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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §2 Abs1 idF 1990/450;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 12. Juli 1994, Zl. Senat-GF-94-489, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Anzeige gegen den Beschwerdeführer wegen zweier Verwaltungsübertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) wurde am 14. Februar 1994 von der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf (BH) gemäß § 29a VStG zur Durchführung des Strafverfahrens an den Magistrat der Stadt Wien (Mag.) abgetreten.
Mit Bescheid des Mag. vom 10. Mai 1994 wurde der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der XY-Gesellschaft m.b.H. (Ges.m.b.H.) mit dem Sitz in Z gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 10 Tage) verurteilt. Dieser Bescheid enthielt nachstehende Rechtsmittelbelehrung:
"Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung bei uns oder beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Wien schriftlich oder mündlich eine Berufung einzubringen.
Diese Berufung kann nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel auch telegrafisch, fernschriftlich, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden.
Die Berufung hat den Bescheid, gegen den sie sich richtet, zu bezeichnen und - ausgenommen bei mündlicher Berufung - einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten."
Innerhalb offener Frist richtete der Beschwerdeführer an den Mag. eine schriftliche Berufung folgenden Wortlautes:
"Betreff: Berufung und Einspruch gegen Ihre Strafverfügung
Straferkenntnis vom 10.5.1994 - MBA 22-S 1948/94.
Gegen Ihr Straferkenntnis melde ich somit Berufung und Einspruch an. Ich bitte Sie, mich zwecks Akteneinsicht vorzuladen, damit ich dann eine Stellungnahme abgeben kann."
Diese Berufung wurde vom Mag. dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien vorgelegt, welcher sie am 21. Juni 1994 gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber an die nunmehr belangte Behörde weiterleitete.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. Juli 1994 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 63 Abs. 3 AVG als unzulässig zurück und begründete diese Entscheidung damit, daß eine schriftliche Berufung zwingend einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten habe. Auch bei Anlegung eines nicht zu strengen Maßstabes an dieses Erfordernis reiche die Bezeichnung als Berufung und ein Begehren um Akteneinsicht nicht zur Bejahung des Vorliegens eines derartigen begründeten Berufungsantrages aus. Mit Rücksicht darauf, daß auf dieses Erfordernis in der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Bescheides hingewiesen worden sei, sei der vorliegende Mangel der Berufung auch keiner Verbesserung zugänglich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 VStG sind die nachstehend angeführten Bestimmungen des AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Den Inhalt einer Rechtsmittelbelehrung regelt § 61 AVG. Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über das Erfordernis eines begründeten Rechtsmittelantrages, so gilt das Fehlen eines solchen als Formgebrechen (§ 13 Abs. 3).
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß die Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen Bescheid zutreffend auf das Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages einer schriftlichen Berufung hingewiesen hat. Alle Hinweise der Beschwerde auf die Erfordernisse einer mündlichen Berufung gehen ins Leere, weil eine solche im Beschwerdefall nicht erhoben worden ist. Aus den vorgelegten Akten ist ferner der Wortlaut der vom Beschwerdeführer erhobenen schriftlichen Berufung zu ersehen, dem auch bei Anlegung eines möglichst großherzigen Maßstabes ein begründeter Berufungsantrag nicht zu entnehmen ist, zumal dieses Rechtsmittel außer der Erklärung, Berufung erheben zu wollen, nur den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Akteneinsicht enthält. Das Rechtsmittel läßt daher nicht einmal andeutungsweise erkennen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf S. 491 ff angeführte Judikatur).
Es trifft auch nicht zu, daß die belangte Behörde nicht zur Zurückweisung der demnach nicht formgerechten Berufung zuständig gewesen wäre. Gemäß § 51 Abs. 1 VStG steht das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde. Auch im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung eingegangen und von dort aus wäre die allenfalls fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0140, und die dort angeführte Vorjudikatur). Der im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides zutreffend angeführte Sitz des Unternehmens der vom Beschwerdeführer gemäß § 9 VStG verantwortlich vertretenen Gesellschaft ist unbestritten Z. Die Zuständigkeit des in erster Instanz eingeschrittenen Mag. der Stadt Wien beruhte, wie bereits oben dargestellt, auf einer Übertragung gemäß § 29a VStG. Über eine Berufung dagegen hatte jedoch gemäß § 51 Abs. 1 VStG die belangte Behörde zu entscheiden.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994090258.X00Im RIS seit
15.01.2001