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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der
P Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 11. November 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Antrag vom 19. Juli 1993 beantragte die beschwerdeführende Partei die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen namentlich genannten "jugoslawischen" Staatsangehörigen für die Tätigkeit als Bauschlosser.
Diesen Antrag lehnte das zuständige Arbeitsamt mit Bescheid vom 22. Juli 1993 gemäß § 4 Abs. 6 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In der Berufung machte die beschwerdeführende Partei zunächst geltend, die Behörde habe es in rechtswidriger Weise unterlassen, ein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchzuführen und den Bescheid nachprüfbar zu begründen. Auf Grund der im erstinstanzlichen Verfahren nachgewiesenen Qualifikation sei der beantragte Ausländer erwiesenermaßen als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer im Sinne der Bestimmung des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG anzusehen; eine Feststellung dahingehend habe die Behörde in unzulässiger Weise unterlassen. Der Behörde sei es bisher nicht gelungen, der beschwerdeführenden Partei von ihr beantragte und benötigte Arbeitskräfte zu vermitteln. Der Bedarf für die berufliche Tätigkeit sei dringend gegeben. Darüber hinaus werde der beantragte Ausländer als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers freigewordenen Arbeitsplatzes benötigt, welcher sich als nicht qualifiziert erwiesen habe und auf Grund zahlreicher Ungereimtheiten habe entlassen werden müssen. Der beantragte Ausländer verfüge auch über beachtliche Deutschkenntnisse und gerade diese Zusatzqualifikation zwecks Verständigung mit inländischen Arbeitskräften zur reibungslosen Abwicklung der Arbeitsaufträge hätte seitens der Behörde ebenfalls berücksichtigt werden müssen.
Nach einem (nach dem Akteninhalt) offenbar erfolglos verlaufenen Arbeitskräftevermittlungsverfahren gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 und § 13a AuslBG keine Folge. Neben der Zitierung der einschlägigen Gesetzesstellen, der Feststellung der Überschreitung der Landeshöchstzahl für das Jahr 1993 und allgemeinen Ausführungen zur einschlägigen Rechtslage wird in der Begründung bezogen auf den konkreten Antrag lediglich die Aussage getroffen, es "wurden weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in ihrer Berufung vorgebracht, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt wird".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1.
bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2.
die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a)
als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
b)
in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c)
als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d)
im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege
erfolgen soll, oder
3.
öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4.
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Gemäß § 58 Abs. 2 des nach Art. II Abs. 2 lit. D Z. 41 EGVG anwendbaren AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Die beschwerdeführende Partei hat zwar die Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG (so die Überschreitung der Landeshöchstzahl für das Jahr 1993) nicht bestritten, jedoch bereits in der Berufungsschrift ein konkretes Vorbringen im Hinblick auf das Vorliegen wichtiger Gründe für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a und c AuslBG erstattet. Damit bestand die Verpflichtung der belangten Behörde, sich mit allen vorgebrachten Gründen auseinanderzusetzen (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, 92/09/0362).
Die belangte Behörde hat sich jedoch im angefochtenen Bescheid mit keinem der in der Berufung (und neuerlich in der Beschwerde) vorgebrachten Gründe näher auseinandergesetzt, sondern sich mit der formelhaften - und auch aktenwidrigen - Feststellung begnügt, wonach weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden seien, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG erfüllt werde. Wesentliche Begründungsmängel können durch Ausführungen in der Gegenschrift keinesfalls ersetzt werden. Damit hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt, die zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG zu führen hatten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, 93/09/0139).
Das Beschwerdebegehren im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG ist allerdings insoweit verfehlt, als neben der Bescheidaufhebung auch beantragt wird, der Verwaltungsbehörde "im Sinne der Bestimmung des § 63 Abs. 1 VwGG" den Auftrag zu erteilen, einen Ersatzbescheid im Sinne der Feststellung zu erlassen, daß der beschwerdeführenden Partei die beantragte Beschäftigungsbewilligung erteilt wird. Eine derartige "Auftragserteilung" geht über die kassatorische Aufhebungsbefugnis des § 42 Abs. 2 VwGG hinaus und kann auch nicht aus § 63 Abs. 1 VwGG abgeleitet werden, der die belangte Behörde verpflichtet, im fortgesetzten Verfahren die im aufhebenden Erkenntnis festgestellten Mängel und Rechtswidrigkeiten zu vermeiden und in diesem Sinne einen der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen (vgl. dazu auch die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 734 zitierte Rechtsprechung).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie § 59 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993090498.X00Im RIS seit
20.11.2000