TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/19 93/18/0478

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Veröffentlicht am 19.01.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §15 Abs1 Z2;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 14. Juli 1993, Zl. 1-436/93/E2, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 27. April 1993 wegen der Übertretung nach § 82 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 2 und 3 FrG mit einer Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) bestraft, weil er sich vom 17. August 1992 bis zum 21. Jänner 1993 als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Begründend wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer mit einem Sichtvermerk für die Bundesrepublik Deutschland, gültig vom 17. Februar 1992 bis zum 16. Mai 1992, vermutlich im März 1992 nach Österreich eingereist sei. Aufgrund des zwischenstaatlichen Abkommens sei es ihm erlaubt gewesen, sich rechtmäßig bis zum 16. August 1992 im Bundesgebiet aufzuhalten. Am 31. März 1992 habe sich der Beschwerdeführer in Lustenau polizeilich an - und am 15. Mai 1992 in die Türkei abgemeldet. Am 22. Oktober 1992 sei er neuerlich an einer Adresse in Lustenau zur polizeilichen Anmeldung gelangt. Da im Reisepaß des Beschwerdeführers keine Ausreise- bzw. Einreisestempel während des Zeitraumes zwischen dem 15. Mai 1992 und dem 22. Oktober 1992 eingetragen seien, sei es offensichtlich, daß er sich während dieser Zeit im Bundesgebiet aufgehalten habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der vom Beschwerdeführer gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, daß der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen während des Tatzeitraumes über keinen Sichtvermerk sowie keine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt habe. Der behauptete Rechtsirrtum liege nicht vor. Die Ansicht des Beschwerdeführers, das Straferkenntnis greife in sein nach Art. 8 MRK garantiertes Recht ein und die Verwaltungsvorschriften wären verfassungwidrig, teile der Verwaltungssenat nicht. Als Verschuldensform sei zumindest grobe Fahrlässigkeit anzunehmen. Die verhängte Geldstrafe sei angemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorweg ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes in bezug auf die ihm angelastete Übertretung nicht bestreitet.

Er macht geltend, daß er aufgrund des von der Behörde ausgestellten Befreiungsscheines, seiner ordnungsgemäßen Meldung nach dem Meldegesetz, die der Fremdenpolizeibehörde bekannt gewesen sei, und seiner Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin, der Meinung gewesen sei, eine weitere Bewilligung, nämlich Aufenthaltserlaubnis, sei nicht erforderlich. Die Fremdenpolizeibehörde wäre verpflichtet gewesen, ihn aufzufordern, um die Verlängerung seines Aufenthaltes anzusuchen. Unter diesen Umständen könne ihm die Unkenntnis des Gesetzes nicht vorgeworfen werden.

Dem Beschwerdeführer ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Fremdenpolizeibehörde lediglich von seiner Anmeldung am 3. März 1992 und seiner Abmeldung am 15. Mai 1992 in die Türkei und seiner neuerlichen Anmeldung am 22. Oktober 1992 nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen Kenntnis erlangt hat. Im übrigen ist er darauf zu verweisen, daß die Unkenntnis des Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist; selbst guter Glaube stellt den Schuldausschließungsgrund dann nicht her, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde anzufragen (vgl. hiezu Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 727, und die dort unter Pkt. 1. zu § 5 Abs. 2 VStG zitierte hg. Judikatur). Von einem Fremden muß verlangt werden, daß er sich über die mit dem Aufenthalt von Ausländern im Inland zusammenhängenden österreichischen Vorschriften informiert. Unterläßt er Erkundigungen, so kann er sich nicht auf unverschuldete Rechtsunkenntnis berufen (vgl. dazu Hauer-Leukauf, aaO, S. 732, E Nr. 45-47). Da der Beschwerdeführer gar nicht behauptet, Informationen über die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes eingeholt zu haben, scheidet ein relevanter Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG von vornherein aus.

Der Beschwerdeführer meint - unter Bezugnahme auf das wiedergegebene Vorbringen - daß es jedenfalls an der für eine Bestrafung erforderlichen subjektiven Tatseite fehle.

Auch dieser Einwand ist nicht berechtigt. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gemäß § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die genannte Verwaltungsvorschrift nichts über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden bestimmt, handelt es sich bei diesen Übertretungen um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG (vgl. das zur wortgleichen Vorgängerbestimmung des § 14b Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/19/0167). Bei diesem Delikt hätte der Beschwerdeführer glaubhaft machen müssen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Mit seinem Vorbringen ist dem Beschwerdeführer jedoch keine Entlastung im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG gelungen. Wenn die belangte Behörde als Verschuldensform zumindest grobe Fahrlässigkeit angenommen hat, bestehen dagegen keine Bedenken, weil sein positives Wissen über die Notwendigkeit einer Aufenthaltserlaubnis evident ist, wurde ihm doch eine Aufenthaltsberechtigung für die Bundesrepublik Deutschland befristet erteilt.

Den Verfahrensrügen ist somit der Boden entzogen.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993180478.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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