TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/19 94/09/0273

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Veröffentlicht am 19.01.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der K-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Wien vom 26. August 1994, Zl. IIc/6702 B - 1228648, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte am 21. Jänner 1994 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe in Wien den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den pakistanischen Staatsbürger M.Y. als Küchenhilfe mit einer Bruttoentlohnung von S 10.390,-- im Monat.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 9. März 1994 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab, wobei als Begründung angeführt wurde, der Vermittlungsausschuß habe die Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet, darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung rügte die Beschwerdeführerin das Fehlen echter Ermittlungen durch das Arbeitsamt. Nicht begründet worden sei, auf Grund welcher Unterlagen der Vermittlungsausschuß die Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet habe. Ferner sei im Bescheid des Arbeitsamtes nicht festgehalten, wann die Landeshöchstzahl überschritten worden sei, sodaß die Beschwerdeführerin zu dieser Frage nicht habe Stellung nehmen können.

Im Berufungsverfahren wurde die Beschwerdeführerin vom Arbeitsamt zur Stellungnahme aufgefordert, ob sie die Zuweisung von Ersatzkräften wünsche. Mit Schreiben vom 11. Mai 1994 gab die Beschwerdeführerin dem Arbeitsamt bekannt, daß sie "keine Kräfte anstelle des(r) beantragten Ausländers/Ausländerin" wünsche. Diesem Vermerk setzte die Beschwerdeführerin hinzu:

"Inländer wurden nicht vermittelt". Zugleich mit dieser Erklärung erteilte die Beschwerdeführerin einen formularmäßigen "Vermittlungsauftrag" für einen Abwäscher.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. August 1994 gab die belangte Behörde ohne weitere Verfahrensschritte der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG keine Folge. Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu § 4 Abs. 1 AuslBG aus, eine Überprüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte zur Verfügung stünden, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem begünstigten Personenkreis im Sinne des § 4b AuslBG angehörten. Diese Voraussetzungen erfülle M.Y. nicht. Die Beschwerdeführerin habe jedoch mit Schreiben vom 11. Mai 1994 eine Ersatzkraftstellung abgelehnt. Zu § 4 Abs. 6 AuslBG stellte die belangte Behörde fest, daß die Landeshöchstzahl für 1993 und 1994 "seit Jahresbeginn weit überschritten" sei, wobei sich die belangte Behörde auf eine "offizielle Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales" berief. Ferner führte die belangte Behörde aus, es seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand im Sinne der Z. 2 lit. a bis d oder der Z. 3 dieser Gesetzesstelle erfüllt werde.

Dagegen richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Berufung als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

Zu § 4 Abs. 1 AuslBG:

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber in der Regel einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Die Beschäftigungsbewilligung ist nach § 4 Abs. 1 AuslBG im allgemeinen zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 22. April 1993, Zl. 93/09/0039) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Das wird aber immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Diese Beweisführung erübrigt sich dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. in diesem Sinne etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1987, Zl. 87/09/0012, und vom 25. November 1987, Zl. 87/09/0164).

Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes iS des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistung aus der Arbeitslosenversicherung etc.) vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179).

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, die Beschwerdeführerin habe am 11. Mai 1994 ausdrücklich die Stellung von Ersatzkräften abgelehnt. Dabei hat die belangte Behörde jedoch übersehen, daß dieser Erklärung eine Anmerkung "Inländer wurden nicht vermittelt" hinzugefügt und eine Beilage ("Vermittlungsauftrag") angeschlossen war, mit welcher offenkundig um Vermittlung einer für die laut Antrag offene Arbeitsstelle geeigneten Ersatzkraft angesucht worden ist.

Wenn dieses Verhalten der Beschwerdeführerin auch widersprüchlich erscheinen mag, ließ es doch nicht die Schlußfolgerung der belangten Behörde zu, die Beschwerdeführerin lehne von vornherein und grundlos jegliche Ersatzkraftstellung ab. Die belangte Behörde hätte vielmehr entweder dem Vermittlungsauftrag Folge tragen und der Beschwerdeführerin Ersatzkräfte vermitteln müssen, oder aber sie hätte zumindest die Beschwerdeführerin aufzufordern gehabt, ihre widersprüchlichen Erklärungen klarzustellen. Die Anmerkung "Inländer wurden nicht vermittelt" konnte immerhin auch so verstanden werden, daß die Beschwerdeführerin gar nicht mehr damit rechnete, eine inländische Arbeitskraft vermittelt zu bekommen.

Dadurch, daß die belangte Behörde bei dieser Verfahrenslage ohne weitere Ermittlungsschritte davon ausgegangen ist, die Beschwerdeführerin habe die Stellung jeder Ersatzkraft abgelehnt, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid in der Frage der Anwendung des § 4 Abs. 1 AuslBG mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Dennoch muß der Beschwerde aus den nachstehenden Erwägungen zu § 4 Abs. 6 AuslBG der Erfolg versagt bleiben.

Zu § 4 Abs. 6 AuslBG:

Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die Beschwerdeführerin hat die Anwendungsvoraussetzungen für das nach dieser Gesetzesstelle erschwerte Verfahren in ihrer Berufung in Zweifel gezogen, ist aber auf die Frage der Nichtbefürwortung durch den Vermittlungsausschuß in ihrer Beschwerde nicht mehr zurückgekommen. Was die Frage der Überschreitung der Landeshöchstzahl in dem für den angefochtenen Bescheid maßgebenden Kalenderjahr 1994 betrifft, erschöpft sich das Beschwerdevorbringen in der Verfahrensrüge, dazu sei der Beschwerdeführerin auch im Berufungsverfahren kein Parteiengehör gewährt worden. "Bei Einräumung des Parteiengehörs wäre nämlich hervorgekommen, daß die Einstellung einer ausländischen Arbeitskraft insbesondere erforderlich ist, da eine Bedeckung auf dem inländischen Arbeitsmarkt offenbar nicht möglich war und ist." Mit diesem Vorbringen hat die Beschwerdeführerin nicht zum Ausdruck gebracht, daß ihrer Auffassung nach weitere Ermittlungen der belangten Behörde zu dem Ergebnis geführt hätten, die Landeshöchstzahl sei in Wahrheit gar nicht überschritten gewesen, was die Anwendung des § 4 Abs. 6 AuslBG ausgeschlossen hätte. Die Beschwerdeführerin hat sich somit darauf beschränkt, Verfahrensmängel aufzuzeigen, ohne die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen konkret zu bekämpfen und insbesondere darzulegen, was sie zur Frage der Landeshöchstzahl und deren Überschreitung sowie zum Vorliegen besonders wichtiger Gründe nach § 4 Abs. 6 AuslBG vorgebracht hätte, wenn ihr im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1994, Zl. 93/09/0381, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Damit konnte die Beschwerdeführerin im Rahmen der Abweisung ihres Antrages auf Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG keine relevante Rechtswidrigkeit aufzeigen.

Die Beschwerde war daher aus den zu § 4 Abs. 6 AuslBG angestellten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090273.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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