TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/17 94/07/0158

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.01.1995
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde

1) des August A und 2) der Maria A, beide in W, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 21. Dezember 1993, Zl. III/1-32.788/5-93, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens (mitbeteiligte Parteien: 1) F in W, 2) Stadtgemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zum Sachverhalt des Beschwerdefalles wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 27. September 1994, 94/07/0035, verwiesen. Die nunmehr vorliegende, nach der mit hg. Beschluß vom 15. November 1994, 94/07/0157, gemäß § 46 Abs. 2 VwGG bewilligten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als rechtzeitig erhoben anzusehende Beschwerde wendet sich gegen den Bescheid der nunmehr belangten Behörde vom 21. Dezember 1993. Gegenstand dieses Bescheides war die Erledigung des Antrages der Beschwerdeführer vom 13. Oktober 1993, mit welchem sie die Wiederaufnahme des mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. August 1993 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens begehrt und zur Rechtfertigung dieses Begehrens folgende Sachverhalte ins Treffen geführt hatten:

Die Beschwerdeführer hätten zum einen am 29. September 1993 erstmals in den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 25. Februar 1965 Einsicht genommen und dabei festgestellt, daß die im bisherigen Verfahren immer als bescheidmäßig festgesetzt angenommene Auflage der Höhe des Ansaugstutzens im Spruch des Bewilligungsbescheides gar nicht enthalten und für die Beschwerdeführer damit nicht in verbindlicher Weise wirksam sei. Zum anderen hätten die Beschwerdeführer "nunmehr" durch Zufall erfahren, daß die Pumpvorrichtung für die öffentliche Wasserversorgungsanlage schon seit über sechs Jahren nicht mehr funktionsfähig sei, welcher Umstand das von der Wasserrechtsbehörde im Hauptverfahren gebrauchte Argument, wonach durch den von den Beschwerdeführern angebrachten Ansaugstutzen die öffentliche Wasserversorgung gefährdet sei, rechtlich entkräfte.

Die belangte Behörde wies den Wiederaufnahmeantrag, soweit er sich auf die nunmehrige Kenntnis von der Funktionsunfähigkeit der Pumpvorrichtung für die öffentliche Wasserversorgungsanlage stützte, mit der Begründung zurück, daß die Beschwerdeführer diesbezüglich die Angabe jenes Zeitpunktes im Wiederaufnahmeantrag unterlassen hätten, zu dem sie vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hätten; das Fehlen der Angaben über die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages sei einer Behandlung als Formgebrechen nicht zugänglich. Im übrigen wies die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag mit der Begründung ab, daß der seinerzeitige Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl den Beschwerdeführern zugestellt worden sei und dem Rechtsbestand angehöre, weshalb der Inhalt dieses Bescheides keinen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG darstellen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Bescheidaufhebung, in welcher die Beschwerdeführer sich erkennbar in ihrem Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens bei Vorliegen der dafür normierten gesetzlichen Voraussetzungen als verletzt erachten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist, und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrunde Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Daß der vormalige Rechtsvertreter der Beschwerdeführer erst nach Rechtskraft des Hauptverfahrens den Inhalt des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides zur Kenntnis genommen hat, der den Beschwerdeführern gegenüber im Jahre 1965 ergangen war, stellt keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund dar. Der Inhalt dieses Bewilligungsbescheides war in der Tat für die Beschwerdeführer keine neue, sondern eine alte Tatsache. Daß ihnen diese, durch die unbestrittenermaßen erfolgte Bescheidzustellung seinerzeit bekannt gewordene Tatsache aus dem Bewußtsein entschwunden war, konnte mit Hilfe der von ihrem Rechtsvertreter vorgenommenen Akteneinsicht aus dieser alten Tatsache keine neu hervorgekommene Tatsache machen. Erst recht ist nicht einsichtig, daß es den Beschwerdeführern nicht zum Verschulden angelastet werden könnte, sich anläßlich des vom Wiederaufnahmebegehren betroffenen Streits nicht durch Akteneinsicht schon im Zuge des abgeschlossenen Verfahrens über den ihnen offensichtlich nicht mehr geläufigen Inhalt des erteilten Bewilligungsbescheides zu vergewissern.

Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die von der belangten Behörde ausgesprochene Zurückweisung ihres Antrages hinsichtlich des anderen der von ihnen geltend gemachten Wiederaufnahmegründe wegen unzureichender Behauptung des Kenntniszeitpunktes wenden, sind sie auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den an die Präzisierung der Angabe dieses Zeitpunktes zu stellenden Anforderungen zu verweisen (vgl. etwa die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, ENr. 5 ff zu § 69 Abs. 2 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Von dieser, dem nunmehrigen Rechtsvertreter der Beschwerdeführer ersichtlich bekannten Rechtsprechung abzuweichen, bietet der Beschwerdefall keinen Anlaß. Auch mit der Verwendung des Ausdrucks "nunmehr" wird der Zeitpunkt, zu welchem der Wiederaufnahmewerber vom Wiederaufnahmegrund nachweislich Kenntnis erlangt hat, nicht in einer Weise bezeichnet, welche eine Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrags auf der Basis der Antragsbehauptungen zuließe.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994070158.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten