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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Februar 1994, Zl. 4.337.250/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Februar 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - eines makedonischen Staatsangehörigen, der am 20. April 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist - gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. Mai 1992 (zugestellt am 11. Mai 1992), mit dem die Voraussetzungen, um als Flüchtling gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt zu werden, beim Beschwerdeführer als nicht vorliegend angesehen worden waren, abgewiesen. Österreich gewähre dem Beschwerdeführer kein Asyl.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer lediglich deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegeben sei.
Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 27. April 1992 aus, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Kroatien und Slowenien aufgehalten habe, und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und insbesondere dem Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle.
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß "in keiner Weise sichergestellt" sei, "daß diese beiden Staaten den Beschwerdeführer bei Antragstellung auf Gewährung von Asyl nicht wieder nach Jugoslawien abgeschoben hätten". Es dürfe "als bekannt vorausgesetzt werden, daß der UN-Flüchtlingsbeauftragte Staffan Bodemar hinsichtlich des Rückschiebeschutzes skeptisch ist. Slowenien und Kroatien haben zwar die Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben, dennoch kann auch der Vertreter des UN-Flüchtlingshochkommissars in Wien nicht mit Gewißheit angeben, ob Asylwerber nicht wieder abgeschoben werden." Ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren hätte weiters ergeben, "daß Slowenien seit 1991 kein einziges Asylansuchen positiv erledigt hat". Von einer Verfolgungssicherheit könne daher keine Rede sein.
Würden diese Behauptungen zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - anzunehmen sei, daß Slowenien und Kroatien die aus der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe hinsichtlich der Kontinuitätserklärung dieser Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien, BGBl. Nr. 806, 807/1993) sich ergebenden Verpflichtungen einhalten, und daß davon auszugehen sei, daß in diesen Staaten "das Nonrefoulementrecht effektiv in Geltung" stehe, dies jeweils bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in diesen Ländern (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/0522, und vom 20.Mai 1994, Zl. 94/01/0097).
Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptungen erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer aber die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994010483.X00Im RIS seit
20.11.2000