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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AÜG §4 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 94/09/0276 E 19. Jänner 1995Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des J in Wien, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. Juni 1994, Zl. UVS-07/04/00205/94, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war unbestritten zur Tatzeit das gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugte und verantwortliche Organ der P-Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.) mit dem Sitz in Wien. Diese Ges.m.b.H. war über Auftrag der X-Bau-Aktiengesellschaft (in der Folge kurz: X) an deren Baustelle in Wien, S-Straße 137, mit "Trockenbauarbeiten" befaßt. Bei einer Kontrolle dieser Baustelle am 17. August 1992 durch Organe des Landesarbeitsamtes Wien (LAA) wurden sechs ungarische Arbeitskräfte angetroffen, die dort in Arbeitskleidung tätig waren und über keine arbeitsmarktrechtlichen Papiere verfügten.
Zur Rechtfertigung wegen dadurch begangener Verstöße gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) aufgefordert, gab der Beschwerdeführer am 16. Juli 1993 bekannt, die sechs Ungarn seien nie von der Ges.m.b.H. beschäftigt worden, es handle sich vielmehr um betriebsentsandte Ausländer der ungarischen Baufirma I, die an der Baustelle als Subunternehmer der Ges.m.b.H. tätig gewesen sei. Dazu legte die Ges.m.b.H. den "Rahmenvertrag" vom 1. Juli 1992 vor, welchen sie als Auftraggeber mit der I als Auftragnehmer abgeschlossen habe; ferner wurde dazu ein Teilleistungsvertrag vom 1. August 1992 vorgelegt, aus dem hervorgeht, daß die von der I an der Baustelle S zu erbringenden Leistungen "ca. 2000 m2 Gipskartondecken a S 110,--" umfaßten.
Dazu nahm das LAA dahin Stellung, daß es sich um die Beschäftigung betriebsentsandter ungarischer Staatsbürger durch den Beschwerdeführer handle, der Beschwerdeführer somit als Arbeitgeber Verstöße gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu verantworten habe. Der vorgelegte Rahmenvertrag besage nur, daß die I je nach Bedarf der Ges.m.b.H. Arbeitskräfte, die bei der ungarischen Firma beschäftigt seien, zur Verfügung stelle.
In einer weiteren Stellungnahme vom 15. November 1993 brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, es sei nicht richtig, daß die Ges.m.b.H. alle Werkzeuge und Materialien zur Verfügung stelle, da die Handwerkzeuge, und die machten 90 % der Werkzeuge aus, von der I beigebracht werden müßten. Diese habe auch die Personalhoheit über die ungarischen Arbeitskräfte behalten. Der Rahmenvertrag diene keinesfalls nur dem Zweck "der reinen Beschaffung von Arbeitskräften". Die I habe auch die Haftung für die von ihren Arbeitnehmern durchgeführten Arbeiten übernommen. Einer Beschäftigungsbewilligung hätten die Ungarn nicht bedurft, da auf sie § 18 Abs. 3 AuslBG anwendbar sei.
Mit Bescheid vom 9. Dezember 1993 sprach der Magistrat der Stadt Wien (Mag.) den Beschwerdeführer schuldig, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Ges.m.b.H. zu verantworten, daß dieses Unternehmen mit Sitz in Wien am 17. August 1992 an der Baustelle S sechs namentlich genannte ungarische Staatsbürger als Arbeiter mit dem Isolieren der Kellerdeckenverkleidung beschäftigt habe, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG begangen und werde dafür mit sechs Geldstrafen a S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je sieben Tage) bestraft.
Begründend berief sich der Mag. auf die Anzeige und gab die dazu vom Beschwerdeführer ausgeführte Rechtfertigung wieder. Es sei zu prüfen gewesen, ob die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 AuslBG vorgelegen seien. Dies sei jedoch deshalb nicht der Fall, weil der vorgelegte Rahmenvertrag die Montage von 2000 m2 Gipskartondecken, nicht aber Montagearbeiten oder Reparaturen im Zusammenhang mit der Lieferung von Anlagen oder Maschinen betroffen habe. Bei den im Spruch genannten Ausländern handle es sich nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht um betriebsentsandte Ausländer, sondern um überlassene Arbeitskräfte im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG). Dazu gab der Mag. den wesentlichen Inhalt des § 4 AÜG wieder. Auf Grund des vorgelegten Rahmenvertrages, demzufolge die I Innenausbauarbeiten übernommen habe, auf Grund der Zurverfügungstellung aller Unterlagen durch den Auftraggeber, der Zusammenstellung des Fachpersonals im Einvernehmen mit dem Auftraggeber, der Zurverfügungstellung von Arbeitsmaterialien, auf Grund des Umstandes, daß die Preise Unterkunftskosten im Wiener Raum, Personalkosten, Arbeitskleidung und Reisekosten beinhalten, der Einbeziehung des Personals in die Baustellenversicherung des Auftraggebers und des Nichtvorhandenseins eines eigenständigen Werkes liege Arbeitskräfteüberlassung vor.
Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten sechs Verwaltungsübertretungen seien durch die Anzeige des LAA Wien und das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erwiesen. Es sei daher die Verschuldensfrage zu bejahen. Die verhängte Strafe erscheine im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen von S 10.000,-- bis S 120.000,-- je nichtgenehmigten Ausländer angemessen. Bei der Strafbemessung sei als erschwerend die "betriebliche" Anzahl der unerlaubt beschäftigten Ausländer angenommen worden.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen Verfahrensfehler im erstinstanzlichen Verfahren sowie in rechtlicher Hinsicht geltend, entgegen der Annahme des Mag. liege sehr wohl der Ausnahmetatbestand nach § 18 Abs. 3 AuslBG vor. Der Mag. habe den Sachverhalt ausschließlich zu Lasten des Beschwerdeführers gewürdigt, ohne im Sinne der amtswegigen Wahrheitsfindung die notwendigen Erhebungen zu führen. Auf Grund der wirtschaftlichen Selbständigkeit der "Drittfirma" liege auch keine Arbeitskräfteüberlassung vor. Auch die Strafe sei zu hoch.
Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren eine weitere Stellungnahme des LAA ein und hielt am 1. Juni 1994 eine mündliche Berufungsverhandlung ab, zu welcher allerdings weder der Beschwerdeführer noch dessen Rechtsanwalt erschienen waren. Das Protokoll hält dazu bei beiden "entschuldigt" fest, im Akt findet sich allerdings nur ein Entschuldigungsschreiben des Beschwerdeführers selbst, welcher wegen Krankheit um Vertagung ersuchte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. Juni 1994 bestätigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid in der Schuldfrage, gab aber der Berufung in der Straffrage Folge und setzte die Geldstrafe auf jeweils S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je drei Tage) herab. In der Begründung heißt es zum Fernbleiben des Beschwerdeführers und seines Rechtsanwaltes von der Verhandlung, der Beschwerdeführer habe einen unbegründeten Vertagungsantrag gestellt, sein Rechtsanwalt habe nicht bekanntgegeben, aus welchen Gründen er die Verhandlung vom 1. Juni 1994 "nicht besucht, bzw. nicht besucht" habe. Nach einer Wiedergabe der Rechtslage stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, die X habe die Ges.m.b.H. zu Trockenbauarbeiten an der Baustelle S herangezogen. Anläßlich einer Kontrolle am 17. August 1992 seien dort sechs Ausländer als beschäftigt festgestellt worden, für die weder Beschäftigungsbewilligungen noch Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine ausgestellt worden seien. Der Beschwerdeführer habe sich damit gerechtfertigt, daß der Auftrag der X an die I als Subunternehmer weitergegeben worden sei (Rahmenvertrag und Teilleistungsvertrag). Im Rahmenvertrag habe sich die I zur Beistellung ausreichend ausgebildeter Fachkräfte, zur Durchführung der Arbeiten gemäß den technischen Anweisungen der Ges.m.b.H., zur Beistellung eines deutschsprachigen Montageleiters sowie zur sorgfältigen Behandlung der von der Ges.m.b.H. zur Verfügung gestellten Geräte und Werkzeuge und zu deren Rückgabe nach Beendigung der Arbeiten verpflichtet. Die Ges.m.b.H. habe sich verpflichtet, sämtliche notwendigen Geräte und Materialien (excl. Handwerkzeug) kostenlos beizustellen und für eine kontinuierliche Arbeitsdurchführung zu sorgen. Kosten für Strom, Wasser und Manipulationen mit Materialien würden an die I weitergegeben. Die Ges.m.b.H. sorge weiters für die üblichen sanitären Einrichtungen an der Baustelle. Das Personal der I sollte von der Ges.m.b.H. in deren Baustellenhaftpflichtversicherung einbezogen werden. Es seien Einheitspreise vorgesehen gewesen, die die Unterkunftskosten im Raum Wien, sämtliche Lohnkosten, Arbeitsbekleidung und Reisekosten beinhalten. Die weiteren Vertragspunkte hätten für die vorliegende Sache nicht relevante Bereiche geregelt. Der Teilleistungsvertrag vom 1. August 1992 unterwerfe die Baustelle S dem Rahmenvertrag und lege den Preis für ca. 2000 m2 Gipskartondecken mit S 110,-- fest.
Aus dem Rahmenvertrag sei eindeutig ersichtlich, daß mittels eines Akkordlohnes lediglich Arbeitsleistungen honoriert werden sollten. Die Bauarbeiten sollten unter Aufsicht und Anleitung der Ges.m.b.H. durchgeführt werden. Durch den Preis würden nicht die Kosten eines Werkes, sondern Lohnkosten, vermehrt um prozentuelle Baustellenkosten, abgegolten. Die für ein "Werk" typischen Kosten, wie Material, Gerätschaften, Werkstatt, Versicherungen etc. würden von der Ges.m.b.H. getragen, weshalb vom Vorliegen des Ausnahmetatbestandes nach § 18 Abs. 3 AuslBG keine Rede sein könne. Darüber hinaus erscheine es "mehr als fraglich, ob Gipskartondecken dem Begriff "Anlagen" unterstellt werden können, und ob inländische Arbeiter nicht imstande sind, derartige Decken zu montieren".
Wenn die Bestrafung des Beschwerdeführers nicht nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG erfolge, so deswegen, weil die Beschäftigung der ausländischen Arbeiter nicht von Budapest aus, sondern durch die Ges.m.b.H. durchgeführt worden sei. Eindeutige Hinweise in diese Richtung bildeten die Bestimmungen Pkt. 2.2. und 2.3. des Rahmenvertrages, die die Arbeiter den technischen Anweisungen der Ges.m.b.H. unterstellten und dies durch einen deutschsprachigen Montageleiter offensichtlich erleichtern sollten. Es sei daher dem Mag. bei der Ansicht, es liege hier eine Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG vor, beizutreten.
Dem Antrag auf Verschiebung der Verhandlung sei nicht zu entsprechen gewesen, weil der Beschwerdeführer ohnehin durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen sei, andererseits im Verfahren nur Rechtsfragen zu beantworten gewesen seien und der Beschwerdeführer nicht bekanntgegeben habe, warum er seine Anwesenheit bei einer Verhandlung für erforderlich halte. Der Fall sei entscheidungsreif. Die Begehung der Verwaltungsübertretungen sei dem Beschwerdeführer in objektiver und in subjektiver Hinsicht anzlasten.
Abschließend begründete die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihre Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht entgegen den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 AuslBG bestraft zu werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, sie hat aber auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Als Beschäftigung gilt gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG in der hier anzuwendenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 475/1992 die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, soferne die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des AÜG, BGBl. Nr. 196/1988.
In den Fällen des Abs. 2 lit. e ist gemäß § 2 Abs. 3 lit. c AuslBG auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 AÜG dem Arbeitgeber gleichzuhalten.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, gemäß § 18 Abs. 1 AuslBG einer Beschäftigungsbewilligung.
Gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG ist für Ausländer nach Abs. 1, die bei a) Montagearbeiten und Reparaturen im Zusammenhang mit Lieferungen von Anlagen und Maschinen an einen Betrieb oder
b) für die Inbetriebnahme solcher Anlagen und Maschinen nötigen Arbeiten, die von inländischen Arbeitskräften nicht erbracht werden können, beschäftigt werden, eine Beschäftigungsbewilligung nicht erforderlich, wenn diese Arbeiten nicht länger als drei Monate dauern. Die Beschäftigung ist vom Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, spätestens am Tage der Arbeitsaufnahme dem zuständigen Arbeitsamt unter Angabe der voraussichtlichen Dauer anzuzeigen.
Soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer
a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, oder
b) entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung (§ 18 Abs. 1, 4 und 7) erteilt wurde,
c) entgegen der Untersagung der Beschäftigung eines Inhabers einer Arbeitserlaubnis (§ 14g) diesen beschäftigt,
bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu S 240.000,--.
Gemäß § 4 Abs. 1 AÜG, BGBl. Nr. 196/1988, ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Nach § 4 Abs. 2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber
1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder
2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder
3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder
4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.
Gemäß § 16 Abs. 3 AÜG ist die Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich nur zulässig, wenn ausnahmsweise eine Bewilligung gemäß Abs. 4 erteilt wurde.
Im Beschwerdefall ist neben der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für die Ges.m.b.H. im Sinne des § 9 VStG nur unbestritten, daß die sechs Ungarn an der Baustelle S ohne Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein tätig waren, und daß diese Tätigkeit jedenfalls auf einer Vereinbarung der Ges.m.b.H. mit der I beruhte, die schriftlich im "Rahmenvertrag" und im "Teilleistungsvertrag" festgehalten worden ist.
Dazu folgt aus all den oben angeführten Bestimmungen, daß mit der Beschäftigung dieser sechs Ungarn in jedem Falle gegen Bestimmungen des AuslBG verstoßen wurde. Führt man diese Beschäftigung nämlich, wie dies die belangte Behörde getan hat, auf eine (im Sinne des § 16 Abs. 3 AÜG auch nach jenem Gesetz verbotene) Arbeitskräfteüberlassung zurück, dann handelte es sich um eine Verwendung gemäß § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG, die beim Fehlen der erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG strafbar war. Hat die Ges.m.b.H. aber die sechs Ungarn nicht im Wege der Arbeitskräfteüberlassung selbst beschäftigt, sondern nur deren Arbeitsleistungen entgegen dem § 18 in Anspruch genommen, dann lagen wohl (da die I offenbar keinen Betriebssitz im Bundesgebiet hatte) Verstöße gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG vor, die mit den gleichen Strafen bedroht sind (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1994,
Zlen. 94/09/0223, 94/09/0157, vom 21. Jänner 1994, Zl. 93/09/0503, und vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0245).
Der Beschwerdeführer versucht, dieser zweifachen Bedrohung durch die Behauptung zu entgehen, die sechs Ausländer hätten Arbeiten im Sinne des § 18 Abs. 3 AuslBG durchgeführt und dafür nach dem Gesetz keiner Beschäftigungsbewilligung bedurft. Diese Erwägung scheitert indes schon daran, daß das Verlegen von Gipskartondecken für einen Dritten weder im Zusammenhang mit einer Lieferung einer Anlage oder Maschine an die Ges.m.b.H. durchgeführt wurde, noch zu den für die Inbetriebnahme einer solchen Anlage oder Maschine nötigen Arbeiten zählte. Dabei konnten sowohl die Frage, ob es sich überhaupt um eine Anlage oder Maschine handelte, dahinstehen, wie auch die Frage, ob die erforderlichen Arbeiten nicht auch von österreichischen Arbeitskräften erbracht werden konnten (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1994, Zl. 93/09/0176).
Dessenungeachtet erweist sich die Beschwerde als im Ergebnis begründet. Die belangte Behörde ist in der rechtlichen Subsumierung des Verhaltens des Beschwerdeführers der Auffassung der Behörde erster Instanz gefolgt und hat die Beschäftigung der sechs Ungarn dem § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG unterstellt, weil es sich ihrer Auffassung nach um eine unzulässige Arbeitskräfteüberlassung gehandelt habe, die von der Ges.m.b.H. gemäß § 2 Abs. 3 lit. c AuslBG als Arbeitgeber zu vertreten sei. Mit Recht führt dazu der Beschwerdeführer aus, daß die von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen für diese Qualifikation nicht ausreichen.
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, daß zwischen der Ges.m.b.H. und der I ein Werkvertrag (Rahmenvertrag, konkretisiert durch den Teilleistungsvertrag) geschlossen wurde, mit welchem sich die I als Subunternehmer verpflichtete, eine bestimmte Menge von Gipskartondecken zu verlegen. Um den wahren wirtschaftlichen Gehalt dieser Vereinbarung im Sinne des § 4 Abs. 1 AÜG zu erforschen, durfte sich die belangte Behörde aber nicht mit den bisher vorliegenden Ermittlungsergebnissen begnügen, zumal diese durchaus auch die Möglichkeit einer Anerkennung der zwischen der Ges.m.b.H. und der I geschlossenen Vereinbarung als eines Werkvertrages zulassen, welcher nicht im Sinne des § 4 Abs. 2 AÜG als verdeckte Arbeitskräfteüberlassung gewertet werden mußte.
So kann den bisherigen Sachverhaltsfeststellungen nicht mit der erforderlichen Gewißheit entnommen werden, daß sich die Montage der Gipskartondecken nicht als ein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen der Ges.m.b.H. abweichendes, unterscheidbares und der I zurechenbares Werk darstellt (§ 4 Abs. 2 Z. 1 AÜG). In ähnlicher Weise unsicher ist die bisherige Beurteilung, mit wessen Material und Werkzeug die Arbeiten geleistet werden sollten, zumal die belangte Behörde der Behauptung des Beschwerdeführers nicht weiter nachgegangen ist, das Handwerkszeug habe jedenfalls von der I gestammt und etwa 90 % allen verwendeten Werkzeugs ausgemacht (§ 4 Abs. 2 Z. 2 AÜG). Auch über eine "organisatorische" Eingliederung der ungarischen Arbeitskräfte in den Betrieb der Ges.m.b.H. fehlen eindeutige Feststellungen, wobei zu bedenken ist, daß auch im Falle der Erfüllung eines Werkvertrages durch einen Subunternehmer auf den Baufortschritt an der Baustelle und auf sonstige Arbeiten des Werkbestellers Rücksicht zu nehmen ist (§ 4 Abs. 2 Z. 3 AÜG). Schließlich geht aus dem Rahmenvertrag eindeutig hervor, daß die I sehr wohl die Haftung für den Erfolg ihrer Arbeiten übernommen hat (§ 4 Abs. 2 Z. 4 AÜG), was dann, wenn die I tatsächlich im Sinne der Ausführungen zu § 4 Abs. 2 Z. 1 AÜG ein von allen anderen Arbeiten unterscheidbares Werk geliefert hat, auch durchaus realistisch ist.
Auf Grund all dieser Überlegungen, mit denen sich die belangte Behörde nicht in ausreichender Weise auseinandergesetzt hat, besteht noch die Möglichkeit, die Tätigkeit der von der I entsandten Arbeitskräfte als ausschließlich im Rahmen der Erfüllung des Werkvertrages durch ihren ausländischen Dienstgeber vorgenommen zu qualifizieren, was zur Folge hätte, daß eine Bestrafung des Beschwerdeführers nur nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG in Frage käme, was die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich ausgeschlossen hat. Diese abweichende rechtliche Qualifikation der Vorgangsweise des Beschwerdeführers hätte nicht nur zur Folge, daß er zu Unrecht nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG verurteilt wurde, sondern könnte sogar wegen Verjährung die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach sich zu ziehen haben.
Der Sachverhalt bedarf daher noch in wesentlichen Punkten einer Ergänzung. Da die belangte Behörde dessenungeachtet mit der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers und ohne Aufnahme weiterer Beweise das Auslangen gefunden hat, wurden von ihr Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war aus diesen Gründen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994090275.X00Im RIS seit
20.11.2000