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81/01 Wasserrechtsgesetz;Norm
WRG 1959 §138 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 4. Juni 1993, Zl. 411.189/01/-I4/92, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Spruchteiles I insoweit aufgehoben, als in diesem Spruchteil die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 25. Februar 1991, Zl. III/1-28.846/2-91, abgewiesen wurde, und hinsichtlich seines Spruchteiles II zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 25. Februar 1991 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 138 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) aufgetragen, bis spätestens 30. Juli 1991 das auf dem Grundstück Nr. 1103/7, Pachtparzelle Nr. 37 des Vereines R., KG K, direkt am Boden errichtete Nebengebäude (Abstellraum, WC) des bestehenden Wochenendhauses zu entfernen (Spruchabschnitt I).
Unter Spruchabschnitt II dieses Bescheides wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 aufgetragen, bis spätestens 30. Juli 1991 entweder unter Vorlage geeigneter technischer Unterlagen um die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für das auf dem Grundstück Nr. 1103/7, Parzelle Nr. 37 des Vereines R., KG K, bestehende Wochenendhaus bei der Wasserrechtsbehörde anzusuchen oder aber diese eigenmächtige Neuerung bis 30. Juli 1991 zu beseitigen.
Unter Spruchabschnitt III wurde die Beschwerdeführerin zur Entrichtung von Kommissionsgebühren verpflichtet. Die Beschwerdeführerin berief.
Mit Bescheid vom 4. Juni 1993 behob die belangte Behörde Spruchabschnitt II des Bescheides des LH vom 25. Februar 1991 ersatzlos. Im übrigen wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen (Spruchteil I).
Unter Spruchteil II des angefochtenen Bescheides wurde die Frist zur Entfernung des auf dem Grundstück Nr. 1103/7, Pachtparzelle Nr. 37 des Vereines R., KG K, direkt am Boden errichteten Nebengebäudes (Abstellraum, WC) mit 31. Oktober 1993 neu festgesetzt. Außerdem wurde die Frist zur Bezahlung der Kommissionsgebühren neu bestimmt.
In der Begründung wird ausgeführt, es könne als erwiesen angenommen werden, daß es sich bei dem Wochenendhaus um ein bereits vor dem Jahr 1929 bestehendes Objekt handle. Der dieses Objekt betreffende wasserpolizeiliche Auftrag sei daher aufzuheben gewesen. Anders stelle sich der Sachverhalt in bezug auf das Nebengebäude, das zwei Abstellräume und ein WC beinhalte, dar. § 38 Abs. 1 WRG 1959 normiere, daß nicht nur die Errichtung, sondern auch die Abänderung von Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflußbereiches einer Bewilligung bedarf. Die belangte Behörde wolle zwar nicht den Umstand, daß zur Benützung einer Badehütte auch ein Klosett zur Verfügung stehen müsse, bestreiten; wie aber die Beschwerdeführerin selbst ausführe, seien ungefähr im Jahr 1975 Änderungen derart vorgenommen worden, daß die Senkgrube neu abgedichtet und der offene Fallschacht (Plumpsklo) durch eine Klosettmuschel verschlossen worden seien. Letzteres stelle jedenfalls eine über bloße Instandhaltungsmaßnahmen hinausgehende Änderung dar, für die, da diese Arbeiten nach 1934 durchgeführt worden seien, eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre; da dies jedoch unterblieben sei, sei darin eine unzulässige Neuerung im Sinn des § 138 Abs. 1 WRG 1959 zu sehen. Wie aus dem Gutachten der wasserbautechnischen Amtssachverständigen der Vorinstanz und der belangten Behörde, die im übrigen von der Beschwerdeführerin in bezug auf ihre fachliche Richtigkeit nicht in Zweifel gezogen worden und für die belangte Behörde im übrigen in sich schlüssig und nachvollziehbar seien, hervorgehe, liege die Beseitigung dieser Neuerungen im Hinblick auf die Hintanhaltung der Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses und der Gewässerverunreinigung im öffentlichen Interesse. Der das Nebengebäude betreffende wasserpolizeiliche Auftrag sei somit zu Recht ergangen.
Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch den LH sei nicht unnötig gewesen. Kommissionsgebühren für diese Verhandlung seien der Beschwerdeführerin zu Recht vorgeschrieben worden, weil sie diese Amtshandlung verschuldet habe. Ein Verschulden im Sinne des § 76 AVG sei nämlich jedenfalls dann anzunehmen, wenn aufgrund eigenmächtig vorgenommener Neuerungen eine Überprüfung an Ort und Stelle vorzunehmen sei.
Gegen diesen Bescheid - und zwar erkennbar nur gegen den die Berufung der Beschwerdeführerin abweisenden Teil - richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht verletzt, von der Wasserrechtsbehörde nicht verhalten zu werden, ohne Übertretung des WRG 1959, mangels Vorliegens öffentlichen Interesses oder mangels Verlangens von Betroffenen, eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder unterlassene Arbeiten nachzuholen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt:
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.
Wenn das öffentliche Interesse - so Abs. 4 derselben Gesetzesstelle - die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat.
Nach diesen Bestimmungen ist Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages in erster Linie derjenige, der eigenmächtig eine Neuerung vorgenommen hat; kann dieser nicht herangezogen werden, dann kann unter bestimmten Voraussetzungen dem Liegenschaftseigentümer ein wasserpolizeilicher Auftrag erteilt werden.
Die Beschwerdeführerin hat, wie sich aus einer im Akt befindlichen Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 20. September 1988 ergibt, an diesem Tag bei der genannten Behörde angegeben, Grundeigentümer der Pachtparzelle 37 sei das Kloster K., Pächter der Verein R.; die Beschwerdeführerin sei Subpächter. Das auf Pachtparzelle 37 bestehende Gebäude sei im Jahre 1949 von F.V. erworben worden; das Gebäude, das vermutlich zu Beginn der Dreißigerjahre errichtet worden sei, habe die Beschwerdeführerin geerbt. An diesem Gebäude seien bisher keine Änderungen vorgenommen worden. Neben diesem Gebäude habe schon bisher ein zweites kleineres Gebäude, in welchem ein Klosett und ein weiterer Abstellraum für Gartengeräte untergebracht seien, bestanden. Da dieses Gebäude sehr baufällig gewesen sei, sei vor etwa 12 Jahren eine Erneuerung vorgenommen worden. Es seien eine Klomuschel aufgesetzt und die Senkgrube abgedichtet worden. Das Gebäude selbst sei durch Neuanbringung einer Schalung und durch Errichtung einer neuen Betonplatte neu hergestellt worden. Wer diese Erneuerung durchgeführt bzw. veranlaßt hat, wird nicht erwähnt.
In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen wasserpolizeilichen Auftrag führte die Beschwerdeführerin an, um das Jahr 1975 herum habe ihr Mann Instandhaltungsarbeiten an der Klosettanlage durchführen lassen, wobei die Senkgrube neu abgedichtet und durch eine Klosettmuschel anstelle des offenen Fallschachtes ("Plumpsklo") verschlossen worden sei. Darüber hinaus habe die Verschalung dieses "Nebengebäudes" zur selben Zeit erneuert werden müssen.
Falls diese Angaben der Beschwerdeführerin zutreffen, dann kam sie nicht als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages in Betracht, da sie weder selbst die eigenmächtige Neuerung vorgenommen hat noch Liegenschaftseigentümerin ist. Es wäre daher Sache der belangten Behörde gewesen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Beschwerdeführerin überhaupt als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages in Betracht kam und entsprechende Ermittlungen hiezu anzustellen. Dadurch, daß sie dies unterlassen hat, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993070097.X00Im RIS seit
12.11.2001