B 203 und B 204 im Ortsinneren aus. Von 607 LKW pro Tag transportierten zwischen 54 und 120 Fahrzeuge pro Tag Kies, Schotter, Sand und Steine. "Dieser Schwerverkehr hat nicht nur zu unzumutbaren Belästigungen der Anrainer durch Lärm, Geruch und Schadstoffe, sondern auch zu einer erheblichen Gefährdung der Verkehrssicherheit geführt."
Die genannten Kies-, Sand-, Schotter- und Steintransporte fänden im überregionalen Verkehr überwiegend zwischen einer geringen Zahl von konstanten Absendern im süddeutschen Raum und einer ebenfalls geringen Zahl von konstanten Abnehmern im grenznahen St. Galler Rheintal statt. Dieser Umstand, die Art des Transportgutes, die Regelmäßigkeit und die in Aussicht stehende Dauer dieser Transporte hätten es mehr als bei jedem anderen Transportgut nahegelegt, nach einer Transportmöglichkeit zu suchen, die der Gesundheit von Menschen, den Zielen des Umweltschutzes - in diesem Zusammenhang verweist die Vorarlberger Landesregierung auf das verfassungsrechtliche Staatsziel des umfassenden Umweltschutzes - und der Verkehrssicherheit besser gerecht werde.
Das der Erlassung der Fahrverbotsverordnung vorangehende Ermittlungsverfahren führte zum Ergebnis,
"daß die überregionalen Kiestransporte nach einem Zeitstufenplan mit vertretbarem Aufwand auf Bahn und Schiffe verlegt werden können. Diese Transportmittel werden schon derzeit genützt und sind weiter ausbaufähig. Der gegenständlichen Verordnung liegt daher der Gedanke zugrunde, daß die Kiestransporte nach einem Zeitstufenplan von der Straße auf die Bahn und das Wasser verlegt werden sollen."
Zum Vorwurf der beschwerdeführenden Gesellschaft, daß bei Erlassung der Verordnung auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen sowie der Verkehrserfordernisse gemäß §43 Abs2 letzter Satz StVO 1960 nicht Rücksicht genommen wurde, entgegnet die Vorarlberger Landesregierung, daß
"hinsichtlich der Kiestransporte auf den betroffenen Straßenabschnitten durch die nachweislich bestehenden Transportalternativen Reduktionen erfolgen werden. Die vom Gesetz aufgetragene Abwägung führte daher zum Ergebnis, daß der durch die Verordnung angestrebte Zweck höher zu bewerten ist als die Verkehrserfordernisse für Kiestransporte auf den betroffenen Straßenabschnitten."
Zum Vorwurf der Verletzung des Gleichheitssatzes und der Erwerbsausübungsfreiheit durch die genannte Verordnung verweist die Vorarlberger Landesregierung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8.10.1990, B123/90 ua., weil die dort angeführten Umstände zur Rechtfertigung von (Nachtfahrverbots-)Verordnungen im Hinblick auf den Gleichheitssatz und die Erwerbsausübungsfreiheit auch hier zutreffen, da sie gleiche schützenswerte Interessen betreffen.
II. 1. Die Beschwerde ist zulässig.
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 10959/1986 dargetan und in seinem Erkenntnis vom 8.10.1990, B123/90 ua., bekräftigt hat, können Beschränkungen und Belastungen, die einer straßenpolizeilichen Ausnahmebewilligung von einer eine Verkehrsbeschränkung verfügenden Verordnung von der Behörde beigefügt wurden, nur dadurch angefochten werden, daß die Ausnahmebewilligung selbst, mit der jene Beschränkungen eine untrennbare Einheit bilden, bekämpft wird.
Mit Rücksicht auf die dem angefochtenen Bescheid innewohnende Befristung (mit 30. April 1991), die auch durch den Erlaß neuer, nachfolgender Ausnahmebewilligungen rechtlich nicht beseitigt (wenn auch faktisch möglicherweise bedeutungslos) wurde, sowie wegen der sonstigen Bedingungen und Auflagen des Bescheides beschwert dieser die beschwerdeführende Gesellschaft. Da sohin die beschwerdeführende Gesellschaft legitimiert ist, den Bescheid anzufechten und auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.
2. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet.
a. Die beschwerdeführende Gesellschaft bezweifelt die Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung vom 30. Jänner 1991, ZIb-123-32, mit welcher das Fahren mit Fahrzeugen, die mit Kies, Sand, Schotter oder Steinen beladen sind und deren Gesamtgewicht 7,5 t überschreitet, auf bestimmten Straßen in Höchst, Lustenau, Mäder und Meiningen jeweils im Ortsgebiet verboten wurde. Der Verfassungsgerichtshof teilt jedoch die von der beschwerdeführenden Gesellschaft vorgetragenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Verordnung nicht.
aa. Gemäß §43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 hat die Behörde für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken durch Verordnung Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen, "wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs ... erfordert".
Gemäß §43 Abs2 lita StVO 1960 hat die Behörde "zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe ..., wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt ... erforderlich ist, durch Verordnung
für bestimmte ... Straßenstrecken für alle oder für bestimmte
Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen dauernde oder zeitweise Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen". Gemäß dem letzten Satz des §43 Abs2 StVO 1960 ist bei der Erlassung solcher Verordnungen "einerseits auf den angestrebten Zweck und andererseits auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse Bedacht zu nehmen".
Entgegen der von der beschwerdeführenden Gesellschaft geäußerten Auffassung ist es sehr wohl denkbar, daß eine Verkehrsbeschränkung oder ein Verkehrsverbot sowohl der Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs im Sinne des §43 Abs1 litb StVO 1960 dient als auch gleichzeitig zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen zum Schutze der Bevölkerung oder der Umwelt im Sinne des §43 Abs2 StVO 1960 erforderlich ist und daher gestützt auf beide gesetzlichen Tatbestände erlassen wird.
Das der angefochtenen Ausnahmebewilligung zugrundeliegende Fahrverbot findet jedenfalls in §43 Abs2 StVO 1960 eine hinreichende gesetzliche Deckung, sodaß es hier dahingestellt bleiben kann, ob die Verordnung der Vorarlberger Landesregierung vom 30. Jänner 1991, Z Ib-123-32, auch der Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs im Sinne des §43 Abs1 litb StVO 1960 zu dienen geeignet ist.
bb. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seiner bisherigen Judikatur (VfGH 8.10.1990, B123/90 ua.; 12.12.1991, V210/91 ua. sowie VfSlg. 11493/1987 zu §43 Abs2 litb StVO 1960 idF der 13. StVO-Novelle in Zusammenhang mit verschiedenen Nachtfahrverboten) ausgesprochen hat, wird bei Erlassung einer Verkehrsbeschränkung gemäß §43 Abs2 lita StVO 1960 von der Verwaltungsbehörde im Zuge der von ihr vorzunehmenden Interessenabwägung der gesetzlich eingeräumte Beurteilungsspielraum nicht schon dadurch überschritten, daß sie den Interessen der Bevölkerung an der Fernhaltung von Gefahren und Belästigungen, insbesondere durch Lärm, den Vorrang vor den Interessen des Verkehrs an einer ungehinderten Benutzung der von einer Verkehrsbeschränkung betroffenen Straße einräumt.
Es ist unbestritten (und läßt sich auch den vorliegenden Verordnungsakten entnehmen), daß die Anrainer der Bundesstraßen B 203 und B 204 in Lustenau durch den Verkehr in besonderem Maß Belästigungen ausgesetzt sind und daß daher die Forderung der Lustenauer Bevölkerung nach Einschränkung des Schwerverkehrs auf den angeführten Straßen im Ortsgebiet von Lustenau als berechtigt anerkannt und zu diesem Zweck die Fahrverbotsverordnung erlassen wurde. Die Gemeinden Höchst, Mäder und Meiningen wurden in die Verordnung miteinbezogen, weil (laut Amtsvortrag des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 28. Jänner 1991) zu erwarten ist, "daß bei einem Fahrverbot durch Lustenau der bisher dort transitierende Schwerverkehr auf die anderen drei erwähnten Gemeinden ausweichen und dort eine unzumutbare Belastung wie in Lustenau hervorrufen würde".
cc. Daß das Fahrverbot beschränkt auf Fahrzeuge, die mit Kies, Sand, Schotter oder Steinen beladen sind, gemäß §43 Abs2 StVO 1960 erlassen werden durfte, ergibt sich einmal daraus, daß diese gesetzliche Bestimmung ausdrücklich Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt "für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen" vorsieht; zum anderen aber daraus, daß "bei der Erlassung solcher Verordnungen ... einerseits auf den angestrebten Zweck und andererseits auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse Bedacht zu nehmen (ist)".
Zur Begründung der Beschränkung des Fahrverbotes auf Kies-, Sand-, Schotter- und Steintransporte wird in dem für die Erlassung der Verordnung maßgeblichen "Bericht der Arbeitsgruppe 'Kiestransporte'" vom 30. November 1990 nämlich ausgeführt:
"In den letzten Jahren ist ein regelmäßiger LKW-Transport von Kies aus dem grenznahen Deutschland durch Vorarlberg in das untere Schweizer Rheintal (Raum St. Margrethen) festzustellen. Wegen der durch diese Kiestransporte verursachten Belästigungen für die Anrainer gewisser Durchzugsstraßen, insbesondere in Lustenau, sollen diese Kiestransporte auf der Straße soweit wie möglich reduziert werden."
Wie der "Bericht der Arbeitsgruppe 'Kiestransporte'" vom 30. November 1990 ferner zeigt, betrug der Anteil der "mit Kies, Sand, Schotter oder Steinen beladenen" LKW, die nunmehr vom Fahrverbot betroffen sind, ca. 11 % der Gütertransporte. Den Verordnungsakten ist schließlich zu entnehmen, daß die Kies-, Sand-, Schotter- und Steintransporte nach einem mit den betroffenen Staaten und den vorwiegend berührten Unternehmen erarbeiteten Zeitstufenplan von der Straße auf die Bahn und das Wasser verlegt werden sollen. Schon wegen der gesetzlich geforderten Bedachtnahme "auf die Bedeutung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrserfordernisse" kann der Vorarlberger Landesregierung sohin nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Zuge der Interessenabwägung die Auffassung vertritt, daß die gebotene Reduzierung der Schwertransporte durch Lustenau am besten bei jenen Transportgütern anzusetzen hat, die am ehesten auf andere Verkehrsträger verlagert werden können. Dies trifft offensichtlich auf die genannten Kiestransporte zu.
Das verordnete Fahrverbot "für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen" im Sinne des §43 Abs2 StVO 1960 ist als straßenpolizeiliche Vorschrift im Sinne des Art11 Abs1 Z4 B-VG anzusehen. Zwar hat der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 8035/1977 (S. 265; vgl. auch VfSlg. 8984/1980, S. 397) "Verkehrsbeschränkungen, die sich aus der Eigenart von Kraftfahrzeugen, die gefährliche Güter transportieren, ergeben", als Bestandteil der Verwaltungsmaterie "Kraftfahrwesen" im Sinne des Art10 Abs1 Z9 B-VG bezeichnet; dies ist jedoch nicht so zu verstehen, daß verkehrsbeschränkende Regelungen im Zusammenhang mit der Ladung von Kraftfahrzeugen schlechthin dem Kompetenztatbestand "Kraftfahrwesen" zuzuordnen und von der "Straßenpolizei" ausgenommen sind. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 11493/1987 (in Zusammenhang mit einem auf §43 Abs2 litb StVO 1960 gestützten Nachtfahrverbot) ausgesprochen hat, zählt ein Fahrverbot zum Schutz der Bevölkerung vor Belästigungen durch Verkehrslärm zur "Straßenpolizei". Die Erregung solchen Lärms ist nicht eine Besonderheit, die nur Kraftfahrzeugen allgemein oder nur einer bestimmten Gruppe von Kraftfahrzeugen eigen ist. Die Normierung des Fahrverbotes bezieht sich im gegebenen Regelungszusammenhang nicht in erster Linie auf Merkmale, die für Kraftfahrzeuge schlechthin oder solche einer bestimmten Art typisch sind. Die Verordnung der Vorarlberger Landesregierung vom 30. Jänner 1991, Z Ib-123-32, ist sohin eine straßenpolizeiliche Vorschrift.
Die in Rede stehende Verordnung erscheint daher im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles nicht als gesetzwidrig.
b. Auch die von der beschwerdeführenden Gesellschaft behauptete Verletzung des Gleichheitssatzes liegt nicht vor. Die sachliche Rechtfertigung dafür, daß lediglich Kiestransporte (uä.) vom Fahrverbot betroffen sind, liegt in dem bereits geschilderten Umstand, daß durch ein derart beschränktes Fahrverbot zwar der Notwendigkeit einer Reduktion des Schwerverkehrs im Interesse der an der vom Fahrverbot betroffenen Straßenstrecke lebenden Bevölkerung Rechnung getragen wird, gleichwohl aber angesichts der Substituierbarkeit der betreffenden Straßentransporte durch andere Verkehrsträger die Verkehrsbedürfnisse hinlänglich berücksichtigt werden.
c. In ihrer Erwerbsfreiheit ist die beschwerdeführende Gesellschaft durch die Fahrverbotsverordnung keinesfalls verletzt. Selbst wenn einzelne Unternehmen durch die Fahrverbotsverordnung der Vorarlberger Landesregierung spezifisch in ihrem Erwerb betroffen sind, wie von der beschwerdeführenden Gesellschaft behauptet wird, ist es angesichts des dargestellten, im öffentlichen Interesse gelegenen Zieles der Verordnung, das im Schutz der Bevölkerung vor Verkehrslärm liegt, und angesichts der bestehenden Ausweichmöglichkeiten für den Kiestransport adäquat und gerechtfertigt, den Transitverkehr mit den genannten Gütern zu untersagen.
Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die beschwerdeführende Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Straßenpolizei, Verkehrsbeschränkungen, Fahrverbot, ErwerbsausübungsfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B252.1991Dokumentnummer
JFT_10079070_91B00252_00