TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/17 94/11/0382

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Veröffentlicht am 17.01.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

AVG §68 Abs1;
WehrG 1990 §35 Abs1 idF 1992/690;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z1 idF 1992/690;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z1;
WehrG 1990 §36a Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/11/0390

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerden des T in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in Wien, gegen 1) den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 27. Oktober 1994, Zl. 572.280/4-2.7/94, betreffend Feststellung des Wegfalls von Befreiungsgründen (hg. Zl. 94/11/0382), und 2) den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 24. November 1994, Zl. W/65/14/01/28, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst (hg. Zl. 94/11/0390), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in den Beschwerden und dem Inhalt der angefochtenen Bescheide ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 2. September 1983 wurde der Beschwerdeführer von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes aus öffentlichen Interessen von Amts wegen befreit. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß der Bescheid seine Wirksamkeit verliere, wenn die Voraussetzungen für die Befreiung vom ordentlichen Präsenzdienst weggefallen sind. Mit dem erstangefochtenen Bescheid stellte der belangte Bundesminister für Landesverteidigung gemäß § 36a Abs. 4 im Zusammenhalt mit Abs. 1 Z. 1 des Wehrgesetzes 1990 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 690/1992 fest, daß die für die seinerzeitige Befreiung maßgebenden Voraussetzungen weggefallen seien und der Bescheid vom 2. September 1983 seine Wirksamkeit verloren habe. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid des belangten Militärkommandos Wien wurde der Beschwerdeführer zur Ableistung des Grundwehrdienstes im Bundesheer beginnend ab 6. Februar 1995 einberufen.

In seinen an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerden macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide geltend und beantragt deren kostenpflichtige Aufhebung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1) Zum Feststellungsbescheid:

Nach der Begründung des erstangefochtenen Bescheides beruhte die amtswegige Befreiung des Beschwerdeführers von der Präsenzdienstpficht darauf, daß er zum Befreiungszeitpunkt bei der Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung in seiner Funktion als Fernmeldemonteur nicht ersetzt werden konnte. Laut Mitteilung des Arbeitgebers vom 9. Mai 1994 gehöre der Beschwerdeführer nunmehr einer Gruppe von Bediensteten an, die nicht mehr als Fernmeldemonteure verwendet werden. Der Beschwerdeführer sei vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt worden und habe darauf in seiner Stellungnahme (neben familiären Gründen) geltend gemacht, daß er den Diensttitel Werkmeister führe und in der Fernmeldemonteurschule Wien als Ausbilder tätig sei. Mit dieser Verwendungsänderung seien nach Auffassung der belangten Behörde die für die seinerzeitige Befreiung des Beschwerdeführers maßgeblichen Voraussetzungen weggefallen.

Der Beschwerdeführer hält die Begründung des angefochtenen Bescheides für unzureichend und vertritt die Auffassung, die belangte Behörde habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Der Beschwerdeführer sei nach wie vor im selben Arbeitsbereich tätig, an seiner Dienststelle herrsche akuter Personalmangel, der die Lehrlingsausbildung gefährde. Die seinerzeitige Befreiung sei auch nicht auf eine bestimmte Tätigkeit oder einen bestimmten Arbeitsplatz abgestellt worden.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen. Daß sich die Verwendung des Beschwerdeführers in bezug auf seine "Tätigkeit" zwischen September 1983 und dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geändert hat, wird von ihm nicht bestritten. Er übersieht jedoch, daß nicht schon die Beschäftigung im öffentlichen Dienst, in welcher Funktion immer, ein öffentliches Interesse im Sinne des § 36a Abs. 1 Z. 1 WG an der amtswegigen Befreiung des Betreffenden von der Präsenzdienstpflicht darstellt. Das Weiterbestehen oder den Wegfall eines solchen Interesses zu beurteilen obliegt zunächst den für die Aufrechterhaltung des betreffenden, im Interesse der Allgemeinheit gelegenen, Dienstes Verantwortlichen, letztlich dem Bundesminister für Landesverteidigung bei der von ihm zu treffenden Entscheidung nach § 36a Abs. 1 Z. 1 leg. cit. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zlen. 94/11/0098, 0099). Die Verwendung eines Wehrpflichtigen, deretwegen seine amtswegige Befreiung ausgesprochen wurde, bildet ein für diese Entscheidung maßgebendes Sachverhaltselement (neben jenem der Unabkömmlichkeit des Wehrpflichtigen von der von ihm ausgeübten Tätigkeit). Endet diese Verwendung, so liegt DARIN eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes, der Befreiungsbescheid verliert damit seine Wirksamkeit. Das schließt nicht aus, daß auch die geänderte Verwendung ein öffentliches Interesse an seiner Befreiung begründet. Nur liegt dann ein ANDERER Befreiungsgrund vor. Dieser kann zwar die Grundlage eines neuerlichen Befreiungsbescheides sein, er steht aber der Erlassung eines Bescheides, mit dem der Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen und die Unwirksamkeit des seinerzeitigen Befreiungsbescheides festgestellt wird, nicht entgegen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1994, Zl. 94/11/0287).

Die Annahme der belangten Behörde, zufolge der geänderten Verwendung des Beschwerdeführers seien die Voraussetzungen für die seinerzeitige Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes weggefallen, ist schon im Hinblick auf das eigene Vorbringen des Beschwerdeführers unbedenklich. Diesem zufolge war er im September 1983 Fernmeldemonteurlehrling und ist nunmehr (seit 1. Dezember 1992) Ausbildner in der Fernmeldemonteurschule und arbeite mit Lehrlingsbautrupps am Netz. Es kann daher im Hinblick auf die zuvor dargestellte Rechtslage dahingestellt bleiben, ob die geänderte Tätigkeit des Beschwerdeführers ein öffentliches Interesse an seiner Befreiung begründet, weil dann ein anderer Befreiungsgrund vorliegen würde. Es bewirkt daher auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde zur behaupteten Unabkömmlichkeit des Beschwerdeführers keine weiteren Erhebungen gepflogen hat. Daß zwischen der "Lehrzeit als Fernmeldemonteur" des Beschwerdeführers im September 1983 und seiner nunmehrigen Tätigkeit als Ausbildner in der Fernmeldemonteurschule ein Unterschied in seiner Verwendung liegt, bedarf wohl keiner näheren Erläuterung. Die besagte Verwendungsänderung stellt eine Änderung des für die Befreiung des Beschwerdeführers maßgeblichen Sachverhaltes dar, weshalb die belangte Behörde zu Recht vom Wegfall der seinerzeitigen Befreiungsvoraussetzungen ausgegangen ist.

2. Zum Einberufungsbefehl:

Auch in seiner Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid macht der Beschwerdeführer geltend, daß er "durchgehend im Fernmeldewesen" und zwar im Fernmeldemonteurbereich tätig sei, obgleich nunmehr in gehobener Position. Die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Befreiungsgründe nicht mehr vorliegen, sie habe sich auch nicht mit dem seinerzeitigen Befreiungsbescheid auseinandergesetzt. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung, womit der Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen festgestellt worden sei, habe der Beschwerdeführer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde erhoben.

Daraus ist für den Beschwerdeführer jedoch nichts zu gewinnen: Ob Befreiungsgründe im Sinne des § 36a Abs. 1 Z. 2 WG vorliegen oder nicht, ist für die Rechtmäßigkeit des Einberufungsbefehls ohne Belang. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hindert weder das Vorliegen solcher Befreiungsgründe noch ein sei es bei den Verwaltungsbehörden sei es bei den Höchstgerichten anhängiges Verfahren über einen Befreiungsantrag die Erlassung eines Einberufungsbefehls. Erst ein rechtskräftiger Befreiungsbescheid wäre ein rechtliches Hindernis für die Erlassung eines Einberufungsbefehls (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zlen. 94/11/0098, 0099). Mit Erlassung des Feststellungsbescheides des Bundesministers für Landesverteidigung vom 27. Oktober 1994 durch Zustellung am 3. November 1994 (sohin vor Erlassung des gegenständlichen Einberufungsbefehls) stand für das belangte Militärkommando bindend fest, daß der seinerzeitige Befreiungsbescheid seine Rechtswirksamkeit verloren hat. Der Feststellungsbescheid war mit seiner Zustellung in Rechtskraft erwachsen. Es war dem belangten Militärkommando somit nicht verwehrt, den bekämpften Einberufungsbefehl zu erlassen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen. Damit erübrigt sich auch eine gesonderte Entscheidung über die - zu den hg.

Zlen. AW 94/11/0108 und AW 94/11/0110 protokollierten - Anträge, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994110382.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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