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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
EStG 1988;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des F in M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, der gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungsentscheidung) vom 28. Oktober 1994, Zl. 209/2-3/94, betreffend Vorauszahlung an Einkommensteuer für 1994, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Der Antragsteller trägt vor, zwingende öffentliche Interessen stünden der Stattgebung nicht entgegen. Sein Liegenschaftsbesitz biete Deckung für die Abgabenschuld. Es würde ihm aber durch den Vollzug des Bescheides ein (unverhältnismäßiger) nicht wiedergutzumachender Schaden dadurch entstehen, daß er zur Begleichung der Abgabenschuld von rund S 4,9 Millionen die Liegenschaft, auf der sich der Familienwohnsitz und die einzige Wohnmöglichkeit für den Beschwerdeführer und seine Familie befinde, durch einen Notverkauf weit unter dem marktüblichen Preis verschleudern müßte. Dieser Schaden stünde außer jedem Verhältnis zum Nachteil des Abgabengläubigers aus der Verzögerung der Abgabenentrichtung.
Die belangte Behörde wurde zum Antrag gehört. Sie beantragt, die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen:
Dem Antrag stünde die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegen, wonach gegen Berufungsentscheidungen in Abgabenfestsetzungs- oder Abgabenfeststellungssachen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - von Fällen einer Verböserung der Abgabenfestsetzung durch die Berufungsentscheidung abgesehen - nicht möglich sei.
Diese durch den Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1981, 81/14/0071, VwSlg. 5636 F/1981, eingeleitete Rechtsprechung, die von der normativen Wirkung des § 254 BAO ausging, und der der Gerichtshof schon in seinem Beschluß vom 27. Mai 1983, 83/17/0037, VwSlg. 5791 F/1983, nicht mehr gefolgt ist, ist jedenfalls seit Inkrafttreten des § 212a BAO überholt (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1991, AW 91/13/0036).
Weiters hält die belangte Behörde dem Antrag nur noch entgegen, der Zuerkennung aufschiebender Wirkung stünden zwingende öffentliche Interessen deshalb entgegen, weil durch jene die Einbringlichkeit der Forderung gefährdet sei. Dies wegen des im Grundbuch (seit 1981) eingetragenen Veräußerungs- und Belastungsverbotes zugunsten von Ehegattin und Sohn des Beschwerdeführers, weshalb dieser die Liegenschaft nicht nach seinem Gutdünken verwerten könne. Daß er die Zustimmung der Verbotsberechtigten zur Verwertung besitze, bescheinige er nicht. Mangels anderer Sicherheiten stehe der Beschwerdeführer daher de facto vermögenslos dar.
Mit diesem Vorbringen wird nicht schlüssig dargelegt, daß zwingende öffentliche Interessen infolge Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabenschuld der Zuerkennung aufschiebender Wirkung entgegenstünden.
Steht schon das Belastungs- und Veräußerungsverbot Vollstreckungsanträgen des Abgabengläubigers zur Durchsetzung der strittigen Abgabenschuld entgegen, so wird der Abgabengläubiger durch die Zuerkennung aufschiebender Wirkung nicht schlechter gestellt. Ist dies aber nicht der Fall, so wird durch die Zuerkennung aufschiebender Wirkung die Möglichkeit der Vollstreckung in die Liegenschaft an sich nicht vereitelt, sondern nur hinausgeschoben. Daß der Beschwerdeführer Vollstreckungsvereitlungsmaßnahmen während der Dauer zuerkannter aufschiebender Wirkung im Schilde führe, die eine sofortige Sicherstellung nötig machten, wird in der Stellungnahme nicht vorgetragen. Im Hinblick auf die von der belangten Behörde selbst behauptete sonstige De-facto-Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers führt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch zu keiner Schlechterstellung des Abgabengläubigers hinsichtlich der Vollstreckung in andere Vermögenswerte, weil solche bei Vermögenslosigkeit fehlen.
Daß der Beschwerdeführer aber nur durch die Veräußerung der Liegenschaft die Abgabenschuld abtragen könnte, wird in der Stellungnahme der belangten Behörde ebensowenig bestritten wie die Tatsache, daß der Beschwerdeführer durch eine solche Veräußerung den einzigen Wohnsitz für sich und seine Familie verlieren und er durch einen Notverkauf beträchtlichen Schaden erleiden würde, der im Vergleich zur Verzögerung der Leistung an den Abgabengläubiger unverhältnismäßig wäre.
Dem Antrag war daher im Grunde des § 30 Abs. 2 VwGG stattzugeben.
Schlagworte
Unverhältnismäßiger Nachteil Zwingende öffentliche InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:AW1994140030.A00Im RIS seit
20.11.2000