TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/19 94/09/0301

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Veröffentlicht am 19.01.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1990/450;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28a idF 1990/450;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §51 Abs7;
VwGG §42 Abs2 litc Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers

Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des N in Wien, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. Mai 1994, Zl. UVS-07/05/00027/94, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war unbestritten zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der A-Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: Ges.m.b.H.) mit Sitz in Wien. An deren Baustelle in Wien, R-Gasse 10, fand am 4. August 1992 eine Kontrolle durch Organe des Landesarbeitsamtes Wien (LAA) statt. Dabei wurde ein polnischer Arbeiter ohne die erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere an der Baustelle arbeitend angetroffen. Der Beschwerdeführer gab dazu noch an der Baustelle befragt an, auf Grund eines momentanen Engpasses an Arbeitskräften sei der an sich im Betrieb des Beschwerdeführers in Tschechien beschäftigte Pole am 4. August 1992 an der Wiener Baustelle eingesetzt worden. Diese Angabe wurde in ein Protokoll aufgenommen, dessen Unterfertigung der Beschwerdeführer verweigerte.

Zur Rechtfertigung aufgefordert, nahm der Beschwerdeführer zum Vorwurf eines Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) durch seinen Anwalt dahin Stellung, dem Polen sei an der Baustelle in Wien nur gezeigt worden, wie bestimmte Arbeiten auszuführen seien. Ein Dienstverhältnis mit der Ges.m.b.H. habe nicht bestanden.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Mag.) vom 5. April 1993 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 9 VStG dafür verantwortlich erkannt, daß die Ges.m.b.H. am 4. August 1992 in Wien den namentlich genannten polnischen Staatsbürger als Hilfsarbeiter beschäftigt habe, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei noch dieser über eine gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG verstoßen. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 60.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) verhängt. Begründend verwies der Mag. im wesentlichen auf die gegen den Beschwerdeführer erstattete Anzeige, die dieser nicht habe entkräften können. Zur Strafbemessung verwies der Mag. auf drei einschlägige Vorstrafen, die zur Heranziehung des zweiten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 AuslBG geführt hätten; ferner seien durchschnittliche Einkommensverhältnisse angenommen worden.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, der Mag. habe seine Verantwortung nicht zur Kenntnis genommen. Der Pole sei nicht bei der Ges.m.b.H. beschäftigt gewesen, der Beschwerdeführer habe die ihm vorgeworfene Übertretung weder subjektiv noch objektiv zu verantworten.

Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren eine Stellungnahme des LAA ein. In einer Äußerung dazu verwies der Beschwerdeführer darauf, daß seiner Verurteilung kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren vorangegangen sei. Der Beschwerdeführer habe auch nie bei einer Befragung eine ihn belastende Aussage gemacht. Einer Aufforderung der belangten Behörde, näheres über seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekanntzugeben, kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Zu der am 26. Mai 1994 von der belangten Behörde abgehaltenen Berufungsverhandlung sind trotz ausgewiesener Ladung weder der Beschwerdeführer noch sein Anwalt erschienen. In dieser Verhandlung wurden die Zeugen Dr. X und T über die Vorgänge bei ihrer Kontrolle am 4. August 1992 einvernommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge. Nach einer Schilderung des bisherigen Verfahrensverlaufes führte die belangte Behörde begründend aus, das Beweisverfahren habe ergeben, daß der Ausländer zum Tatzeitpunkt auf der Baustelle der Ges.m.b.H. ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung beschäftigt worden sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Ausländer habe nur mit der Arbeitsweise vertraut gemacht werden sollen, sei durch keine Beweise erhärtet worden. Außerdem sei diese Angabe im Widerspruch zur ursprünglichen Verantwortung des Beschwerdeführers vom 4. August 1992 gestanden. Für Hilfsarbeiten, wie sie der Pole zum Kontrollzeitpunkt verrichtet habe, bedürfe es gar keiner Einschulung. Die Feststellung, der Ausländer sei von der Ges.m.b.H. beschäftigt worden, gründe sich ebenfalls auf die ursprüngliche Verantwortung des Beschwerdeführers; daran ändere auch der Umstand nichts, daß der Ausländer bei der tschechischen A-Gesellschaft in B beschäftigt und sozialversichert gewesen sei. Die belangte Behörde habe keinen Anlaß gefunden, den Aussagen der beiden Kontrollorgane als Zeugen nicht zu glauben. Im übrigen seien weder der Beschwerdeführer noch sein Vertreter trotz Ladung zur Verhandlung erschienen, sie hätten daher nichts zur Entlastung des Beschwerdeführers beigetragen. Rechtlich verwirkliche das Verhalten des Beschwerdeführers den Tatbestand einer Übertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG. Wäre man der Verantwortung des Beschwerdeführers gefolgt, wäre die Tat nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b in Verbindung mit § 18 Abs. 1 AuslBG ebenfalls strafbar. Der Beschwerdeführer habe nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft machen können, daß ihn an der Verletzung der Verfahrensvorschrift kein Verschulden treffe. Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde ausgehend von § 19 VStG aus, der objektive Unrechtsgehalt könne nicht als gering gewertet werden, ebensowenig das Ausmaß des Verschuldens. Von den drei aufscheinenden einschlägigen Vorstrafen sei die erste bereits als getilgt anzusehen, die zweite als Erschwerungsgrund zu werten; die dritte sei am 9. Juni 1992 in Rechtskraft erwachsen und wirke strafsatzerhöhend. Weitere Milderungs- und Erschwerungsgründe lägen nicht vor. Der Beschwerdeführer habe die Frage nach seinen persönlichen Verhältnissen unbeantwortet gelassen. Auf Grund seiner Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Ges.m.b.H. sei von günstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschwerdeführers sowie mangels anderer Angaben vom Fehlen außergewöhnlicher Unterhaltspflichten auszugehen gewesen. Im Hinblick auf den Strafrahmen von S 10.000,-- bis zu S 120.000,-- erscheine die verhängte Strafe als angemessen und notwendig, um den Beschwerdeführer von weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtbestrafung nach dem AuslBG verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und hat auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, ...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--.

Die Rechtsrüge des Beschwerdeführers ist insoweit nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, als der Beschwerdeführer darin abweichend von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt davon ausgeht, daß der Pole nicht bei der Ges.m.b.H. beschäftigt gewesen sei, sondern sich am 4. August 1992 nur deshalb an der Baustelle in Wien aufgehalten habe, um von anderen Dienstnehmern der Ges.m.b.H. "Art und Weise der Durchführung von Wohnungs- und Gesellschaftsbauten sowie von Industriebauten gezeigt zu bekommen". Der Beschwerdeführer läßt somit außer acht, daß die belangte Behörde ausdrücklich festgestellt hat, der Pole sei an der Baustelle nicht eingeschult worden, für die von ihm ausgeführten Hilfsarbeiten habe es überhaupt keiner Einschulung bedurft. Dazu kommt, daß nach § 2 Abs. 2 lit. c AuslBG auch die Verwendung in einem Ausbildungsverhältnis als Beschäftigung gilt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Volontärsverhältnis (§ 3 Abs. 5 AuslBG) hat der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet.

Zur Kritik des Beschwerdeführers an den von der belangten Behörde verwerteten Zeugenaussagen ist zu sagen, daß der Beschwerdeführer durch sein Fernbleiben von der mündlichen Berufungsverhandlung nichts zur Widerlegung dieser Aussagen beigetragen hat, aus denen sich eine Beschäftigung des Polen durch die Ges.m.b.H. ableiten ließ. Es trifft auch nicht zu, daß das Beweisverfahren nicht ergeben hätte, daß an der Baustelle mehrere Ausländer tätig waren, allerdings traf das Fehlen der erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere nur auf den im Verfahren genannten Polen zu.

Der Beschwerdeführer macht ferner unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend, der Spruch entspreche nicht den "Bestimmungen des AVG", weil aus ihm nicht hervorgehe, zu welcher Uhrzeit der Pole die unerlaubte Tätigkeit ausgeübt habe. Abgesehen davon, daß der Spruch eines Verwaltungsstraferkenntnisses nach § 44a VStG und nicht "nach den Bestimmungen des AVG" zu fassen ist, ist die Tatzeit mit dem Kalendertag ausreichend bestimmt angegeben. Gerade die Umschreibung der Tatzeit mit "4. August 1992" bewahrt den Beschwerdeführer davor, daß die Verwaltungsbehörde bezüglich einer anderen Tatzeit an demselben Tag ein gleichartiges (also denselben Ausländer betreffendes) Verwaltungsstrafverfahren einleitet.

Da die Tat dem Beschwerdeführer bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung durch den Mag. ausreichend individualisiert vorgehalten worden ist, kann auch vom Eintritt der Verjährung im Beschwerdefall keine Rede sein.

Der Beschwerdeführer macht schließlich auch noch das Verstreichen der in § 51 Abs. 7 VStG für die Erlassung der Berufungsentscheidung durch den UVS vorgesehenen Frist geltend. Abgesehen davon, daß dort eine Frist von 15 und nicht bloß von 12 Monaten vorgesehen ist, ist diese Bestimmung aber im Beschwerdefall nicht anwendbar, da sie nicht in Sachen gilt, in denen nicht nur der Beschuldigte das Recht der Berufung hat. Im Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG kommt jedoch gemäß § 28a AuslBG auch dem LAA Parteistellung und damit das Recht zur Erhebung einer Berufung zu.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer das Unterbleiben der Einvernahme des polnischen Arbeitnehmers als Zeugen. Der Beschwerdeführer unterläßt es jedoch, dazutun, was die Einvernahme dieses Zeugen am Verfahrensergebnis hätte ändern können. Die belangte Behörde ist zu ihren Sachverhaltsfeststellungen im Wege der freien Beweiswürdigung gelangt, in deren Wesen es liegt, daß weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn sich die Verwaltungsbehörde auf Grund der bereits vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen konnte (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 618, angeführte Judikatur). Dies traf im Beschwerdefall mit Rücksicht auf die Angaben der beiden einvernommenen Zeugen (auch zum Verhalten des Beschwerdeführers selbst am 4. August 1992 an der Baustelle) und auf das unentschuldigte Fernbleiben des Beschwerdeführers von der Berufungsverhandlung zu.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatzeitVerfahrensbestimmungen Beweiswürdigung Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090301.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

11.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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