TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/17 93/08/0104

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Veröffentlicht am 17.01.1995
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ABGB §863;
ASVG §10 Abs1;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs1;
ASVG §5 Abs1 Z2;
ASVG §5 Abs2;
AuslBG §29 Abs1;
AuslBG §3;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):94/08/0062 E 17. Januar 1995

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der Wiener Gebietskrankenkasse, Wien X, Wienerbergstraße 15-19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 22. Februar 1993, Zl. 120.452/3-7/93, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. M., vertreten durch seinen Sachwalter Dr. U., Rechtsanwalt in W., 2. PVA der Arbeiter), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- und dem Erstmitbeteiligten M. Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der als Gegenschrift bezeichnete Schriftsatz der P. GmbH, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W., wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. Juni 1991 stellte die Beschwerdeführerin fest, daß der Erstmitbeteiligte M. ab 19. Juli 1990 aufgrund seiner Tätigkeit als Betonierer bei der P. GmbH in keinem die Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG begründenden Beschäftigungsverhältnis stehe.

Den von M. dagegen erhobenen Einspruch wies der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 14. Februar 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des M. gegen den Einspruchsbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG insofern Folge, als in Abänderung des Einspruchsbescheides festgestellt wurde, daß M. am 19. Juli 1990 aufgrund seiner Beschäftigung als Arbeiter bei der P. GmbH gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei.

Ihrer Entscheidung legte die belangte Behörde nachstehende Feststellungen zugrunde:

"Herr P. (der Geschäftsführer der P. GmbH), teilte seinem Arbeitnehmer, Herrn A., auf dessen Anfrage etwa um den 12.7.1990 mit, daß er Aushilfskräfte brauchen werde. (M.) ging daraufhin im Beisein von Herrn I., der ihm bei der Verständigung auf deutsch behilflich war, zur (P. GmbH). (P.) teilte dabei (I.) (unter Anwesenheit von M.) mit, daß am Donnerstag, dem 19.7.1990, gute Leute für Betonierungsarbeiten benötigt würden; diese sollten am 19.7.1990 um 5.30 Uhr zur (P. GmbH) kommen. (M.) begab sich zu diesem Termin unter Mitnahme seiner Arbeitskleidung an den vereinbarten Ort. Im Hof (des Betriebes der P. GmbH) standen ein LKW und ein VW-Kastenwagen bereit, welche zu einer Baustelle der (P. GmbH) nach E, Niederösterreich, fahren sollten. Nach einem kurzen Aufenthalt im Betriebshof der P. GmbH, von dem (P.) Kenntnis hatte, stieg (M.) mit zwei weiteren Arbeitern, Herrn D. und Herrn J. in den Laderaum des VW-Kastenwagens der (P. GmbH), da (P.) mit der Mitfahrt von (M.) und seinen beiden neuen Kollegen zu dieser Baustelle einverstanden war, um in der Folge auf der Baustelle Hilfsarbeiten beim Estrichlegen zu verrichten. Auf der Fahrt zur Baustelle ereignete sich ein Unfall, bei dem (M.) schwer verletzt wurde".

Zur Beweiswürdigung führte die belangte Behörde Nachstehendes aus:

Laut einer am 25. Jänner 1991 vor der Beschwerdeführerin aufgenommenen Niederschrift hätten I., A., D. und Frau PA., die Schwester des M., zu Protokoll gegeben, daß A., der vom 9. Juli 1990 bis 3. August 1990 als Hilfsarbeiter bei der P. GmbH beschäftigt gewesen sei, P. etwa am 12. Juli 1990 gefragt habe, ob er weitere Dienstnehmer brauche. P. habe geantwortet: "Wenn es zum Betonieren kommt, ja." Daraufhin sei M. mit I. und dessen Tochter zu P. gegangen. Dieser habe ihnen mitgeteilt, daß es sich um Betonierarbeiten handle, und "wenn die Leute gut sind, werden sie aufgenommen". Sie sollten am 19. Juli 1990 um 5.30 Uhr in Gummistiefeln zur P. GmbH kommen. Ferner sei ein Nettostundenlohn von S 50,-- vereinbart worden. Daraufhin seien M., D. und J. am 19. Juli 1990 um 5.30 Uhr zur P. GmbH gekommen und von Herrn H. angewiesen worden, in einen Kombi zu steigen, in dem sich Arbeitswerkzeug befunden habe. Dies habe A., der mit einem LKW der P. GmbH zur Abfahrt bereit gewesen sei, gesehen. Auf dem Weg zur Baustelle habe sich der Unfall ereignet.

PA. habe vor der belangten Behörde am 5. Oktober 1992 als Zeugin unter anderem angegeben, daß ihr M. und I. von dem am 18. Juli 1990 mit P. geführten Gespräch berichtet hätten. Danach habe P. von M. die Vorlage eines Visums verlangt, damit eine Arbeitsbewilligung ausgestellt werden könne. Die beiden seien aus diesem Grund noch am Abend zur Polizei gegangen. PA. habe außerdem erfahren, daß P. gesagt habe, ihr Bruder solle zunächst einmal mit der Arbeit beginnen, die Arbeitsbewilligung werde dann ausgestellt. PA. habe daraufhin noch am Abend gemeinsam mit M. Gummistiefel gekauft, weil P. das Tragen von Gummistiefeln verlangt habe.

I. und A. hätten vor der belangten Behörde am 28. Juli 1992 als Zeugen übereinstimmend angegeben, daß ihnen P. in den erwähnten Gesprächen vor dem 19. Juli 1990 mitgeteilt habe, er brauche junge kräftige Arbeiter und lege keinen Wert auf Erfahrung oder Fachkenntnisse. Die am 25. Jänner 1991 vor der Beschwerdeführerin aufgenommene Aussage, P. habe I. mitgeteilt, "wenn die Leute gut sind, werden sie aufgenommen", habe I. am 28. Juli 1992 dahingehend präzisiert, daß P. in Aussicht gestellt habe, die Arbeitnehmer könnten, wenn sie zufriedenstellend arbeiteten, auch weiterhin bei der P. GmbH arbeiten und angemeldet werden.

D. habe am 28. Juli 1992 vor der belangten Behörde als Zeuge angegeben, daß er sich wie M. (am 19. Juli 1990) zum erstenmal vereinbarungsgemäß im Hof der P. GmbH eingefunden, sich dort ca. 10 Minuten aufgehalten und gewußt habe, daß er arbeiten würde. Welche Arbeiten genau, habe er nicht gewußt, nur, daß es Betonarbeiten in einer Halle sein würden. In der Folge sei er von H. in den Laderaum des VW-Busses gelassen worden. Er habe so wie die beiden anderen Arbeiter seine Arbeitskleider und sein Essen in seiner Tasche mitgeführt und von seinen Kollegen erfahren, daß auch sie den ersten Tag bei der P. GmbH arbeiten sollten. Ein Mann mit Namen T habe im Hof des Betriebes der P. GmbH an diesem Morgen mit dem Chef (P.) gesprochen und ausgehandelt, daß die neuen Hilfsarbeiter an diesem Tag zu arbeiten beginnen könnten und S 60,-- pro Stunde erhalten würden. D., der selbst schlecht deutsch spreche, sei dabeigewesen, das Gespräch habe aber T geführt.

Herr DA. habe am 12. April 1991 vor der Beschwerdeführerin angegeben, daß er am 18. Juli 1990 bei der P. GmbH zu arbeiten begonnen habe. Er habe D. persönlich gekannt. Dieser und andere jugoslawische Staatsbürger, deren Namen er nicht kenne, hätten ihn ersucht, P. zu fragen, ob er sie als Arbeiter brauchen und um eine Arbeitsbewilligung ansuchen könne. Er selbst sei am 19. Juli 1990 um 5.30 Uhr im Hof des Betriebes der P. GmbH gewesen. P. habe ihm mitgeteilt, welche Arbeiten an diesem Tag zu machen seien. H. hätte zu ihm gesagt, er solle in den VW-Bus einsteigen.

A. habe am 28. Juli 1992 vor der belangten Behörde ferner angegeben, daß sich M. am 19. Juli 1990 verspätet habe. Er habe sich daraufhin an ihn gewendet, weil er ihn gekannt habe. A. habe M. dann zum Chef geschickt. Dem sei M. nachgekommen. Danach sei M. in den VW-Bus eingestiegen.

H., der am 19. Juli 1990 als Partieführer auf die Baustelle gefahren sei, habe in Übereinstimmung mit den eben zusammengefaßten Aussagen am 28. Juli 1992 vor der belangten Behörde angegeben, er habe mit P. am 19. Juli 1990 am Morgen im Hof des Betriebes der P. GmbH über die drei neuen Arbeiter gesprochen. P. habe zu ihm gesagt, daß die Arbeiter mitkämen. Mit den Hilfsarbeitern selbst hätte H. über die Ausgestaltung der Beschäftigung, insbesondere über die Entgeltlichkeit bzw. Unentgeltlichkeit, nicht gesprochen.

P. selbst habe als Partei vernommen in Übereinstimmung mit den oben zusammengefaßten Aussagen am 28. Juli 1992 vor der belangten Behörde angegeben, er habe am Morgen des 19. Juli 1990 zu H. gesagt, daß die drei Hilfsarbeiter auf die Baustelle fahren, sich die Arbeit anschauen und zu arbeiten probieren sollten. Er habe ferner ausgeführt, daß für die geplante Arbeit keine Facharbeiter benötigt worden seien. Zwei bis drei von insgesamt vier bis fünf Mann sollten angelernt, die übrigen Hilfsarbeiter sein. Vor der Beschwerdeführerin habe

P. am 11. April 1991 angegeben, er habe am 19. Juli 1990 bemerkt, daß diverse Personen (außer den bereits bei ihm Beschäftigten) im Hof des Betriebes der P. GmbH anwesend gewesen seien. Dies sei für ihn jedoch nichts Ungewöhnliches gewesen, weil oft Personen, meist am Morgen, um Arbeitsmöglichkeiten anfragten. DA. habe ihn darüber informiert, daß ihm diverse Personen bekannt seien. P. habe DA. gesagt, daß er Arbeitskräfte benötige. DA. habe darauf erklärt, daß sich einige die Baustelle anschauen und mit einem PKW den Firmenautos nachfahren wollten. P. habe erklärt, daß sie sich "von mir aus" die Baustelle ansehen könnten und sei daraufhin vom Hof in das Büro gegangen.

Aus den oben zusammengefaßten Aussagen gehe somit im wesentlichen übereinstimmend hervor, daß sich M. am 19. Juli 1990 um 5.30 Uhr zur P. GmbH begeben habe, weil er für diese habe arbeiten wollen. Ferner sei unbestritten geblieben, daß P., der sich an diesem Morgen im Betriebsgelände der P. GmbH befunden habe, von der Anwesenheit der neuen Hilfsarbeiter, unter ihnen auch M., gewußt habe und mit deren Mitfahrt zur Baustelle einverstanden gewesen sei sowie daß er diesbezüglich ein Gespräch mit H. geführt habe. M. sei somit zum Unfallszeitpunkt mit Wissen der Firmenleitung der P. GmbH auf dem Weg zu deren Baustelle gewesen. Schließlich habe sich übereinstimmend ergeben, daß die geplanten Arbeiten durch Hilfsarbeiter und angelernte Arbeiter zu verrichten gewesen wären.

Differenzen hätten sich in der Frage ergeben, ob P. dem M. die Arbeitsaufnahme und einen Lohn zugesagt habe. Angesichts der schon genannten widersprüchlichen Aussagen des P. sei die belangte Behörde zur Ansicht gelangt, daß seine Aussage, er könne sich an ein Gespräch mit I. nicht mehr erinnern, nicht glaubwürdig sei; vielmehr sei in diesem Punkt den glaubhaften Schilderungen des I. über dieses Gespräch zu folgen. Danach habe P. dem I. zugesagt, er brauche junge kräftige Arbeiter und er werde die Leute, wenn sie gut seien, zu einem Nettostundenlohn von S 50,-- aufnehmen; sie sollten am 19. Juli 1990 um 5.30 Uhr zur P. GmbH kommen. Im Gegensatz zu I. und M., die diese Zusage so aufgefaßt hätten, daß M. am 19. Juli 1990 im Rahmen eines Probearbeitsverhältnisses gegen ein Entgelt von S 50,-- zu arbeiten beginnen würden, hätten P. und H. ausgeführt, sie seien der Auffassung gewesen, daß sich die neuen Arbeiter die Baustelle nur ansehen und dort einen Test ablegen, d.h. ihr Können bei praktischer Arbeit demonstrieren bzw. zu arbeiten probieren und dann wieder nach Hause fahren würden. Zu der von den Arbeitern geforderten Qualifikation habe P. am 28. Juli 1992 ausgeführt, H. habe überprüfen sollen, ob die Leute kräftig seien und ob sie einen Willen und ein Interesse zu arbeiten hätten. Er selbst fahre nie auf die Baustellen mit. Die Leute wüßten genau, was sie tun müssen. Ein großes Können sei nicht erforderlich. H. habe dazu am 28. Juli 1992 ausgesagt, er hätte konkret darauf geschaut, ob die Arbeiter mit der Latte umgehen könnten. Sie hätten den Beton zu verteilen und danach mit dieser Latte ziemlich kräftig über den Beton zu fahren gehabt. Über das am Morgen des 19. Juli 1990 mit H. stattgefundene Gespräch habe P. am 28. Juli 1992 ausgesagt, er habe mit H. darüber gesprochen, daß sich die Arbeiter die Arbeit anschauen sollten. Er nehme an, daß ihnen H. das dann schon gesagt habe. Über die Situation am Morgen des 19. Juli 1990 im Hof des Betriebes der P. GmbH habe P. am 28. Juli 1992 ferner angegeben, "im Hof der Firma wird nicht viel geredet, da rennt die Zeit, da heißt es: Fahrt los". H. habe über dieses Gespräch vom 19. Juli 1990 am 28. Juli 1992 ausgesagt, P. habe zu ihm gesagt, daß die Arbeiter mitkommen und sich die Baustelle anschauen sollten. Er sei der Auffassung gewesen, daß es ein Übereinkommen darüber gegeben habe, daß sich die Arbeiter die Baustelle nur anschauten. Er selbst habe mit den Arbeitern darüber nicht gesprochen. Wäre es zur Arbeitsleistung gekommen, so hätte er zu ihnen gesagt: "Jetzt werdet ihr mit dem Chef weiterreden". Im Hof des Betriebes der P. GmbH habe H. mit den Arbeitern nichts Konkretes gesprochen. Das sei "sowieso alles klar gewesen". Er habe ferner niemanden angewiesen, in den VW-Bus zu steigen, da dieser hinten keine Sitze und Gurte gehabt habe. H. und P. hätten schließlich übereinstimmend angegeben, sie seien der Meinung gewesen, die drei neuen Arbeiter würden mit dem eigenen PKW zur Baustelle fahren.

Aus diesen Aussagen des P. und des H. gehe jedenfalls hervor, daß diese am 19. Juli 1990 damit einverstanden gewesen seien, daß M. auf die Baustelle fahre, sowie daß am Morgen des 19. Juli 1990 weder P. noch H. den M. konkret über ihre Auffassung von der für diesen Tag geplanten Arbeit aufgeklärt hätten. Die Aussage des P., M. hätte lediglich einen unentgeltlichen Test ablegen sollen, spreche nach Ansicht der belangten Behörde gegen die Lebenserfahrung. Die belangte Behörde halte diese Aussage nicht für glaubwürdig.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt - nach allgemeinen rechtlichen Ausführungen zur Zulässigkeit und zu den Erfordernissen des konkludenten Abschlusses eines Arbeitsvertrages im Sinne des § 863 Abs. 1 ABGB, zu der im Zweifel anzunehmenden Entgeltlichkeit von Arbeitsleistungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses und zur Maßgeblichkeit des "Anspruchslohnes" nach § 49 Abs. 1 ASVG - wie folgt: Der OGH habe in seiner Entscheidung vom 15. Juli 1987, 9 Ob S 12/87 (SSV-NF 1/15) zur Frage des Beginnes der Pflichtversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 ASVG ausgeführt, daß dann, wenn ein Dienstnehmer auf dem Weg zur erstmaligen Aufnahme der für einen bestimmten Tag mit dem Dienstgeber vereinbarten Arbeitstätigkeit einen Unfall erleide und durch den Unfall an der Arbeitsaufnahme gehindert werde, die Pflichtversicherung bereits mit dem Beginn des Tages der vereinbarten Arbeitsaufnahme beginne.

Bezogen auf den gegenständlichen Sachverhalt ergäben sich daraus folgende rechtliche Überlegungen:

M. sei aufgrund des oben zusammengefaßten Gesprächs zwischen I. und P. der Auffassung gewesen, daß er ab 19. Juli 1990 bei der P. GmbH zu arbeiten beginnen und, wenn er gut sei, auch weiter für sie arbeiten werde. Diese Auffassung des Gesprächs entspreche der Übung des redlichen Verkehrs. Am 19. Juli 1990 um 5.30 Uhr, dem von seiten der P. GmbH festgelegten Abfahrtszeitpunkt (zur Baustelle), habe sich M. zur Arbeit bereit gehalten. P. habe dies zur Kenntnis genommen und akzeptiert, daß M. auf die Baustelle mitfahre, ohne erkennbar zu erklären, daß lediglich ein unentgeltlicher Test abgelegt werden solle. Von seiten der Mitarbeiter der P. GmbH sei am Morgen des 19. Juli 1990 dem M. somit zwar nichts Konkretes über das Arbeitsverhältnis mitgeteilt worden, jedoch habe M. aufgrund der äußeren Umstände nach der Übung des redlichen Verkehrs davon ausgehen können, daß er auf eine Baustelle fahren werde, um dort für die P. GmbH zu arbeiten. Aus keiner der angegebenen Aussagen gehe hervor, daß von seiten der P. GmbH gegenüber den Arbeitern klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht worden sei, daß noch kein Arbeitsverhältnis begründet, sondern nur ein unentgeltlicher Test abgelegt werden solle. Dies unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen, wäre jedoch Sache der Firmenleitung der P. GmbH gewesen. Mangels einer unmißverständlichen Mitteilung habe somit M. nach der Übung des redlichen Verkehrs zutreffenderweise davon ausgehen können, daß ein entgeltliches Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Somit sei es als erwiesen anzusehen, daß zwischen der P. GmbH als Dienstgeber einerseits und M. als Dienstnehmer andererseits am Morgen des 19. Juli 1990 jedenfalls schlüssig ein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG begründet worden sei. Daß dieses Arbeitsverhältnis ein Probearbeitsverhältnis gewesen sei, spreche in keiner Weise gegen die Versicherungspflicht.

Nach der zitierten Judikatur des OGH erfasse die Pflichtversicherung schon Unfälle auf dem erstmaligen Weg von zu Hause zur Arbeitsstätte. Umsomehr müsse der gegenständliche Unfall, der sich auf dem Weg vom Betrieb zur Baustelle ereignet habe, der Versicherungspflicht unterliegen.

Im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Maßgeblichkeit des Anspruchslohnes sei den widersprüchlichen Aussagen über die Vereinbarung bzw. Nichtvereinbarung eines Stundenlohnes keine entscheidungsrelevante Bedeutung beizumessen. Auch das Argument der P. GmbH, M. habe allenfalls "Probearbeit" zu leisten gehabt, spreche keinesfalls gegen die Entgeltlichkeit des Arbeitsverhältnisses, da auch eine solche Arbeit im Zweifel entgeltlich geleistet werde. Ihre Besonderheit bestehe nur in der erleichterten Auflösbarkeit des Arbeitsverhältnisses. M. habe demgemäß aufgrund der sich aus den Aussagen übereinstimmend ergebenden Umstände nach der Übung des redlichen Verkehrs davon ausgehen können, daß er entgeltlich Hilfsarbeiten für die P. GmbH leisten werde.

Somit sei im gegenständlichen Fall jedenfalls durch konkludente Willenserklärungen des M. einerseits und des P. andererseits ein (entgeltliches) Arbeitsverhältnis zwischen M. und der P. GmbH begründet worden, das ab Beginn des 19. Juli 1990 der Versicherungspflicht unterlegen sei. Da diese schlüssige Vereinbarung nach der Übung des redlichen Verkehrs auch nicht als auf eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 5 Abs. 2 ASVG gerichtet anzusehen sei, sei auch Geringfügigkeit auszuschließen. Es habe demgemäß zum Unfallszeitpunkt ein der Vollversicherungspflicht unterliegendes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen.

Zum Ende des Arbeitsverhältnisses sei anzuführen, daß naturgemäß auch diesbezüglich keine ausdrücklichen Willenserklärungen aktenkundig seien. Da jedoch nach Ansicht der belangten Behörde vom Vorliegen eines (entgeltlichen und der Vollversicherung unterliegenden) Probearbeitsverhältnisses auszugehen sei, das jederzeit einseitig aufgelöst werden könne, gehe die belangte Behörde aufgrund der aktenkundigen Aussagen des P. davon aus, daß dieser das mit M. begründete Arbeitsverhältnis in der Folge des Unfalls erkennbar nicht fortgesetzt habe. Daher sei festzustellen, daß M. am 19. Juli 1990 zum Unfallszeitpunkt in einem die Vollversicherungspflicht begründenden Arbeitsverhältnis zur P. GmbH gestanden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten mit dem Bemerken vor, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen, und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Letzteres beantragte auch der Erstmitbeteiligte in seiner Gegenschrift. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter erstattete zur Aufforderung, eine Gegenschrift einzubringen, keine Äußerung.

Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt brachte keine Gegenschrift ein, teilte aber zur diesbezüglichen Aufforderung mit, daß sie sich den Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde vollinhaltlich anschließe. Die P. GmbH vertrat in ihrem als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz ebenfalls die von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde dargelegte Rechtsauffassung und trat ihrem Aufhebungsantrag bei. Da die rechtlichen Interessen der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt und der P. GmbH somit durch einen Erfolg der Anfechtung nicht berührt würden, sind sie nicht mitbeteiligte Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne des § 21 Abs. 1 VwGG. Der von der P. GmbH im Ergebnis gegen den angefochtenen Bescheid gerichtete Schriftsatz war daher - gleich einer verspäteten Beschwerde - zurückzuweisen, weil das VwGG einen Eintritt als Mitbeteiligte auf seiten des Beschwerdeführers nicht kennt (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, vom 16. Juni 1992, Zl. 92/08/0062, vom 13. Juni 1989, Zl. 85/08/0064, und vom 20. Oktober 1988, Zl. 87/08/0118).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 erster Satz ASVG beginnt unter anderem die Pflichtversicherung der Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung mit dem Tag des Beginnes der Beschäftigung.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei der angefochtene Bescheid deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weil die belangte Behörde die eben zitierte Bestimmung unrichtig angewendet bzw. ausgelegt habe. Als Beginn der Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 ASVG sei in der Regel der tatsächliche Antritt der Beschäftigung anzusehen; auf den vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses komme es nicht an. Im Beschwerdefall fehlten zwei wesentliche Voraussetzungen, die notwendig wären, um die Versicherungspflicht überhaupt entstehen lassen zu können. Es sei nämlich eine Beschäftigung tatsächlich nicht angetreten worden und es sei auch kein vereinbartes Arbeitsverhältnis vorgelegen. Die in § 4 (Abs. 2) ASVG geforderte Voraussetzung der Beschäftigung ("... gegen Entgelt beschäftigt ...") fehle sohin und es habe daher dem M. keine Dienstnehmereigenschaft zukommen können. Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführe, sei dem M. nichts Konkretes über das Arbeitsverhältnis mitgeteilt worden. Diese Feststellung sei insofern unvollständig, als dem M. überhaupt nichts über das Arbeitsverhältnis mitgeteilt worden sei. Darüberhinaus - diese Feststellung habe die belangte Behörde allerdings zu Unrecht nicht getroffen - sei dem M. auch nichts über eine konkrete, von ihm persönlich auszuübende Beschäftigung bzw. Tätigkeit mitgeteilt worden. Im übrigen gehe aus dem angefochtenen Bescheid auch nicht hervor, wo der Beschäftigungsort überhaupt gelegen gewesen sei; es fehle eine genaue Bezeichnung (Adresse). Die belangte Behörde versuche die Sachlage so darzustellen, als hätte M. aufgrund der äußeren Umstände nach der Übung des redlichen Verkehrs davon ausgehen können, daß er auf eine Baustelle fahren werde, um dort für die P. GmbH zu arbeiten. Diesbezüglich weise die belangte Behörde auf die zivilrechtliche Judikatur hin, wonach ein Arbeitsverhältnis auch schlüssig im Sinne des § 863 Abs. 1 ABGB begründet werden könne, wenn ein Teil Dienstleistungen erbringe und der andere sie annehme, ohne zu erklären, daß er den Abschluß eines Dienstvertrages ablehne oder dies aus den Umständen, unter denen die Arbeitsleistung erbracht worden sei, hervorgehe. Im Beschwerdefall sei aber von M. keine Arbeitsleistung erbracht worden, sodaß auch die Annahme, es sei im gegenständlichen Fall ein Arbeitsverhältnis durch schlüssige Handlung entstanden, unzutreffend sei. Auch sei (dies wird unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgebracht) die Frage ungelöst geblieben, ob dem M. schon ab Fahrtantritt, ab Eintreffen auf der Baustelle oder erst ab Beginn der tatsächlichen Arbeitstätigkeit ein Anspruchslohn zugestanden wäre.

Daran ist richtig, daß nach der ständigen, auf das grundlegende Erkenntnis vom 4. Dezember 1957, VwSlg. Nr. 4495/A, gestützten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Beschäftigungsverhältnis und damit die Versicherungspflicht im Sinne des § 10 Abs. 1 ASVG in der Regel durch den "Einstellungsakt", einem "Vorgang von starker Tatsächlichkeit", beginnt (vgl. die Erkenntnisse vom 19. November 1969, Zl. 479/69, und vom 1. Juli 1970, VwSlg. Nr. 7837/A) und daß demgemäß als Tag des Beginnes der Beschäftigung im Sinne der genannten Bestimmung (sofern es sich nicht um die Wiederaufnahme einer Beschäftigung im Rahmen eines fortbestehenden Beschäftigungsverhältnisses handelt) in der Regel der tatsächliche Antritt (die Aufnahme) der Beschäftigung anzusehen ist, es hingegen grundsätzlich (vgl. jedoch das Erkenntnis vom 14. Dezember 1966, VwSlg. Nr. 7040/A) auf den vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht ankommt (vgl. das Erkenntnis vom 24. Oktober 1989, Zl. 88/08/0281, mit weiteren Judikaturhinweisen, sowie die Erkenntnisse vom 7. Dezember 1989, Zl. 87/08/0049 und Zl. 87/08/0093).

Abweichend von dieser Regel der Maßgeblichkeit des tatsächlichen Antrittes (der Aufnahme) der Beschäftigung beginnt nach dem Erkenntnis vom 1. Juli 1970, VwSlg. Nr. 7837/A, sowie nach der von der belangten Behörde zitierten, auf dieses Erkenntnis verweisenden Entscheidung des OGH vom 15. Juli 1987, SSV-NF 1/15, die Pflichtversicherung dann, wenn der Dienstnehmer auf dem Weg zu erstmaligen Aufnahme der für einen bestimmten Tag mit dem Dienstgeber vereinbarten Arbeitstätigkeit einen Unfall erleidet, durch den er an der Arbeitsaufnahme gehindert wird, bereits mit dem Beginn des Tages der vereinbarten Arbeitsaufnahme, weil und insofern die vom Dienstnehmer am Tag der vereinbarten Arbeitsaufnahme vor dem Unfall gesetzten Handlungen seine Bereitschaft zur tatsächlichen Arbeitsaufnahme unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht und sie sich deshalb unter Bedachtnahme auf die ebenso ohne Zweifel bestehende Bereitschaft des Dienstgebers, die vereinbarte Arbeitsleistung entgegenzunehmen, bereits als wesentlicher Teil des "Einstellungsaktes" und damit des maßgeblichen Kriteriums für den Beginn des Beschäftigungsverhältnisses dargestellt haben. Darauf, ob einem solchen Dienstnehmer trotz des Unfalles (schon) an diesem Tag ein Entgeltanspruch zugestanden ist, kommt es für den Eintritt der Pflichtversicherung nicht an. Entscheidend für den Beginn der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG ist - außer den schon genannten Umständen - lediglich, ob die vereinbarte Arbeitstätigkeit, wäre sie vom Dienstnehmer entsprechend der Vereinbarung tatsächlich aufgenommen worden, eine solche Pflichtversicherung begründet hätte. Dem stehen einerseits nicht die Bestimmungen über die Geringfügigkeit nach § 5 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 ASVG entgegen, weil auch sie sich nur auf die Beschäftigung selbst beziehen (vgl. dazu die zutreffenden Bemerkungen in SoSi 1970, 442). Andererseits ist es - entsprechend dem sowohl dem ASVG als auch dem AuslBG zugrundeliegenden Schutzgedanken - für die sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen auch ohne Bedeutung, wenn der zugrundeliegende Vertrag wegen Verstoßes gegen das AuslBG unwirksam sein sollte (vgl. dazu das Erkenntnis vom 12. November 1991, Zl. 91/08/0125).

Unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze ist der angefochtene Bescheid, mit dem lediglich die Vollversicherungspflicht des M. am 19. Juli 1990 festgestellt wurde, - unter der Voraussetzung, daß die Annahme der belangten Behörde, es sei zwischen M. und der P. GmbH ein an sich der Vollversicherungspflicht begründendes Arbeitsverhältnis konkludent vereinbart worden, zutreffend ist - nicht nur dann rechtmäßig, wenn die (ausdrücklichen und zum Teil in die Beweiswürdigung aufgenommenen) Feststellungen dahin zu werten sind, daß M. schon vor dem Unfall (zugleich mit der von der belangten Behörde angenommenen Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses oder doch mit Beginn der Anreise zur Baustelle) die Beschäftigung tatsächlich angetreten (aufgenommen) hat (vgl. dazu, daß nicht nur der Beginn der vereinbarten Arbeitstätigkeit als solcher als Beginn der Beschäftigung zu werten ist, das Erkenntnis vom 7. Dezember 1989, Zl. 87/08/0093), sondern auch dann, wenn die tatsächliche Arbeitsaufnahme erst an der Baustelle hätte erfolgen sollen. In keinem der beiden Fälle käme es überdies darauf an, ob dem M. trotz des Unfalls an diesem Tag ein Entgeltanspruch zugestanden ist.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist aber auch die rechtliche Beurteilung der getroffenen Feststellungen (deren Schlüssigkeit und Mängelfreiheit in diesem Zusammenhang zu unterstellen sind) dahin, daß zwischen M. und der P. GmbH im Sinne des § 863 Abs. ABGB konkludent ein an sich der Vollverungspflicht begründendes Arbeitsverhältnis vereinbart worden sei, nicht rechtsirrig. Danach (nämlich nach den ausdrücklich als solche bezeichneten sowie nach den in die Beweiswürdigung aufgenommenen Feststellungen) hat P. zu I. in Gegenwart unter anderem des M. am 18. Juli 1990 gesagt, daß am 19. Juli 1990 gute Leute für Betonierungsarbeiten benötigt würden; sie sollten an diesem Tag um 5.30 Uhr in den Betrieb der P. GmbH kommen. Daraufhin habe sich M. unter Mitnahme seiner Arbeitskleidung zu diesem Termin in den Betrieb der P. GmbH begeben, "da er für diese arbeiten wollte". P., der die drei Hilfsarbeiter (außer M. auch D. und J.) gesehen habe, sei mit ihrer Mitfahrt zur Baustelle, um dort Hilfsarbeiten beim Estrichlegen zu verrichten, einverstanden gewesen. Weder er noch der Partieführer H. hätten ihnen erklärt, daß an diesem Tag lediglich ein unentgeltlicher Test abgelegt werden solle. Wenn die belangte Behörde dieses Verhalten in rechtlicher Hinsicht dahin beurteilt hat, daß sich M. erstens zur Erbringung von Hilfsarbeiten beim Estrichlegen an einer Baustelle der P. GmbH für diese Gesellschaft (zumindest am 19. Juli 1990) angeboten, er zweitens das festgestellte Verhalten des P., des Geschäftsführers der P. GmbH, am Morgen des 19. Juli 1990 in Verbindung mit dem Vorgespräch vom 18. Juli 1990 als Einverständnis mit einer solchen (zumindest probeweisen) Beschäftigung (jedenfalls am 19. Juli 1990) gedeutet habe und es drittens nach der Übung des redlichen Verkehrs auch so habe deuten dürfen, weshalb konkludent eine diesbezügliche Vereinbarung über die Erbringung dieser Arbeiten zustande gekommen sei, so entspricht diese Wertung nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch dem strengen Maßstab, den die Rechtsprechung sowie das Schrifttum an die Beurteilung der Konkludenz eines Verhaltens im Hinblick auf einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Willen anlegt (vgl. dazu Schäffl in der Entscheidungsanmerkung ZAS 1989, 140, mit weiteren Judikatur- und Schrifttumshinweisen). Die von der belangten Behörde zitierte Entscheidung des OGH (EvBl 1981/20), auf die die Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Auffassung verweist, steht einer solchen Wertung nicht entgegen, weil ein Arbeitsverhältnis nicht nur in der dort genannten Art, sondern bei Zutreffen der hiefür erforderlichen Voraussetzungen auch auf andere Weise konkludent begründet werden kann. Bei ihrem Einwand, es sei dem M. ausdrücklich nichts Konkretes oder überhaupt nichts über sein Arbeitsverhältnis mitgeteilt worden, verkennt die Beschwerdeführerin das Wesen konkludenter Willenserklärungen, für deren Vorliegen es gerade nicht auf ausdrückliche, auf bestimmte Rechtsfolgen gerichtete Erklärungen, sondern darauf ankommt, ob das Verhalten einer Person von einer anderen bei Überlegung aller Umstände vernünftigerweise und mit allem Grund als Kundgabe eines bestimmten rechtsgeschäftlichen Willens gedeutet werden durfte und mußte und auch so gedeutet wurde (vgl. Schäffl, ZAS 1989, S. 140). Daß M. dies in der festgestellten Art getan hat und es auch tun durfte (mußte), wurde aber bereits ausgeführt. Darauf, ob dem M. schon ab Fahrtantritt, ab Eintreffen auf der Baustelle oder erst ab Beginn der tatsächlichen Arbeitstätigkeit ein Anspruchslohn zugestanden wäre, kommt es nach den obigen Ausführungen nicht an. Diesbezüglich ist vielmehr nur entscheidend, ob dem M. im Falle der Verrichtung der vereinbarten Arbeitstätigkeiten ein über den Geringfügigkeitsgrenzen des § 5 Abs. 2 ASVG liegendes Entgelt zugestanden wäre. Auch dies ist aber bei Zugrundelegung der getroffenen Feststellungen zu bejahen. Denn danach wurde Unentgeltlichkeit weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart. Die belangte Behörde hat daher mit Recht die Entgeltlichkeit angenommen, ohne daß es einer Untersuchung bedurft hätte, ob eine allfällige Vereinbarung der Unentgeltlichkeit rechtswirksam gewesen wäre (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 25. September 1990, Zl. 89/08/0334, und vom 30. März 1993, Zl. 92/08/0050). Gegen die Annahme der belangten Behörde schließlich, daß die mit M. vereinbarte Beschäftigung nicht als geringfügig im Sinne des § 5 Abs. 2 ASVG anzusehen gewesen sei, hat sich die Beschwerdeführerin (mangels jeglicher Anhaltspunkte hiefür mit Recht) gar nicht gewandt. Die von ihr behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist somit nicht gegeben.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wirft die Beschwerdeführerin der belangten Behörde zunächst eine mangelhafte Sachverhaltsfeststellung vor. Sie vermöge nämlich nicht einmal anzuführen, welche Art der Tätigkeit M. hätte verrichten sollen und wo der Beschäftigungsort tatsächlich gelegen gewesen sei. Hinsichtlich der Frage der Entgeltlichkeit sei einmal von einem Nettostundenlohn von S 50,--, dann von S 60,-- die Rede, andererseits vertrete die belangte Behörde aber die Auffassung, daß diesbezüglich auf den Anspruchslohn abzustellen sei. Auch sei die (schon genannte) Frage des Beginns des Anspruchslohnes ungelöst geblieben. Die "Feststellung" der konkludenten Begründung eines Arbeitsverhältnisses sei aktenwidrig. Im Zuge des Verfahrens sei nämlich hervorgekommen, daß P. niemals eine Erklärung abgegeben bzw. eine Handlung gesetzt habe, welche die Annahme berechtigt erscheinen ließe, er habe die Absicht gehabt, mit M. ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Die Tatsache, daß M. in ein Kraftfahrzeug eingestiegen sei, das zu einer Baustelle fahren sollte, in der Hoffnung, dort eine Beschäftigung antreten zu können, lasse keinesfalls den Schluß zu, daß hiedurch ein Beschäftigungsverhältnis begründet worden sei. In diesem Zusammenhang sei auch die Ansicht der belangten Behörde, es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, von einem Dienstnehmer einen unentgeltlichen Arbeitstest zu verlangen, unzutreffend und auch nicht begründet. Die Aussage des A., wonach (nach der Mitteilung des P.) auf der Baustelle keine älteren, sondern jüngere, kräftige Arbeiter gebraucht würden, lasse den Schluß zu, daß sich die P. GmbH sehr wohl durch einen Test bzw. im Rahmen einer "Probearbeit" habe überzeugen wollen, ob die an einer Beschäftigung interessierten Arbeiter auch tatsächlich kräftig genug seien. In diesem Sinne sei auch die Aussage des I. ("Der Chef hat bezüglich M. gesagt, wenn er gut ist, d.h., wenn er stark ist und der Chef mit ihm zufrieden ist, kann er auch weiterhin bei ihm arbeiten") zu verstehen.

Daran ist zunächst unrichtig, daß die belangte Behörde nicht einmal anzuführen vermöge, welche Art der Tätigkeit M. hätte verrichten sollen. Nach den wiedergegebenen Feststellungen hätte seine Tätigkeit nämlich in der Erbringung von Hilfsarbeiten beim Estrichlegen bestanden. Auf den "Beschäftigungsort" sowie darauf, ob ein ziffernmäßig bestimmtes Entgelt schon für den 19. Juli 1990 vereinbart wurde oder mangels Vereinbarung nur ein angemessenes Entgelt zustand, kommt es, wie schon bei der Behandlung der Rechtsrüge ausgeführt wurde, nicht an.

Mit den Beschwerdeausführungen zur "Aktenwidrigkeit" bekämpft die Beschwerdeführerin zum Teil - insofern unter diesem Gesichtspunkt unzulässig - die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, zum Teil aber ihre Beweiswürdigung. Zu ersterem wird sie auf die Ausführungen zur Rechtsrüge verwiesen. Zu letzterer ist davon auszugehen, daß der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bedeutet, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Diese schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A). Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, mit weiteren Judikaturhinweisen). Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d.h. ihr mit der Begründung entgegenzutreten, daß auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. u. a. das Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/08/0175).

Auch einer Prüfung unter diesen Gesichtspunkten hält die Begründung des angefochtenen Bescheides unter dem Blickwinkel des Beschwerdevorbringens aus nachstehenden Gründen stand:

Die Beschwerdeführerin stellt nicht die Annahme der belangten Behörde in Abrede, daß zwischen I., M. und P. am 18. Juli 1990 ein Gespräch mit dem festgestellten Inhalt stattgefunden habe. Sie bestreitet (im Hinblick auf die diesbezüglichen übereinstimmenden Aussagen des P. und des H. mit Recht) auch nicht, daß P. mit Hilfsarbeiten des M. und der beiden anderen Personen am 19. Juli 1990 auf der Baustelle der P. GmbH einverstanden war, meint aber offensichtlich, M. habe aus der Erklärung des P. vom 18. Juli 1990 erkannt bzw. den tatsächlichen Schluß gezogen (das Erkennenmüssen ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung), daß er auf die Baustelle nur "in der (unverbindlichen) Hoffnung" mitfahren dürfe, dort eine Beschäftigung als unentgeltlicher Test bzw. unentgeltliche Probearbeit antreten zu können. Daß die belangte Behörde die Ermittlungsergebnisse nicht so gedeutet hat, ist einerseits im Hinblick auf den unstrittigen Umstand, daß weder P. noch H. dem M. und den beiden anderen Hilfsarbeitern ihre behauptete Absicht über die bloß unentgeltliche Probearbeit bzw. den bloß unentgeltlichen Test mitgeteilt haben, und andererseits aus der Überlegung der belangten Behörde, es widerspreche die Mitfahrt zu einer Baustelle außerhalb von Wien zur Ablegung eines unentgeltlichen Tests in bezug auf bloße Hilfsarbeiten der Lebenserfahrung, nicht unschlüssig. Dagegen spricht auch nicht die zitierte Äußerung des I. Sie ist vielmehr (arg. "weiterhin") durchaus in schlüssiger Weise als Zusage eines Probearbeitsverhältnisses deutbar. Der angefochtene Bescheid ist daher auch nicht mit den gerügten Verfahrensmängeln behaftet.

Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993080104.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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